Protocol of the Session on November 21, 2003

Das Wort hat nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung der Kollege Althusmann.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Na, Herr Möll- ring, müssen Sie sich noch einmal informieren?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die taz von gestern titelt mit der Überschrift „Die SPD demontiert sich selbst“. Herr Gabriel, Sie haben wieder einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wer wie die Bundesregierung eine Gemeindefinanzreformkommission mit dem Auftrag einsetzt, es dürfe sich bei der Lastenverschiebung zwischen Bund, Ländern und Kommunen nichts ändern - lieber Herr Kollege Gabriel, so lautet der Auftrag -, der kann doch nicht allen Ernstes erwarten, dass bei einer Gemeindefinanzreform, die so ins Rennen geht, überhaupt etwas herauskommt. Sie haben 40 Experten dort hingeschickt. Am Ende ist auf Bundesebene überhaupt nichts dabei herausgekommen. Ihre Gemeindefinanzreformkommission ist gescheitert. Das sollten Sie sich am Ende einmal eingestehen.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lieber Kollege Gabriel, uns zu erklären, wir wären für die Lage der Kommunen in Niedersachsen verantwortlich, ist ein Hohn, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte Ihnen einmal deutlich machen, dass das Gesamtdefizit der Haushalte von 2000 bis 2003 von 4 Milliarden auf heute 9 Milliarden Euro angestiegen ist. Was glauben Sie denn, wer zu dieser Zeit hier in Deutschland die Verantwortung hatte? - Das war nicht die CDU-Landesregierung in Niedersachsen, sondern Sie im Bund, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn wir heute eine Gesamtverschuldung der deutschen Kommunen von 89 Milliarden Euro feststellen dürfen, dann hat das doch nichts damit zu tun, dass wir seit acht Monaten versuchen, alles Erdenkliche zu unternehmen, um Ihren Scherbenhaufen wieder in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lieber Kollege Gabriel, die Kassenkredite der niedersächsischen Kommunen lagen 1993 auf einem Niveau von 89,2 Millionen Euro.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie wollen sie jetzt steigern!)

Ihre Bilanz ist, dass die Kassenkredite der Kommunen heute bei 2,2 Milliarden Euro liegen

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: So sieht es aus!)

und damit fasst genauso hoch sind wie der Sozialhaushalt des Landes Niedersachsen. - Das ist das Unsoziale der Politik in Niedersachsen. Das haben Sie, meine Damen und Herren, zu verantworten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Nein, Sie haben das zu verantworten!)

Lieber Kollege Plaue - da ich Sie hier gerade sehe -: wenn Sie uns weismachen wollen, Ihre Gemeindefinanzreform würde auch nur im Entferntesten zu einer Entlastung der Kommunen führen,

(Sigmar Gabriel [SPD]: Panzerfahrer!)

dann erzählen Sie den Menschen in diesem Land auch einmal die Wahrheit, und sagen Sie ihnen gleichzeitig dazu, dass die Bundesregierung die Kommunen verpflichten will,

(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie wissen doch gar nicht warum!)

für unter Dreijährige eine 20 %-Quote zur Betreuung in Kindergärten vorzuhalten.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie wissen doch gar nicht warum! Melden Sie sich doch zu einem Thema, das Sie wenigstens verstehen!)

Das macht eine zusätzliche Belastung von 2,4 Milliarden Euro aus. Das ist Ihre Bilanz. Das holen Sie sich über die Umsatzsteuer bei den Ländern wieder zurück.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Sigmar Gabriel [SPD]: Pan- zerfahrer!)

Meine Damen und Herren, es gibt eine Menge zu tun. Das werden wir auch.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Was ma- chen Sie denn jetzt? Wie wollen Sie den Kommunen helfen?)

Deshalb haben wir richtiger- und klugerweise auf Bundesebene ein Sofortprogramm für die Kommunen gefordert, eine Absenkung der Gewerbesteuerumlage von ehemals 28 auf 20 %. Das würde zu einer Entlastung von etwa 2 Milliarden Euro führen. Alles, was darüber hinaus geht - wie die Zukunft der Gewerbesteuer, wie die Zukunft der Grundsteuer aussieht -, sind Dinge, die mit Sicherheit nicht über das Knie gebrochen werden können. Aber eines steht auch fest: Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün auf Bundesebene, sowie Sie, die Sie 13 Jahre lang die Verantwortung in Niedersachsen trugen, haben durch Ihre Regierungszeit den Kommunen in unserem Land einen Bärendienst erwiesen. - Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat noch einmal der Finanzminister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gabriel, natürlich ist mir bekannt, dass es einen Beschluss des Bundestages gibt, die Gewerbesteuer abzusenken.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Auf 19 %!)

- Ob es nun 19 oder 20 % sind;

(Sigmar Gabriel [SPD]: Aber Sie ha- ben uns zum Gegenteil aufgefordert!)

dann verstehe ich aber nicht, warum sich die rotgrüne Mehrheit im Bundestag weigert, wenn sie selbst 19 % sagt, auf 20 % abzusenken, dann würde den Gemeinden sofort geholfen.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Warum stim- men Sie nicht zu?)

- Wir haben bereits zugestimmt. Wir haben nämlich diesen Antrag über den - -

(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie brauchen im Bundesrat nur zuzustimmen!)

- Herr Gabriel von der Bundesebene haben Sie offensichtlich überhaupt keine Ahnung mehr.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Sigmar Gabriel [SPD]: Sie sind der Finanzminister mit dem großen Mund! Sie sind nur eine Pfeife!)

Herr Gabriel, wenn man auf Bundesebene nur noch als Pop-Beauftragter tätig ist, dann ist das peinlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Fürs Protokoll: „Pop“ mit einem „p“ am Ende.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Herr Gabriel, der Vorschlag der SPD ist doch ein reines Karussellgeschäft. Sie sagen, wir sollen die Selbständigen in die Gewerbesteuer mit einbeziehen. Die verrechnen das 1 : 1 mit der Einkommensteuer, und dann sollen sich Bund und Land das über die Gewerbesteuerumlage wieder zurückholen. Das heißt, Sie bewegen einen riesigen Geldkreislauf, aber der Gesamtstaat und auch die Kommunen haben nicht mehr.

Uns vorzuwerfen, dass wir den Kommunen etwas wegnehmen, ist nun wirklich ein Schildbürgerstreich. Wer hat denn in den letzten 13 Jahren in den kommunalen Finanzausgleich ständig eingegriffen? Wer hat denn ständig Entnahmen gemacht, sodass er sogar vom Staatsgerichtshof verurteilt worden ist?

(Sigmar Gabriel [SPD]: Wir haben doch gewonnen! Sie sind gescheitert!)

Das war doch die SPD-Regierung!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie können sicher sein: Diese Regierung steht an der Seite der Kommunen