Protocol of the Session on February 18, 2004

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit empfiehlt Ihnen in der Drucksache 784, den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion unverändert anzunehmen und den Antrag für erledigt zu erklären. Über die Zielsetzung und den Inhalt des Gesetzentwurfes bestanden keine Meinungsunterschiede.

Wie der federführende Ausschuss haben sich auch der mitberatende Landwirtschaftsausschuss und der Rechtsausschuss einstimmig für den Entwurf ausgesprochen.

Zum Inhalt des Gesetzentwurfs ist hier bereits in der ersten Beratung Stellung genommen worden. Ich will deshalb hierzu keine weiteren Ausführungen machen.

In der Mitberatung des Landwirtschaftsausschusses ist darum gebeten worden, in der Berichterstattung zu dem Gesetzentwurf ein Ergebnis der öffentlichen Anhörung zu dem Antrag aufzunehmen. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt: Ein Vertreter der Landwirtschaftskammer habe in der Anhörung auf eine entsprechende Nachfrage erklärt, die Landwirtschaftskammer könne Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Gebäude im Falle einer Betriebsaufgabe auf die SiebenJahres-Frist in § 35 BauGB hinweisen und sei auch bereit, dies zu tun. Dem Landwirtschaftsaus

schuss ist der Hinweis auf diese Aussage wichtig, damit dieser Aspekt nicht in Vergessenheit gerät und die Landesregierung das Weitere veranlassen kann.

Abschließend bitte ich Sie namens des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 784 zuzustimmen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Groskurt. - Als erste Rednerin hat sich Frau Ministerin von der Leyen zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat dazu geführt, dass eine große Zahl ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude leer steht.

(Unruhe)

Frau Ministerin, warten Sie bitte einen Augenblick. - Im Saal ist es zu laut, und ich meine, die Lautsprecher müssten etwas lauter eingestellt werden. - Bitte sehr!

Das Baugesetzbuch sieht in § 35 Möglichkeiten vor, diese Gebäude einer außerlandwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen, also z. B. in Wohnraum umzuwandeln. Zu den Voraussetzungen gehört u. a., dass die Aufgabe der bisherigen Nutzung nicht länger als sieben Jahre zurückliegt. Nun gibt es eine Reihe von Fällen, bei denen diese Frist aus unterschiedlichen Gründen nicht eingehalten werden konnte. Der Niedersächsische Landtag hat im vergangenen Jahr einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen auf Verlängerung der Frist auf zehn Jahre behandelt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Novellierung des Baugesetzbuches wurde dieses Thema auch im Bundesrat besprochen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ein Antrag Baden-Württembergs, die Frist insgesamt abzuschaffen, hat dort nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Es ist derzeit nicht abzusehen, ob diese Fristen während der Beratungen zum Europarechtsanpassungsgesetz noch verändert werden. Daher haben wir uns entschlossen, die Frist mit einem Landesgesetz auszusetzen. Dies ist allerdings nur bis zum 31. Dezember 2004 möglich, da die Ermächtigungsnorm im Baugesetzbuch eine entsprechende Befristung enthält. Diesen Zeitraum gilt es zu nutzen, um die Landwirte auf die Verlängerung aufmerksam zu machen. Für viele Landwirte in unserem Flächenland bietet sich so die Möglichkeit, ihre seit langem nicht mehr genutzten Gebäude einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung zuzuführen. Gerade im Hinblick auf den Ertragsrückgang in der Landwirtschaft erscheint es mir außerordentlich wichtig, den Landwirten diese zusätzliche Möglichkeit zu eröffnen. Die Landesregierung beweist damit einmal mehr, dass sie der Partner unserer Landwirte in Niedersachsen ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als Nächstem erteile ich Herrn Harden von der SPD-Fraktion das Wort.

(Zurufe von der CDU: Der sieht das genauso! - Er gibt seine Rede zu Protokoll!)

- Dies geht leider nicht.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den letzten Satz der Frau Sozialministerin kann man wohl so verlängern: Alle Landesregierungen waren bisher Partner auch der Landwirte, natürlich auch die früheren.

(Zurufe von der CDU: Na, na! Da ha- ben wir unsere Zweifel!)

Der Anlass, worüber wir uns jetzt unterhalten, ist ein Gesetzentwurf, den die SPD-Fraktion eingebracht hat. Es ist kein Entwurf der Landesregierung. Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Gesetzentwurf der Opposition unverändert den Landtag passiert und dann auch noch einstimmig beschlossen wird. So war jedenfalls die Ausgangslage. Insofern ist der vorliegende Entwurf ein

äußerst seltenes Exemplar der Gesetzgebung. Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn wir das häufiger so machen würden.

(Zuruf von der CDU: Dann müssen Sie bessere Anträge stellen! Dann geht das auch!)

- Den schlechten Antrag habt ihr gestellt. Wir haben den Gesetzentwurf gemacht. So war das nun einmal.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin froh, dass wir mit dem Niedersächsischen Gesetz zur Durchführung des Baugesetzbuches eine Alt- und Härtefallregelung für landwirtschaftliche Gebäude im Außenbereich schaffen, die länger als sieben Jahre nicht mehr landwirtschaftlich genutzt worden sind. Sie können nunmehr noch einer sinnvollen Nachnutzung zugeführt werden. Eine solche Regelung macht indessen nur dann Sinn, wenn man künftig dafür sorgt, dass nicht neue Härtefälle entstehen. Die Berichterstatterin hat schon darauf hingewiesen. Ich will das aber noch einmal wiederholen.

Meine Fraktion hat folgende herzliche Bitte an die Landesregierung: Sorgen Sie dafür, dass die Landwirtschaftskammern alle Landwirte, die ihren Betrieb einstellen, darauf hinweisen, dass ab dem Tage der Aufgabe der Nutzung ihre Gebäude jeden Tag an Wert verlieren, wenn sie im Außenbereich liegen und keine Nachnutzung oder Nutzungsänderung erfolgt.

(Unruhe)

Einen Augenblick! - Meine Damen und Herren, es muss hier leiser werden. Warten Sie einen Augenblick, Herr Harden. Diejenigen, die sich jetzt unterhalten müssen, gehen bitte nach draußen!

Mit dem Ablauf der Sieben-Jahres-Frist sind die Gebäude nicht nur wertlos, es sind dann sogar noch die Abrisskosten zu tragen, die auch nicht zu unterschätzen sind. Die Kammern sind bereit - das haben sie in der Anhörung gesagt -, diesen Service zu leisten.

Ich gehe davon aus, dass wir keinen Entschließungsantrag dafür einbringen müssen, bitte aber um Mitteilung der Landesregierung, wenn diese

Zusammenarbeit mit den Kammern vereinbart worden ist.

Alles andere ist hierzu schon gesagt worden. Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Harden. - Frau Meißner von der FDPFraktion, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind uns bei diesem Gesetz alle einig. Das haben Sie schon gehört. Darum kann ich es auch ganz kurz machen.

Es ist wichtig, dass wir bei 30 % Leerständen von ehemaligen Wirtschaftsgebäuden im ländlichen Raum handeln. Handeln müssen wir jetzt gleich bis Ende dieses Jahres, weil danach keine Möglichkeit mehr besteht, diesen Gesetzentwurf einzubringen.

Das Gesetz besteht aus zwei Paragrafen mit dem Inhalt, die Frist bis Jahresende auszusetzen; denn am Jahresende wird das Ganze vorbei sein. Damit helfen wir allen Leuten im ländlichen Raum, weil jede Umnutzung eines Gebäudes besser ist als ein Leerstand oder gar ein Verfall. Es sieht besser aus und ist auch von der Einnahmesituation her sinnvoller. Darum bitte ich Sie, auf jeden Fall dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Meine Fraktion ist auch mit den Landwirtschaftskammern und dem Landvolk im Gespräch. Beide sind sich darüber im Klaren, dass es wichtig ist, alle Landwirte, die jetzt umnutzen oder in den Nebenerwerb gehen wollen oder ihren Betrieb aufgeben müssen, ausführlich zu beraten. Die werden das auch tun. Das halte ich auch für sinnvoll. Darum ist dieser Appell auch unterstützenswert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dank. - Herr Beckmann von der CDU-Fraktion, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Problem ist von allen hinlänglich geschildert worden. Es geht um die Frist von sieben

Jahren, in denen Umwidmungen von landwirtschaftlich genutzten Gebäuden durchgeführt werden können. Leider wurde diese Frist von vielen verschlafen und wird sicherlich auch in Zukunft von vielen verschlafen werden.

Zur Lösung dieses Problems sah die Politik zwei Möglichkeiten: Erstens wird die Frist, in der die Umwidmungen vorgenommen werden dürfen, generell um drei Jahre auf zehn Jahre erweitert, oder zweitens wird der § 245 b des Baugesetzbuches angewendet, wonach die Länder von der SiebenJahres-Frist keinen Gebrauch machen müssen. Dies muss dann von den Ländern einzeln geregelt werden. Der erste Vorschlag, generell zu regeln, kam von der CDU-FDP-Koalition. Der zweite, § 245 b in Anspruch zu nehmen, kam von der SPD-Fraktion.

Bei Durchsetzung des Antrages der Koalitionsfraktionen, die Frist um drei Jahre zu verlängern, hätten die Inhaber landwirtschaftlich genutzter Gebäude mehr Zeit zur Umnutzung bekommen. Damit hätten viele Härtefälle beseitigt werden können und weitere gar nicht erst entstehen müssen. Dies war unser Weg, das Problem zu lösen, grundsätzlicher, nämlich von der Wurzel her.

Meine Damen und Herren, damit ist das die einzige vernünftige Reaktion auf das, was wir in der Vergangenheit an Erfahrung bei der Umwandlung dieser Gebäude gesammelt haben. Die Schwierigkeit, dieses umzusetzen, lag in der Tatsache, dass Bundestag und Bundesrat dieser Gesetzesänderung hätten zustimmen müssen.

Die zweitbeste Lösung, um die Umnutzung auch nach sieben Jahren noch zu ermöglichen, sieht der Gesetzentwurf der SPD vor, nämlich von § 245 b Gebrauch zu machen. Nur, dieser Paragraf hat den gewaltigen Nachteil, dass er nur noch bis zum Ende dieses Jahres in Anspruch genommen werden kann. Wer es danach in der vorgegebenen Frist nicht geschafft hat, die Umnutzung seiner bisher landwirtschaftlich genutzten Gebäude zu erreichen, ist dann allerdings aufgeschmissen.

Das haben wir von den Fraktionen der CDU und der FDP vermeiden wollen. Darum unser Wunsch nach Änderung des § 35 des Bundesbaugesetzes. Das Kunststück, parlamentarische Mehrheiten außerhalb unseres Hauses von der Notwendigkeit der Änderung dieses Paragrafen zu überzeugen, ist selbst dieser so hervorragend aufgestellten Landesregierung nicht gelungen. Also wird Nieder

sachsen nichts anderes übrig bleiben, als die zweitbeste Alternative, auch wenn sie nur noch bis Ende dieses Jahres Bestand haben wird, zu realisieren.