Protocol of the Session on May 26, 2004

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was für Bayern gut ist - ich wiederhole mich -, kann für Niedersachsen nicht schlecht sein. Meine Damen und Herren, sind wir in Niedersachsen etwa nicht fähig, mit dem demokratischen Recht eines Bürgerbegehrens, eines Bürgerentscheides umzugehen? Sind die Bayern anders? - Sie sind anders, weil sie mit dem Bürgerbegehren zehn Jahre mehr Erfahrung haben als wir. Dort gehört das Bürgerbegehren für eine Bürgermeisterin, einen Bürgermeister oder für die Verwaltung einer Kommune zum Tagesgeschäft. Niedersachsen hingegen hat insofern ein großes Demokratiedefizit.

Herr Biallas, ich habe bei Ihnen herausgehört, dass wir uns die Anhörung eigentlich schenken könnten. Wenn das so ist, dann sagen Sie doch bitte gleich, dass Sie die Anhörung gar nicht wollen, weil das für Sie alles schon feststeht. Dann nämlich können wir uns das Geld für diese Anhörung auch sparen. Schließlich soll der Steuerzahler auch etwas von der Anhörung haben, nämlich ein vernünftiges Ergebnis.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Genau!)

Wenn Sie heute schon sagen, Sie wollen alles beim Alten lassen, dann sollten wir uns diese Anhörung sparen.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Die könnt ihr ja als Fraktion durchführen!)

Ich wundere mich über die so genannten freien Demokraten hier in unserem Rund. Immer, wenn es konkret wird und man nicht nur über die Freiheit des Bürgers im Lande viele Worte zu wechseln hat, dann verschwinden Sie in einer Staubwolke am Horizont und waren nicht mehr gesehen. So ist es mit Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Bode, Sie haben wieder ein gutes Beispiel für dieses Verhalten an den Tag gelegt. Eigentlich hätten Sie heute eine flammende Rede für unseren Gesetzentwurf halten müssen. Aber nein, immer dann, wenn es konkret wird, verdrücken Sie sich. Ich glaube, wenn Sie unseren Gesetzentwurf

nach der Anhörung ablehnen, werden Sie in Erklärungsnot kommen. Dieser Gesetzentwurf ist ein Ausbund an - ich sage einmal - Freiheitszugewinn für den Bürger in diesem Land. Sie werden große Probleme haben, ihn abzulehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir freuen uns, in dieser Anhörung die Erfahrungsberichte anderer Kommunen und anderer Bundesländer zu hören. Ich hoffe, dass Herr Biallas nicht das letzte Wort für die CDU-Fraktion gesprochen hat. Das wäre sehr traurig für die Demokratie in diesem Lande. Von daher wünsche ich uns allen eine gute Anhörung und eine gute Entscheidung im Sinne unseres Antrages. - Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Das war ja mäßiger Beifall!)

Danke schön, Herr Meihsies. Wenn Sie das Parlament von Ihren Redebeiträgen ausschließen, dann ist das eine Missachtung des Parlaments und verdient einen Ordnungsruf. Ich möchte Sie bitten, das in Zukunft zu beachten.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das macht er im Rat auch immer so!)

Da mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, schließe ich die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es wird empfohlen, federführend den Ausschuss für Inneres und Sport mit dem Gesetzentwurf zu beschäftigen und mitberatend den Ausschuss für Rechtsund Verfassungsfragen, den Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? Dann haben Sie so beschlossen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 6 und 7 auf, die wir vereinbarungsgemäß zusammen behandeln:

Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Fusion der Universität Lüneburg und der Fachhochschule Nordostniedersachsen - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/1051

und

Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung: Den Bologna-Prozess voranbringen und den Erfolg der Modelluniversität Lüneburg sichern! - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/1033

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich Frau Kollegin Trost von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Fusion der Universität Lüneburg und der Fachhochschule Nordostniedersachsen, der von den Fraktionen der CDU und der FDP eingebracht wird, gehen wir konsequent einen großen Schritt weiter auf dem Weg, den wir bereits im letzten Jahr eingeschlagen haben. Das Hochschuloptimierungskonzept wird auch in diesem Punkt so umgesetzt, wie es von der Landesregierung und auch von der CDU/FDP-Koalition einstimmig beschlossen wurde.

Die im HOK vorgeschlagene Fusion der Universität Lüneburg und der Fachhochschule Nordostniedersachsen wurde, als sie bekannt wurde, von den Beteiligten vor Ort sehr positiv aufgenommen und von den Vertretern der Region ausdrücklich begrüßt. Die zukünftige Modellhochschule birgt für die Region und für Niedersachsen große Chancen.

Besondere Merkmale des völlig neuen Universitätsmodells werden sein: ein flächendeckendes Angebot von Bachelor- und Master-Studiengängen, das die herkömmlichen Studiengänge ersetzt und die internationale Ausrichtung der Universität unterstreicht, eine fruchtbare Synthese von wissenschaftlicher Exzellenz und anwendungsbezogener Qualifikation der Studierenden, ein breites

Spektrum an umgesetzten Reformen und ein Beispiel an moderner Hochschulorganisation.

Beispielhaft ist das neue Modell durch die Trägerschaft einer Stiftung des öffentlichen Rechts, durch größere Durchlässigkeit und Interdisziplinarität des Studiengangsystems, durch leistungsbezogene Professorenbesoldung, durch Kosten- und Leistungsrechnung, durch kaufmännische Buchführung etc. Eine besondere Verpflichtung gegenüber der Region Lüneburg besteht im Hinblick auf Fragen des Wissens- und Technologietransfers. Dies ist übrigens im Internet unter dem Stichwort „Hochschule 2004“ unter der Vorstellung der beiden Hochschulen nachzulesen.

Wir begrüßen es, dass die Entscheidung Lüneburgs dazu führt, dass Niedersachsen jetzt innerhalb Deutschlands eine Vorreiterrolle spielen wird. Die Fusion der Fachhochschule mit ihren Standorten in Lüneburg und Suderburg und der Universität Lüneburg wird ein Erfolgsmodell für die gesamte Republik werden. Sie hat sogar die Chance, zu einer europäischen Modelluniversität zu werden. Hier werden konsequent die in Bologna gefassten Beschlüsse zur Internationalisierung der Hochschulabschlüsse umgesetzt.

Natürlich - machen wir uns nichts vor - sind noch einige Frage zu klären. An dieser Stelle werde ich nur einige benennen können. Wir werden im Ausschuss aber sicherlich noch intensiv über alle weiteren Punkte diskutieren.

Ich greife beispielhaft das Problem der Finanzierung der Fusion auf, weil ich weiß, dass das einer der ganz großen Brennpunkte ist. Meine Damen und Herren, es ist immer ein Leichtes, erst Geld zu fordern und dann festzulegen, was genau man eigentlich damit finanzieren soll. Dies scheint in den letzten Jahren häufig Usus gewesen zu sein. Heute können wir uns ein solch undifferenziertes Vorgehen nicht mehr erlauben. Wir gehen verantwortungsbewusst mit Landesgeldern um. Die neue Modelluniversität ist somit gefordert, den exakten Finanzbedarf zu ermitteln.

Dazu gehören unter anderem Planungen bezüglich der zukünftigen Studiengänge, der damit verbundenen Raumbedarfe und technischen Umbauten usw., Kostenermittlungen für die Zusammenlegung der Verwaltungen der beiden Hochschulen, Kostenermittlungen bezüglich der Gebäudebewirtschaftung, Kostenermittlungen bezüglich der EDVVernetzung. Darüber hinaus gibt es noch einige

andere Punkte. Erst dann, wenn uns diese Zahlen vorliegen, werden wir über die Summen, die für diese Fusion unter Umständen benötigt werden, reden können.

Meine Damen und Herren, Klärungsbedarf gibt es sicherlich auch noch in anderen Punkten, z. B. dem Bereich der Überleitung der Professoren der jetzigen Stiftungsuniversität Lüneburg und der Fachhochschule Nordostniedersachsen in die neue Modellhochschule. Und natürlich bedarf auch der Bereich der Lehrverpflichtungen noch einiger Aufmerksamkeit.

Eines ist in dem Gesetzentwurf aber auch endgültig festgemacht. Die Fragen, die sich durch die Umwandlung des Standortes Buxtehude der Fachhochschule Nordostniedersachsen zu einer privaten Hochschule Buxtehude für die dort Studierenden und die dort tätigen Mitarbeiter ergeben haben, werden nun geklärt. Wir begrüßen an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich die Aktivitäten aus der Region im Hinblick auf die bisher bundesweit einmalige Umwandlung einer staatlichen Hochschuleinrichtung hin zu einer privaten Hochschule. Viel Erfolg auf diesem Weg!

Nun zum SPD-Antrag, meine Damen und Herren. Es ist schon faszinierend, dass die Überschriften Ihrer Anträge zwar immer wieder den Kern einer Sache treffen, allerdings die weiteren Ausführungen in Ihren Anträgen in der Regel an der Problematik vorbeigehen bzw. in vielen Bereichen schon längst erledigt sind. Zu den Finanzen habe ich gerade schon einiges gesagt.

Was das von Ihnen beschriebene Horrorszenario einer zu erwartenden weiteren Kürzungswelle angeht, so will ich darauf hinweisen, dass wir den Haushalt 2005 und die Mipla für die folgenden Jahre im Zuge der Haushaltsberatungen im Herbst dieses Jahres besprechen werden.

Einige der Punkte, die Sie ansprechen, setzen wir längst um bzw. sind ganz klar durch das NHG geregelt. Beispielhaft nenne ich an dieser Stelle, dass der Weg zu einer neuen fusionierten Hochschule in Lüneburg unter Beteiligung aller Mitglieder beider Hochschulen eingeschlagen werden muss. Meiner Kenntnis nach waren die Senate, in denen die Gruppen der Professoren, der Studierenden, der wissenschaftlichen und der anderen Mitarbeiter vertreten sind, neben den Präsidien und dem Hochschulrat bzw. Stiftungsrat ebenso wie die Personalräte in die Gespräche mit einbe

zogen. Die Details der Beteiligung und der Umfang etc. liegen ganz klar in der Verantwortung der Hochschule. Sie, meine Damen und Herren von der SPD, haben dies doch in dem von Ihnen verabschiedeten Niedersächsischen Hochschulgesetz mit der Ausweitung der Autonomie so festgelegt.

Zudem sind wir seitens des Ausschusses übereingekommen, eine Anhörung durchzuführen; CDU und FDP haben ausdrücklich darauf hingewiesen. Wir haben heute Morgen die Liste der Einzuladenden festgelegt: Landeshochschulkonferenz, Hochschul- bzw. Stiftungsrat, die Präsidenten, die ASten, die Personalräte, die Frauenbeauftragten beider Hochschulen und die Senate, wobei wir jede einzelne dort vertretene Gruppe gesondert hören wollen, damit wir wirklich ein breites Bild über den Stand der Fusion und der Einstellung zur Fusion in den Hochschulen bekommen.

Die Auffassung der Betroffenen ist uns natürlich aus vielen Gesprächen, die wir auf verschiedenen Ebenen geführt haben, geläufig. Sowohl die örtlichen Abgeordneten als auch die Mitglieder des Arbeitskreises Wissenschaft und Kultur von CDU und FDP haben sich selbstverständlich schon mit den Betroffenen ausgetauscht. Es sollte hier also nicht der Eindruck entstehen, wir würden ins Blaue hinein ein Fusionsgesetz kreieren, ohne einen Bezug zur Basis zu haben.

Darüber hinaus - das ist ein weiteres Beispiel sprechen Sie die Hochschulzugangsberechtigung an. In § 18 NHG ist diese Hochschulzugangsberechtigung ganz klar geregelt. Das NHG ist übrigens Ihr Gesetz. Mindestvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums wird auch an der Modelluniversität Lüneburg die Fachhochschulreife bleiben. Die Festlegung der zu erfüllenden Kriterien für die Zulassung zu dem jeweils gewählten Studiengang in den einzelnen Fachbereichen liegt allerdings auch wieder in der Autonomie der Hochschule. Meine Damen und Herren, man darf die Autonomie nicht fordern, wenn man sie anschließend nicht gewähren will. Sie haben die Autonomie doch immer wie eine Art Monstranz vor sich hergetragen. Jetzt trauen Sie den Hochschulen doch auch so viel zu, dass Sie hier nicht regulierend eingreifen wollen!

Ein interessanter Aspekt in Ihrem Antrag ist noch Folgendes: Sie haben in Ihrem Antrag dokumentiert, dass inzwischen sogar die Bundesbildungsministerin Frau Bulmahn erkannt hat, dass in Niedersachsen eine neue, innovative Hochschulpolitik

gemacht wird. Sie erkennt anscheinend endlich, dass nach dem Regierungswechsel in diesem Land eine solide Hochschulpolitik anstelle von auf Effekthascherei und Populismus ausgerichtete Politik stattfindet.

Abschließend noch zu Ihrem Hinweis, Frau Dr. Andretta, betreffend den Pakt für die Hochschulen. So hieß er jedenfalls noch in der Presseerklärung von Frau Bulmahn. Welcher Name derzeit aktuell ist, weiß ich nicht, und das wechselt bei ihr ja auch immer wieder. Dies ist nichts anderes als eine weitere Luftblase, die sich in der Reihe der bisherigen Luftblasen und Luftschlösser direkt hinter die Elitehochschulen einreiht.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, auch Vertreter der Oppositionsparteien haben in Lüneburg mehrfach sehr deutlich gemacht, dass ihnen an einem Gelingen der Fusion der beiden Hochschulen sehr gelegen ist. Hier scheint Konsens zu bestehen. Deshalb bitte ich Sie: Begleiten Sie unsere Beratungen im Ausschuss konstruktiv, damit diese Modellhochschule ein innovatives und erfolgreiches Projekt Niedersachsens ist, das bundesweit für Furore sorgt. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Frau Trost. - Für die SPD-Fraktion erteile ich nun Herrn Nahrstedt das Wort. Bitte schön, Herr Nahrstedt!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 23. September 2003 wird über die Hochschullandschaft in der Stadt Lüneburg viel geredet und nachgedacht. An diesem Tag, also vor gut acht Monaten, stellte Minister Stratmann in den Räumlichkeiten der Industrie- und Handelskammer Lüneburg/Wolfsburg das Projekt zur Fusionierung von Universität Lüneburg und Fachhochschule Nordostniedersachsen vor. Diese Hochschulfusion soll Fachhochschule und Universität integrieren und unter dem Dach der dann erweiterten Stiftung Universität Lüneburg zusammenführen. Aus zwei Hochschulen soll eine neue und erste Hochschule nach dem Prinzip des Bologna-Prozesses werden.

Hochschulpolitisch gesehen ist die Fusion interessant, weil die durch die Integration entstehende neue Hochschule als Modelluniversität im Rahmen des Bologna-Prozesses vorgesehen ist. Anlass für die Fusion waren für den Wissenschaftsminister sein so genanntes Hochschuloptimierungskonzept und die damit verbundenen massiven Mittelkürzungen im Hochschulbereich. Dies, Herr Minister Stratmann, ist der Geburtsfehler; denn Sie wollen die neue Universität sofort als zu plünderndes Sparschwein einsetzen. Damit nimmt die Landesregierung das Scheitern der Fusion in Kauf.

(Beifall bei der SPD)