Protocol of the Session on October 28, 2004

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Werner Buß [SPD]: Das wollten auch wir vorschlagen!)

Nächster Redner ist Herr Johannßen von der SPDFraktion.

Verehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn dieses Thema - insbesondere für jemanden wie mich, der von der Küste kommt und in dessen Region die Landesregierung gerade versucht, den Kompetenzstandort Cuxhaven kaputt zu machen nicht so wichtig wäre, würde ich sagen: Dies ist einer Ihrer Placebo-Anträge: Er sieht gut aus, er tut nicht weh, richtet vor allen Dingen keinen Schaden an, und wenn man richtig daran glaubt, dann hilft er vielleicht auch.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich fühle mich sehr an Ihren Antrag zum Thema „Pferdeland Niedersachsen“ erinnert, den wir hier vor einiger Zeit beraten haben.

(Heiterkeit bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Das ist doch wohl un- verschämt!)

Ähnlich inhaltslos ist auch dieser Antrag.

(Heinz Rolfes [CDU]: Nichts begriffen, aber über andere urteilen!)

- Sie können sich gleich zu Wort melden, Herr Rolfes. Ich hatte gerade eine Besuchergruppe, die sich über die Unaufmerksamkeit und das flegelhafte Verhalten empört hat. Wir sollten uns bemühen, ein bisschen disziplinierter zu sein.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe mir trotzdem die Mühe gemacht, die einzelnen Punkte, die in Ihrem Antrag aufgeführt sind, auf ihre Tauglichkeit für eine parlamentarische Entschließung zu überprüfen. Unter dem ersten Spiegelstrich sprechen Sie die Muschelfischerei an und fordern einen wirtschaftlichen Ausbau. Angesichts der massiven Proteste, die gegen die Muschelfischerei sowohl auf holländischer als auch auf deutscher Seite zu beobachten sind, sollte meines Erachtens mit diesem Thema sehr sensibel umgegangen werden.

(Björn Thümler [CDU]: Ich würde an Ihrer Stelle über die Studie reden! - Wolfgang Ontijd [CDU]: Wo sind die Massen, die protestieren?)

Wenn Sie sich schon die Mühe machen, in einem Antrag die Belange der Küstenfischerei genauer zu beleuchten, sollten Sie auch konkret die Erschwernisse, die Sie in der Küstenfischereiordnung sehen und die Sie beseitigen wollen, benennen. Das wäre ganz im Sinne der niedersächsischen Küstenfischer.

(Björn Thümler [CDU]: Lesen Sie die Studie!)

- Ich beziehe mich auf Ihren Antrag.

(Björn Thümler [CDU]: Er bezieht sich auf die Studie!)

- Daraus haben Sie für Ihren Antrag abgeschrieben.

Die Spiegelstriche 3 und 4 beinhalten Selbstverständlichkeiten, die wir in einem Küstenland wie Niedersachsen angesichts der langen Tradition der Fischerei in diesem Land natürlich berücksichtigen, es sei denn, unter der neuen Landesregierung hätte sich hier etwas Gravierendes geändert, was dann allerdings Ihren Antrag erklären würde.

Meine Damen und Herren von den Fraktionen von CDU und FDP, unter einem weiteren Spiegelstrich sprechen Sie die Forschung zur Meeresumwelt an. Natürlich - ich hätte das auch gar nicht anders erwartet - verschweigen Sie, wer diese Forschung finanzieren soll. Wer soll die Untersuchungen durchführen? Ich vermute, Sie werden ganz schnell mit dem Finger wieder auf die Bundesregierung zeigen, da die eigene Haushaltslage, die Sie beklagen, zwar so prosaische Anträge wie die

sen zulässt, nicht aber einen vernünftigen Finanzierungsvorschlag.

(Beifall bei der SPD)

Unter dem sechsten Spiegelstrich haben Sie geschrieben: Fischereihäfen einschließlich ihrer Infrastruktur sind im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten in ihrer Existenz zu sichern und, soweit geboten, an aktuelle Anforderungen anzupassen. Das hört sich richtig gut an, aber Sie handeln völlig anders. Sie haben bei den Investitionen am Standort Cuxhaven gekürzt und verweigern die Weiterentwicklung des Seefischmarktes. Ich erinnere an die Ablehnung unseres Entschließungsantrages im letzten Plenarsitzungsabschnitt. Fordern und Handeln sind bei Ihnen konträr.

Als letzten wichtigen Punkt nennen Sie die Bedeutung der Fischerei für den Tourismus, die unbestritten groß ist; das wissen wir auch aus unserer Region. Allerdings fordern Sie die regionalen touristischen Akteure auf, Konzepte zu erarbeiten. Sie gehen also davon aus, dass es solche Konzepte noch gar nicht gibt. Wenn es sie allerdings nicht gibt, stellt sich die Frage, warum Sie die Landesregierung nicht auffordern, hier in besonderer Weise unterstützend tätig zu werden.

Meine Damen und Herren, soweit zu Ihrem Antrag. Da dieser im Wesentlichen von der Studie „Die Küstenfischerei in Niedersachsen - Stand und Perspektiven“ abgeschrieben ist, hätten Sie auch die weiteren Punkte, die in der Studie vorgeschlagen werden, mit aufnehmen können. Aber die Umsetzung dieser Punkte würde richtig Geld kosten. Das gilt z. B. für die Erneuerung der Flotte und für die Unterstützung - gemeint ist sicherlich die finanzielle - innovativer Maßnahmen oder die Förderung der Direktvermarktung und von Erzeugergemeinschaften.

Im Frühjahr 2004 führte der Verbraucherschutzausschuss des Bundestages eine Anhörung zum Thema Küstenfischerei durch. Dort forderte der Vorsitzende des Deutschen Hochseefischereiverbandes sehr deutlich, zur Existenzsicherung der deutschen Fischerei und Fischwirtschaft die veraltete Flotte zu erneuern, die Fangquoten langfristig abzusichern und zu kontrollieren und innerhalb der Mitgliedstaaten Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Darüber hinaus müssten die Verträge mit Nicht-EU-Staaten verlängert und regionale Räte gebildet werden, die notwendiges Fachwissen in das Management bringen.

Meine Damen und Herren, ich bin sicher, es gibt noch viele weitere Anregungen, die sowohl auf Landesebene wie auch auf Bundesebene umgesetzt werden können, die zu einer Verbesserung der Situation der niedersächsischen Küstenfischerei beitragen und auch zukünftig die Einkommensquellen sichern sowie gleichzeitig den besonderen ökologischen Erfordernissen der Meeresumwelt gerecht werden.

Obwohl Ihr Antrag nicht besonders inhaltsschwanger ist - ich habe darauf hingewiesen -, freue ich mich doch auf die Beratung. Wir werden sicherlich vernünftige ergänzende Vorschläge auch inhaltlicher Art einbringen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Da sind wir gespannt!)

Nächster Redner ist Herr Riese von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich jetzt schon auf die Gespräche, die wir insbesondere im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ zu dieser Thematik haben werden.

Es ist doch ganz erstaunlich, dass man über diesen Antrag unterschiedlicher Meinung sein kann. Ich hoffe doch sehr, Herr Johannßen, dass Sie nicht nur an der Küste wohnen, sondern gelegentlich auch das eine oder andere Wort mit den Fischern dort sprechen. Dann werden Sie nämlich feststellen, dass diesen eine gewisse Anerkennung durch die Landespolitik durchaus gut tut,

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Das haben sie sogar erwartet!)

weil sie nämlich - nicht ganz unberechtigt - das Gefühl haben, dass auch die Landespolitik dazu beiträgt, dass sich die Bedingungen für die Küstenfischerei nicht gerade verbessern.

Die ostfriesischen Fischer, die insbesondere in der Emsmündung tätig sind, weisen uns immer wieder auf den Zusammenhang zwischen Tourismus und Küstenfischerei hin, übrigens im Einklang mit ihren Gemeinden und den dortigen Bürgermeistern. Sie erklären uns aber auch, wie sich in diesen Gewäs

sern die Wasserqualität verschlechtert hat durch Maßnahmen,

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Genau!)

die im Interesse anderer Wirtschaftszweige erforderlich waren. Ich spreche von der Emsvertiefung und vom Emssperrwerk. Wegen Letzterem sind übrigens auch die Ditzumer Fischer nicht im Besitz einer alten, sondern einer recht modernen Flotte, sodass sie ihre Fischerei betreiben können.

Die Fischer beklagen aber, dass sie früher ihrem Gewerbe in der Nähe ihrer Heimatorte nachgehen konnten, also an der ostfriesischen Küste und in der Emsmündung mit Stellnetzfischerei - im engeren Bereich sind sie mit ihren Fischkuttern hinausgefahren -, während sie heute Fanggründe in Schleswig-Holstein aufsuchen müssen, weil sich - auch bedingt durch das Fluid-Mud-Verfahren, das wir bei der Tiefenerhaltung der Häfen als wirtschaftlich günstig ansehen - die Gewässerqualität und damit die Bedingungen für sie verschlechtern.

Insofern ist es notwendig, dass der Landtag eine Entschließung fasst, nach der die Fischer Rechte eigener Art bekommen: Zunächst durch die politische Entschließung. Ich welcher Form wir das dann hinterher in Recht umsetzen, müssen wir dann sehen.

Insofern ist das, von dem Sie, Herr Johannßen, gesagt haben, es sei eine Selbstverständlichkeit - nämlich die Rechtspositionen der Fischer im Hinblick auf die Raumordnungsplanung für das Küstenmeer und das integrierte Küstenzonenmanagement festzulegen -, gerade keine Selbstverständlichkeit, sondern muss erkämpft werden. Dazu trägt dieser Antrag bei.

Sie haben gefragt, wer die Forschung zur Wirkung der Meeresnutzung auf die Meeresumwelt und insbesondere auf die Fische durchführt. Sie wissen so gut wie ich, dass diese Thematik bei der EU in besten Händen ist. Es gibt ein Institut in Kopenhagen, das die Avantgarde der Forschung darstellt. Alle EU-Papiere zur Fischerei greifen auf diese Forschungsergebnisse zurück. Insofern findet die Forschung natürlich statt. Erfreulicherweise müssen wir sie nicht vollständig selbst bezahlen, sondern hier wird die EU auch zum Wohle unserer Fischer in der Nordsee tätig.

Über den Zusammenhang zwischen Tourismus und Fischerei habe ich schon gesprochen. Wir

müssen natürlich fern davon sein, dass wir im Rahmen eines etwa landesweiten Tourismuskonzepts einen Museumsfischereihafen einrichten und dort einiges festschreiben. Die Fischerei, auch die Küstenfischerei, muss ein Erwerbszweig sein, der sich selber durch Tätigkeit am Markt erhalten und sich auch entwickeln kann.

Aber der Standort ist natürlich für Touristen von Interesse. Das ist nicht nur an der ostfriesischen Nordseeküste und überhaupt an der niedersächsischen Nordseeküste so, sondern das gilt in der gesamten EU. Der Zusammenhang ist im IKZM, im integrierten Küstenzonenmanagement, erkannt. Wir müssen in Niedersachsen unseren Teil dazu tun, dies zu begleiten.

Selbstverständlich sind als Akteure zunächst die Gemeinden vor Ort gefordert. Das Land täte genau das Falsche, wenn es ein zentrales Konzept auf den Markt brächte und dann den Gemeinden vorschriebe, wie sie im Einzelfall die Fischerei in den Tourismus einbinden. Das wissen die sehr gut selber. Wir haben es deshalb in den Antrag geschrieben, damit dort bekannt wird, dass der Landtag diese Aktivitäten zur Kenntnis nimmt und sie begleitend unterstützt. Im Rahmen unserer knappen Mittel - und die sind so knapp, weil wir historisch auf der Politik aufbauen, die Sie hier 13 Jahre lang betrieben haben - werden wir natürlich auch Mittel zur Verfügung stellen, um die Hafenanlagen und andere Bedingungen der Fischerei weiterzuentwickeln.

Insofern hoffe ich, dass wir eine Formulierung finden, die wir am Ende einstimmig beschließen können. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Als Nächstem erteile ich Herrn Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Da kommt so ein Jungfischer!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns einig: Wir brauchen unsere Küstenfischerei. Wir brauchen sie als bescheidenen wirtschaftlichen Beitrag in einer strukturschwachen Küstenregion. Wir brauchen sie als touristisches Highlight für unsere weiße Industrie.

Wir brauchen sie sicherlich auch ein bisschen für die kulturelle Identität unseres maritimen Lebensraumes. Und in gewissem Sinne brauchen wir sie auch als Indikator oder Wächter für ein intaktes Meeresökosystem.