Protocol of the Session on September 17, 2004

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In gut kammermusikalischer Besetzung diskutiert der Niedersächsische Landtag den letzten Tagesordnungspunkt, den wir heute aufrufen. Ich freue mich, dass doch noch einige zu diesem wirklich wichtigen Thema da sind.

So, wie Frau Seeler das macht, geht es aber natürlich nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Am 4. März 2003 haben wir in diesem Saal einen neuen Ministerpräsidenten gewählt, der ein hervorragendes Kabinett besetzt hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Und erst von diesem Tage an waren wir, die Koalitionsfraktionen, die die Landesregierung tragen, in der Lage, zu erkennen, in welch verheerendem Zustand sich die Landesfinanzen befinden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - David McAllister [CDU]: Sehr richtig!)

Wir haben seither das getan, was wir vor der Wahl angekündigt haben, nämlich begonnen, jegliche denkbare Maßnahme zu diskutieren, mit der zur Konsolidierung der zerrütteten Landesfinanzen beigetragen werden kann.

Und wann immer eine Maßnahme in die konkrete Diskussion gerät, kommen Sie von der Sozialdemokratie - manchmal allerdings auch von den Grünen - und sagen uns, warum es nun ausgerechnet an dieser Stelle nicht geht. Wann fangen Sie endlich einmal an, zunächst anzuerkennen, dass eine Konsolidierung des Landeshaushaltes notwendig ist und dass das eine Aufgabe ist, die wir alle miteinander einvernehmlich betreiben müssen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie tragen dafür sehr viel Verantwortung, weil in Ihrer Regierungszeit die Schulden explodiert sind und auch die Anzahl des Personals, das das Land zu beschäftigen hat, inklusive der Pensionsverpflichtungen.

Wenn Sie in Ihrem Antrag behaupten, die Landesregierung habe beschlossen, die politische Bildung in Niedersachsen einzustellen, dann geht das natürlich zu weit. Sie tun so, als wäre einzig und allein die Landeszentrale so, wie sie derzeit gestaltet ist, ein Ort, in dem politische Bildung stattfindet. Das ist erkennbar nicht so; denn es gibt zum einen die Bundeszentrale, die finanziell wesentlich besser ausgestattet ist, sich mit gleichartigen Aufgaben beschäftigt und natürlich auch die Bürgerinnen und Bürger des Landes Niedersachsen mit bespielt. Zum anderen gibt es allen voran in Niedersachsen die Schulen, Einrichtungen wie „Arbeit und Leben“ - die ja bekanntlich keine Parteieinrichtungen sind -, parteinahe politische Stiftungen, Volkshochschulen, Kirchen und noch viele andere mehr, die sich mit politischer Bildung beschäftigen.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Und Ge- werkschaften!)

- Die Gewerkschaften habe ich noch zu erwähnen vergessen. Vielen Dank für den Hinweis, Herr Kollege Ontijd.

Von daher kann ich mit vollem Herzen zustimmen, was Dr. Siegfried Schiele im letzten Jahr zum 49jährigen Bestehen der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung gesagt hat:

„Und nun behaupte ich mit fester Überzeugung: Politische Bildung ist kein Luxus-Gut, auf das man in Sparzeiten auch verzichten kann, politische Bildung gehört zu unserer Demokratie wie die Luft zum Atmen. Ohne politische Bildung fehlt unserer Demokratie der Sauerstoff zum Atmen.“

Davon ist jedes Wort wahr. Auch wenn wir die teure Landeszentrale für politische Bildung in der Form nicht mehr betreiben, wird es in großem Umfang politische Bildung in Niedersachsen geben, von vielen, teils parteinahen, zum großen Teil aber parteipolitisch unabhängigen Einrichtungen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Wenn man Ihren Reden so zuhört, dann ist das auch politische Bildung!)

Ich darf auch noch in Erinnerung rufen, dass der Landesrechnungshof bereits in seinem Jahresbericht 2000 vorgeschlagen hatte, die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung mit dem NLI zusammenzulegen und als eigenständige Landeszentrale von da an nicht mehr zu betreiben. Präsident des Landesrechnungshofs war damals ein gewisser Herr Wolfgang Meyerding. Sie sehen, dass es hier im Hause Fraktionen gibt, die dem Landesrechnungshof ihr Ohr schenken und seine Vorschläge nach reiflicher Erwägung in geeigneter Weise umsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich nunmehr Frau Korter das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Jahr wird die Landeszentrale für politische

Bildung in Niedersachsen 50 Jahre alt. Sie hat sich in den vergangenen Jahren mit immer neuen aktuellen Konzepten den Erfordernissen des gesellschaftlichen und politischen Geschehens in unserem Lande angepasst. Sie hat sich in großem Umfang der politischen Bildung von Schülerinnen und Schülern sowie von Jugendlichen gewidmet.

Ohne jede Vorankündigung und Diskussion mussten wir in den Sommerferien erfahren, dass die Landeszentrale in Niedersachsen vollständig und ersatzlos aufgelöst werden soll. Noch in der Kuratoriumssitzung vom Juni 2004 - Frau Seeler hat es eben beschrieben - hatte Staatssekretär Saager den Mitgliedern versichert, die Landeszentrale werde in vollem Umfang weiterarbeiten, es werde jedoch vom Ministerium die Zusammenfassung mit dem NiLS, dem Niedersächsischen Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung, vorgeschlagen. Dies sei aus Gründen der Einsparung sinnvoll.

In der August-Sitzung des Kuratoriums konnte vom Ministerium kein Konzept vorgelegt werden, welche Aufgaben in der Landeszentrale denn erhalten bleiben sollten, wo sie angesiedelt und wie sie finanziert werden sollten und in welcher Weise das angepeilte Einsparvolumen von 1,6 Millionen Euro denn realisiert werden könne. Die Zusammenlegung mit dem NiLS war plötzlich kein Thema mehr. Eine Einsparung gebe es dadurch nicht, so Staatssekretär Saager auf meine Nachfrage.

Meine Damen und Herren, das, was Sie hier machen, kommt mir vor wie bei der Verwaltungsreform: Man löst schon einmal eine Institution auf, ohne dass man ein Konzept dafür hat, welche Aufgaben von wem und wie weitergeführt werden sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Oder wollen Sie die politische Bildung ganz streichen? Wer soll in Zukunft die Initiativen gegen Gewalt und Extremismus in Niedersachsen weiterführen? Werden die von Ihnen gestrichen? Gibt es das Projekt „Schule ohne Rassismus“ weiterhin? Wird der erfolgreich durchgeführte Schülerwettbewerb „Jugend debattiert“ weiter fortgesetzt oder streichen Sie den?

Frau Kollegin Korter, Entschuldigung, wenn ich unterbreche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich habe zu wenig Zeit, Herr Bode. Das machen wir hinterher.

Gibt es weiterhin den Schüleraustausch, die Jugendfahrten in das europäische Ausland? Stellen Sie weiterhin das Informationsmaterial der Landeszentrale her, die Reihe „Informativ und Aktuell“, mit der Schulklassen und Jugendgruppen gern gearbeitet haben?

Meine Damen und Herren, Herr Riese von der FDP, politische Bildung wird auch von Trägern der Erwachsenenbildung geleistet. Das ist richtig. Aber auch die werden unter dem Diktat der Wirtschaftlichkeit ihr Angebot nicht gerade in diesem Bereich ausweiten können; das wissen Sie ganz genau. Es ist zudem, meine ich, einfach ideen- und fantasielos und zeigt einen Mangel an Gestaltungskraft und Gestaltungsmöglichkeiten in den Mehrheitsfraktionen, überhaupt nichts dazu zu sagen, welche Kernaufgaben Sie erhalten wollen.

Sie streichen einfach ganz, haben kein Konzept und warten, was das Ministerium vorschlägt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Aus diesem Ministerium kommt auch nicht viel!)

Über die Organisationsstruktur können wir vor dem Hintergrund der Haushaltsprobleme gern streiten. Aber die Aufgabe der politischen Bildung in Niedersachsen völlig aus der Hand zu geben, halte ich für unverantwortlich.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich kann es nicht ganz glauben, dass Ihnen die völlige Streichung der unabhängigen politischen Bildung so egal ist. Es ist nicht nur geschmacklos, im Jahre des 50. Bestehens der Landeszentrale diese so sang- und klanglos aufzulösen. Es zeugt auch von mangelndem demokratischen Bewusstsein angesichts der Probleme mit Rechtsradikalismus in diesem Lande. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Seeringer zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zu Ihnen, Frau Seeler, und auch zu Ihnen, Frau Korter. Ich denke schon, dass wir alle von der bevorstehenden Schließung betroffen sind, auch wenn wir sie in Anbetracht der Haushaltslage nicht verhindern können. Wenn wir nämlich kein Geld haben, dann können wir dafür auch nichts ausgeben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Betroffenheit in der CDU ist sicherlich genauso groß wie die Betroffenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Bildung. Aber dazu komme ich gleich.

Noch eines: Frau Seeler, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie eine Sache angeführt haben - das Programm der Landeszentrale kennen wir alle; deswegen brauche ich dazu nichts zu sagen -: Demokratie ohne Erziehung ist nicht möglich. Die Frage ist: Wo lerne ich denn im Rahmen der Erziehung Aufgaben für diesen Staat? - Doch eigentlich in der Familie. Und wenn in der Familie nicht gemeinsam diskutiert und über unseren Staat gesprochen wird, darüber, wie wir die Aufgaben wahrnehmen können? In der politischen Bildung der Landeszentrale allein können wir das nicht leisten.

Sie haben den Erhalt 1994 gemeinsam verabschiedet. Ich denke, es war auch 1994 - das war nach der deutschen Einigung - schon festzustellen - das ist im April 2004 auch in der Beilage der Zeitschrift Parlament zu lesen gewesen -, dass Konzepte umgestellt werden müssen.

Entschuldigung, Frau Kollegin Seeringer! - Ich finde die Reden, die hier gehalten werden, alle unheimlich spannend. Ich bitte deshalb noch einmal um Ruhe und diejenigen, die sich unterhalten wollen - es ist der letzte Tagesordnungspunkt -, vor die Tür zu gehen.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Ich weiß, wir haben anstrengende Tage hinter uns. Ich werde versuchen, zügig durchzugehen. Aber ich glaube, das ist ein so wichtiges Thema, dass wir uns schon

darum kümmern sollten, wie wir es in Zukunft gestalten.

Zurück zu meiner Rede. Andere Vorstellungen - das war zu lesen - sollte man auch im 50. Jahr des Bestehens der Bundeszentrale und der Landeszentralen durchaus entwickeln. In den ostdeutschen Ländern, insbesondere in einem, fehlen sehr viele Übungsleiter und Gruppenleiter. Ich denke, das hätte man auch schon 1994 feststellen können.

Ich möchte damit beginnen, dass ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen für ihre Arbeit ganz herzlich danke.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben in vielfältiger Weise Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Arbeit unterstützt, ausgezeichnete Informationen erstellt, Arbeitshilfen herausgegeben, Schüleraustausche angeregt und begleitet und Gedenkstättenarbeit erfolgreich betrieben. Das Programm wurde vorgestellt.