Protocol of the Session on November 21, 2003

(Zuruf von Rebecca Harms [GRÜNE])

- Sie treten hier nach vorne mit der DIN A4-Seite. Wir haben ganz klar gesagt, dass wir uns diesen Schuh nicht mehr anziehen wollen. Das soll verschwinden. Schon heute stimmt der Vergleich mit der DIN A4-Seite nicht mehr, Hühner haben doppelt so viel Platz.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: So hat es angefangen!)

In den neuen Systemen ist ausreichend Platz für die Hühner vorgesehen. Wenn Sie so weitermachen, blockieren Sie alles und bleiben auf dem Gestrigen stehen. Meiner Meinung nach haben Sie Angst, dass Sie Ihr Feindbild verlieren - das ist der Grund.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung, und wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag ablehnen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen!

(Unruhe)

- Wir sind noch immer in der Abstimmung, ich bitte um Ruhe. - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, das die Beschlussempfehlung des Ausschusses mit eindeutiger Mehrheit angenommen wurde und damit der Antrag abgelehnt ist.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, wir haben gleich noch eine weitere Abstimmung vorzunehmen. Vielleicht kommen wir zur Ruhe. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 22: Verantwortung wahrnehmen: Energiekonsens unterstützen, alternative Endlagersuche nicht verweigern! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/544

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass zu diesem Antrag heute keine Beratung stattfinden soll. Er soll gleich an die Ausschüsse überwiesen werden. Mit der federführenden Beratung soll der Umweltausschuss, mit der Mitberatung sollen der Ausschuss für Inneres und Sport sowie der Aus

schuss Haushalt und Finanzen beauftragt werden. Wer so beschließen möchte,

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Das haben wir gestern schon getan!)

den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Die eindeutige Mehrheit hat der Überweisung zugestimmt.

Herr Hagenah, ich habe durch Ihren Zwischenruf erfahren, dass schon gestern so beschlossen worden ist. Es lag bei mir jedoch anders vor. Insofern gehe ich lieber auf Nummer sicher.

Ich habe eine Bitte: Wenn Sie das nächste Mal mit dem Handy telefonieren, dann machen Sie das bitte außerhalb des Plenarsaals. Ich habe Sie nicht unterbrochen, als vorhin der Minister sprach, da hatten Sie telefoniert.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Das ist das Fraktionstelefon!)

- Alles klar.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung: Qualifizierte Natur- und Umweltschutzarbeit in Niedersachsen sicherstellen - Ehrenamt stärken - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/546

Ich eröffne die Beratung. Zur Einbringung hat sich der Herr Kollege Haase gemeldet. Herr Haase, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist richtig tierisch heute: Von den Hüh- nern zum Hasen!)

- Ach, tierisch ist es nicht. Wir haben viel gelernt: Tote Hühner legen keine Eier. Das haben wir hinter uns.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag von CDU und FDP steht: Niedersachsen braucht eine stärkere Umweltpolitik als bisher. Was aber ist

seit dem Regierungswechsel in Niedersachsen geschehen? - Richtig, meine Damen und Herren: Statt einer weiteren Stärkung und Weiterführung der erfolgreichen Arbeit der letzten Jahre in Naturund Umweltschutz in Niedersachsen hat der Umweltminister bislang keine Gelegenheit ausgelassen, die Umweltpolitik in Niedersachsen zu schwächen. Wie soll man denn sonst die Maßnahmen des letzten Dreivierteljahres bezeichnen? - Über den Höflichkeitserlass und die Brenntageverordnung haben wir an dieser Stelle bereits ausführlich debattiert. Das möchte ich nicht wiederholen.

Herr Sander, ich habe aber immer noch meine Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass es in dieser Frage doch noch - zumindest beim Höflichkeitserlass - ein Einlenken gibt bzw. dass Sie zur Vernunft kommen. Auch die Atom- bzw. Energiepolitik möchte ich heute ausklammern, obwohl sie meiner Meinung nach ein weiteres Indiz für eine rückwärts gewandte Politik der Landesregierung ist.

Meine Damen und Herren, wir haben wirklich viel erreicht in Niedersachsen in der Umwelt- und Naturschutzpolitik. Wer wollte das ernsthaft bestreiten? Ich nenne nur einige der Highlights: die Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer und Harz und das Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue. Auf diesem nicht immer leichten Weg zu diesen Projekten pflegten wir immer den kritischen Dialog mit der niedersächsischen Umweltverwaltung und den Umweltverbänden mit ihren tausenden von ehrenamtlichen, aber auch hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und wir hatten immer deren Unterstützung. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, gerade die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Kolleginnen und Kollegen der Umweltverwaltung sind die Menschen, die in Niedersachsen erfolgreiche Umweltpolitik in Verantwortung für zukünftige Generationen gestaltet und umgesetzt haben und dies auch unter der neuen Landesregierung wollten. Doch was tun Sie? - Sie stoßen mit Ihren immer unverständlicheren Entscheidungen sämtliche potentiellen Mitstreiter vor den Kopf, Herr Minister.

(Anneliese Zachow [CDU]: Ganz ru- hig! Abwarten!)

Ich weiß nicht, wie Sie jemals das ganze zerschlagene Porzellan wieder kitten wollen, aber vermut

lich - im schlimmsten Fall - wollen Sie das gar nicht. Sie haben ja bereits die Gruppe der Menschen definiert, für die Sie in Zukunft offensichtlich die Umweltpolitik machen wollen: Das sind die Landwirte und die Atomkraftbetreiber.

(Anneliese Zachow [CDU]: Herr Haa- se, ich finde das ziemlich happig!)

Frau Zachow, statt mit dem Pfund des wirklich gut organisierten Umwelt- und Naturschutzes über die Grenzen Niedersachsens hinaus zu wuchern - was wir könnten -, stellen die Koalitionsfraktionen Haushaltsanträge, die der Umweltpolitik in Niedersachsen den Boden entziehen.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Sander stellt Konzepte für die Reform der Verwaltung auf, die das einzige Ziel haben, die bisher qualitativ hochwertige Umweltverwaltung zu zerschlagen. Da wird das Landesamt für Ökologie geopfert, weil dort offensichtlich alte Rechnungen zu begleichen sind. Fachlich ist diese Entscheidung mit überhaupt nichts zu begründen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Anders als in allen anderen Bundesländern - Frau Zachow, das wissen Sie; ich möchte insbesondere Ihre Vorbildländer Bayern und Baden-Württemberg hervorheben - wollen wir uns in Niedersachsen in Zukunft kein eigenständiges Landesumweltamt mehr leisten. Woran liegt das? Hat der Umweltminister vielleicht so wenig Selbstvertrauen oder - andersherum formuliert - so viel Selbstvertrauen, dass er den fachlichen Rat nicht mehr braucht? Oder ist er einfach von Angst vor dieser fachlichen Kompetenz dieses Amtes beseelt?

(Anneliese Zachow [CDU]: Oder gibt es noch andere Möglichkeiten?)

Frau Zachow, erkennen Sie nicht, dass eine fachlich hochwertige Umweltverwaltung ein positiver weicher Standortfaktor für die Wirtschaft in Niedersachsen ist?

(Zustimmung bei der SPD)

Wie wollen Sie bei steigenden rechtlichen Anforderungen und der zunehmenden Spezialisierung im Umweltbereich die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren erreichen, wenn Sie die Fachkompetenz über das Land zerstreuen und funktionierende Strukturen zerschlagen?

Ich bin mir sicher, dass ich mit meiner Meinung nicht alleine stehe. Die teilweise hochgradig komplexen Themen benötigen geradezu die Bündelung von Know-how und Kompetenz. Ich bin mir ebenfalls sicher - das sage ich sehr deutlich -, dass die Unternehmen in Niedersachsen sehr schnell merken werden, welchen Bärendienst Sie ihnen mit diesen Aktionen erweisen. Denn was nützt letzten Endes ein Spezialist in Sachen Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, wie wir ihn in Niedersachsen haben, in einer Kommune, wenn er dort Schutzgebiete ausweisen soll? Alle Kommunen und alle Landkreise werden nicht das Know-how vorhalten können. Die Bündelung, die wir mühsam erreicht haben, und die Kompetenz, die dort entstanden ist, werden zerschlagen.

Meine Damen und Herren, Kostengründe können von Ihnen auch nicht angeführt werden; denn nach den Plänen des Ministers wird die Präsenz in der Fläche nicht reduziert. Die Kommunalisierung bzw. die Privatisierung von Aufgaben wird auch nicht kostenneutral zu bewerkstelligen sein. Das ist zumindest zu erwarten.

Meine Damen und Herren, offensichtlich verhallen auch ungehört die Appelle der renommiertesten Natur- und Umweltschützer Deutschlands zur Erhaltung einer Fachbehörde für Naturschutz. Herr Sander, Sie werden mir zustimmen müssen; denn Sie kennen die Briefe der Leute, die diese geschrieben haben. Es handelt sich nicht um ideologische Spinner, wie das der eine oder andere aus Ihrer Fraktion meint. Herr Sander, ich frage Sie - wie auch bereits im letzten Plenum - noch einmal, und ich werde immer wieder fragen: Wer sind denn die Menschen, die bei Ihnen im Mittelpunkt der Politik stehen, wenn Sie den Fachverstand offensichtlich nicht mehr zulassen?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Sander, Sie begnügen sich letzten Endes nicht nur - Frau Zachow, da sollten Sie genau zuhören - mit dem Brechen eines Wahlversprechens der CDU-Fraktion. Für Herrn Sander könnte ich ja Verständnis aufbringen; denn was interessiert ihn das Wahlversprechen des Koalitionspartners. Die CDU-Fraktion hat in ihrem Wahlprogramm als Aufgabe definiert, die erfolgreiche Arbeit der Umweltverbände zu unterstützen.

(Anneliese Zachow [CDU]: Genau!)