Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, eine verfassungsrechtliche Absicherung zu schaffen, die den Kommunen in Niedersachsen einen verbesserten Schutz vor finanziellen Belastungen im Falle zukünftiger Aufgabenübertragungen gewährt. Davon werden diejenigen Aufgabenübertragungen auf Gemeinden und Landkreise erfasst sein, die in der Entscheidungsbefugnis des Landes liegen.
Zu 1: Die Behauptung in der Anfrage, das Land habe mit dem neuen Aufnahmegesetz einen Teil der Kosten auf die Kommunen „abgeladen“, trifft nicht zu, wie Sie wissen. Bei der Berechnung der neuen Pauschale wurden die Aufwendungen von
Kommunen im Jahre 2002 zugrunde gelegt, die aufgrund ihrer Größe, Lage und Struktur als repräsentativ für das Land Niedersachsen angesehen werden können. Mit dem so ermittelten Betrag in Höhe von 4 270 Euro pro Person erhalten die Kommunen eine auskömmliche Kostenerstattung für die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Aufnahmegesetz. Das Prinzip der vollständigen Kostenerstattung für die übertragenen Aufgaben ist somit gewahrt.
Zu 2: Grundlage der Beratungen des Gesetzes zur Verbesserung von Bildungsqualität und zur Sicherung von Schulstandorten war, dass kommunale Schulträger die Umsetzung des Gesetzes im Wesentlichen ohne zusätzlichen Raumbedarf bewältigen können. Die vom Gesetzgeber vorgesehenen Übergangsfristen sowie beispielsweise die aufgenommenen Außenstellenlösungen ermöglichen eine konsequente Nutzung vorhandener Raumkapazitäten. Im Vergleich mit der rechtskräftig beschlossenen Vorgängerregelung, der Einführung der Förderstufe, bieten sich für die Schulträger sogar Erleichterungen.
Sinkender Raumbedarf durch den mittelfristigen Wegfall des 13. Schuljahrgangs an Gymnasien sowie sinkende Schülerzahlen belegen diese Annahme weiter. Auch die Ausweitung ortsnaher Schulangebote lässt nicht den Schluss zu, dass ein Mehraufwand bei den Kosten der Schülerbeförderung zu erwarten ist.
Da die Schulträger ihre Entscheidungen zu Standorten und Schulen aber eigenverantwortlich und häufig unter Berücksichtigung weiterer z. B. infrastruktureller Aspekte treffen, ist nicht immer völlig auszuschließen, dass bei der Umsetzung der Schulstrukturreform in Einzelfällen Kosten bei Schulträgern und Trägern der Schülerbeförderung entstehen.
Gleichzeitig gibt es aber auch kommunale Gebietskörperschaften, die vom neuen Schuljahr an dauerhafte Einsparungen zu verzeichnen haben werden. Diese resultieren insbesondere aus einer optimierten Nutzung der vorhandenen Schulanlagen sowie einer wohnortnahen, begabungsgerechten Beschulung und in der Folge deutlich verringerten Schülerbeförderungskosten sowie verringerten Ausgleichszahlungen für Gastschüler.
Zu 3: Die Landesregierung fühlt sich auch schon vor der dafür erforderlichen Verfassungsänderung an den Grundsatz der strikten Konnexität im Ver
hältnis zwischen Land und Kommunen gebunden. Bei Beachtung dieses Grundsatzes entstehen den Kommunen in ihrer Gesamtheit keine zusätzlichen Kosten.
Herr Minister, ich frage Sie vor dem Hintergrund der Tatsache, dass in der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf für das Aufnahmegesetz stand: „Die Mittel zur Erstattung der Kosten bei der Aufnahme von Asylbewerbern fließen in den Wirtschaftskreislauf der Kommunen mit der Folge ein, dass die kommunalen Körperschaften hierdurch insbesondere in Form von Steuern finanzielle Vorteile erzielen. Diese Vorteile seien bei der Kostenabgeltung zu berücksichtigen. Das rechtfertige einen Abschlag von 10 %.“ Wie können Sie sich erklären, dass diese Formulierung in die Gesetzesbegründung hineingeraten ist, wenn Sie jetzt plötzlich mit einer ganz anderen Begründung kommen und behaupten, dass bei den Kommunen keine zusätzlichen Kosten anfallen?
Das ist eine theoretische Betrachtung gewesen, die aber tatsächlich nicht zu einer Veränderung geführt hat. Für mich ist wichtig, dass wir, gerade schon im Vorfeld der neuen Verfassung, in der wir ein striktes Konnexitätsprinzip verankern werden, hier zu einem vernünftigen Verfahren mit den Kommunen und mit den kommunalen Spitzenverbänden kommen. Es kann nun wirklich nicht gewollt sein - das ist den kommunalen Spitzenverbänden auch klar -, dass wir jede Forderung einfach akzeptieren und anschließend bezahlen, sondern wir brauchen ein vernünftiges Verfahren, das wirtschaftliche Lösungen sicherstellt. Ich will keiner Kommune unterstellen, sie arbeite nicht wirtschaftlich, aber aus der Tabelle ergeben sich riesige Unterschiede bei den Kosten, die tatsächlich anfallen und zur Abrechnung eingereicht werden.
Deshalb ist es sehr sinnvoll, dass man repräsentative Kommunen mit einer wirtschaftlichen Lösung auswählt, und zwar nicht nur eine kleine Kommune, sondern auch eine mittlere und eine große Kommune.
Auch in Zukunft werden wir repräsentative Städte oder Landkreise auswählen und dann im Konsultationsverfahren versuchen, offene Fragen mit den kommunalen Spitzenverbänden zu klären. Wir haben bei dieser Berechnung bzw. beim Aufnahmegesetz ausgewählt den Landkreis Cuxhaven als einen ländlich strukturierten Landkreis im Norden des Landes mit durchschnittlichen Kosten von 3 620 Euro, den Landkreis Northeim mit 4 051 Euro, die Stadt Wolfsburg mit 3 711 Euro und den Landkreis Osnabrück mit 4 263,95 Euro. Ich meine, das ist der richtige Weg. Auf dieser Basis werden wir auch in Zukunft im Konsultationsverfahren mit den kommunalen Spitzenverbänden verhandeln. Anders wird es nicht möglich sein, auch im Interesse des Landes. Es kann hier nur um eine wirtschaftliche Lösung gehen.
Auch der Landesrechnungshof, auf den wir ja besonders Wert legen müssen, hat schon in der letzten Legislaturperiode darauf hingewiesen, dass das Land Niedersachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern erheblich zu viel bezahlt. Insofern hatten die Vorgängerregierung und mein Vorgänger entsprechende Vorarbeiten im Haus schon geleistet. Für mich war wichtig, dass wir eine nachvollziehbare Rechnung aufmachen können. Dieses Prinzip ist auch den kommunalen Spitzenverbänden erläutert worden.
Herr Minister, nachdem Sie die Frage 2, in der wir um eine detaillierte Aufstellung der Mehrkosten für Schülertransport und Schulstrukturreform gebeten haben, relativ kurz beantwortet haben, möchte ich Ihnen die Zahl aus dem Landkreis Schaumburg nennen, in dem die Mehrkosten der Schulstrukturreform mit 12,4 Millionen Euro angegeben werden. Wie erklären Sie sich diese Zahl, und warum waren Sie nicht in der Lage, uns diese Zahl in Ihrer Antwort zu nennen?
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Karl- Heinz Klare [CDU]: Schaumburg ist aber der einzige Landkreis! - Gegen- ruf von Ursula Helmhold [GRÜNE]: Oh nein! Da haben wir noch mehr!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nahe liegend wird gelegentlich im Zusammenhang mit der Schulstrukturreform das Thema Konnexität beleuchtet. Die Frage geht doch genau in die Richtung, ob die Schulstrukturreform irgendwo mehr Geld kostet.
- Ich weiß nicht, was das Gemaule bedeutet. Soll ich hier nicht antworten? Oder ist es die Freude auf die Antwort?
Man muss sich erst einmal die einfache Formel vergegenwärtigen, dass durch die Schulstrukturreform die Zahl der Schüler im Lande nicht größer und die Zahl der Klassenräume nicht kleiner wird.
Im Rahmen der Schulentwicklung passiert nun allerdings Folgendes: Die Schulträger an den verschiedenen Schulstandorten überlegen natürlich,
ob sie ihr schulisches Angebot verbreitern, beispielsweise weil in einem Teil des Landkreises ohnehin vielleicht ein weiteres Gymnasium fällig ist. Mit oder ohne Übergangsregelung wird man das dann irgendwie machen. So versuchen alle, ihre Angebotspalette zu erweitern. Das hat aber unmittelbar mit der Konnexität und mit dem Gesetz nichts zu tun, sondern hier geht es vielleicht um mittelbare Nebenkosten, die kostenmäßig gar nicht festgemacht werden können.
Wir erfahren, dass manche Kreise mit großen Zahlen aufwarten, aber keine konkreten Anträge stellen. Von Schaumburg kennen wir keine konkrete Berechnung und keinen konkreten Antrag. Andere Kreise geben irgendwelche Zahlen bekannt, können sie aber nicht belegen. Eines finde ich ganz interessant, und das muss man dann auch zur Kenntnis nehmen: Es gibt sogar ehrliche Landkreise, die uns dann anschreiben - -
(Sigmar Gabriel [SPD]: Meiner! - Ur- sula Helmhold [GRÜNE]: Wollen Sie sagen, Schaumburg sei nicht ehrlich?)
- Herr Gabriel, da bin ich genau am Punkt. Im Landkreis Goslar haben Landrat Kopischke und alle anderen Verantwortungsträger das Gesetz, wie ich finde, höchst verantwortlich umgesetzt. Die Standortsituation im Landkreis Goslar ist ab August sehr gut, und die Verantwortlichen sind sogar so fair und sagen: Wir haben gewisse Kostenvorteile, wir haben Vorteile bei der Schülerbeförderung. - Als hätte man es geahnt, Herr Gabriel.
Der Landkreis Goslar gibt uns das konkrete Zahlenwerk und sagt: Wir sparen 353 400 Euro. Wenn das alles ein Fall von Konnexität wäre, dann müssten wir ein Gesetz machen, aufgrund dessen wir den Kommunen oder Kreisen unmittelbare Mehrkosten erstatten und Minderkosten uns erstattet werden. Beides wäre nicht richtig, weil das Prinzip der Unmittelbarkeit da nicht greift. Die Schulen machen ihre Angebotspalette selbst. Manchmal wollen sie ohnehin Sanierungsmaßnahmen durchführen, wenn sie bauen, manchmal wollen sie ihr Angebot erweitern. Sie sind doch Eigentümer der Anlagen. So gesehen ist da meiner Meinung nach kein Fall von Konnexität gegeben.
- Nein. - Ich frage die Landesregierung, ob sie diejenigen Landkreise, die ihr mitteilen, sie würden plus/minus null oder sogar einen kleinen Gewinn machen, in die Kategorie der ehrlichen Landkreise einteilt, während diejenigen, die jetzt Millionenbeträge als Kosten für die Schulreform, die von dieser Landesregierung beschlossen worden ist, beklagen, offenbar keine ehrlichen Landkreise sein müssen.
(Sigmar Gabriel [SPD]: Herr Buse- mann, in diesem Fall habe ich kein Problem, wenn Sie einfach Ja sagen!)