Protocol of the Session on November 21, 2003

Ihr Motto ist: Aus den Augen, aus dem Sinn, der Verbraucher wird es schon nicht merken. Frau Harms, das ist wohl Ihr Ansatz.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Nein, das ist nicht mein Ansatz!)

Aber das Angebot bleibt unverändert, der Umsatz auch, nur die Nationalität der Eier wird eine andere sein. Und wie argumentieren Sie? - Sie tun so, als entschiede der Verbraucher mit seinem Griff zum Frühstücksei über die Haltungsform und die Absatzzahlen.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Ja!)

Dies ist aber nicht der Fall. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass mehr als drei Viertel der Eierproduktion in die Weiterverarbeitung gehen - Backwaren, Süßwaren, Teigwaren - und dass diese Eier als separierte Fertigprodukte in flüssiger und trockener Form auf dem Weltmarkt längst zu Dumpingpreisen gehandelt werden. Da achtet kein Käufer mehr auf Tierschutz. Das registrieren Sie nicht.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Lesen Sie mal das Zeit-Dossier dieser Woche!)

Übrigens, meine Damen und Herren, dass dies auf dem Weltmarkt so gehandelt wird, ärgert mich letztendlich auch, nämlich weil dabei viele Dinge nicht beachtet werden, die wir mit unserer Politik letztendlich beachtet wissen wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der einzige Qualitätsmaßstab, meine Damen und Herren, ist die gesundheitliche Unbedenklichkeit.

So viel zu Ihrem Realitätsverlust. Doch nun zu dem, wofür ich streite.

Ich möchte, dass die tierschutzgerechte Eierproduktion in Deutschland in der Legehennenhaltungsverordnung beibehalten bleibt, unter unserer eigenen Kontrolle, sowohl in Bezug auf das Tier als auch auf das Produkt Ei. Was wir dafür brauchen, sind Planungssicherheit für die deutschen Hennenhalter und tiergerechte Haltungssysteme als Nachfolge für den alten Käfig, den zu Recht niemand will, wir nicht und auch - das wird in der Annonce falsch behauptet - Christian Wulff nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Rebecca Harms [GRÜNE]: Alle Tier- schützer irren, nur Herr Ehlen nicht!)

Die EU schreibt vier Systeme vor: die Voliere, den ausgestalteten Käfig, die Boden- und die Freilandhaltung. Doch was sich dahinter detailliert verbirgt, das überlässt die EU der Phantasie der Mitgliedstaaten.

Die von Ihnen so hoch gelobten Systeme Bodenund Freilandhaltung sind jedenfalls unter dem Tierschutzaspekt in keiner Weise positiv zu sehen. Todesraten von 20 % - teilweise weit darüber hinaus -, erhöhter Krankheitsdruck, Verstümmelung der Tiere durch notwendiges Schnabelkürzen und inakzeptables Konkurrenzverhalten belegen dies.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Das sind die gewissenlosen Massentierhalter, Herr Ehlen, die einfach umziehen!)

Wenn Sie, liebe Frau Harms, die Durchschnittszahl von 15 000 Hühnern für die Freilandhaltung anlegen - weil mit einer niedrigeren Anzahl keine Familie leben kann -, dann frage ich Sie: An welcher Sache orientieren Sie sich? Sie sind doch weit weg von der Realität!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ilse Hansen [CDU]: Keine Ahnung!)

Von Größen von 300 bis 400 Hühnern kann heutzutage kein Mensch mehr leben. Damit könnten wir auch das Volk nicht ernähren.

Noch eines - das haben Sie auch nicht dementiert -: Wenn 20 % der Hühner während des Legejahres verenden, dann muss man doch feststellen: Ein totes Huhn legt keine Eier mehr, und wohlfühlen tut es sich schon längst nicht mehr.

(Heiterkeit bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Wir haben hier ganz klare Vorstellungen. Wir sind mit den Pilotprojekten zur Kleingruppenhaltung in wissenschaftlicher Begleitung auf einem guten Weg. Aber Sie lehnen diese positiven Dinge grundlegend ab, ohne auch nur darauf einzugehen und das zu prüfen. Gute Tiergesundheit, hohe Verträglichkeit der Tiere untereinander, keine Notwendigkeit des Schnabelkürzens, kein Federpicken: Diese eindeutigen Indizien für das Wohlbefinden von Tieren interessieren Sie überhaupt nicht, das blenden Sie aus.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Das stimmt überhaupt nicht!)

Sie zeigen sich unverändert uneinsichtig und wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass EU-weit eine ökonomisch und ökologisch vernünftige tierschutzgerechte Alternative - -

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Aber Sie sind der oberste Tierschützer! - Beifall bei der CDU und bei der FDP)

- Liebe Kollegin Harms, das haben Sie sehr gut erkannt. Ich stehe auch zu der Verantwortung, in der ich mich als oberster Tierschützer sehe.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Rebecca Harms [GRÜNE]: Eine Schande für den Tierschutz!)

Wir wollen diese Art der Tierhaltung, von der nachgewiesen ist, dass sie positive Segmente hat, weiterentwickeln und zukunftsfähig machen: für unser Land, für unsere Tierhalter und auch für die Tiere; die liegen mir besonders am Herzen.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Aber die kommen ganz weit hinten!)

- Die kommen nicht ganz weit hinten, die sitzen ganz, ganz vorne. Das können Sie mir ruhig abnehmen.

Meine Damen und Herren, der Landtagsausschuss hat Ihren Antrag schon behandelt und auf Ihre Ignoranz auch richtig reagiert, wie ich finde. Ich kann mich diesem Votum anschließen. Ich glaube nicht, dass Sie damit weiterkommen. Auch ich persönlich lehne diesen Antrag ab. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Aufgrund der Redezeitüberschreitung des Ministers gewähre ich ihr bis zu zwei Minuten. Frau Harms, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als vor Jahrzehnten die Auseinandersetzung um die Käfighaltung begann, haben tierschutzpolitische Sprecher immer wieder Blätter, etwas kleiner als ein DIN A4-Blatt, hochgehalten, um zu zeigen, wie viel Platz ein Huhn in einem durchschnittlichen deutschen Käfig hat. Bei den ausgestalteten Käfigen, die Sie jetzt so sehr loben, ihren Hühnerappartements der Zukunft,

(Zuruf von der CDU: Waren Sie denn schon einmal da? Die kennen Sie doch gar nicht!)

vergrößert sich der Platz je Huhn um etliche Quadratzentimeter ganz enorm, meine Damen und Herren! Das ist also der Tierschutz der Zukunft für Hühner. Ich finde das sensationell!

(Zurufe von der CDU)

Das ist das, was hier propagiert wird. Meine Damen und Herren, Sie haben mir mehrfach vorgeworfen, ich sei zu emotional in dieser Debatte.

(Zustimmung bei von der CDU)

Selbstverständlich! Ich ertrage eine Diskussion um Tierquälerei, so wie Sie sie führen, nicht;

(Zuruf von der CDU: Was haben Sie denn für eine Ahnung?)

denn Sie haben vor, die Hühnerhaltung vom Käfig hin zum Käfig zu entwickeln. Das kann nicht im Ernst der Tierschutz von morgen sein.

Herr Minister, ich gestehe Ihnen zu, auch Freilandhaltung, auch Volierenhaltung und auch Bodenhaltung haben Probleme. Aber der Zeitraum von 2001 bis 2007 - für diesen Zeitraum wurde auch mit Ihrer Zustimmung das Ende der Käfighaltung verabredet - sollte ausreichen, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Wir können durch Niedersachsen reisen, wir können uns tausende von Hühnerherden anschauen, die im Freien gehalten werden - da gibt es all diese Probleme, die Sie beschrieben haben, nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Mein Plädoyer ist eindeutig: Ich trete für mehr Tierschutz und weniger Ökonomie ein. Ich bin nicht der Meinung, dass die ökonomischen Interessen immer im Mittelpunkt stehen müssen. Herr Minister, ich bin der Auffassung, dass Sie auch an die Hühner und nicht nur an die Halter von Millionen von Hennen denken sollten. Herr Minister, ich finde es beschämend, dass Sie immer auf den Osten hinweisen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Dass im Ausland Tiere gequält werden, kann kein Grund sein, auch im Inland Tiere zu quälen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Ehlen hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Frau Harms hat noch nicht ein einziges Ei gelegt! - Gegenruf von Rebecca Harms [GRÜNE])

Frau Kollegin Harms, das hat Sie doch eben wieder entlarvt. Sie kommen mit Ihrer DIN A4-Seite, was heute schon nicht mehr stimmt, und wollen hier polemisieren.

(Zuruf von Rebecca Harms [GRÜNE])