Protocol of the Session on June 24, 2004

(Zurufe von der CDU und von der FDP: Ja!)

Ich sage Ihnen: Das ist nicht mehr vorstellbar. Real ist etwas anderes: Es hat eine Konferenz mit Teilnehmern aus über 150 Nationen und auch wichtigen Funktionsträgern stattgefunden, die sich eindeutig dafür ausgesprochen haben, die Alternative - nicht die Ergänzung - zur Kernenergie, die wir nicht beherrschen können und bei der wir nicht wissen, wohin der Müll soll, zu nutzen.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Aber vorstellen können wir es uns! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Die Frage lautete anders! - Bernd Althusmann [CDU]: Aber herausgekommen ist doch nichts!)

Die Alternative ist da, indem wir die Energie, die wir zuhauf auf der Erde haben, nämlich erneuerbare Energiequellen wie Wind, Wasserkraft, Sonne usw., endlich nutzen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Kluge Energie!)

Wir haben die technischen Möglichkeiten, diese Energien intensiver auszunutzen einerseits im Sinne der Arbeitsplätze und andererseits um bei den Exporten weiterhin zulegen zu können. Das müsste zumindest auch wirtschaftspolitisch sehr klar sein.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deshalb kann ich einige Dinge nicht verstehen, meine Damen und Herren. So verstehe ich erstens nicht, dass die CDU und die FDP im Ausschuss den Antrag der Grünen zum Thema Energiesparen - das ist ein wesentlicher Antrag zum Thema Energiesparen - abgelehnt haben. Für eine Industrienation wie Deutschland ist das Potenzial des Energiesparens noch nicht genügend ausgenutzt. Das ist eine der entscheidenden Quellen, um dieser Frage gerecht zu werden. Sie jedoch sagen zu allen Punkten dieses Antrages Nein. Das ist nicht nachvollziehbar.

Gleichzeitig haben Sie sich deutlich für das Energiesparen ausgesprochen, Herr Dr. Runkel. Dann ist nicht nachvollziehbar, weshalb Sie den Antrag ablehnen. Wenn Sie sagen „Das alles macht die Landesregierung schon“, dann möchte ich gerne einmal wissen: Wo ist denn das groß angelegte

Programm zum Energiesparen in den Liegenschaften des Landes? Wo ist das Programm, mit dem wir im Lande Niedersachsen viele Flächen bei den Liegenschaften des Landes für die Solarnutzung zur Verfügung stellen? Dazu kann man eigentlich nur sagen, das sollte weiterhin mit Initiativen unterstützt werden.

Über das Sparprogramm möchte ich jetzt gar nicht reden. Das erwarte ich vom Finanzminister.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Einen Augenblick bitte, Herr Meinhold. - Meine Damen und Herren! - Bitte schön, jetzt können Sie fortfahren!

Zweitens: weitere Nutzung der Kernenergie. Tatsächlich haben wir ein Problem. Sie wissen, dass der Ölpreis nicht unerheblich steigt. Sie wissen, dass große Länder dieser Erde, insbesondere China, eine große Nachfrage am Markt haben und damit die Nachfrage steigt. Die Vertreter Chinas haben auf der von mir erwähnten Konferenz für erneuerbare Energien gesagt, dass sie den Anteil der erneuerbarer Energien Wind und Wasser bis zum Jahr 2010 um 10 % steigern wollen, weil sie genau erkannt haben, worum es geht. Wenn sie mit 10 % bis 2010 anfangen, dann werden die weiteren Prozente folgen. Das heißt, dieses Land ist in dieser Frage sehr vorbildlich.

Herr Meinhold, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Dr. Runkel?

Nein, die gestatte ich jetzt nicht.

(Zuruf von der CDU: Das war klar!)

- Nein, das war nicht klar. Aus zeitlichen Gründen kann ich sie nicht gestatten.

Jetzt kommt jedoch der Ruf „Wir brauchen mehr Kernenergie“, obwohl wir genau wissen, dass die Alternativen vorhanden sind. Ich halte den Ausbau von Kernkraftwerken in Deutschland für unmöglich, auch wenn das einige favorisieren.

Darüber hinaus wollen Sie die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängern. Wissen Sie, was das bedeutet? - Damit erzeugen Sie bei den Unternehmen Unsicherheit hinsichtlich der notwendigen Erneuerung des Kraftwerksparks in Deutschland.

(Zuruf von der CDU: Das machen die doch fortlaufend!)

- Nein, das machen die nicht.

(Zuruf von der CDU: Doch!)

Erstens. Wir favorisieren klare Absprachen dazu, wie lange die Laufzeiten der Kernkraftwerke noch sind, sodass sich die Unternehmen darauf einstellen können, inwieweit der Erneuerungsprozess betrieben werden muss. Wenn Sie jetzt aber sagen „Wir können das auch verlängern“, dann bauen Sie damit ein Investitionshindernis für diese großen Unternehmen auf.

Zweitens. Die Verlängerung bedeutet auch mehr Produktion von Atommüll. Wir haben hier in Deutschland keinen einzigen Standort - auch Gorleben nicht, Herr Dr. Runkel -, der selbst bei weiteren Untersuchungen die Sicherheit geben würde, die wir für einige zehntausend Jahre und nicht nur für einige hundert Jahre bräuchten.

Drittens. Auch Kernkraftwerke, die Sie länger laufen lassen wollen, unterliegen wie alle anderen technischen Einrichtungen einem Verschleiß. Insofern gefährden Sie langfristig die Sicherheit. Wenn man dem ein wenig begegnen will, muss permanent erneuert werden. Anstatt Geld für diese permanente Erneuerung in überholte Technologie zu stecken, sollte gefordert werden, dieses Geld, das für die Erneuerung nötig ist, für einen Kraftwerkspark zu nutzen, der aus verschiedenen Komponenten besteht.

Herr Dr. Runkel, damit es ganz klar ist: Auch wir wissen, dass man nicht von heute auf morgen alles umdrehen kann. Es geht um die Weichenstellung. Es geht darum, rechtzeitig die Weiche zu stellen. Denn je später man die Weiche stellt, desto schwieriger ist - wie wir alle wissen - der Umsteuerungsprozess.

Deshalb ist der Ruf, wir könnten die Laufzeit verlängern oder doch bauen oder Bauten in anderen Ländern unterstützen - gerade was andere Nationen angeht -, aus meiner Sicht, wie schon gesagt worden ist, kein Exportschlager. Darauf müsste zumindest ein Wirtschaftsminister dieses Landes

achten. Von daher kann ich nur hoffen, dass im Bundesrat Anfang des kommenden Monats das Erneuerbare-Energien-Gesetz endlich beschlossen wird, sodass wir an dieser Stelle ein deutliches Signal geben können. Ich kann nur hoffen, dass wir uns dann auch in einem anderen Punkt einigen werden. Ich glaube allerdings nicht, dass das heute noch möglich sein wird. Wissen Sie, womit es zu tun hat, dass Sie den Antrag der Grünen zum Thema Energiesparen, der verschiedene Elemente enthält, so schlicht und einfach ablehnen? - Das hat nichts mit rationaler Einsicht zu tun, sondern damit, dass Sie die Mehrheit haben. Aber wenn sachliche Argumente deshalb nichts gelten, weil Sie sagen, dass Sie zahlenmäßig die Mehrheit stellen, dann ist das nicht unbedingt ein qualitativer Ausdruck für eine fortschrittliche Energiepolitik im Lande Niedersachsen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Sander das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 32 ist in den Ausschüssen abgelehnt worden,

(Walter Meinhold [SPD]: Warum?)

- ich begründe Ihnen das! -, und zwar ohne auf die einzelnen Forderungen einzugehen. Das war zu erwarten, weil - das ist das Entscheidende, Frau Kollegin Harms - bereits der Grundtenor nicht mitgetragen werden konnte. Hören Sie endlich mit der Mär auf, dass das Kernkraftwerk Stade, das Gegenstand eines ihrer Grundtenore war, aufgrund des Atomkonsenses abgeschaltet worden sei. Das ist absolut falsch. Es ist eine rein volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Entscheidung von E.ON gewesen.

Meine Damen und Herren, die Bemerkung, die auch in dem Antrag steht, dass mit der Stilllegung ein Gewinn an Sicherheit und Schutz von Mensch und Umwelt errungen wurde, suggeriert den Menschen, dass der Betrieb für Mensch und Umwelt nicht sicher gewesen wäre. Diese Behauptung ist so lange falsch, wie diese Behauptung von Ihnen aufgestellt wird. Es darf Sie auch nicht wundern, dass Aussagen, die in Ihrem Antrag enthalten sind,

wonach die Atomenergie nicht den Anforderungen an eine nachhaltige Energienutzung genüge, von uns nicht mitgetragen werden können. Nebenbei bemerkt, man fragt sich, wie Sie Ihren Atomausstieg und Ihre gleichzeitige Skepsis gegenüber der Kohle und vor allem Ihre Verpflichtung gegenüber den Menschen hier in der Bundesrepublik, sie mit preiswerter und sicherer Energie zu versorgen, miteinander in Einklang bringen wollen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Meinhold?

Da der Kollege Meinhold ein so netter Mensch ist und er sie nicht beantworten wollte: Ich tue es.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bitte sehr, Herr Meinhold!

Herr Minister, Sie sprachen eben vom Grundtenor des Antrags der Grünen und bezogen sich damit auf die Frage der Abschaltung des Kernkraftwerkes Stade. Die Forderungen an die Landesregierung in diesem Antrag beziehen sich ausschließlich als Grundtenor auf das Energiesparen dort, wo man es in diesem Lande kann.

(Zurufe von der CDU: Frage!)

Lesen Sie es nach! Bei diesem Antrag geht es im Grundtenor nur um eines, und zwar sparen, sparen, sparen, und das intelligent.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister!

Herr Kollege Meinhold, ich hätte Ihre Frage gerne beantwortet, wenn Sie eine gestellt hätten. Aber insofern kann ich das leider nicht tun.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass die Aussage, dass die erneuerbaren Energien tatsächlich den Bedarf decken werden, ein Märchen ist, das Sie nicht belegen können.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Sie sagen „glauben“, aber wissen es nicht!)

Herr Kollege Meinhold, Sie handeln unverantwortlich, indem Sie von Gasimporten sprechen, obwohl Sie genau wissen, dass wir schon heute in einer Abhängigkeit von ukrainischem, russischem Gas sind und dass unsere Vorräte in der Nordsee demnächst erschöpft sein werden, sodass die Abhängigkeit sogar noch steigen wird.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Genau deshalb müssen wir sparen!)