Protocol of the Session on May 26, 2004

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Es wird nur billiger!)

Erstens ist die Übertragung der besonderen Finanzhilfe für Konkordatsschulen auf selbständige Gymnasien nicht mit der Konkordatsänderung von 1973 vereinbar. Damals ging es um den Ausgleich von Interessen im Zusammenhang mit BekenntnisVolksschulen. Zweitens kann der Öffentlichkeit nicht verständlich gemacht werden, dass es für katholische Gymnasien zwei unterschiedliche Finanzhilferegelungen geben soll: eine normale und eine de luxe. Das ist eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen katholischen Schulen, zumal den Gymnasien, und es ist eine gravierende Ungleichbehandlung gegenüber anderen freien Trägern.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Problematisch ist es auch, den Anteil nichtkatholischer Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, der dazu führt, dass nicht mehr die Super-Finanzhilferegelung für Konkordatsschulen, sondern die übliche gilt. Denn bei 30 % nichtkatholischen Schülern ist es fraglich, ob man dann noch von einer Konkordatsschule als Nachfolgerin einer katholischen Schule sprechen kann.

In diese Richtung zielt auch die Kritik des Landesrechnungshofs, der nicht nur kostspielige Parallelangebote befürchtet, sondern auch sinngemäß die Frage stellt, ob die Schulen sich noch ausreichend deutlich von nichtkonfessionellen Schulen unterscheiden, um den Aufwand zu rechtfertigen, und er stellt die Frage, ob man das Konkordat nicht insgesamt auf eine neue Grundlage stellen müsste.

(Zustimmung bei der SPD)

Wo lägen die Alternativen? - Die Kirche hat zum Beispiel Gesamtschulregelungen immer unideologisch offen gegenübergestanden. Bei ihr liegt also das Problem nicht. Es liegt auch nicht bei der SPD. Uns wird ja sogar entgegengehalten, wir hätten selbst vor Jahren einen Lösungsvorschlag angeboten. So viel Ehrlichkeit muss aber sein, zuzugestehen, dass es zwischen dem gymnasialen Zweig einer Gesamtschule - die Verhandlungen

darüber hatte die alte Regierung angeboten - und der Neugründung eines Gymnasiums einen ganz deutlichen Unterschied gibt. Ein neu gegründetes Gymnasium steht eben nicht mehr in der Nachfolge der Konkordatsschule. Über die Ungleichbehandlung habe ich gerade schon gesprochen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nein. Damit liegt das Problem bei dieser Regierung, in der Engstirnigkeit der Verfasser des Schulgesetzes von 2003. Sie haben sich verrannt. Mit der vollzogenen Gesetzesänderung suchen Sie jetzt Ihr Heil in einer übereilten und weder historisch noch systematisch vernünftig begründeten Regelung

(Zustimmung von Wolfgang Jüttner [SPD])

gegen alle Bedenken der Opposition, gegen die energische Kritik des Landesrechnungshofes, gegen die Interessen aller Schulen in freier Trägerschaft und auch anderer katholischer Schulen, die zu Recht auf Gleichbehandlung pochen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie erkennen daran: Das ist keine scholastische oder juristische Spitzfindigkeit. Denn da, wo Gleichbehandlungsgrundsätze berührt werden, geht es nicht mehr um Marginalien. Da geht es um Grundsätze unserer Gesetzgebung. Sie sollten sich daran halten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Für einen Gymnasialleiter war viel fal- sche Ideologie darin! - Unruhe)

Meine Damen und Herren, der Geräuschpegel ist wirklich ganz enorm. - Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Albrecht das Wort. Ich erteile es ihm.

(Zustimmung von David McAllister [CDU] und Karl-Heinz Klare [CDU] - Wolfgang Jüttner [SPD]: Keine Vor- schusslorbeeren! - Gegenruf von Karl- Heinz Klare [CDU]: Er kriegt Vor- schusslorbeeren! Er war so gut im Ausschuss!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere auch von der SPD-Fraktion! Der von Ihnen eingebrachte Entschließungsantrag wendet sich - wir haben das eben wieder gehört - vehement gegen eine angebliche Privilegierung von katholischen Gymnasien, die nach diesem Antrag in großer Anzahl unmittelbar vor der Gründung stehen. Um es einmal klar zu machen: Es handelt sich jetzt noch um einen einzigen Standort, der übrig geblieben ist. Das nur nebenbei. Zwei andere haben Sie verhindert. Im Stadtrat von Göttingen und im Kreistag von Göttingen haben Sie mit völlig sachfremden Erwägungen die Anträge für die Standorte Göttingen und Duderstadt abgelehnt.

(Zuruf von der CDU: Unglaublich! - Dr. Harald Noack [CDU]: Das muss ein- mal gesagt werden!)

In einigen Teilen entspricht die schriftliche Begründung, die Sie uns vorgelegt haben, durchaus den tatsächlichen Gegebenheiten. Aber an wichtigen Stellen hat der Antragsteller einiges weggelassen, was ein anderes Licht auf den Sachverhalt wirft. Auch eben in der Rede ist das nur zwischen den Zeilen noch einmal ganz flüchtig angesprochen worden.

Die Ersatzschulen in kirchlicher Trägerschaft, die aus öffentlichen Schulen hervorgegangen sind, kurz „Konkordatsschulen“ genannt, stehen in ihrer Finanzhilfe durch das Land tatsächlich etwas anders da als die übrigen Schulen in freier Trägerschaft im Land Niedersachsen. Dies hat aber einen - Sie haben es eben schon angedeutet - nachvollziehbaren historischen Grund: Am 1. August 1974 trat ein neues Schulgesetz in Kraft, in dem die verschiedenen schulgesetzlichen Regelungen des Landes zusammengefasst wurden und - das ist das Entscheidende - in dem sich das Land Niedersachsen endgültig von der staatlichen Bekenntnisschule für den Sekundarbereich verabschiedete, obwohl viele Eltern damals die Bekenntnisschule für ihr Kind wünschten. Das muss man auch noch einmal in Erinnerung rufen.

Die damalige SPD-geführte Landesregierung bot der katholischen Kirche die Trägerschaft bisheriger katholischer Volksschulen an mit dem Angebot der Übernahme der Personalkosten und einem Zuschuss zu den Sachkosten. Das heißt, diese ursprünglichen Regelungen gelten auch bis heute im Prinzip weiter.

(Unruhe)

Herr Abgeordneter Albrecht, einen Augenblick, bitte! - Es ist eigentlich immer schade, dass die eigene Fraktion zu laut ist, wenn ihr eigener Redner redet. - Sie haben das Wort!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie müssen die Namen benennen, sonst hören die nicht!)

- Herr Klare, das mache ich auch wieder. Sie wissen das ja in Ihrem Fall auch. Ich nenne dann auch die Namen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das kenne ich schon!)

Herr Albrecht, Sie haben jetzt das Wort.

Für das Land stellt die Höhe der Bezuschussung im Übrigen keinen Nachteil dar; denn diese Kinder müssten sonst auf staatlichen Schulen beschult werden, und damit hätten die staatlichen Haushalte eher mehr Lasten zu tragen, als es derzeit durch die Bezuschussung der Fall ist.

Dies lässt sich z. B. auch mit einem Blick auf die Haushalte der katholischen Kirchen der Bistümer Osnabrück, Hildesheim und Münster nachvollziehen. Diese Bistümer geben für die Konkordatsschulen nämlich noch eine sehr große Menge an Geld zusätzlich aus, also zusätzlich zu den Zuschüssen, die völlig unzureichend sind.

Inzwischen sind aus den ursprünglichen Hauptschulen mit Orientierungsstufe seit Ende der 70erJahre sehr erfolgreiche Haupt- und Realschulen mit Orientierungsstufe geworden. Im Übrigen sind es keine Kooperativen Haupt- und Realschulen so viel nur nebenbei. Es sind getrennte Haupt- und Realschulzweige, und sie arbeiten ausschließlich nach den Hauptschul- und Realschulerlassen.

Der Wunsch des kirchlichen Schulträgers nach einem gymnasialen Angebot ist für den Antragsteller nachvollziehbar. Das kann man in der Begründung lesen, und das hat man eben auch gehört. Das ist immerhin schon etwas. Denn dieser Wunsch der Kirche nach dem gymnasialen Angebot an einzelnen Konkordatsschulen kommt ja nicht von ungefähr, und er stammt auch nicht aus dem Jahr 2004. Der Wunsch entstand mit dem

Beschluss der SPD - oder sollte ich besser sagen: „eines gewissen Herrn Gabriel”? -,

(Zuruf von der SPD: Was heißt hier „eines gewissen”?)

die Orientierungsstufe abzuschaffen. Denn mit der Anbindung der Jahrgänge 5 und 6 an die weiterführenden Schulen, die der Landtag am 14. Juni 2002 beschlossen hatte, zeichnete sich für die Konkordatsschulen ein Problem ab. Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen das am Beispiel einer der Konkordatsschulen kurz skizzieren. Diese Schule führt in den Jahrgängen 5 und 6 je acht Parallelklassen in der Orientierungsstufe und ab dem Jahrgang 7 insgesamt vier Klassen in der Haupt- und Realschule pro Jahrgang. Die übrigen Schülerinnen und Schüler verlassen nach Klasse 6 diese Schule mit Gymnasialempfehlung, auch mit einer Real- oder Hauptschulempfehlung, um auf andere Schulen zu wechseln. In den meisten Fällen wechseln sie auf ein Gymnasium. Nach dem Wegfall der Orientierungsstufe aufgrund des Landtagsbeschlusses vom Juni 2002, also Ihres Beschlusses, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sah sich die Konkordatsschule auf eine vierzügige Haupt- und Realschule schrumpfen. Das heißt, es würden dieser Schule acht Klassen mit ca. 240 Schülerinnen und Schülern verloren gehen.

Vor diesem Hintergrund entstand damals bei dem Schulträger die Idee, dieses Schrumpfen der Schule aufzufangen, und zwar mit einem ergänzenden Angebot einer oder zweier gymnasialer Klassen je Jahrgang. Der Hauptgrund für diese Überlegung war übrigens die fürsorgliche Frauge, was eigentlich die an dieser kleinen Schule dann überflüssig werdenden Lehrkräfte machen sollen.

Die SPD-Landesregierung war von der Idee, Gymnasialzweige einzurichten, sehr angetan, sodass sie noch im Juni 2002 die Durchführungsverordnung zum Konkordat mit den betroffenen Bistümern neu verhandelte und dort ausdrücklich festschrieb - ich darf zitieren -: „Über die Erweiterung von Haupt- und Realschulen um einen Gymnasialzweig werden Verhandlungen geführt, wenn die Diözesen dies begehren.”

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Aha!)

Das wurde schon vor zwei Jahren eingeführt.

Nun hat also die katholische Kirche Niedersachsen in einem völkerrechtlichen Vertrag vom Land Niedersachsen die Zusicherung erhalten, ihre Konkordatsschulen nach dem Wegfall der Orientierungsstufe um gymnasiale Angebote zu ergänzen. Jetzt wird zum 1. August 2004 die Orientierungsstufe in Niedersachsen tatsächlich abgeschafft, und das eben geschilderte Probleme bewegt die Konkordatsschulen und ihre Schulträger. Dieser Schulträger hat nun also entsprechend dem von mir eben genannten Vertrag von vor zwei Jahren den Wunsch nach gymnasialen Angeboten bei einigen wenigen Konkordatsschulen an die Landesregierung herangetragen und um Verhandlungen gebeten, wie es in dem von der SPD-Landesregierung abgeschlossenen Vertrag steht.

Es ist interessant, dass die SPD bei der Errichtung einer Gesamtschule übrigens nichts gegen die Finanzierung gemäß § 155 des Niedersächsischen Schulgesetzes gehabt hätte, siehe Durchführungsvereinbarung vom Juni 2002. Wenn nun anstelle der Gründung von Gesamtschulen vom kirchlichen Schulträger aufgrund der neuen Gesetzeslage die Errichtung kleiner Sek-I-Gymnasien vorgenommen werden soll, jammert die SPD über Privilegierung eines Schulträgers. Dabei will der Schulträger nur das von ihm vertraglich avisierte Gymnasialangebot auch tatsächlich realisieren, natürlich zu den schon damals, 2002, von Ihnen implizierten Finanzbedingungen. Das Gezeter der SPD ist also nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der CDU - Dr. Harald No- ack [CDU]: Heuchelei!)

Lassen Sie mich noch ganz kurz auf den zweiten Punkt Ihres Antrags eingehen.

Herr Abgeordneter Noack, „Heuchelei“ ist kein gebräuchlicher Ausdruck hier im Parlament. Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. - Bitte, fahren Sie fort!

Im zweiten Spiegelstrich Ihres Antrags geht es um den Anteil nichtkatholischer Kinder in den Konkordatsschulen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Eltern wünschen für ihre Kinder eine Schule, die sich stärker an christlichen Werten im Unterricht und im Schulalltag orientiert, nicht nur katholische Eltern. Die evangelische Kirche hat

sich leider noch nicht durchringen können, in etwas größerem Umfang als bisher die Trägerschaft von Schulen zu übernehmen. Ich kann dies allerdings vor dem Hintergrund der Kosten für Schulen selbst bei einer entsprechenden Finanzhilfe sehr gut verstehen, denn auch bei den evangelischen Landeskirchen sind die Finanzmittel immer knapper geworden. Warum wollen Sie den nichtkatholischen Eltern die Möglichkeit verwehren, ihren Kindern eine noch stärker an christlichen Werten orientierte Schulbildung in Konkordatsschulen zukommen zu lassen, die diese Eltern im staatlichen Schulbereich bisher offensichtlich so schmerzlich vermissen? Diesen Elternwillen sollten sie respektieren und nicht kleinreden.

(Beifall bei der CDU - Reinhold Coe- nen [CDU]: Jawohl!)

In diesem Sinne lehnen wir den vorliegenden Antrag ab und folgen der Ausschussempfehlung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Korter das Wort. Ich erteile es ihr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es kurz zu sagen: Bei diesem Punkt geht es um eine der vielen Verwerfungen, die die schwarz-gelbe Schulstrukturreform mit sich bringt.