Protocol of the Session on April 29, 2004

(Ursula Körtner [CDU]: Ach, Herr Meinhold!)

Die entscheidende Priorität wird nicht in dieser Richtung gesetzt, obwohl Sie ja mit der vollmundigen Behauptung angetreten sind: Wir machen alles besser!

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist so! - Angelika Jahns [CDU]: Das tun wir auch!)

Von den weit mehr als 100 Anträgen und Voranträgen, die im Kultusministerium vorliegen, sollen 50 genehmigt werden. Ursprünglich waren 30 vorgesehen. Nur aufgrund des Druckes vor Ort, Herr Kollege Klare, sind daraus 50 geworden.

(Zurufe von der FDP)

Wer so schleppend Anträge abarbeitet, darf sich nicht wundern, dass dies kein ermutigender Vorgang ist, um Anträge zu stellen.

Eine weitere Methode, den Ausbau von Ganztagsschulen auszubremsen, ist, dass Sie weitere 20 Schulen ohne jegliche Mittelzuweisungen genehmigen. Das ist reiner Etikettenschwindel!

(Zustimmung bei der SPD)

Darüber hinaus ist es auch nicht akzeptabel, bei den Genehmigungen die Hauptschulen einseitig zu bevorzugen.

(Ursula Körtner [CDU]: Warum habt ihr denn so wenige Ganztagsschulen geschaffen?)

Dies könnte den Eindruck erwecken, als ob es sich bei den Ganztagsangeboten, wie Sie sie haben wollen, im Wesentlichen um sozialpädagogische Maßnahmen handelt. Darum kann es aber nicht gehen. Der Schwerpunkt muss ganz eindeutig auf

den bildungspolitischen Inhalten liegen. Das heißt, wir müssen zu anderen Formen des Lernens kommen, die z. B. den 45-Minuten-Rhythmus durchbrechen,

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

die es aber auch ermöglichen, Unterricht nach einem anderen Rhythmus in die Nachmittagszeit zu legen und nicht alles in den Vormittag hineinzuquetschen. Sie wissen, dass das auch bei den Forderungen der Arbeitgeber eine Rolle gespielt hat.

Wichtig ist, dass wir die Schulformen bei der Genehmigung nicht gegeneinander ausspielen. Es ist erforderlich, dass Ganztagsangebote an allen Schulformen eingerichtet werden können. Die SPD-Fraktion - darauf muss ich noch einmal verweisen - hat in der vergangenen Legislaturperiode für die Jahre 2004 bis 2006 220 Lehrerstellen und 150 Stellen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Mi- nus 700! - Weitere Zurufe von der CDU)

Von der jetzigen Landesregierung ist das komplett gestrichen worden.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Herr Mein- hold, wie viele Anträge haben Sie denn genehmigt?)

- Herr Klare, ich gebe Ihnen eine klare Antwort: Sie wissen, dass PISA uns alle zum Nachdenken gebracht hat und dass man dann natürlich ein Programm anschiebt. Wenn man das allerdings erst am Ende einer Legislaturperiode machen kann, weil zu diesem Zeitpunkt die Debatte entstanden ist, kann man dieses Konzept erst dann umsetzen, wenn man die Regierung führt. Wir hatten das aber in die mittelfristige Finanzplanung hineingeschrieben. Das ist jedoch durch die jetzige Landesregierung komplett gestrichen worden. Dafür sind keine Mittel mehr vorgesehen.

Wir sagen nach wie vor: Ganztagsschulen sind ein notwendiger Baustein, um bildungspolitische Defizite abzubauen, also nicht der alleinige. Es geht darum, für die Jugendlichen notwendige Voraussetzungen für eine optimale Persönlichkeitsentwicklung zu schaffen.

Das Programm der Bundesregierung sieht 4 Milliarden Euro vor, auf Niedersachsen entfallen davon 394 Millionen Euro. Damit bekommen die Schulträger, die ja als kommunale Seite nicht über die besten Finanzen verfügen, einen wichtigen Schub, bestimmte Investitionsmaßnahmen durchzuführen.

Ein weiterer Punkt, der wichtig ist, weil es einmalige Leistungen sind, betrifft die Landespolitik, die gefordert ist, die Schulen mit Personal auszustatten. Das ist der entscheidende Knackpunkt.

(Joachim Albrecht [CDU]: Einmalig? - Dauerhaft!)

Ich wende mich nun an den Minister. Herr Minister, bei den 1 500 Lehrerinnen und Lehrern, die Sie eingestellt haben, hatten Sie die Chance, mittels einer Prioritätenliste zu sagen: Von diesen 1 500 Lehrerinnen und Lehrern wird mittelfristig die Summe x für Ganztagsschulen eingeplant. Sie hätten dies gleichermaßen für sozialpädagogische Maßnahmen und für die Sprachförderung machen können. Das haben Sie aber nicht getan. Was Sie getan haben, ist, in der Summe 1 500 Lehrerinnen und Lehrer einzustellen. Das ist nicht zu bestreiten. Die qualitativen Elemente von Lehrereinstellungen für die Weiterentwicklung des niedersächsischen Schulwesens, auch aufgrund der PISA-Studie, haben Sie aber an keiner Stelle berücksichtigt.

(Beifall bei der SPD)

Die Ausrede, man müsse für Personal aufkommen, ist schwach; denn Sie haben 1 500 Lehrerinnen und Lehrer bereitgestellt. Von daher sind Sie an dieser Stelle Gefangener - ich darf das so sagen Ihrer eigenen Politik, dass Sie keine Prioritätensetzung gemacht haben.

(Joachim Albrecht [CDU]: Um die mangelhafte Unterrichtsversorgung zu verbessern! - Heinz Rolfes [CDU]: Das habt ihr immer gesagt, wenn ihr gekürzt habt!)

- Herr Albrecht, auch die Unterrichtsversorgung ist nur eine Statistik. Es geht um die qualitative Verbesserung des Systems und nicht darum, zu sagen: Wir wollen auf jeden Fall 100 % erfüllen. Sie haben sie nicht erfüllt. Sie wissen auch, dass die Rechnungen noch kommen werden. Die Statistiken des Kultusministeriums werden demnächst ausweisen, dass 100 % nicht erfüllt sind. Wir müssten eine andere Debatte führen, und zwar

nicht um die Zahl 100, sondern um die Qualität von Inhalten. Darum geht es bei dieser Frage.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das hat Frau Jürgens-Pieper auch immer gesagt, wenn sie gekürzt hat!)

Deshalb werden wir die Ablehnung, die im Kultusausschuss mit Ihrer Mehrheit stattgefunden hat, hier im Parlament nicht mittragen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Busemann das Wort. Ich erteile es ihm.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Korter, zunächst einmal zu Ihnen. Sie hatten zu diesem wichtigen Thema u. a. auch die Worte „Ganztagsschule als Familienersatz“ gebracht. Vielleicht habe ich mich aber auch verhört. In schwierigen Zeiten mag Schule ja immer weiterzuentwickeln sein. Ganztagsschulen sind auch ein wichtiger Baustein. Das verkenne ich absolut nicht. De facto mag es im Einzelfall auch dazu kommen, dass Schule fast schon so etwas wie Familienersatz für ein Kind wird. Aber als politisches Ziel zu proklamieren, Schule solle Familienersatz sein, da möchte ich nicht gerne dabei sein. Auch wenn Sie das nicht so gemeint haben, will ich es klarstellen, damit wir uns insgesamt richtig einordnen können.

Mit dem Entschließungsantrag verwechselt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wohl einmal mehr Bremse mit Gaspedal. Die neue Landesregierung hat bei der notwendigen Einrichtung weiterer Ganztagsschulen nicht etwa auf die Bremse, sondern auf das Gaspedal getreten.

Herr Meinhold, damit hier keine Märchenstunden abgehalten werden, will ich zu einigen Fakten noch etwas sagen. Wie war die ganze Entwicklung? Vor dem Regierungswechsel hat es in Niedersachsen 155 Ganztagsschulen gegeben. Zum Schuljahresbeginn 2004/2005 wird es landesweit rund 300 Schulen mit genehmigtem Ganztagsbetrieb geben. Innerhalb nur eines Jahres, meine Damen und Herren - ich bin nun 14 Monate im Amt -, ist das schulische Ganztagsangebot in Niedersachsen annähernd verdoppelt worden. Das hat ja auch etwas mit Schulstrukturreform zu tun. Außerdem

erhalten noch 80 bestehende Ganztagsschulen durch die zusätzlichen Klassen in den Jahrgängen 5 und 6 entsprechende Ganztagsplätze. Dies alles ist nicht zum Nulltarif zu haben, meine Damen und Herren, aber wir haben das hingekriegt.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Keine Zwischenfrage. - Ein Blick zurück: Schon unter der CDU-Regierung Albrecht gab es 1989/1990 rund 30 Ganztagsschulen in Niedersachsen. CDU-Kultusminister Horst Horrmann hatte zusätzlich rund 50 Schulversuche mit Ganztagsangeboten auf den Weg gebracht, von denen die meisten später Ganztagsschulen wurden.

(Walter Meinhold [SPD]: Das war Betreuung!)

- Ja, sie sind aber später zu Ganztagsschulen geworden. Er hatte ja auch nur eine kurze Amtszeit und hat das entsprechend eingestellt. Es hat sich entsprechend entwickelt.

(Walter Meinhold [SPD]: Unter unse- rer Regierung aber auch!)

- Ja, diese Pause will ich jetzt ansprechen.

In 13 Jahren SPD-Regierung sind gerade einmal 80 neue Ganztagsschulen in Niedersachsen eingerichtet worden. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Rechnen Sie einmal den Jahresschnitt aus, den Sie miteinander hinbekommen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt sind es nach einem Jahr CDU/FDPRegierung 150. Das ist - bei aller Finanznot, die wir haben - eine Leistung, die sich sehen lassen kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Man weiß, wie wir uns dieser Herausforderung gedanklich gestellt haben.

(Walter Meinhold [SPD]: Herr Minister, mit Kürzung der Mittel!)

Noch kurz vor dem Abgang tolle Sachen in die Mipla einzustellen, Herr Meinhold, aber Haushaltslöcher bzw. Finanzlöcher zu hinterlassen, ist die eine Geschichte. Der Ehrlichkeit halber müssen Sie aber auch sagen, dass Ihre verschiedenen