Protocol of the Session on November 20, 2003

Herr Minister Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe es eben schon gesagt: Gemeinsamkeit ist gut, wenn sie in der Sache trägt. Das tut sie hier. Das Land Niedersachsen hat genau wie die anderen norddeutschen Länder ein Interesse daran, dass seine hochtechnologische Schiffbauindustrie nicht deshalb kaputt geht, weil z. B. in Korea auch insolvente Werften subventioniert und mit Zuschüssen in Höhe von bis zu 40 % künstlich am Leben gehalten werden. Ansonsten ist die Bemerkung, die der Kollege Hermann hier gemacht hat, völlig richtig. Es macht keinen Sinn, irgendeine Branche mit Subventionen am Leben zu erhalten.

Hier, meine Damen und Herren, geht es aber um ein Stückchen mehr. Wir sind konfrontiert mit dem Versuch gezielter Subventionen im Rahmen weltwirtschaftlicher Handelsbeziehungen in einem Bereich. Im Augenblick ist das seitens Korea der Fall. Wir wissen aber, dass derzeit auch in China riesige Überkapazitäten im Handelsschiffbau entstehen, mit denen wir morgen ähnliche Probleme haben werden. Deshalb ist es richtig, dass innerhalb der WTO, also der Welthandelsorganisation, z. B. ein Streitbeilegungsverfahren gegen die Regierung von Südkorea läuft. Es kann nicht sein, dass eine Branche gegen den Gesichtspunkt der Wirtschaft

lichkeit in dem jeweiligen Bereich so sehr unterstützt und subventioniert wird.

Wir haben Gott sei Dank etwas überwunden, was in der Vergangenheit eine Rolle gespielt hat, nämlich die europäische Konkurrenzsituation speziell zwischen Frankreich und Deutschland. Auch die Franzosen haben in der Vergangenheit heftigst zulasten unserer Industrie subventioniert. Mit der Initiative „Leadership 2015“ ist jetzt erstmals seitens der EU der Versuch gemacht worden, quer durch mehrere europäische Länder eine gemeinsame Position zu beziehen, die im Wesentlichen nicht darauf abzielt - das will ich noch einmal unterstreichen -, irgendwelche Subventionen festzuklopfen, sondern darauf, mit einem neuen Technologieschub so viel an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen, dass der Preisvorteil Koreas oder anderer Länder in Fernost nicht mehr der ausschlaggebende Gesichtspunkt ist, sondern wir solche technischen Lösungen außerhalb des Massensegments anbieten, dass wir dort mithalten können.

In diesem Zusammenhang sollte auch den Vereinbarungen großer Respekt gelten, die zwischen Betriebsleitungen auf Werftebene und Beschäftigten gefunden worden sind. Ich möchte nur einmal an das erinnern, was bei der Meyer-Werft gemacht worden ist. Wir haben auf Landesebene versucht, durch Unterstützung einer Transfergesellschaft das Schlimmste zu verhindern. Das aber ist nur eine Hilfeleistung vor dem Hintergrund der jeweils getroffenen Vereinbarungen, die etwas mit Modernisierung zu tun haben.

Wir brauchen also einen fairen Wettbewerb und deshalb in begrenztem Rahmen die Unterstützung unserer Werften mit Wettbewerbshilfen. Ich hoffe sehr, dass es auch in Zukunft gelingen wird, alle anderen Bundesländer davon zu überzeugen, dass es keinen Sinn macht, dass eine hochtechnologische und an sich wettbewerbsfähige Zukunftsbranche vernichtet wird, nur weil anderswo auf der Welt mit sinnlosen Subventionen operiert wird. So leicht sollten wir es uns nicht machen und die Zukunft nicht aufgeben. Das Maritime hat Zukunft.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen deshalb zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen

will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 13: Einzige (abschließende) Beratung: Parkerleichterung für gehbehinderte Menschen schaffen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/394 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/531

Die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses lautet auf Annahme. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Deshalb gebe ich bekannt, dass alle Fraktionen der Beschlussempfehlung zugestimmt haben

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Jahns von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zum Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Parkerleichterungen für Menschen mit Gehbehinderung oder Erblindung zu schaffen. Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich auch bei den Oppositionsfraktionen, der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dafür bedanken, dass sie diesen Antrag in überfraktionellem Einverständnis mittragen.

Gerade im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen setzen wir damit gemeinsam ein Zeichen, dass die Teilhabe der Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben zumindest in einem kleinen Teilbereich erleichtert wird.

Für uns gehört die Erledigung von Bedürfnissen, wie z. B. Einkaufen, Arztbesuche, Theater, zum normalen täglichen Leben. Die Menschen mit Gehbehinderungen oder auch Erblindung sind in ihrer Mobilität eingeschränkt. Sie können die Bedürfnisse des täglichen Lebens nur bedingt wahrnehmen.

Eine besondere Beeinträchtigung ist oftmals bei den Einkaufsbedingungen gerade in Großstädten gegeben, wo die behindertengerechten Parkplätze gar nicht benutzt werden können, weil die dafür erforderliche Ausweisung des Merkmals „aG“ oder

„Bl“ für Blind nicht anerkannt wird, weil die Behinderung hierfür nicht ausreicht. Mit der Anerkennung dieser Merkmale wird sehr restriktiv umgegangen. Das Beispiel war für mich als Sozialpolitikerin besonders erschütternd, dass ein Mensch, dem beide Beine amputiert worden sind, eine derartige Ausweisung nicht bekommen hat, weil man ihm gesagt hat, da er keine Beine mehr habe, sei er ja nicht in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt; er könne ja fahren.

Wenn eine zeitlich begrenzte Behinderung oder gesundheitliche Beeinträchtigung wie z. B. eine Operation oder ein Unfall oder eine vorübergehende Krankheit vorliegt, die nicht zur Berechtigung der benötigten Ausweisung führt, bedeutet dies trotz alledem aber für die betroffenen Menschen eine erhebliche Beeinträchtigung. Hier sollten bürokratische Hemmnisse abgebaut bzw. Erleichterungen für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen geschaffen werden.

In einigen Kommunen wird deshalb bereits von den bundesrechtlichen Möglichkeiten für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen Gebrauch gemacht, zum Beispiel - ich möchte hier gern einige nennen - Wilhelmshaven, Delmenhorst, Wolfsburg. Es gibt dort Initiativen, die sich für diese Erleichterung eingesetzt haben. Nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung können die Straßenverkehrsbehörden auf Antrag Schwerbehinderten mit außergewöhnlichen Gehbehinderungen sowie Blinden Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen erteilen, die das Halten und Parken betreffen.

Darüber hinaus sollen aber auch Schwerbehinderten, die in der Schwere ihrer Behinderung dem Status „aG“ gleichzustellen sind, Erleichterungen zuerkannt werden können. Damit wird einem großen Personenkreis geholfen, ohne die Parkerleichterungen für die bisher schon Begünstigten nennenswert einzuschränken.

In den Bundesländern, in denen Ausnahmekriterien bereits seit längerem genehmigt werden, hat sich gezeigt, dass es keine Konkurrenz zu dem Personenkreis gibt, der bisher mit einem Rollstuhlsymbol gekennzeichnete Behindertenparkplätze benutzt.

Mögliche Ausnahmekriterien sind zeitliche, örtliche oder inhaltliche Aspekte. Der Personenkreis, auf den sich die Ausnahmegenehmigung beziehen sollte, sind Menschen, die Funktionsstörungen an

den unteren Gliedmaßen, der Lendenwirbelsäule, soweit sie sich auf das Gehvermögen auswirken, einen Grad der Behinderung von - man kann es festlegen - z. B. 70 %, wie das die meisten Kommunen getan haben, oder erhebliche Beeinträchtigungen der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr haben. Auch ständig notwendige Begleitung kann in Betracht kommen.

Bei Krankheiten wie Morbus Crohn oder für Stomaträger sollten diese Ausnahmegenehmigungen in Kraft treten. Darüber hinaus können auch Funktionsstörungen des Herzens und der Atmungsorgane in gewissem Umfange anerkannt werden. Die Ausgestaltung dieser Kriterien soll den Kommunen überlassen bleiben. Ich weise aber noch einmal darauf hin, es sollte sich um einheitliche Kriterien handeln. Zurzeit sind durch die Ausnahmemöglichkeit in manchen Kommunen die Menschen mit Behinderungen beeinträchtigt, die fahren müssen, um ihre Arztbesuche zu erledigen, die auf dem flachen Land wohnen und die Anerkennung für den städtischen Bereich nicht haben. Insofern ist unsere Forderung auch, dass die Kommunen dort in gleicher Weise handeln.

Die Kommunen in Niedersachsen gehen damit einen weiteren guten Schritt, Menschen mit Behinderungen Erleichterungen zu gewähren. Die Lebensgestaltung für Menschen mit Behinderungen ist schwer genug, sodass man hier mit einem kleinen Beitrag unendlich viel erreichen kann und beispielhaft mit geringem Aufwand für eine kleine Verbesserung der Lebensverhältnisse von Menschen mit Behinderungen sorgen kann.

Ich bedanke mich auch bei meinem Kollegen Friedel Pörtner, der aufgrund seiner Initiative der Behindertensportgemeinschaft in Bückeburg noch einmal an uns Sozialpolitiker herangetreten ist, diese Regelung mit anzuschieben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Der nächste Redner ist Herr Will von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Antrag geht es um das Ziel barrierefreier Teilhabe möglichst vieler behinderter Menschen am Leben in der Gesell

schaft. In der Regel gibt es im Individualverkehr ausreichend Parkmöglichkeiten. Die extra ausgewiesenen Parkplätze für Menschen mit Behinderungen sind nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs zunächst für außergewöhnlich Gehbehinderte vorgesehen.

Parkerleichterungen für schwerbehinderte Verkehrsteilnehmer mit dem Merkmal „aG“ und blinde Menschen mit dem Merkmal „Bl“ in ihrem Schwerbehindertenausweis sind seit vielen Jahren bundeseinheitlich in der Straßenverkehrsordnung vorgesehen. Behinderte Menschen mit diesen Merkmalen, die aus ihrem Schwerbehindertenausweis ersichtlich sind und auf der versorgungsamtlichen Feststellung beruhen, erhalten also auf Antrag und in der Regel kostenfrei einen Parkausweis für behinderte Menschen nach dem in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einheitlichen Muster.

Dieser berechtigt sie selbst oder den sie befördernden Kraftfahrzeugführer in Deutschland - hier gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten -, ausgewiesene Parkplätze für behinderte Menschen zu benutzen. Das heißt zum Beispiel, bei eingeschränktem Halteverbot bis zu drei Stunden zu parken, bei durch Zusatzschild begrenzt zulässiger Parkdauer diese auch zu überschreiten, in Fußgängerzonen während der angeordneten Zeiten für Be- und Entladen, an Parkuhren oder Parkscheinautomaten ohne Gebührenentrichtung und ohne zeitliche Begrenzung, auf Parkplätzen, die Bewohnern vorbehalten sind, und in verkehrsberuhigten Bereichen außerhalb gekennzeichneter Parkflächen zu parken.

Es gibt also eine Reihe von Ausnahmeregelungen. Voraussetzung ist jeweils, dass in zumutbarer Entfernung keine reguläre Parkmöglichkeit besteht. Außerdem ist die höchst zulässige Parkzeit, soweit nicht ausdrücklich eine zeitliche Begrenzung genannt ist, jeweils auf 24 Stunden begrenzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zusätzlich können die unteren Straßenverkehrsbehörden behinderten Menschen, deren Gehbehinderung vorübergehend ist oder deren dauerhafte Gehbehinderung zwar als schwer, aber nicht als außergewöhnlich schwer eingestuft wurde, im Wege der individuellen Ausnahmegenehmigung Parkerleichterungen im erforderlichen Umfang, z. B. Parken im eingeschränkten Halteverbot etwa vor der Praxis des behandelnden Arztes, einräumen. Teilweise haben die obersten Straßenverkehrsbehör

den der Länder insoweit ermessensbindende oder einschränkende Vorgaben für die unteren Straßenverkehrsbehörden erlassen. Insofern ist hier eine Überprüfung der Praxis in Niedersachsen durch die Landesregierung angesagt.

Der vorliegende Antrag ist sinnvoll, die örtlichen Straßenverkehrsbehörden durch die Landesregierung dahin gehend zu bestärken, weniger restriktiv, sondern großzügiger mit Ausnahmeregelungen für Parkerleichterungen für Menschen mit Behinderungen zu verfahren. Es geht schließlich um die Absenkung von Hürden, um Teilhabe sicherzustellen. Wir wollen in diesem Zusammenhang jedoch keine bürokratischen Lösungen. Vielmehr geht es um die bessere Einsicht der bewilligenden Behörden, um sinnvolle Ausschöpfung der Ermessensspielräume, um mehr Behinderten eine höhere Mobilität zu sichern.

(Beifall bei der SPD)

Frau Janssen-Kucz, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit diesem gemeinsam getragenen Antrag mit der Überschrift „Parkerleichterung für gehbehinderte Menschen schaffen“ wird eigentlich nicht das auf den Weg gebracht, was in der Begründung des Antrages und insbesondere in dem Redebeitrag von Frau Jahns vorgetragen wurde. Es geht eigentlich nur darum, auf die Kommunen einzuwirken, dass die örtlichen Straßenverkehrsbehörden verstärkt und unbürokratisch von der Möglichkeit der Ausnahmeregelung Gebrauch machen.

Voraussetzung ist aber immer ein Schwerbehindertenausweis. Das ist teilweise die größte Hürde, die mensch zu überwinden hat. Viele Kommunen in Niedersachsen und auch in anderen Bundesländern sind schon längst aktiv. Sie benötigen diese Aufforderung seitens der Landesregierung und des Parlaments nicht. In vielen Städten - Frau Jahns hat das gesagt - gibt es insbesondere im Krankenhausbereich, in Kurbereichen neben den „aG“-Parkplätzen, die gebührenfrei sind, extra ausgewiesene Parkplätze, die auch gebührenfrei zugänglich sind, für Menschen mit Schwerbehindertenausweis, die nur ein „G“ haben,.

Ich glaube, die Kommunen brauchen keine Nachhilfe. Sie reagieren auf die Bedürfnisse ihrer geh

behinderten Mitbürger. Meine Damen und Herren, die behinderten Mitmenschen, insbesondere die mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung, haben zum Teil große Probleme, in unmittelbarer Nähe einen „aG“-Parkplatz zu finden; nicht, dass diese Parkplätze nicht da sind, sondern sie werden zum Teil von rücksichtslosen Mitmenschen zugeparkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube, es ist insbesondere im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen dringend notwendig, auch aus diesem Hause heraus eine Aufklärungskampagne zu starten, um noch einmal deutlich zu machen, mit welchen Handikaps die Menschen zu kämpfen zu haben und wie wir sie unterstützen können. Das fängt schon damit an, dass nicht einmal für zwei Minuten ein Schwerbehindertenparkplatz zugeparkt werden darf; denn sie werden benötigt. Viele Schwerbehinderte fahren oft zehn Minuten oder sogar eine halbe Stunde lang immer wieder um den Block, weil diese Parkplätze nicht zur Verfügung stehen.

(Angelika Jahns [CDU]: Bei uns sind sie oft frei!)

- Sie sind nicht ausreichend frei. Ich glaube, darüber muss man nicht diskutieren. Sie haben zur Verfügung zu stehen.

Es kann und darf auch nicht Sinn und Zweck dieses Antrages sein, die Zahl der „aG“-Parkplätze zugunsten der Zahl der „G“-Parkplätze zu reduzieren. Damit würden wir nämlich gehbehinderte Menschen gegeneinander ausspielen. Es kann hier nur um zusätzlich gewidmete Parkplätze gehen.

Doch das Problem liegt woanders. Das Schwerbehindertenrecht kennt nur einen Gesamtzustand der Behinderung und einen Bewertungsmaßstab für die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen, die in den meisten Fällen nicht ausreichen, um ein „G“ oder „aG“ zu bekommen. Es gibt keinen exakten Beurteilungsmaßstab, um den berechtigten Personenkreis nach dem gesteigerten Energiebedarf beim Gehen abzugrenzen. Auch eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke taugt dazu nicht. Ich glaube, das ist richtig so; denn es handelt sich um Menschen. Aber diese Menschen sind bei der Antragstellung zum Teil wirklich einer Behördenwillkür ausgesetzt. Sie werden mit Belehrungen erschlagen, die nicht notwendig sind. Letztendlich bekommen fast ausschließlich junge Menschen, die

im Rolli sitzen, ein „aG“. Das finde ich sehr bedauerlich.