Protocol of the Session on April 2, 2003

(Beifall bei der FDP - Rebecca Harms [GRÜNE]: Herr Hermann, ich fahre VW! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

- Darüber werden wir gleich noch diskutieren.

(Anhaltende Zurufe - Bernd Althus- mann [CDU]: Es ist unerträglich! - Glocke der Präsidentin)

- Nun lassen Sie uns doch mal einfach hier - -

Meine Damen und Herren, kommen Sie zur Ruhe und lassen Sie Herrn Hermann seine Ausführungen fortsetzen.

Sie werden das doch wohl verstehen, wenn ein Unternehmer spricht, der sich mit Arbeitskräften auskennt, der sich in der Ausbildung auskennt und der weiß, was Fläche ist, was es bedeutet, von Dorf zu Dorf oder in die Stadt zu kommen.

So sehr wir die interfraktionelle Entschließung zum VW-Gesetz begrüßen, so sehr wünschen wir uns, dass interfraktionell dafür gesorgt wird, dass der Verkehr auch immer läuft

(Lachen bei der SPD)

und läuft und läuft, Herr Gabriel.

An die Adresse der EU muss eine klare Kritik aufgrund des langen und schleppenden Entscheidungsprozesses gerichtet werden. Die VWMitarbeiterinnen und -Mitarbeiter - das muss man schon sagen; das kenne ich übrigens auch - benötigen Sicherheit über ihre eigene Zukunft. Das ist schon richtig. Die Unternehmen - das müssen Sie einfach wissen - müssen Klarheit haben. Gemeinsam mit der Bundesregierung müssen wir nun unsere ganze Energie einsetzen - da haben Sie uns auf Ihrer Seite -, um die Auswirkungen der Entscheidung der EU-Kommission zu minimieren und die Zukunft von VW in diesem Land zu sichern. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Dinkla!

(Zuruf von der SPD: Jetzt kommt eine gute Rede!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema VW-Gesetz ist im Hinblick auf die immer wieder von der EU entfachte Diskussion um die Zukunft dieses Rechtsrahmens über die Jahre hinweg Thema auch in diesem Hause gewesen. Aber das jetzige Begründungsbegehren der Europäischen Union vom 19. März 2003 hat gegenüber den bisherigen Diskussionsprozessen doch eine neue Dimension.

Deshalb begrüße ich es, dass es im Ergebnis gelungen ist, eine Gemeinsamkeit aller Fraktionen des Landtages zu erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Ich verhehle aber nicht, meine Damen und Herren, dass ich wenige Wochen nach der Landtagswahl die SPD-Fraktion daran erinnern möchte, dass die irreführenden Behauptungen, die CDU-Fraktion wolle nicht zum VW-Gesetz stehen, wolle Anteile des Landes verkaufen, für uns eine Zumutung waren.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb, meine Damen und Herren, sehe ich die heutige Gemeinsamkeit auch als ein Stück Wiedergutmachung an, dass die Anwürfe gegen die CDU-Fraktion ungerechtfertigt waren.

(Beifall bei der CDU)

Das VW-Gesetz wurde 1961 von einer CDUgeführten Bundesregierung eingeführt und hat seit 43 Jahren segensreiche Wirkungen entfaltet. Das Gesetz darf nicht rechtsdogmatischen Überlegungen der EU zum Opfer fallen. Wenn man die Abhängigkeit der ca. 3 000 Zulieferer mit einberechnet, geht es um das Schicksal hunderttausender Arbeitnehmer. Wir alle hier im Plenum wissen auch um die strukturpolitische Bedeutung der VWStandorte im Land.

Im Zusammenhang mit der ohnehin dramatischen wirtschaftlichen Lage, in der viele Arbeitnehmer um ihren Arbeitsplatz bangen, muss das VWGesetz umso energischer verteidigt werden. Ich freue mich, dass in diesem wichtigen Punkt eine breite Zustimmung des Parlaments abseits des üblichen Parteigezänks erreichbar scheint. Wir wissen um die Bedeutung des VW-Gesetzes. Aber wir wissen auch, dass die Politik allein die Arbeitsplätze in Unternehmen nicht sichern kann, sondern dass in einem harten Branchenwettbewerb das Unternehmen selbst den entscheidenden Beitrag liefern muss, um die Wettbewerbsfähigkeit, um die Arbeitsplätze zu sichern.

Über die Beteiligung des Landes wollen wir die Standorte sichern, erweitern und ausbauen. Dazu hat das VW-Gesetz eine gute Wirkung entfaltet. Ich glaube, das wird auch von allen Fraktionen im Hause so gesehen. Daher wollen wir die Beibehaltung des Vollmachtsstimmrechts, des limitierten Höchststimmrechts und die Anwendung der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Aufsichtsrat.

Die Behauptungen der Europäischen Kommission, dass einige Bestimmungen des VW-Gesetzes ausländische Investoren abschrecken könnten und somit gegen den freien Kapitalverkehr und die Niederlassungsfreiheit verstoßen würden, sind einfach nicht zu halten und werden von uns auch nicht geteilt.

Bezüglich des Höchststimmrechtes will ich hier auch noch den Gedanken der Volksaktie ansprechen, was auch für ein Mitspracherecht vieler Aktionäre spricht. Es begründet keinen spezifischen Einfluss des Staates und auch kein staatliches Pri

vileg. Nach meiner Auffassung werden ausländische Investoren nicht diskriminiert.

Bezüglich des Rechtes des Landes Niedersachsen, zwei Aufsichtsratsmitglieder zu entsenden, kennen wir die Ausgangssituation, meine Damen und Herren. Das Land Niedersachsen besitzt noch knapp unter 20 % der Aktien. Die Entsendung von zwei Aufsichtsratsmitgliedern insgesamt erscheint also relativ zu der Gesamtzahl der Mitglieder des Aufsichtsrates nicht überzogen.

Bezüglich der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Aufsichtsrat zur Errichtung und Verlegung von Produktionsstätten glaube ich, dass das ein wichtiges Moment ist, auf das wir in Niedersachsen immer großen Wert gelegt haben. VW ist kein Staatsbetrieb und kein Staatsunternehmen, was quasi als Makel empfunden werden müsste. Die Verantwortung des Landes für VW ist nach meiner Auffassung eine besondere Chance für das Unternehmen und keinesfalls eine Belastung. Schon gar nicht werden Barrieren errichtet, die den freien Kapitalverkehr beeinträchtigen.

Deshalb sollten sich die im Niedersächsischen Landtag vertretenen Fraktionen einmütig gegen die EU-Bestrebungen aussprechen, die massiv gegen den Erhalt des VW-Gesetzes gerichtet sind. Die Bestimmungen im VW-Gesetz, das im Übrigen mehrfach geändert worden ist, sind nach unserer Überzeugung mit der gemeinschaftsrechtlich vereinbarten Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit im Sinne der Artikel 56 und 43 des EGVertrages vereinbar.

Wir unterstützen mit allem Nachdruck die intensiven Verhandlungen der Landesregierung und den persönlichen Einsatz des Ministerpräsidenten, der in enger Abstimmung mit der Bundesregierung alle Möglichkeiten nutzt, um eine Fehlentscheidung der Europäischen Kommission zu verhindern.

Eine breite Zustimmung zu dem vorliegenden Entschließungsantrag, meine Damen und Herren, sollte das Signal nach Brüssel sein, dass die Position der Landesregierung einmütig unterstützt wird. Deshalb beantrage ich, dass wir über den Antrag, der allen vorliegt, sofort abstimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abge- ordneten der FDP)

Als Nächster spricht der Abgeordnete Oppermann.

(Zuruf von der SPD: Dreimaliger Anlauf!)

Ich habe dreimal einen Anlauf gemacht, um zu reden, weil die Initiative für diesen fraktionsübergreifenden Antrag von der SPD-Fraktion ausgegangen ist und weil ich deshalb dachte, ich könnte den Antrag auch einbringen. Aber es ist in Ordnung, wenn die beiden Kollegen von der FDPFraktion und der CDU-Fraktion vor mir gesprochen haben. Es gibt mir Gelegenheit, darauf einzugehen.

Zweierlei ist an dieser Debatte erfreulich. Erstens. Es ist uns gelungen, einen gemeinsamen Antrag zustande zu bringen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Zweitens ist erfreulich, dass Herr Hermann hier für die FDP-Fraktion erklärt hat, sie wolle künftig die Gesetze respektieren.

(Hermann Eppers [CDU]: Das ist doch unnötige Schärfe, Herr Kollege Oppermann! - Ursula Körtner [CDU]: Sie haben doch auch nicht immer alle Gesetze respektiert! Sie schon gar nicht! - Weitere Zurufe)

- Ich wollte nur sagen: Ein bisschen missverständlich ist das schon. Denn auch die Gesetze, die Ihnen nicht gefallen mögen, haben Sie zu respektieren. Sie können die dann zwar ändern. Bezüglich des VW-Gesetzes haben Sie ja - ich hätte gar nicht darüber gesprochen; aber weil dieser Satz von Herrn Hermann so gefallen ist, muss man natürlich darauf eingehen - in Ihrem Wahlprogramm versprochen, dass Sie, wenn Sie in eine Regierungsmehrheit kommen, die Anteile des Landes Niedersachsen an Volkswagen veräußern wollen.

(Zuruf von der FDP: Das stimmt nicht!)

- Das steht wörtlich darin. Das kann ich Ihnen gleich vorlesen.

(Hermann Eppers [CDU]: Eben freu- en Sie sich noch über einen gemein- samen Antrag! Jetzt wird wieder ge- zündelt!)

Diese Aussage ist auf dem Weg vom Wahlprogramm zur Koalitionsvereinbarung verloren gegangen. Ich finde das nicht ehrenrührig. Sie haben einen Kompromiss gemacht. Man muss in der Politik auch Kompromisse machen, wenn man eine Regierung bilden will. Herr Wirtschaftsminister Hirche, es ist nicht ehrenrührig, dass Sie sich bezüglich VW mit Herrn Wulff in der Koalitionsvereinbarung verständigt haben. Ich frage mich aber gleichwohl, was Sie als jemand, der im Wahlkampf immer wieder erklärt hat, Sie würden die VW-Aktien verkaufen und die Erlöse in einen Innovationsfonds des Landes Niedersachsen einstellen - das zeigt übrigens, dass Sie nicht richtig informiert sind; denn die Erlöse aus einem möglichen Verkauf müssen ganz überwiegend an die VW-Stiftung abgeführt werden, wie es auch der Bund getan hat, als er im Jahre 1988 seinen 20-prozentigen Anteil veräußert hat -, persönlich bewogen hat, in den Aufsichtsrat von Volkswagen zu gehen. Ich bin wirklich gespannt darauf, was Sie dazu zu sagen haben; denn als Aufsichtsratsmitglied vertreten Sie ja die Interessen eines Eigentümers, den es Ihrer Auffassung nach eigentlich gar nicht geben dürfte.

(Beifall bei der SPD)

Ich frage mich, wie Sie das machen wollen. Ich weiß nicht, was Sie gelockt hat. Vielleicht wollen Sie das Unternehmen auch auskundschaften, um es hinterher besser verkaufen zu können. Oder es waren die Aufwandsentschädigungen.

Ich bin froh darüber, dass Sie, Herr Ministerpräsident, diese Sache zur Chefsache gemacht haben. Ich habe auch für die zukünftige Behandlung dieser Angelegenheit die Bitte, dass Sie in diesem Fall nicht Herrn Hirche agieren lassen, obwohl er Wirtschaftsminister ist, sondern alles selbst machen, dass also ausschließlich die Staatskanzlei diesen Fall behandelt, nicht aber das Wirtschaftsministerium.

(Beifall bei der SPD - Hermann Ep- pers [CDU]: Jetzt reicht’s aber lang- sam hin!)

Herr Oppermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Eppers?

Ja, bitte, eine Zwischenfrage.

Herr Kollege Oppermann, halten Sie Ihre überzogene Schärfe und Ihre rückwärts gewandte Darstellung für geeignet, unsere Gemeinsamkeit bezüglich VW und unserer VW-Standorte zum Ausdruck zu bringen?