Protocol of the Session on September 16, 2004

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss jetzt zu zwei Dingen etwas sagen, und zwar erst zu dem persönlichen Angriff von Herrn Althusmann und danach zu dem Vorfall.

Herr Althusmann, ich habe die herzliche Bitte, dass Sie in der Frage, wer hier wann reinschwebt und rausgeht, die gleiche Messlatte erst einmal an die Mitglieder Ihrer eigenen Regierung anlegen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn Sie soweit sind, dass die Mitglieder Ihrer Regierung nicht permanent beantragen, z. B. zwecks Teilnahme an öffentlichen Gelöbnissen von der Teilnahme an der Landtagssitzung entschuldigt zu werden - wie Sie es bei dieser Sitzung schon wieder getan haben -, und wenn Sie soweit sind, dass die Mitglieder Ihrer Regierung anwe

send sind, wenn wir über wichtige Themen des Landes, beispielsweise über eine Regierungserklärung zur Bildungspolitik, reden, dann, Herr Kollege Althusmann, aber auch erst dann haben Sie das Recht, irgendjemanden aus einer anderen Fraktion zu einem Verhalten aufzufordern, das nach der Geschäftsordnung des Landtages vor allen Dingen für die Mitglieder der Landesregierung gilt und nicht für einzelne Mitglieder des Parlaments. - So weit zu diesem Thema.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zweitens. Herr Althusmann, wir kennen Sie hier schon sehr lange; ich Sie auch. Es gibt viele Dinge in der Politik, die keinen Spaß machen, z. B. Wahlen zu verlieren. Aber wissen Sie, was das Schlimmste wäre, was mir passieren könnte? Wenn ich die Regeln des menschlichen und anständigen Umgangs ausgerechnet von Ihnen lernen müsste. Das wäre wirklich eine ganz bittere Erfahrung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Oh!)

Und weil das so ist, Herr Althusmann, bin ich, bevor Sie sich markig zu Wort gemeldet haben, schon bei der Frau Ministerin gewesen und habe ihr zwei Dinge gesagt:

Erstens. Wenn man schon wegen eines charmanten Vornamens einen Fehler macht, dann ist es anständig, wenn man sich einer charmanten Ministerin gegenüber nicht nur persönlich, sondern dann auch von dieser Stelle aus entschuldigt. Deswegen habe ich ihr gesagt, dass ich das natürlich auch vor dem Plenum machen werde. Das wird sie bestimmt bestätigen.

Zweitens will ich sagen, dass Ministerpräsident Wulff gestern offensichtlich an einer Stelle Recht hatte. Herr Wulff, Sie haben gesagt, dass man mehr selber lesen müsse. Das scheint in diesem Punkt auch der Fall zu sein. Vielen Dank für Ihren Ratschlag. Ich gebe zu: Wir sind in der Opposition noch verbesserungsfähig. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Aber eine Entschuldigung war das immer noch nicht! - Gegenruf von Sigmar Gabriel [SPD]: Natürlich habe ich mich entschuldigt!)

Meine Damen und Herren, auch diesen Drahtseilakt haben wir jetzt erledigt. Wir kommen jetzt wieder zur Tagesordnung des Landtages zurück.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung: Entwurf eines Niedersächsischen Hafensicherheitsgesetzes (NHafenSG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 15/1270

Bitte sehr, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf setzt die internationalen Vorgaben zur Sicherheit des Seeverkehrs und speziell zur Gefahrenabwehr in Häfen um. Diese Vorgaben sind von der Internationalen Schifffahrtsorganisation, der IMO, der International Maritime Organisation, als Reaktion auf die Ereignisse vom 11. September 2001 beschlossen worden.

Die IMO hat einen internationalen Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen, den ISPS-Code, verabschiedet, der weltweit Anwendung findet und ein umfangreiches rechtliches Instrumentarium für einen vorbeugenden Schutz von Schiffen und Hafenanlagen vor terroristischen Gefahren beinhaltet.

Auf diesem IMO-Code beruht die EU-Verordnung zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen. Die nationalen Gesetzgeber sind gehalten, für diese Regelungswerke ausfüllende Vorschriften zu erlassen. Das tun wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf für die Häfen. Soweit die neuen internationalen Sicherheitsvorschriften Regelungen beinhalten, die an die Schiffe und an die Reeder adressiert sind, ist der Bund zuständig.

So viel zur formalen Seite. Jetzt komme ich zum Inhalt.

An erster Stelle steht die Bewertung des Risikos. Darauf fußend muss ein Gefahrenabwehrplan mit drei verschiedenen Maßnahmenstufen ausgearbeitet werden. Die Risikobewertung wird in staatli

cher Verantwortung erstellt. Das ist also eine Aufgabe von staatlichen Behörden. Aufgabe der Häfen ist es, auf der Grundlage einer solchen behördlichen Risikobewertung Pläne zur Gefahrenabwehr zu erstellen, um diese Risiken zu vermindern. Es müssen z. B. Beauftragte für die Gefahrenabwehr für das Schiff, im Unternehmen und in der Hafenanlage bestimmt werden.

Diese Regelungen gelten auch für die landeseigenen Häfen. Um diese den Sicherheitsanforderungen anzupassen, haben wir rund 4,67 Millionen Euro investiert. Die laufenden jährlichen Kosten dafür betragen 907 000 Euro. Diese Kosten fallen für Sicherheitsmaßnahmen an, die dazu dienen, die Häfen im internationalen Sicherheitswettbewerb fit zu machen.

Meine Damen und Herren, in Zeiten knapper Kassen ist das Land verstärkt darauf angewiesen, sich zu refinanzieren. Das Gesetz sieht deshalb vor, dass der Hafenbetreiber die Eigensicherungsmaßnahmen durchführt und auch bezahlt. Weiterhin sollen Gebührentatbestände für die Amtshandlungen der mit der Umsetzung dieses Gesetzes beauftragten Behörden eingeführt werden.

Es ist verständlich, dass sich die im Beteiligungsverfahren angehörten Verbände gegen die zusätzlichen Kostenbelastung durch Gebühren gewandt haben. Ich habe Verständnis dafür, wenn die gewerbliche Wirtschaft zusätzliche Belastungen ablehnt. Aber, meine Damen und Herren, unsere Haushaltslage gestattet nicht, darauf zu verzichten. Die Situation ist in allen Küstenländern gleich. Auch in den anderen Küstenländern werden Sicherheitsgebühren erhoben. Die Gebührentatbestände sind mit den anderen Küstenländern abgestimmt. Das gilt im Übrigen auch für die inhaltliche Ausgestaltung.

In einem zweiten Teil schafft das Gesetz die Rechtsgrundlagen dafür, eine private Gesellschaft mit hoheitlichen Aufgaben zu beleihen. Die Aufgaben der gegenwärtigen Häfen- und Schifffahrtsverwaltung sollen zukünftig in der Form einer privaten Gesellschaft wahrgenommen werden; das ist allgemein bekannt. Es war deswegen in diesem Zusammenhang zu entscheiden, wer zukünftig die hoheitlichen Aufgaben, die gegenwärtig bei dieser Verwaltung liegen, durchführt. Hierzu ist vorgesehen, diese Aufgaben im Wege der Beleihung auf die neue Gesellschaft zu übertragen. Wir brauchen dafür - siehe § 14 - eine Ermächtigungsgrundlage, die in diesem Gesetz geschaffen wird und die ver

schiedene Parallelregelungen in anderen Gesetzesbereichen zum Vorbild hat.

Die Bedingungen und die Voraussetzungen einer Beleihung wurden im Einzelnen geprüft. Die Prüfung hat ergeben, dass auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr eine Beleihung nicht uneingeschränkt möglich ist. In behördlichen Strukturen sind deswegen auch in der Zukunft bestimmte Aufgaben weiter durchzuführen. Das sind z. B. Ordnungswidrigkeiten, Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung und die Fachaufsicht in Häfen-, Fähr- und Schifffahrtsangelegenheiten über kommunale und private Häfen. Diese Aufgaben sollen künftig von den Regierungsvertretungen wahrgenommen werden.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf verdient meiner Meinung nach die volle Unterstützung des Hauses bei der Umsetzung der Maßnahmen, für die wir durch internationale Vorschriften aufgrund des Vorfalls vom 11. September 2001 gezwungen sind. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Kollege Ontijd, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem der Minister den Gesetzentwurf eingebracht hat, möchte ich für meine Fraktion einige Anmerkungen dazu machen.

Die Ereignisse um den 11. September 2001 haben die Welt grundlegend verändert. Als Folge dieser Ereignisse ist die Seeschifffahrt weltweit als ein empfindliches Regelund Beziehungswerk der Weltwirtschaft besonders hart betroffen.

Ein großer Teil unseres Im- und Exportes wird über die deutschen Seehäfen abgewickelt. Man muss sich vor Augen führen, dass wesentlich mehr Güter über See zu uns kommen und weggehen als über Land. Das muss man auch unseren Binnenländern immer wieder sagen. Was sich in unseren Häfen abspielt, das ist Güterverkehrszentrumsarbeit größter Ordnung.

Im Rahmen dieser besonderen Gefahrenlage und der Abwehr terroristischer Gewalt in allen ihren Facetten musste deshalb reagiert werden. Daher

ist auf Initiative der USA als direkt betroffene Nation von der IMO bereits am 12. Dezember 2002 - der Minister hat es gesagt - das internationale Abkommen zum Schutz menschlichen Lebens auf See entsprechend geändert worden. Es folgten deshalb Regelungen und Maßnahmen zur Verbesserung der Gefahrenabwehr in der Seeschifffahrt und in Hafenanlagen vor terroristischen Gefahren, die es möglichst zu verhindern gilt.

Angesichts der entsprechenden EU-Verordnung vom 31. März dieses Jahres sowie der innerstaatlichen Umsetzung durch den Bund haben sich die fünf bundesdeutschen Küstenländer - also die Hansestädte Bremen und Hamburg sowie Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen - recht früh abgestimmt und auch entsprechende Gesetzentwürfe, wie wir im Niedersächsischen Landtag, eingebracht, um eine einheitliche Umsetzung vor dem Hintergrund der Wettbewerbsfähigkeit unserer Häfen zu erreichen. Dass dabei die Interessen der Hafenwirtschaft und die unterschiedlichen Strukturen unserer Häfen eine Rolle spielen würden, war vorauszusehen, aber eben nicht zu ändern. Der Gesetzentwurf besteht - das hat der Minister gesagt - im Wesentlichen aus zwei Teilen, nämlich dem polizeilichen Teil, dem Gefahrenabwehrteil, und dem rein rechtlichen Teil als Grundlage für die beabsichtigte Privatisierung im Zusammenhang mit der Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben. Ich denke schon, dass dieser Punkt eine sehr bedeutende rechtliche Angelegenheit ist. Hier wird die Beleihung geregelt, die aber auch in anderen Gesetzen bereits geregelt ist, nämlich z. B. im Nahverkehrsgesetz oder auch in der Landeshaushaltsordnung. Insofern meine ich, dass dieser Passus in diesem Gesetz seinen richtigen Platz findet.

Meine Damen und Herren, die Fachausschüsse des Landtages sind in dieser und auch hinsichtlich einzelner Vorgehensweisen rechtzeitig, umfassend und sachgerecht beteiligt worden. Dafür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei den Vertretern des Wirtschaftsministeriums ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wegen der Kürze der Zeit bis zu dem In-KraftTreten der Sicherheitsverordnung zum 1. Juli 2004 mussten die baulichen und personellen Erfordernisse in den niedersächsischen Häfen zügig geleistet werden. Das war schon ein Kraftakt, meine Damen und Herren. Und auch dafür möchte ich

mich ganz herzlich bei denjenigen bedanken, die dazu beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dass es hierbei punktuell zu Engpässen, ja auch in einzelnen Fällen zu Einschränkungen herkömmlicher Gewohnheiten in den Häfen gekommen ist, vor allen Dingen bei der Bevölkerung, die ihre Hafenteile gerne betreten will - ich kenne das aus Emden -, ist erklärbar, aber auch nicht vermeidbar. Damit meine ich die Betretungsgewohnheiten, die den Bürgern auch zugestanden werden sollten, aber eben nicht in der Weise, sondern wie es das Erfordernis Sicherheit eben vorschreibt.

Dennoch kann insgesamt festgestellt werden, dass Niedersachsen die Anforderungen zügig und ohne nachteilige Auswirkungen für die Abläufe in den Landeshäfen durchgeführt hat. Zu bemerken ist an dieser Stelle auch, dass insbesondere die USA als betroffene Nation vom 11. September 2001 alle Häfen weltweit blockieren würde, falls die Sicherheitsansprüche nicht erfüllt würden. Für Niedersachsen und Deutschland wäre nicht auszudenken, wenn unsere Häfen damit einen rapiden Rückgang ihrer Umschlagzahlen erfahren würden und andere europäische Häfen den Part unseres Im- und Exportes übernehmen müssten und gerne würden. Vor diesem Hintergrund beweist die Statistik des ersten Halbjahres 2004, dass unsere Häfen gut auf dem Vormarsch sind: 5 % Zunahme der Häfenumschläge - das sind 143 Millionen t. Ich meine, dass dies eine Hausnummer ist, der man mit einem solchen Gesetz Rechnung trägt. Schlimmer noch wäre, wenn z. B. die gesamten VW-Produkte über den Emdener Hafen nicht mehr ausgeführt würden - gerade vor dem Hintergrund, dass wir die Ems-Pier eingeweiht haben; das sind Investitionen des Landes in Höhe von 28 Millionen Euro.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, deshalb und gerade auch wegen des zeitlichen Drucks, unter dem die Verantwortlichen standen, ist die zügige Umsetzung durch die Landesregierung im Zusammenwirken mit der Hafenwirtschaft zu begrüßen. Die erforderlichen Investitionen sind im Landeshaushalt dargestellt und vertretbar, und deren Refinanzierung - der Minister hat es gesagt - ist mittelfristig realistisch abgebildet. Das Land hat für die baulichen und technischen Maßnahmen 4,6 Millionen Euro aufwenden müssen. Diese Ausgaben müs

sen von der Hafenwirtschaft durch Gebühren wieder eingebracht werden, jedenfalls teilweise, auch wenn bis jetzt von dort die Ablehnung kommt. Aber es gibt keine andere Alternative.

Abschließend: Wegen der weltweit stattfindenden und sich neu formierenden terroristischen Gewalt mit vielen Gesichtern - dies belegt eine Studie der Universität in Kiel in diesen Tagen - haben wir keine andere Wahl. Und auch vor dem Hintergrund, dass die bundesdeutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht gerade ein sehr gutes Zeugnis in der Welt ausgestellt bekommt,

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist ja voll neben der Sache!)

ist es gut, wenn wir den Entwurf eines solchen Sicherheitsgesetzes jetzt einbringen und auch möglichst einmütig in diesem Landtag verabschieden. Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)