Für die Verwaltungsreform in Niedersachsen muss der Grundsatz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ gelten, den Ihr Ministerpräsident angeblich zu Anfang zum Leitmotto dieser Landesregierung gemacht hat und gegen den Sie und verschiedene andere Minister schon mehrfach verstoßen haben.
Sie betreten mit der Auflösung der Bezirksregierungen und der Veränderungen des Verwaltungsaufbaus in Niedersachsen zweifellos Neuland, für das es bisher im Bundesvergleich keine Erfahrungen gibt.
- Das ist nicht vergleichbar! - Sie laufen angesichts verschiedener Defizite und handwerklicher Fehler Gefahr, das Projekt scheitern zu lassen und damit dem Land Schaden zuzufügen. Ich sehe voraus, dass wir, wenn Sie Ihr Konzept 1 : 1 umsetzen, im Frühjahr 2007 im Landtag dabei sind, verschiedene Organisationsentscheidungen zu korrigieren. Das wäre relativ knapp vor der nächsten Landtagswahl; Sie sollten es sich gut überlegen, ob das sein muss. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, nicht überraschen, dass wir den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in vollem Umfang unterstützen.
(Christian Dürr [FDP]: Unglaublich! - Bernd Althusmann [CDU]: Dazu fällt mir nun wirklich nichts mehr ein!)
Mit der Kabinettsentscheidung vom 23. März dieses Jahres hat die Landesregierung eine Behörden- und Aufgabenverlagerung beschlossen, die zum 1. Mai 2005 eine völlig neue Verwaltungsstruktur in unserem Flächenland schaffen wird.
Dies, meine Damen und Herren, ist eine rein politische Entscheidung, die wir aus fachlicher Sicht - beispielsweise die Abschaffung des dreigliedrigen Verwaltungsaufbaus in unserem Land - für falsch halten.
Wenn man aber schon so eine Entscheidung getroffen hat, über die man aus Expertensicht sicherlich trefflich streiten kann, ist es aber umso wichtiger, festzustellen, ob diese getroffene Entscheidung denn auch bezüglich der Wirtschaftlichkeit und Effizienz sinnvoll ist. Dies bezweifeln wir in jeder Hinsicht.
Es ist auch aus Sicht des Landesrechnungshofes nicht möglich, auf einer gesicherten Basis die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile
des zweistufigen Verwaltungsaufbaus gegenüber dem dreistufigen Aufbau mit Bezirksregierungen darzustellen. Das sollte Ihnen zu denken geben, Herr Minister Schünemann. Wenn Ihnen dies schon der Landesrechnungshof sagt, muss doch auch Ihnen deutlich werden, dass diese Überlegungen und Untersuchungen zu Beginn des Reformprozesses hätten stehen müssen und nicht erst jetzt deutlich werden.
Der Landesrechnungshof bringt z. B. in seiner Kritik zum Ausdruck, ob im Hinblick auf das Konsolidierungs- und Einsparziel dieser Effekt nicht auch mit dem bisherigen dreistufigen Aufbau hätte realisiert werden können. Ich denke, das ist die zentrale Frage: Bringt der gesamte Prozess der Verwaltungsmodernisierung wirklich eine Verbesserung im Hinblick auf die Verwaltungsvereinfa
Auch die Unterrichtung des Innenausschusses durch den Bericht des niedersächsischen Innenministers über die Verwaltungsmodernisierung hat diese Fragen nicht deutlicher gemacht.
Es wird Sie nicht überraschen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dass wir diesem dargestellten Reformprozess nach wie vor sehr kritisch gegenüberstehen und ihn auch für falsch halten.
Wir sind eher zu der Überzeugung gekommen, dass er so, wie er gemacht ist, zum Scheitern verurteilt ist.
Ich will jetzt nicht mehr auf die Hauptziele Ihres Prozesses eingehen, sondern nur auf die angekündigten Einsparungen. Die Landesregierung hatte ja ursprünglich angekündigt, durch die Auflösung der Bezirksregierungen mehrere tausend Stellen einzusparen. Nun sprechen Sie, Herr Innenminister Schünemann, von einem hervorragenden Ergebnis, wenn 1350 Stellen künftig entbehrlich sind.
Alle anderen Angaben zum Stellenabbau, die z. B. durch Privatisierung, durch Aufgabenübernahme durch die Kommunen und die Verlagerung auf Dritte erzielt werden sollen, sind eine Mogelpackung, weil sie die Stellen auf Dritte, wie beispielsweise die Landestreuhandstelle, verlagern und sie so weiterhin in vollem Umfang kostenwirksam werden.
Fakt ist, meine Damen und Herren, dass der überwiegende Teil dieser Stellen, also auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, schlicht verlagert werden sollen. Andere - und das halte ich für einen Skandal - wollen Sie einfach in den Vorruhestand schicken. Mittlerweile gibt es ja auch schon Überlegungen darüber, dass möglicherweise Vorruhestandsregelungen, beispielsweise ab 50 Jahren, in Angriff genommen werden sollen. Ich will Sie hier noch einmal daran erinnern, wie Sie uns gerade bei den Altersteilzeitgesetzen mit den Kostengründen getrieben haben. Das ist keine seriöse Art, Herr Minister Schünemann!
Ich will jetzt noch einmal die von der Landesregierung beschlossenen Regierungsbüros ansprechen. Uns wurde im Innenausschuss mitgeteilt, dass sie Außenstellen des Innenministeriums in der Fläche sein sollen. Es ist auch hinsichtlich der endgültigen Aufgabenstruktur völlig unausgegoren, was sie denn machen sollen. Sie werden keine Bündelungsfunktion, die wir in Niedersachsen benötigen, erfüllen. Ich vermute, dass es sich hier, weil in der Region Widerstände wachsen, wenn Behörden dicht gemacht werden sollen, und sich Einzelne zu Wort melden, unter Umständen auch Abgeordnete, um einen reinen Placebo-Effekt handelt, um in der Region Ruhe zu schaffen. Das ist keine vernünftige Verwaltungsreform.
- zur Sache - zu keiner Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger führen und auch zu keinen Kostenersparnissen. Das sollte ja das entscheidende Kriterium sein, denke ich.
Deswegen wundert es mich, Herr Innenminister, dass Sie in Ihrer Presseerklärung sagen, Sie lägen - wie Sie es sehen - mit der Position, die Sie vertreten, mit dem Landesrechnungshof dicht beieinander.
Ich sehe da gravierende Unterschiede und weiß nicht, wie man zu so einer Realitätsverschiebung kommen kann.
Das finde ich sehr merkwürdig. Sie müssten sich eigentlich die Kritik des Landesrechnungshofes ins Stammbuch schreiben und sie auch ernst nehmen
(Bernd Althusmann [CDU]: Ist das das Ergebnis dieser traurigen Veranstal- tung der Friedrich-Ebert-Stiftung?)
und die damit verbundene Abschaffung der Bezirksregierungen kaum Einsparungen für den Landeshaushalt bringen. Sie schwächen aus unserer Sicht den ländlichen Raum und führen nach wie vor zu gewaltigen Verschiebungen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von hier nach da verschoben werden. Dahinter steckt keine sinnvolle Erkenntnis.
Herr Innenminister, nehmen Sie denn eigentlich jetzt die Kritik der Personalräte und Gesamtpersonalräte der Bezirksregierungen an der Verwaltungsreform ernst? Sie haben vor kurzem erst in einem Offenen Brief an den Niedersächsischen Ministerpräsidenten ihre Position deutlich gemacht. In dem Brief wird auch zum Ausdruck gebracht, dass eine vernünftige Aufgabenkritik zu Beginn des Prozesses hätte stehen müssen. Man kann ja über die Definition, wie eine Aufgabenkritik gemacht werden soll, streiten.