Meine Damen und Herren! Auf den ersten Blick enthält Ihr Antrag Ansätze, denen man durchaus zustimmen kann. Aber wie so häufig steckt eben auch hier der Teufel wieder einmal im Detail.
Sie verweisen in Ihrem Antrag auf die außerordentlich positiven Auswirkungen der EU-Gemeinschaftsinitiative INTERREG für Niedersachsen und betonen zudem, dass es notwendig ist, diese Förderung fortzusetzen.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie haben Recht. Dies ist ein äußerst erfolgreiches Projekt der Integrationspolitik der EU. Es stärkt und fördert die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Europäischen Union. INTERREG unterstützt das Zusammenwachsen Europas auf wirtschaftlicher, kultureller und politischer Ebene.
Deshalb beabsichtigt die Europäische Kommission, die Gemeinschaftsinitiative INTERREG nicht nur in ihrer bisherigen Form weiterzuführen, sondern sie noch weiter auszubauen. Man wird sie auch weiter ausbauen müssen; denn zu den neu
en Außengrenzen kommen eben auch etliche Binnengrenzen hinzu. Das findet im Übrigen auch die Zustimmung der Bundesregierung.
Meine Damen und Herren, in diese INTERREGDiskussion verpacken Sie Ihre Forderung, die Förderung im Rahmen von Ziel 3 - europäische territoriale Zusammenarbeit - im selben Umfang wie bisher beizubehalten. In Ihrem Antrag steckt etwas von einem Überraschungsei. Die Erwartung, was denn nun drinsteckt, endet zwar mit einer Enttäuschung, aber immerhin: Die Verpackung war gut und schmackhaft.
Die Europäische Union ist größer geworden. Ihre Aufgaben sind vielfältiger und umfangreicher geworden. Es ist ein erheblicher Mehraufwand erforderlich, um diese Zukunftsaufgaben zu bewältigen.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP - inzwischen sind schon viele verschwunden -, in diesem Zusammenhang sei die Frage gestattet: Wollen Sie, dass der EU-Haushalt jetzt deutlich aufgestockt wird, um an allen neuen und alten Binnengrenzen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter im gleichen Umfang wie bisher zu fördern? Das wäre immerhin eine logische Schlussfolgerung aus Ihrem Antrag. Bisher habe ich diesen Sinneswandel noch nicht wahrgenommen, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Mir wäre ein solcher Sinneswandel völlig neu. Gerade Sie haben doch immer vehement gefordert, der EUHaushalt müsse deutlich unter den von der EUKommission geforderten 1,24 % des Bruttonationaleinkommens liegen. Sie werden nicht müde, zu erklären, dass die EU trotz zahlreicher werdender Aufgaben mit deutlich weniger Geld auskommen müsse. Soll ich diese Politik so verstehen, dass Sie sagen: Kürzen bei den anderen, aber nicht im deutsch-niederländischen Grenzgebiet? Meine Damen und Herren, wie wollen Sie diesen Widerspruch auflösen? Das müssen Sie mir noch erklären.
Wir teilen Ihre Auffassung und auch die der Länderchefs, dass grenzüberschreitende Zusammenarbeit an Außen- und Binnengrenzen gleichermaßen stattzufinden hat. Daraus ergibt sich für mich aber noch lange nicht die Schlussfolgerung, alles könne so bleiben wie bisher.
Nicht nur hinsichtlich der vorgesehenen Finanzausstattung der EU, sondern auch in Niedersachsen gilt, dass man mit weniger Geld wird auskommen müssen. Wir werden darüber reden müssen, welche Anstrengungen Niedersachsen zu unternehmen bereit ist, um grenzüberschreitende Projekte in diesem Rahmen fortzusetzen. Es gibt ja durchaus gute Ansätze. Wir werden möglicherweise über andere Formen und Verfahren nachdenken müssen und auch über andere Finanzierungsmodelle zu reden haben.
Das ist die eigentliche Herausforderung. Es kann also nicht nur um die schlichte Forderung gehen, alles solle so bleiben, wie es ist.
Lassen Sie mich zum Schluss jetzt noch auf etwas anderes hinweisen, was im Zusammenhang mit Ihrem Antrag sehr aufschlussreich ist.
Mein Kollege Enno Hagenah hat kürzlich Wirtschaftsminister Hirche kritisiert, weil er mit dem geplanten Verzicht auf GA-Mittel auch 10 Millionen Euro EU-Mittel verschenke. Er verzichtet damit auf Fördergelder der EU, von denen gerade mittelständische Unternehmen und Kommunen in benachteiligten Regionen, also auch in Grenzregionen in besonderem Maße profitiert haben. Das heißt, er verzichtet eben mal so auf 10 Millionen Euro Fördergelder, die u. a. auch den Regionen zugute kommen, für die Sie in Ihrem Antrag die weitere Förderung durch die Bundesregierung anmahnen. Wie soll das, bitte schön, noch kompatibel mit Ihren Forderungen sein?
Ich bin auf die Beratung im Ausschuss sehr gespannt. Sie werden sich etwas einfallen lassen müssen, um all die Widersprüche, die sich aus Ihrem Antrag ergeben, aufzuklären.
Ich fürchte aber, es wird nur blanker Populismus übrig bleiben, und zwar unter dem Motto: CDU und FDP setzen sich für die Grenzregionen ein, aber der böse Herr Eichel verhindert, dass weiter Brüsseler Gelder in die Grenzregionen fließen. - Meine
Damen und Herren, dieses Strickmuster ist zu einfach. Die Bürgerinnen und Bürger werden das durchschauen.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Ihnen, dass Sie es hier so lange ausgehalten haben. Ich versuche mich kurz zu fassen, da der Kollege Thiele das Wesentliche ja schon sehr deutlich und richtig ausgeführt hat.
Eine Neuausrichtung der EU-Strukturpolitik ist nicht nur wegen des Auslaufens der aktuellen Förderperiode notwendig, sondern vor allen Dingen aufgrund der veränderten Problemlage nach der Osterweiterung. Die Kommission hat mit ihrem dritten Kohäsionsbericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt versucht, Instrumente und Ziele zu finden, die den neuen Anforderungen gerecht werden. Zwar ist der Finanzrahmen für die künftige Strukturpolitik - darin gebe ich dir Recht, Georgia - noch strittig - das ist auch gut so -, da insbesondere die Nettozahlerländer an ihrer Position festhalten und keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung stellen wollen. Fest steht aber, dass weiterhin der Grundsatz der Konzentration der Mittel und der Reduktion der Ziele gilt.
Nach den Vorstellungen der Kommission soll es künftig nur noch drei Ziele geben, die ab 2007 „Prioritäten“ genannt werden. Die Zahl der Instrumente wird ebenfalls auf drei abgeschmolzen, nämlich den Europäischen Sozialfonds, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds. Neben der Konvergenz als erster Priorität werden als weitere Priorität regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sowie als neue Priorität europäische und territoriale Zusammenarbeit definiert. Dies entspricht in etwa der Nachfolge der INTERREG-Programme mit Ausnahme von INTERREG III C und soll nach den Vorstellungen der Kommission, die, wie gesagt, noch strittig sind, für den gesamten Zeitraum etwa 345 Milliarden Euro umfassen. Am Ende der Verhandlungen wird es wahrscheinlich ein wesentlich geringerer Betrag sein. Folgende Schwerpunkte sind vorgesehen: grenzübergreifende Zusammen
arbeit aller Regionen, neues Nachbarschaftsinstrumentarium an den Außengrenzen, Überprüfung der Gebiete für die transnationale Zusammenarbeit; bisher INTERREG III B.
Diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit muss nach Meinung der Europäischen Kommission, nach Meinung der Regierungschefs der Länder und auch nach Meinung der Mehrheitsfraktionen dieses Hauses an den Außengrenzen und an den bisherigen Binnengrenzen weitergeführt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass der europäische Mehrwert weiterhin auch durch die Stärkung der Grenzregionen gefördert wird. Dazu tragen in besonderem Maße auch die Grenzregionen in Niedersachsen und in den Niederlanden bei, wie die erfolgreiche Arbeit der zu Ende gehenden Förderperiode gezeigt hat.
Die FDP sieht es als Aufgabe des Niedersächsischen Landtages an, dafür Sorge zu tragen, dass es bei der Mittelaufteilung im Rahmen der neuen Priorität 3 - europäische territoriale Zusammenarbeit - nicht zu einer Asymmetrie zu Ungunsten niedersächsischer Grenzregionen einerseits und zu einer Doppelförderung der Grenzregionen an den neuen Außengrenzen andererseits kommt.
Wir bitten daher die Landesregierung, gegenüber der Bundesregierung deutlich zu machen, dass im Rahmen der neuen Priorität 3 auch die Regionen an den alten Binnengrenzen gefördert werden müssen, wobei vorrangig - das ist das Wesentliche - das Kriterium Bevölkerungsumfang zugrunde gelegt werden muss und erst nachrangig die sozioökonomischen Bedingungen. Insofern, Frau Langhans, wird sich auch kein Widerspruch aus dem ergeben, was wir in unserem Antrag gefordert haben. Ich gehe davon aus, dass wir das im Laufe der Ausschussberatungen noch klarmachen können. - Vielen Dank.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend tätig werden soll der Ausschuss für Bundes- und Europangelegenheiten und Medien, mitberatend die Ausschüsse für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie für Haushalt und Finanzen. Wer dem zustimmen will,
Meine Damen und Herren, damit haben wir die Tagesordnung für die heutige Sitzung abgearbeitet. Ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Heimweg. Wir sehen uns morgen früh um 9 Uhr wieder. Ich schließe die Sitzung.