Wir wollen verhindern, dass unter dem Vorwand religiöser Überzeugung den Kindern oder Eltern symbolisch eine Wertevorstellung demonstriert werden kann, die eine niedrigere Stellung der Frau in Gesellschaft, Staat und Familie verlangt und außerdem ein fundamentalistisches kämpferisches Eintreten für einen islamischen Gottesstaat fordert.
Deshalb lassen Sie mich besonders im Hinblick auf den Vorschlag der Grünen noch einmal betonen, dass nach meiner festen Überzeugung hinsichtlich
des Kopftuchs nicht geklärt werden muss, aus welchen individuell-persönlichen Gründen eine Lehrerin das Kopftuch tragen will. Das sagt exakt auch das Bundesverfassungsgericht. Die Weigerung, es abzulegen, begründet wegen der von den Schülern wahrgenommenen Symbolik in jedem Fall Zweifel, den Bildungsauftrag überzeugend erfüllen zu können.
Meine Damen und Herren, ich will es noch einmal auf den Punkt bringen: Mit dieser Gesetzesänderung geht es nicht um Ausgrenzung. Es geht auch nicht um eine Ablehnung des Islam als Religion. Das sagt ein Kultusminister, der Islamunterricht im Land macht - und das offenbar mit guten Ergebnissen. - Es geht vielmehr um die eindeutige Feststellung, dass das Kopftuch wegen seiner Mehrdeutigkeit in unseren Schulen keinen Platz hat.
Da ist dann vielleicht der Punkt: Wie ist das Verwaltungshandeln? - Ich habe darauf zu achten, dass das Verwaltungshandeln verfassungskonform ist. Aber wir werden, wenn eine Bewerbung auf Eintritt in den Schuldienst vorliegt, natürlich in jedem Einzelfall alle Einstellungsmerkmale gewissenhaft zu prüfen haben. Wenn die Frage gestellt oder die Absicht bekundet wird: „Ich möchte Kopftuch tragen“, ist der Kern des Problems anzusteuern: Sind da Zweifel angesagt?
Ich sage hier ganz offen - das ist ein Stück weit auch meine persönliche Meinung -: Wenn nicht einmal die islamische Welt geklärt hat, was das Kopftuch bedeutet,
wenn nicht einmal die islamische Welt klarstellt, ob Kopftuchtragen eine Verpflichtung irgendwie gearteter Form ist oder nicht und in welchem islamischen und christlichen Land das zu geschehen hat oder nicht, können wir dann ernsthaft erwarten, dass unsere Kinder - kleine Kinder - erkennen können und letzte Zweifel ausräumen können, was das Kopftuch, das die Lehrerin, die vorn am Pult steht, trägt, zu bedeuten hat?
Solange also Kopftuch getragen wird, sind Zweifel begründet. Deshalb kann das Argument so durchschlagend sein, dass das Verwaltungshandeln in jedem Fall, in dem gesagt wird: „Ich möchte Kopftuch tragen, und ohne Kopftuch will ich gar nicht erst in den Schuldienst“, dazu führt, dass wir eine Einstellung in der Regel ablehnen müssen, also
nicht einstellen. - Das sage ich, damit wir nicht aneinander vorbeireden, wie die Haltung des Kultusministers ist. Ein sozialdemokratischer Kultusminister mag das anders beurteilen.
- Einverstanden. - Ich trage absolut die Richtung von Frau Jürgens-Pieper mit. Aber die gesetzliche Grundlage, die wir jetzt gemeinsam schaffen, ist besser, und sie ist nach meiner felsenfesten Überzeugung auch verfassungskonform. Man ist darin zwar nie sicher. Aber ich glaube, wir haben miteinander einen guten Paragrafen entwickelt.
Zu den Grünen. Bei allem Respekt vor Ihrem Gesetzentwurf und Ihren Standpunkten: Wenn Sie Unfrieden in die Schulen hineintragen wollen, dann müssen Sie diese schwierige Frage „Kopftuch, ja oder nein?“ in die Gesamtkonferenzen geben.
Dann hätten Sie sie wirklich an der verkehrtesten Stelle platziert. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Geben Sie diese Frage bitte nicht dorthin. Sie würden damit Schlimmes an den Schulen bewirken und verursachen, und das hätten auch Sie wahrscheinlich nicht gewollt.
Nein, ich bin sofort fertig. Ich will nur noch zu den anderen Aspekten des neuen Gesetzes etwas sagen.
Zu den wesentlichen Änderungen - auch das muss gesagt werden - gehört im Übrigen eine begriffliche Änderung. Wir benennen die Sonderschule in „Förderschule“ um. Bereits anlässlich der Beratung des Gesetzes zur Verbesserung von Bildungsqualität und zur Sicherung von Schulstandorten im letzten Sommer waren wir uns einig, die Begrifflichkeiten „Sonderschule“ und „geistig behinderte Kinder und Jugendliche“ zu verändern. Der Begriff „Sonderschule“ wird negativ verstanden
und damit der wichtigen pädagogischen Bedeutung und Aufgabe der Schulform nicht gerecht. Die Änderung ist damit keine bloße Umbenennung, sondern entspricht einem gewandelten Verständnis von sonderpädagogischer Förderung. Die Bezeichnung „Förderschule“ hebt den Kern der sonderpädagogischen Arbeit hervor, nämlich die umfassende Förderung der Schülerin oder des Schülers in allen Entwicklungsbereichen.
Bei dem Gesetz musste damals zunächst die Regelung über festgeschriebene Kooperative Hauptund Realschulen als Konkordatsschulen unberührt bleiben. Eine konkordatäre Vereinbarung war seinerzeit nicht so rechtzeitig zu erzielen, dass sie in das Gesetzgebungsverfahren hätte einbezogen werden können. Daher ist es notwendig, mit der neuen Übereinkunft zur Änderung der Durchführungsvereinbarung das Konkordatsschulwesen an die veränderte Schulstruktur im öffentlichen Schulwesen anzupassen.
Herr Minister, einen Augenblick! - Meine Damen und Herren, der Geräuschpegel ist wirklich so hoch, dass man den Redner nicht verstehen kann. - Herr Minister, fahren Sie fort.
Nur noch eine letzte Bemerkung zu dem Thema Konkordatsschulwesen: Die in der Übereinkunft vorgesehene Option auf Errichtung von drei Gymnasien ist vor dem Hintergrund der zugesicherten Bestandssicherung von Konkordatsschulen zu sehen. Es ist vorgesehen, dass eine solche Errichtung nur im Einvernehmen mit dem Schulträger vorgenommen werden darf und so die notwendige Akzeptanz vor Ort gesichert wird.
Ansonsten muss ich sagen: Ich finde ich es prima, dass über eine Anhörung, über sachliche, vernünftige Gespräche zum Thema Kopftuch die jetzige Gesetzesfassung miteinander erarbeitet wurde, und ich gehe davon aus, dass sie trägt. - Ich bedanke mich.
Meine Damen und Herren, die Redezeiten der Fraktionen sind aufgebraucht. Die SPD-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr nach § 71 Abs. 2 eine Redezeit von drei Minuten. Auch die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat ihre Redezeit aufgebraucht. Ich erteile ihr eine Redezeit von zwei Minuten. - Herr Jüttner, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Spannende an dieser Debatte ist, dass sie so hoch kompliziert ist. Ich finde, es ist ein Beweis der Stärke des Rechtsstaates, dass wir uns diesen Schwierigkeiten aussetzen und dass wir es schaffen, zu gemeinsamen Interpretationen zu kommen.
Was wir hier verabredet haben, beseitigt Nebenkriegsschauplätze. Ich will darauf aufmerksam machen, dass der Gesetzentwurf viele andere Dinge, wie politische Bekundungen und Ähnliches, beinhaltet. Er wird verfassungskonform. Sie hatten ursprünglich geglaubt, Sie seien auf der sicheren Seite. Da haben Sie sich richtig Ohrfeigen eingeholt. Er schließt eine Gesetzeslücke. Darauf ist zu Recht hingewiesen worden. Er lässt - das ist hier festzustellen - unterschiedliche Interpretationen zu. Das ist im Rechtsstaat wohl auch kaum auszuschließen.
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass wir hier nicht nur für das Thema Kopftuch eine rechtliche Grundlage gefunden haben, sondern dass dies im Kern ein Gesetz ist, das religiösen und weltanschaulichen Fundamentalismus insgesamt betrifft. Selbst das Thema Bhagwan hätte dieses Gesetz zur Voraussetzung, um intervenieren zu können.
Ich schließe mich dem Bundespräsidenten an. Auch im Christentum gibt es Fundamentalismus. Dieser hat an unseren Schulen genauso wenig zu suchen wie Fundamentalismus aus dem Iran oder aus anderen Religionsgemeinschaften.
Ich mache keinen Hehl daraus: Wir stehen vor einem Abwägungsprozess zwischen Grundwerten. Ich schließe mich an dieser Stelle dem Bundesverfassungsgericht an. Im Vordergrund stehen für uns die Schülerinnen und Schüler in der Schule. Im Zweifel geht der Abwägungsprozess zulasten der Grundrechte der Eltern, wenn es darum geht, ob die negative oder die positive Religionsfreiheit zieht.
Auf der einen Seite können sich die Kinder der Einrichtung Schule nicht entziehen, sie müssen da hin. Ihre Eltern haben das zu verantworten. Auf der anderen Seite gibt es die Lehrerinnen und Lehrer,
die dort nicht als Privatpersonen agieren, sondern die einen staatlichen Auftrag wahrzunehmen haben und die gleichzeitig gerade von kleineren Kindern in ihrer Vorbildfunktion wahrgenommen werden. In der Tat - Herr Busemann, das wird das Komplizierte im Verwaltungshandeln liegt der Konfliktstoff da, wo es um den Erfahrungshorizont der Kinder geht.
Sie kommen in die Situation, als Verwaltung jetzt feststellen zu müssen, wie Kinder so etwas wahrnehmen würden. Es ist völlig klar: Wir finden keine Lösung, die in der Zukunft nicht auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen und zu unterschiedlichen Interpretationen führt. Wir sollten unseren Rechtsstaat an dieser Stelle auch nicht überfordern. Wir haben aber eine Grundlage geschaffen, die tragen kann. Nur, Herr Klare, bei dem, was Sie hier als Grundlage des Bildungsauftrags beschrieben haben, läuft es einem kalt den Rücken hinunter.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Die Kombination von § 2 „Bildungsauftrag der Schule“ und § 3 „Freiheit des Bekenntnisses und der Weltanschauung“ hat konkrete Anforderungen an die Art und Weise, wie bei uns Unterricht gemacht wird. Was Sie hier dargestellt haben, ist die christliche Schule von vorgestern. Die gibt es in Niedersachsen nicht mehr.
Zu den anderen Teilen des Gesetzentwurfs. Das Thema Förderschulen tragen wir mit. Beim Thema der datenschutzrechtlichen Auflagen sind Dinge aufgenommen worden, die wir für falsch halten. Was Sie mit dem Thema Privilegierung von weiteren Konkordatsschulen machen, findet unsere zentrale Ablehnung. Das ist kein Problem der Kirchen und kein Problem von uns. Das ist vielmehr ein Problem der Mehrheit in diesem Haus, die durch die Abschaffung der Gesamtschulen dazu beigetragen hat, dass hier eine Gesetzeslücke entsteht, die Sie jetzt durch eine zusätzliche, nicht zu rechtfertigende Privilegierung kirchlicher Schulen schließen will. Wir lehnen das ab.
In der Einzelabstimmung werden wir dem § 51 zustimmen. Aufgrund der Bedeutung des Themas Privilegierung von Konkordatsschulen werden wir der Beschlussempfehlung insgesamt aber eine Ablehnung erteilen. - Herzlichen Dank.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Abgeordnete Frau Harms das Wort. Ich erteile Ihnen Redezeit von bis zu zwei Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Frau Alzayed vor Jahren den Schuldienst verlassen musste, weil sich Frau Jürgens-Pieper an Baden-Württemberg ein Beispiel genommen hatte, haben Eltern und Schülerinnen und Schüler für den Verbleib von Frau Alzayed in der Schule demonstriert, weil sie ausdrücklich so zufrieden mit dem Unterricht dieser Lehrerin waren.
Möglicherweise hat die Politik durch diese Kopftuchdebatte das ganze Problem tatsächlich erst in die Schulen hineingeholt und die Konfrontation zwischen Schülern und muslimischen Lehrerinnen und Kopftuch neu entfacht.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle noch einmal nachfragen, ob es in dieser Kopftuchregelung jetzt tatsächlich einen Konsens zwischen Sozialdemokraten, der CDU-Fraktion und Herrn Busemann gibt. Ich erinnere mich sehr genau an die Argumente, die aus der sozialdemokratischen Fraktion gekommen sind. Sie waren unterschiedlich. Einige wollten eine Entwicklung in Richtung Laizismus, also Verbot aller religiösen Symbole und Gleichbehandlung aller religiösen Symbole. Andere fanden: Gleiches Recht für alle, und das Kopftuch muss toleriert werden, wenn der Lehrerin, die das Kopftuch trägt, nichts vorzuwerfen ist.
Herr Gabriel, ich weiß, dass Sie in der ersten Debatte gesagt haben, in einer solchen Frage, die auch Auswirkungen auf das Zusammenleben der Menschen unterschiedlichen Glaubens in diesem Land haben könne, sollte die Abstimmung freigegeben werden. Ich habe das damals auch in meiner Fraktion vertreten, weil wir ebenfalls lange strittig diskutiert haben.
Ich bin der Meinung, dass die Übereinstimmungen in dieser Debatte, die angeblich da sind, heute nicht gezeigt worden sind. Ich finde, dass nach wie vor ein großer Dissens zwischen Herrn Busemann, der ja will, dass die niedersächsischen Schulen kopftuchfrei bleiben,