Durch Organtransplantationen können Lebensdauer und Lebensqualität vieler Schwerkranker weitgehend verbessert werden. Für diese Gemeinschaftsaufgabe muss sich auch die Politik intensiver einsetzen.
Im Vordergrund unseres Antrags stehen zwei wichtige Punkte: zum einen die Steigerung der Organgewinnung - z. B. durch Förderung der Spendenbereitschaft - und zum anderen mehr Transparenz in Gewinnung, Verteilung und Übertragung von Organen.
Mit der Einsetzung von Transplantationsfürsprechern in allen Krankenhäusern soll diese Situation verbessert werden. Bisher haben allerdings nur zwei Drittel der Krankenhäuser in Niedersachsen einen Transplantationsfürsprecher. Diese Zahl müssen wir auf 100 % bringen; denn Experten sehen das Problem nicht allein in der geringen Spendenbereitschaft der Bevölkerung, sondern auch bei den Kliniken. Nicht einmal jeder zweite potenzielle Spender wird nach Auskunft der Deutschen Stiftung Organtransplantation in den Krankenhäusern erfasst. Wären es alle, gäbe es vermutlich keinen Organmangel.
Noch ein Wort zur Lebendspende. Sie führt zu deutlich besseren Ergebnissen als die postmortale Spende, zumindest bei der Nierentransplantation. So werden die Organe seltener abgestoßen, weil die Organe keine Vorschädigungen aufweisen, wie sie etwa infolge einer Schocksituation bei Hirntod auftreten können. Hinzu kommt bei Spenden durch nahe Verwandte die besonders große immunologische Übereinstimmung. Allgemein gilt: Je kürzer die Zeitspanne zwischen der Entnahme des Organs und dem Wiedereinpflanzen ist, desto besser sind die langfristigen Ergebnisse.
Keinen objektiven Vorteil scheint dagegen die Lebendspende zu bringen, wenn es um die Lebertransplantation, besonders bei Kindern, geht. Die Eltern werden nur zur Lebendspende motiviert, wenn eine besondere Gefährdung des Kindes vor
liegt. Hier reichen die postmortal entnommenen Organe meist aus, weil die Leber eines Erwachsenen geteilt werden kann.
Bisher ist die Lebendspende nur zwischen Verwandten und Personen gestattet, die sich „in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahe stehen“. Das soll u. a. auch einem Handel mit Organen vorbeugen.
Grundsätzlich gilt aber das Subsidiaritätsprinzip, d. h. erlaubt ist eine Lebendspende nur dann, wenn zum Zeitpunkt der Transplantation kein passendes, postmortal entnommenes Organ vorliegt. Ob der Organmangel durch zusätzliche anonyme Spenden aufgefangen werden kann, ist zumindest fraglich und wirft zudem auch eine ganze Menge rechtlicher Probleme auf.
Mit dem Ausführungsgesetz würden wir mehr Rechtssicherheit schaffen. Das, meine Damen und Herren, ist das Ziel unseres Antrages. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit dem Kollegen Winn nicht in Sachen medizinischer Fachausdrücke wetteifern. Ich glaube, ich bin der einzige unter den heutigen Sozialpolitikern, der die Debatte über das Organtransplantationsgesetz Anfang der 90er-Jahre hier im Parlament noch miterlebt hat.
Diese damalige Debatte war ausgesprochen schwierig. Dabei ging es darum, dieses Thema aus der Tabuzone zu holen. Es hat Schlagworte gegeben wie „Wann ist der Mensch eigentlich tot?“, „Wer stellt die Todesursache fest?“, „Wann und wo dürfen Organe entnommen werden?“, „Brauchen wir eine Widerspruchslösung?“, „Brauchen wir eine Zustimmungslösung?“ und nicht zuletzt: „Wie kann - egal, wie das Gesetz einmal geschnitten wird verhindert werden, dass es einen Organhandel insbesondere aus der Dritten Welt gibt?“
Diese Debatte ist damals mit großer Ernsthaftigkeit geführt worden. 1992 hat es einen Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion mit Unterstützung von
Herrn Professor Pichlmayer gegeben. Er ist ja jedem als die Kapazität in Niedersachsen schlechthin bekannt.
Wir sind dann aber in der glücklichen Lage gewesen, keine Landesregelung treffen zu müssen, weil es bis dahin keine Bundesregelung gab bzw. das Grundgesetz diese Möglichkeit nicht eröffnete. SPD und CDU haben vor noch nicht einmal acht Jahren einen gemeinsamen Entschließungsantrag hier im Parlament eingebracht, der genau dieses Thema behandelte. Wir alle waren dann aber sehr froh, dass der Bundesgesetzgeber von seiner Rahmengesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.
Dies war auch ein Grund dafür - ich erinnere mich sehr gut daran -, dass viele Länder nach In-KraftTreten des Transplantationsgesetzes des Bundes am 1. Dezember 1997 keine Debatte über Ausführungsgesetze aufgenommen haben. Auch in diesem Landtag waren wir uns übrigens darin einig, die Debatte zum damaligen Zeitpunkt nicht führen zu wollen, weil durch die vorausgegangene Debatte sehr viel Unruhe entstanden war. Vielmehr haben wir gemeinsam auf Aufklärung und Information gesetzt, deren es beim Thema Transplantation bedarf. - Das nur als kleiner Hinweis dazu, warum die alte Landesregierung seinerzeit - das wurde eigentlich parteiübergreifend mitgetragen - nicht tätig geworden ist.
Ihr Antrag trifft in vielen Punkten den Kern. Sie haben deutlich gemacht, dass das Verfahren zur Meldepflicht durch die Krankenhäuser verbessert werden muss. Sie haben darauf hingewiesen, dass Strukturen geschaffen werden müssen, die verhindern, dass es keinerlei Konsequenzen hat, wenn die Krankenhäuser der Meldepflicht nicht nachkommen.
Die SPD-Fraktion teilt das uneingeschränkt. Ich hoffe - das sage ich an dieser Stelle kritisch -, dass das die Landesregierung auch tut. Ich habe nämlich exakt zu diesem Thema mit Datum vom 28. Juli 2003 eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Darin habe ich gefragt, welche Möglichkeiten die Landesregierung sieht, die niedersächsischen Krankenhäuser zu einer verbesserten Meldedisziplin zu ermuntern. Die Landesregierung antwortete darauf:
vermag die Landesregierung eine unzureichende Meldedisziplin in den niedersächsischen Krankenhäusern nicht zu erkennen.“
Ich denke, Herr Kollege Winn, wir sind uns darin einig, dass es diesbezüglich viel zu verbessern gibt; Sie haben dazu Äußerungen gemacht. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation hat sehr frühzeitig darauf hingewiesen, dass der Meldepflicht in etlichen Ländern nur sehr unzureichend nachgekommen wird. Das trifft eindeutig auch für Niedersachsen zu. Insofern hoffe ich, dass die Koalitionsfraktionen auch die Ministerin davon überzeugt haben, dass die Antwort, die sie mir jedenfalls seinerzeit gegeben hat, nicht zutreffend gewesen ist.
Was die Einsetzung von Transplantationsfürsprechern in den Krankenhäusern angeht, so wird auch diese Position von uns gestützt. Ich füge hinzu: Im Zusammenhang mit der eben geführten Diskussion über Patientenschutzbeauftragte hat es eine Debatte über den schlanken Staat gegeben und es ist begründet worden, warum man so etwas nicht bräuchte. Ich meine, genauso wie wir Transplantationsbeauftragte brauchen, brauchen wir auch Patientenbeauftragte; denn es geht hierbei um wichtige Angelegenheiten für die Medizin und die Menschen.
Ich empfehle Ihnen, was das Gesetzesvorhaben betrifft, sich streng an der bayerischen Staatsregierung zu orientieren. Sich an Bayern zu orientieren, empfehle ich nicht oft; aber an dieser Stelle tue ich das.
Die bayerische Staatsregierung hat erst vor kurzem deutlich gemacht, dass das dortige Transplantationsgesetz vorschreibt, dass in jedem Krankenhaus ein Transplantationsbeauftragter vorhanden ist. Es sind in der Regel Chefärzte und Oberärzte, die diese Aufgabe im Wege der Nebentätigkeit wahrnehmen. Da der bayerischen Sozialministerin offensichtlich bewusst ist, dass Ärzte in der Regel nichts ohne Cash machen, ist im dortigen Gesetzentwurf auch verankert worden, dass die arbeitsintensive Tätigkeit der Transplantationsbe
auftragten in den Krankenhäusern durch das Land vergütet wird. Frau Stewens weist darauf hin, dass sich dieser Weg in Bayern bewährt hat. Ich denke, dieser Weg könnte auch für Niedersachsen zielführend sein. Das heißt, wir unterstützen die unter Nr. 2 aufgeführte Forderung. Aber wir würden es sehr begrüßen, wenn sich Niedersachsen dem bayerischen Weg anschlösse.
Letzte Anmerkung: Wir würden es auch sehr begrüßen, wenn wir im Ausschuss einvernehmlich einen Termin festlegten, zu dem der Gesetzentwurf vorgelegt werden soll, damit in dieser Sache zügig weiterberaten werden kann. Ich hoffe, wir tun das bei diesem Thema - wie immer - in großer Einmütigkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer auf der Warteliste für eine Organtransplantation steht und oft Jahre warten muss, der hat überhaupt kein Verständnis dafür, dass es seit 1997 ein Bundestransplantationsgesetz gibt, das Land Niedersachsen aber das dazugehörige Ausführungsgesetz bisher nicht erlassen hat. Das, meine Damen und Herren, ist eine Hypothek, die wir hiermit abzutragen beginnen wollen.
Natürlich und zum Glück haben sich unterhalb der Ebene gesetzlicher Regelungen diverse Organisationen und Netzwerke gebildet und der Probleme angenommen. Deshalb funktioniert mittlerweile sehr vieles vernünftig und zufriedenstellend. Dafür sei an dieser Stelle allen Beteiligten ausdrücklich gedankt.
Allerdings würde eine gesetzliche Regelung in mancher Hinsicht die Verbindlichkeit erhöhen. So besteht die Meldepflicht der Krankenhäuser für transplantierbare Organe bereits als abstrakte Norm. Ihre Nichteinhaltung hat aber bisher keine konkreten Konsequenzen. Auch die Verpflichtung zur Einsetzung von Transplantationsfürsprechern, die sich vor Ort um die Gewinnung von potenziellen Spendern kümmern, kann dazu beitragen, die immer noch viel zu niedrige Zahl von Organspenden zu erhöhen.
Bei dem letzten der drei Punkte des Antrages geht es zunächst einmal um eine rein gesetzestechnische Änderung, nämlich die Übernahme der Regelungen über Lebendspenden aus dem Kammergesetz für Heilberufe in das Transplantationsgesetz. Aber wir wollen auch durch die allgemeine Formulierung der Tatsache Rechnung tragen, dass Fortschritte in der Medizin möglicherweise zu neuen Regelungen Anlass geben können.
Ob anonyme Lebendspenden möglich sein werden, ist - Herr Dr. Winn hat das ausgeführt - eine sehr schwierige und juristisch komplexe Frage. Wir wollen in dieser Richtung nichts präjudizieren; vielmehr wollen wir einen Gesetzentwurf anregen, der nur ein Ziel hat: das lebensbedrohende Schicksal der Betroffenen zu verbessern. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es hat - darauf hat der Kollege Schwarz hingewiesen eine lange politische und auch gesellschaftliche Debatte zur Transplantation von Organen gegeben. Ende 1997 wurde dann auf Bundesebene das Transplantationsgesetz verabschiedet. Aber das Transplantationsgesetz enthält keine ausdrückliche Verpflichtung der Länder zum Erlass von Ausführungsregelungen. Vor diesem Hintergrund konnte man - wie die ehemalige SPD-Landesregierung - der Auffassung sein, dass es angesichts der sehr genauen Vorschriften im Transplantationsgesetz des Bundes keines eigenen Ausführungsgesetzes bedarf. Die Lebendspendenregelung ist ja dann in das Heilkammergesetz übernommen worden. Darüber bestand, soweit ich informiert bin, damals auch Konsens.
Inzwischen haben Bayern, Hessen, RheinlandPfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland die Möglichkeit genutzt, landeseigene Regelungen zu erlassen. BadenWürttemberg hat es nach einer sehr intensiven Diskussion im Jahre 2003 mit der Begründung unterlassen, dass die Anforderungen an die Krankenhäuser - in Anbetracht der DRGs usw. - so
In den Bereichen, in denen Transplantationsbeauftragte eingesetzt wurden, ist die Zahl der Organspenden deutlich angestiegen. Ich verstehe nicht so ganz, weshalb Sie sich im Rahmen der Diskussion vom Vormittag gegen die gesetzliche Verankerung von Patientenbeauftragen ausgesprochen haben - unter Hinweis auf die damit verbundene Bürokratie -, nun aber quasi einen Transplantationsfürsprecher fordern. Das passt nicht ganz zusammen. Ich glaube, Sie müssen sich da auf eine Linie einigen.
In Niedersachsen entstanden durch die Niedersächsische Gemeinschaftsinitiative für Organspende beispielhafte Strukturen, die zu einer Vergrößerung des Organspendeaufkommens beigetragen haben. Doch das, meine Damen und Herren, reicht bei weitem nicht aus. Herr Dr. Winn hat die Zahlen genannt: Im internationalen Vergleich ist Deutschland nach wie vor ein so genanntes Organimportland. Ohne die Organe aus unseren Nachbarländern könnten noch weniger Menschen gerettet werden. Das sollte uns alle sehr nachdenklich stimmen. Jeder, der noch keinen Organspendeausweis in der Tasche hat, sollte sich fragen, weshalb das so ist.
Natürlich ist niemand zur Organspende verpflichtet. Aber wir sollten uns bewusst machen, dass jeder von uns in eine Situation kommen kann, in der nur noch eine Organspende die Chance auf ein neues Leben eröffnet. Wer einen Organspendeausweis mit sich trägt, dokumentiert damit seine Bereitschaft, Menschen in existenzieller Not zu helfen. Die Organspendeausweise sind kostenlos bei den Ärzten, Krankenkassen und Apotheken erhältlich. Hier ist meines Erachtens noch sehr viel Aufklärungsarbeit nötig. Das ist auch ein wichtiger Schritt, den wir parallel verfolgen sollten.
Meine Damen und Herren, der CDU- und der FDPFraktion geht es darum, ein Verfahren zur Umsetzung der Meldepflicht transplantierbarer Organe durch die Krankenhäuser in einem Ausführungsgesetz festzulegen. Ein solches standardisiertes Verfahren ist notwendig, weil die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung generell hoch ist, aber die Meldungen der Krankenhäuser laut Aussage von Experten immer noch zu niedrig sind. Sie gehen sogar davon aus, dass man die Zahlen um das Zweieinhalbfache steigern kann. Wir sollten die grundsätzliche Zustimmung nutzen, um die Or
Bei Ihrer Forderung nach den Transplantationsfürsprechern in den Krankenhäusern habe ich ein zwiespältiges Gefühl. Vielleicht aber nur wegen des Begriffs als solchem. Laut Antragsbegründung sollen die Transplantationsfürsprecher darauf hinwirken, dass die Krankenhäuser alle in Betracht kommenden potenziellen Spender ermitteln. Wie und in welcher Form, muss im Ausschuss nach Vorlage des Entwurfes intensivst diskutiert werden. Es kann - bildlich gesprochen - die Gefahr entstehen, dass ein solcher Fürsprecher wie ein Schatten hinter jedem einzelnen eingewiesenen Intensivpatienten her läuft in der Hoffnung, ein Spendeorgan akquirieren zu können. Ich meine, dass das nicht der Sinn der Sache ist. Wir sollten bei dem Begriff „Patientenorganbeauftragten“ bleiben und in diesem Kontext nicht vom „Fürsprecher“ sprechen.
Ich frage mich auch, wie in der Praxis geprüft werden soll, ob eine Organspende freiwillig erfolgt ist. Wir befinden uns hier in einem sehr sensiblen Bereich, in dem es gilt, behutsam und rücksichtsvoll mit den betroffenen Patienten und Patientinnen umzugehen.
Wir müssen uns also mit den Begriffen „Fürsprecher“ und „Beauftragter“ konkret auseinandersetzen. Für mich haben beide Begriffe unterschiedliche Intentionen.