Protocol of the Session on October 28, 2004

Damen und Herren von SPD, nachhaltig dafür gesorgt haben, dass die Hauptschulen zu Restschulen verkommen sind, siehe oben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: So ist es!)

Sie wollten aus den Hauptschulen im Verbund mit den Realschulen Sekundarschulen machen, und schon ist der Fehler korrigiert. Das glauben Sie jedenfalls. Dass es so einfach nicht geht, müssen wir jetzt alle gemeinsam feststellen. Ich gehe aber davon aus, dass sich diese Diskrepanzen sehr bald verkleinern werden, wenn nämlich zum einen die Eltern verstanden haben, dass auch die Grundschullehrerinnen und -lehrer sehr wohl treffsichere Empfehlungen abgeben können, nachdem sie die Kinder immerhin vier Jahre beobachten konnten, gegenüber knappen zwei Jahren in der Orientierungsstufe.

Zum anderen werden die Eltern auch feststellen, dass die Hauptschulen mit einem eigenen und verbesserten Profil auf einem guten Weg sind, um die Schülerinnen und Schüler mit ihren praktischen Begabungen gut zu einem erfolgreichen Schulabschluss zu führen. Indem wir die Schülerhöchstzahlen zugunsten der Hauptschulen geändert haben, sind an den Hauptschulen 196 Klassen mehr, an Realschulen 91 Klassen weniger und an Gymnasien sogar 138 Klassen weniger eingerichtet worden als nach den bisherigen Schülerhöchstzahlen. Von den neuen Bestimmungen zu Schülerhöchstzahlen profitieren also eindeutig die Schwächsten, nämlich die Hauptschüler. Die unselige Schulstrukturdebatte hat nun endlich ein Ende. Wir haben uns eine Politik hin zur Leistung und weg von der Ideologie auf die Fahne geschrieben. Es wird alles etwas anspruchsvoller werden, da es überall zentrale Prüfungen geben wird. Das ist gut so; denn eines ist uns zumindest allen hier im Raum gemeinsam: Wir alle wollen mehr Qualität in die Schulen bringen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von der FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Schwarz zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Poppe, ich schätze Sie als Kolle

gen schon seit einiger Zeit; das ist überhaupt keine Frage. Aber das, was Sie heute aus der Stellungnahme zur Großen Anfrage gemacht haben, ist für mich persönlich sehr enttäuschend, und zwar aus dem einfachen Grund, weil ich eigentlich damit gerechnet habe, dass Sie aus Dingen Schlüsse ziehen, aus denen man schon Schlüsse ziehen kann. Wenn Sie von Durchlässigkeit und von Stärkung der Hauptschule sprechen, dann können Sie doch zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem Ihnen Zahlen geliefert werden, diese Schlüsse überhaupt nicht ziehen, weil sich noch gar nichts getan hat. Wir befinden uns doch jetzt gerade einmal zwei Monate im neuen Schuljahr. Jetzt zu sagen, die Eltern konzentrieren sich auf andere Schulformen, obwohl sie aus der Chance, die sie jetzt durch die Umgestaltung des dreigliederigen Schulsystems und die Stärkung der Hauptschule bekommen, doch noch gar keine Vorteile gezogen haben können; das geht doch noch gar nicht. Insofern bin ich bitter enttäuscht, Herr Poppe, dass Sie hier auf diese Art und Weise argumentieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie sprechen von Pädagogik. Ich untersuche jetzt einmal diese Große Anfrage, die Sie gestartet haben.

Die erste Abteilung in der Großen Anfrage lautet: Auswirkungen auf Schülerinnen und Schüler. Sie haben praktisch nur nach Zahlen gefragt. Was hat das mit Pädagogik zu tun?

Zweitens. Auswirkungen auf Struktur und Organisation von Schulen. Sie haben nach Standorten gefragt. Was hat das mit Pädagogik zu tun?

Drittens. Auswirkungen auf Kosten: An welchen Standorten waren bauliche Maßnahmen erforderlich? Wie hoch sind die Kosten für die Unterbringung usw.?

Vierte Abteilung: Wie hoch ist der Anteil der Fälle? Wie viele Fälle bisher? - Herr Poppe, das hat mit Pädagogik so gut wie überhaupt nichts zu tun. Sie wollen Zahlen haben, mehr nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dabei sind Sie sehr populistisch vorgegangen. Ich sage Ihnen, dass Sie eigentlich gar kein großes Interesse an der Beantwortung der Fragen gehabt haben. Das wird schon daraus deutlich, dass Sie diese Zahlen zum Ende eines Schuljahres abgefragt haben, nämlich am 23. Juni, als es um Schu

len und Zahlen des kommenden Schuljahres ging. Das macht eigentlich sehr deutlich, wie populistisch Ihre Große Anfrage ist, die 129 Seiten umfasst. Sie stellen 29 Fragen über Dinge, die zum Teil bereits veröffentlicht sind und die man auch in den Grafiken der großen Tageszeitungen hat nachlesen können. Eigentlich haben wir ja das gemeinsame Ziel, die Bildungsqualität insgesamt zu verbessern, aber Sie machen das auf einem sehr eigentümlichen Weg.

Das, was jetzt von der Landesregierung dargelegt worden ist, macht noch einmal sehr deutlich, dass all das, was die Regierungskoalition vorher versprochen hat, auch eingehalten worden ist, mit dem einen oder anderen Detail, das vielleicht noch nicht so gut gelaufen ist. Aber für die FDP-Fraktion möchte ich noch einmal deutlich machen, dass es ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gewesen ist, dass im Moment aber wirklich nur von einem Anfang gesprochen werden kann. Unser ureigenes Interesse liegt darin, dass wir die Verbesserung der Bildungsqualität weiterentwickeln. Dafür war Ihre Anfrage nur sehr bedingt hilfreich. Wir konzentrieren uns auf die Aufgabe der Verbesserung der Unterrichtsqualität durch eine praxisnahe, schulformbezogene Lehrerausbildung. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung der eigenverantwortlichen Schule, die in einen fairen Wettbewerb gestellt werden kann. Wir konzentrieren uns auf die Installation entsprechender Unterstützungssysteme bei der Entwicklung einer eigenverantwortlichen Schule und konzentrieren uns darauf, dass in diesem Zusammenhang beispielsweise auch das Berufsbild eines zukünftigen Schulleiters anders gestaltet werden muss. Das trägt insbesondere zur Verbesserung des Bildungssystems bei und hilft unseren Schülern allemal mehr als das, was Sie, Herr Poppe, von dieser Stelle aus heute dem Parlament vorgehalten haben.

Ich fordere Sie auf: Arbeiten Sie mit am Bildungssystem! Stellen Sie nicht diese populistischen Anträge! - Übrigens bin ich ganz dankbar dafür. Uns ist da ja eine Menge Zahlen geliefert worden. Es ist schön, dass die gebündelt sind. Man kann da auch mal reingucken. Aber das hat mit der Verbesserung der Bildungsqualität absolut nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Korter das Wort. Bitte schön!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Aber jetzt mal etwas Neues!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Busemann, mit Ihrer schwarz-gelben Schulstrukturreform wollten Sie angeblich die Bildungsqualität verbessern und Schulstandorte sichern. Ihre Antworten auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion machen deutlich, dass Sie von diesen Zielen eigentlich gar nichts erreicht haben.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Er hat sogar mehr Schulstandorte geschaffen!)

Im Gegenteil, Herr Minister, Sie haben die niedersächsischen Schulen so mit Erlassen, Verordnungen und angeblichen Reformen überfrachtet, dass nur deshalb von dem Chaos an den Schulen kaum etwas zu hören ist, weil die Kolleginnen und Kollegen so mit zusätzlicher Arbeit belastet sind, dass sie gar keine Luft mehr haben, etwas zu Ihrer Schulpolitik zu sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Widerspruch bei der CDU - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist in der Tat etwas Neues!)

- Hören Sie doch erst einmal zu! - Was die Schulen aber tatsächlich von Ihrer Politik halten, konnten Sie Anfang Oktober in Celle auf der Jahrestagung des Schulleitungsverbandes deutlich merken, Herr Minister. Da rührte sich kaum eine Hand zum Beifall bei den an die tausend Schulleiterinnen und Schulleitern, als Sie eine Stunde lang Ihre Regierungserklärung zur Erfolgsbilanz der schwarzgelben Schulstrukturreform vorgelesen haben. Und als Sie vom Erfolg Ihres Schulbuchmietmodells redeten, wurden Sie geradezu ausgelacht.

Haben Sie mit der Abschaffung der OS in irgendeiner Weise Qualität verbessert oder Schulstandorte erhalten?

(Zurufe von der CDU: Ja!)

226 Außenstellen - das hat die Kollegin eben ganz stolz vorgetragen - mussten eingerichtet werden. Außenstellen - das ist doch kein Erfolgsmodell, das ist eine Behelfslösung!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das bedeutet, dass die betroffenen Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte keine direkte Anbindung an ihre Stammschule haben, obwohl dies doch für das Schulklima so wichtig ist. Das weiß doch jeder, der sich an der Schule auskennt. Durch die Fahrerei der Kolleginnen und Kollegen geht sehr viel Zeit verloren, die viel wichtiger für Schüler-Lehrer-Gespräche oder für Elterngespräche wäre. Mit Ihrer Schulstrukturreform, Herr Minister, haben Sie eine gigantische Verschleuderung von Ressourcen betrieben, die jetzt für eine wirkliche inhaltliche Schulreform fehlen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

1 000 Lehrerstellen für die Auflösung der OS, noch einmal 1 000 Stellen für die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur - das macht zusammen jährliche Kosten für das Land von mehr als 80 Millionen Euro. Es ist schon erstaunlich, dass der Finanzminister dazu einfach schweigt.

Aber trotz der zusätzlichen Lehrerstellen ist die Unterrichtsversorgung wieder so schlecht wie bei Ihrem Regierungsantritt. Sie haben sie nur anders berechnet.

Auch den Kommunen haben Sie massive Zusatzkosten aufgebürdet. Insgesamt ca. 100 Millionen Euro mussten die Kommunen für bauliche Maßnahmen aufbringen. Hinzu kommen erhebliche Zusatzkosten für die Schülerbeförderung. Aber die wollen Sie ja, insbesondere Ihr Innenminister, demnächst auf die Eltern abwälzen.

(Zuruf von der CDU: Das ist doch falsch!)

Herr Minister, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, Ihr gegliedertes Schulsystem ist nicht nur das sozial ungerechteste der Welt, es ist auch eines der teuersten.

Herr Minister Busemann, dass Ihre Schulstrukturreform schon jetzt gescheitert ist, zeigt sich ganz deutlich am Wahlverhalten der Eltern bei den Anmeldungen zu den weiterführenden Schulen.

(Klaus Rickert [FDP]: Sie begreifen es nicht!)

Die Eltern haben die Schulformen gewählt, von denen sie sich die besten Chancen für ihre Kinder versprechen, und nicht die Schulformen, die sie nach dem Willen der Landesregierung hätten wählen sollen. Die FDP will die Eltern deshalb ja

jetzt entmündigen. Es ist einfach lächerlich, wenn Sie behaupten, die Frage der Schulstruktur sei nun ein für alle Mal vom Tisch. Das ist Ihr frommer Wunsch, Herr Minister, mehr nicht.

Von den internationalen Vergleichsstudien, die uns ein ums andere Mal das Scheitern des gegliederten deutschen Schulsystems belegen, wollen Sie nichts mehr hören; das nervt Sie nur noch. Aber dieser Debatte werden Sie sich nicht entziehen können; denn Eltern und Wirtschaft wollen die beste Bildung für unsere Kinder. Die finden sie nicht in einer selektiven Schule, sondern nur in einer Schule, die jedes einzelne Kind mitnimmt und jedes optimal fördert. Sie haben es aber immer noch nicht begriffen, oder Sie wollen es nicht begreifen. Deshalb muss ich es immer wieder wiederholen.

(Walter Meinhold [SPD]: Sie wollen nicht!)

Vielleicht fragen Sie einmal Ihre Parteikolleginnen und -kollegen in Nordrhein-Westfalen. Dort hat die CDU auf ihrer Homepage eine Umfrage gestartet. Trotz einer außerordentlich manipulierenden Fragestellung haben sich dort binnen kurzem mehr als 80 % der Menschen für eine gemeinsame Schule für alle ausgesprochen und nicht für eine selektive Schule. Daraufhin hat die CDU diese Umfrage ganz schnell von ihrer Homepage genommen. So kann es kommen, meine Damen und Herren, wenn man in den ideologischen Gräben des vorigen Jahrhunderts verharrt und starrsinnig an einem Schulsystem festhält, das unserer Zeit nicht mehr entspricht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Busemann das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man ist ja auf der Regierungsseite gelegentlich durchaus dankbar, wenn die Opposition eine Große Anfrage stellt; denn das gibt die Möglichkeit, das darzulegen, was erfolgreich gemacht wurde. Aber, Herr Kollege Poppe, Sie müssen sich dann auch ein bisschen an das selbst gewählte Thema halten. Sie haben die Auswirkungen der Schulstrukturänderungen abgefragt. Was Sie dann dazu ab

lieferten - vielleicht waren Ihnen die Antworten zu gut -, waren eine Zettelkastenrede, ein Sammelsurium, Allgemeinplätze, Gemäkel, die üblichen Rundumschläge, Analysen, die noch gar nicht an der Zeit sind, und anderes mehr. Damit können wir nichts anfangen; das muss ich Ihnen ganz nüchtern sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben seitens des Kultusministeriums diese umfangreiche Antwort vorgelegt. Meine Damen und Herren, darin steckt eine Menge Arbeit. Die Anfrage wurde hier am 23. Juni gestellt, sozusagen zum Auslauf des alten Schuljahres vor der Sommerpause. Ich will Ihnen ganz offen sagen: Es musste im Kultusministerium richtig geschuftet werden, um dieses Werk fertig zu stellen. Ich kann mich bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur dafür bedanken,