Ich habe mit erheblichem Befremden die Pressemitteilung der KZVN vom 22. Juni zur Kenntnis genommen,
in der wortwörtlich steht, es sei eine politische Sauerei, den Polen jetzt noch die Fachärzte wegzunehmen und als Gastarbeiter nach Deutschland holen zu wollen. Es sei kaum vorstellbar, dass die polnische Regierung den „Ausverkauf“ der medizinischen Versorgung ihres Volkes widerspruchslos hinnehmen werde. Nach einigen anderen Absätzen heißt es dort weiter - Zitat -, es dürfe aber bezweifelt werden, dass es sich um die Besten ihres Faches handele.
Meine Damen und Herren, die KZVN ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, und ich meine, dass es völlig unangemessen ist, Vorurteile gegenüber anderen Staaten zu fördern oder die Abqualifizierung von ganzen Berufsgruppen zu unterstellen.
Meine Damen und Herren, die gegenwärtige Situation ist neu und stellt alle Beteiligte, insbesondere die Krankenkassen und diejenigen, die im System bleiben wollen, vor eine Herausforderung. Es gibt nämlich auch Kieferorthopäden und kieferorthopädisch tätige Zahnärzte, die konstruktiv an einer Lösung interessiert sind. Deshalb noch einmal meine
Bemerkung zur Abschaffung der KZVN: Ich meine, dass man damit das Kind mit dem Bade ausschütten würde. Da wir hier politisches Neuland betreten, ist es auch recht, diesen, wie ich es genannt habe, unfreiwilligen Modellversuch in Niedersachsen mit Besonnenheit durchzuführen, sich die Auswirkungen anzuschauen und den Krankenkassen und den anderen Anbietern, auch zeitlich gesehen, eine Chance zu lassen, Fuß zu fassen und sich zu orientieren, und auch zu merken, was es bedeutet, wenn der freie Markt hier vorhanden ist, und sehr genau zu schauen, inwieweit die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt ist. Die KZVN hat neben der kieferorthopädischen Versorgung weitere Aufgaben im Land. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch die Zahnärzte und Kieferorthopäden im Land sehr wohl eine Chance haben müssen, sich zu überlegen, ob der Tenor, die Strategie und die Taktik, mit der sie diese Auseinandersetzung bisher geführt haben, richtig sind oder ob man auch in der eigenen Standesvertretung etwas ändern könnte.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe damit die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Ausschussempfehlung ist gefolgt.
Meine Damen und Herren, wir kommen zu den Punkten 29 und 30. Ich rufe sie, wie zwischen den Fraktionen vereinbart, zusammen auf.
Tagesordnungspunkt 29: Zweite Beratung: Bürokratieabbau in der Pflege - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/827 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/1090
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit lautet auf Annahme.
Tagesordnungspunkt 30: Zweite Beratung: Pflege in Niedersachsen: Niedrigschwellige Angebote aufbauen, Bürokratie abbauen, Qualität sichern - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/845 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/1092
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit lautet auf Ablehnung.
Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Zum Tagesordnungspunkt 29 hat sich Frau Kollegin Kohlenberg gemeldet. Bitte sehr!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Krankenschwester und Sozialpolitikerin weiß ich sehr gut, wovon ich heute spreche. Gerade in der letzten Zeit habe ich viele Pflegeeinrichtungen besucht und mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen. Ich sage Ihnen, die Leute sind entnervt. Wir haben ein großes Potenzial hochmotivierter Menschen, die Schichtdienst und verhältnismäßig niedrige Bezahlungen akzeptieren, um sich um Andere zu kümmern. Was bieten wir ihnen dafür? Bürokratie bis zum Abwinken. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. Frau Helmhold, Sie sprechen von heißer Luft und Placebo. Das zeigt, dass Sie das Problem noch nicht begriffen haben.
Sprechen Sie doch einmal mit den Leuten vor Ort, wie aufgebracht sie sind, weil sie an bürokratischen Vorgaben geradezu verzweifeln. Natürlich
muss dokumentiert werden. Das weiß ich selbst. Aber es kann nicht Sinn der Sache sein, jeden einzelnen Handgriff aufzuschreiben. Die Pflegedokumentation muss dringend entrümpelt werden. Sie soll Sicherheit bringen und nicht zusätzliche Hürden aufbauen.
Es kann nicht sein, dass lieber zu viel aufgeschrieben wird als zu wenig, damit nur alle zufrieden sind. Wir wollen in der Pflege keine Karikatur des deutschen Bürokratismus.
Allein das Gesundheitsmodernisierungsgesetz hat eine ganze Menge bürokratischen Aufwand mit sich gebracht. Ein Beispiel einer ambulanten Pflegekraft aus der Praxis: Zu Beginn eines Quartals muss sie die Chipkarte mit 10 Euro Praxisgebühr von dem Kranken zu Hause abholen. Falls er den Betrag nicht passend zur Hand hat, benötigt sie auch noch Wechselgeld. Dann muss die Pflegekraft damit in die Praxis fahren, die Chipkarte einlesen, eine Quittung für 10 Euro ausstellen lassen und die Verordnung bestellen. Wenn sie großes Glück hat, kann sie die ausgestellte Verordnung gleich mitnehmen. Dann fährt sie wieder zurück zum Patienten, gibt ihm die Chipkarte zurück, ebenso die Quittung über 10 Euro Praxisgebühr und lässt sich die Verordnung abzeichnen. Die Kostenerstattung für die Einrichtung ist gleich null. Dieser bürokratische Irrweg muss endlich ein Ende haben.
Übertriebene Bürokratie wird letztlich auch dazu führen, dass engagierte, praktisch begabte Jugendliche
- dazu gehört aber noch mehr -, die sich für Pflegeberufe interessieren, abgeschreckt werden, weil sie mehr am Schreibtisch als am Krankenbett sind. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels unserer Gesellschaft sollte uns gerade dieser letzte Gedanke interessieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Entbürokratisierung in der Pflege bedeutet nicht Reduzierung, sondern Optimierung.
gruppe mit dem MS wichtige Vorschläge erarbeitet. Für die Pflegeeinrichtungen sind die vielfältigen Überprüfungen, Doppelprüfungen etc. eine große Belastung. Sie beeinflussen den gesamten Tagesablauf und setzen die Arbeitskräfte unter Druck. Stellen Sie sich einmal vor, wie unsere Arbeit hier im Hause aussähe, wenn es bis zu 33 Prüfinstanzen gäbe. Wir würden vor lauter Hektik die Vorgaben vermutlich nicht mehr erfüllen und könnten unsere Arbeit nicht erledigen.
Die Diakonie hat vor kurzem erklärt, durch vermehrte flächendeckende Kontrollen werde man keine Qualitätsverbesserung erreichen. Qualität kann man eben nicht in Einrichtungen hineinprüfen.
Es muss Spielregeln geben, die transparent und nachvollziehbar sind. Doppelprüfungen sind grundsätzlich zu vermeiden.
Alle Beteiligten, die dazu beitragen können, Bürokratie abzubauen und umständliche gesetzliche Regelungen zu vermeiden, sollten in die Erarbeitung der Vorschläge eingebunden werden. Wir setzen großes Vertrauen in die vielen engagierten Pflegekräfte, Heimleitungen, Mitarbeiter der Sozialstationen. Ihnen gebührt Lob, Dank und Anerkennung. Sie leisten beste Arbeit unter schwierigsten Bedingungen.
Kontrollen sind wichtig, aber sie dürfen nicht das Maß aller Dinge sein. Viel wichtiger ist die Beratung, z. B. zwischen Heimaufsicht und Pflegeheim.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat, was grundsätzlich zu begrüßen ist, die Bedeutung des Themas erkannt und ist auf den Zug aufgesprungen. Ihr Antrag befasst sich mit zwei Bereichen, nämlich dem niedrigschwelligen Angebot für Demenzkranke und dem Bürokratieabbau. Beide Themen sind so umfangreich und wichtig, dass man sie nur getrennt behandeln kann. Sonst wird man der Sache nicht gerecht. Die Gefahr ist sonst groß, dass die Demenzkranken und ihre Angehörigen nicht genügend gewürdigt werden.
Verehrte Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, Sie treten in Niedersachsen für Bürokratieabbau ein, was ich nur begrüßen kann. Sie sollten
- Doch. - Ihre ganzen Bemühungen, z. B. auch für Demenzkranke in der Pflegeversicherung für Verbesserungen zu sorgen, sind völlig zum Erliegen gekommen. Bürokratieabbau muss auf allen Ebenen, also auch auf der Bundesebene, vorangetrieben werden. Wo bundesgesetzliche Änderungen erforderlich sind, werden wir diese mit einer Bundesratsinitiative unterstützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer bei diesem Antrag von heißer Luft spricht, versündigt sich an den pflegebedürftigen Menschen und an denen, die sie pflegen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Leider ist eine meiner Hoffnungen nicht in Erfüllung gegangen. Das ist wirklich sehr, sehr schade. Ich hatte gehofft, dass ich nicht noch einmal zu den beiden vorliegenden Anträgen sprechen muss, sondern dass ich zu einem gemeinsamen Antrag reden könnte.
Es ist sehr, sehr bedauerlich, dass wir heute die Anträge in der zweiten Beratung haben. Im Hinblick darauf, dass zum Teil Übereinstimmungen zwischen dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP und dem Antrag der SPD-Fraktion bestehen, hat die SPD-Fraktion angeboten, einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten. Ich will wirklich nicht alles aus der ersten Beratung wiederholen. Aber man kann es offensichtlich nicht oft genug sagen: Es ist nicht zu verstehen, dass Sie nicht bereit waren, die Anträge zusammenzufassen.