Wir wollen für alle jungen Menschen in Niedersachsen ein erstklassiges Hochschulsystem haben. Es ist kein ungeschriebenes Gesetz, dass wir immer bei den wichtigen Hochschulfragen hinter Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder Rheinland-Pfalz stehen. Wir können auch alles, sogar hochdeutsch. Das wird dieses Hochschulsystem zeigen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir hat das Beispiel von Herrn Rösler mit dem Zahnarzt gut gefallen. Herr Rösler, Sie haben in dem Zusammenhang gesagt, dass man rechtzeitig Zähne ziehen muss. Das Problem ist, dass Sie die gesunden Zähne ziehen.
Behandeln tun Sie die Leute in der Regel gar nicht, wenn Sie nämlich die Hochschulen komplett schließen.
Ich möchte aber noch etwas zu Herrn McAllister sagen und ihn bitten, noch einmal ans Rednerpult zu gehen. Er hat nämlich gesagt, er würde im Laufe seiner Rede auf Buxtehude und Nienburg zu sprechen kommen. Er hat dann gesagt: Alles wird gut. Das ist das Motto von Nina Ruge. Ich habe dazu in der Rede nichts gehört. So ist das anscheinend mit Ihren Versprechen. Sie halten jetzt noch nicht einmal die Halbwertszeit einer einzigen Rede durch. Zu Nienburg und Buxtehude ist nämlich nichts gekommen.
Gestatten Sie mir einen Hinweis, da Sie in der von Ihnen hier inzwischen geprägten Art die Kollegin Andretta mit ihren inhaltlichen Beiträgen qualifiziert
Man bekommt allerdings den Eindruck, dass Sie das Motto, das Sie sich offensichtlich für Ihre Politik geben - so steht es in den Zeitungen - ein bisschen zu ernst nehmen. In den Schaumburger Nachrichten steht nämlich, Sie seien der Meinung, der Politik fehle derzeit eine gewisse Portion Alkohol. Meiner Meinung nach ist ein anderes Motto besser. Es lautet: Nicht nur ein großes Maul, sondern ein klarer Kopf wäre ganz gut für die Politik.
Meine Damen und Herren, Kooperation ist etwas anderes als Information, allemal dann, Herr Minister, wenn die Presse vor den Landtagsfraktionen informiert wird. Gleichwohl möchte ich Ihnen gegenüber noch einmal ein klares Angebot zur Zusammenarbeit in dieser schwierigen Situation machen. Sie haben ein Konzept vorgelegt, das bei den Hochschulen zwei zentrale Kritikpunkte auslöst: Erstens. Die Summe der angekündigten Sparmaßnahmen - 50 Millionen Euro - ist für die Hochschulen zu hoch. Zweitens. Sie kommen zu schnell, nämlich mit dem dicksten Betrag, den 40 Millionen Euro, bereits ab dem kommenden Jahr. Das sind - neben allen Kritikpunkten, die die Qualität betreffen - die beiden zentralen Kritikpunkte.
Sie sagen: Liebe Leute, ich kann nicht anders; denn ich habe kein Geld. - Ich glaube, jeder wird akzeptieren müssen, dass auch der beste Hochschulminister vor dem Finanzminister kapitulieren muss, wenn er keinen müden Cent bzw. keinen Euro findet, um das zu finanzieren, was die Hochschulen erwarten.
Aber, Herr Minister, ich mache Ihnen namens der SPD-Fraktion jetzt das Angebot, dass wir, bevor wir hier im Hause Haushaltsbeschlüsse fassen, Ihnen - sagen wir einmal - mindestens fünf, besser zehn Vorschläge vorlegen werden, durch die mindestens die Hälfte dessen, was Sie kürzen müssen, durch reale Kürzungsvorschläge im Haushalt - nicht durch Mehreinnahmen, nicht durch Luftbuchungen, sondern durch Einsparungen bei Haushaltsansätzen, bei denen wir weniger Geld ausgeben werden - abgedeckt wird.
- Ich weiß nicht, wie Sie das bei den Reden machen, die hier gehalten werden. Ich jedenfalls mache es so, dass ich zuhöre und dann antworte.
(Bernd Althusmann [CDU]: Während Sie im Urlaub waren, haben hier die Ausschusssitzungen stattgefunden, lieber Herr Gabriel!)
Wir haben Ihnen gesagt, dass wir eine Hochschulstrukturkommission einrichten wollen. Das haben Sie abgelehnt. Also können wir da nichts vorlegen. Sie haben da nicht mitgemacht.
(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Aber die Ausschusssit- zungen haben stattgefunden! Wo wa- ren Sie da? Sie waren doch gar nicht da!)
Ich kann mir vorstellen, warum Sie jetzt nervös werden. Es geht um Folgendes: Wir werden hier Vorschläge vorlegen, Herr Stratmann, bei denen wir mindestens die Hälfte dessen, was Sie jetzt vorschlagen, durch andere, reale Streichungen - ich wiederhole: nicht durch Einnahmeerhöhungen und nicht durch Luftbuchungen, auch nicht dadurch, dass wir auf Berlin verweisen, sondern durch reale Kürzungen an anderen Stellen des Haushaltes - erbringen werden, damit Sie zwei Dinge tun können: Erstens die Dramatik Ihrer Kürzungen zurücknehmen. Das ist das, was die Hochschulen am meisten belastet. Zweitens den Hochschulen Zeit geben, das zu tun, was Frau Dr. Andretta hier angeboten hat, nämlich qualitative Veränderungen vorzunehmen.
Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie keine Möglichkeit haben, im Haushalt zu kürzen, dann haben Sie in der Tat einen ganz schweren Job. Dafür kriegen Sie öffentlich Prügel. Aber niemand könnte sagen, Sie hätten Ihren Job nicht vernünftig gemacht. Wenn Sie sich aber dann, wenn wir Ihnen Vorschläge machen und bereit sind, schwierige Kürzungsmaßnahmen an anderer Stelle als Opposition mitzuverantworten, im Kabinett wieder nicht durchsetzen können, dann haben Sie da nichts zu suchen, wenn Sie über Wissenschaft reden. Das ist unser Angebot.
Frau Harms, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie auch noch einmal reden möchten? - Ja. Jetzt hat sich zunächst einmal Herr Minister Stratmann gemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zumindest muss man anerkennen, lieber Kollege Gabriel - das tue ich ausdrücklich -, dass Sie hier - sei es vielleicht auch nur rhetorischer oder taktischer Natur - den Eindruck erwecken, dass Sie zugeben, dass die Probleme in diesem Land so sind, wie sie sind, und dass Sie einen Beitrag dazu leisten wollen, das zu ändern, um mit diesen Problemen irgendwie klarzukommen.
Ich hebe das deshalb so hervor, weil uns an vielen Stellen Folgendes Probleme bereitet: Die meisten Ihrer Kollegen erwecken gegenüber der Öffentlichkeit immer noch den Eindruck, als gäbe es die Probleme in dieser Dimension nicht. Das ist das Entscheidende.
Ich habe eine Vielzahl von Reaktionen aus Ihren Kreisen - E-Mails und was weiß ich -, durch die immer noch der Eindruck erweckt wird, als sei es ein relativ leicht zu bewältigendes Problem, diese 40,6 Millionen Euro draufzusatteln.
- Ich komme gleich zu Buxtehude und Nienburg. Das ist eine Diskussion, die dieses hohe Haus verdient hat. Deshalb werde ich dazu gleich einiges sagen.
Aber ich sage noch einmal: Dass bei Ihnen viele immer noch nicht in der Haushaltsrealität angekommen sind, macht die Situation teilweise außerordentlich schwierig. Das führt eben auch dazu, dass mancher in diesem Land - das werfe ich überhaupt niemandem vor - immer noch sagt: Ihr habt doch immer so getan, als sei kein Geld da. Wenn der Druck nur stark genug wurde, dann war
plötzlich wieder welches vorhanden. - Das war bei Ihnen im letzten Jahr der vergangenen Legislaturperiode fast tagtäglich so. Das hat mit dazu beigetragen, dass wir dieses Problem heute zu bewältigen haben.
Also, lieber Herr Kollege Gabriel: Machen Sie Ihre Vorschläge. Wir sind neugierig darauf, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass uns diese Vorschläge bekannt sind, weil sie ja immer wieder genannt worden sind. Sie wollen z. B. keine zusätzlichen Lehrerstellen in diesem Land. Das wollen wir nicht; das will ich eindeutig sagen.
Wenn das tatsächlich Vorschläge sein sollten, die sozusagen nicht den Kern der Koalitionsvereinbarung und unserer Politik in diesem Land betreffen, dann gehört es sich seriöserweise, dass wir diese Vorschläge aufgreifen, um die Nettokreditaufnahme noch weiter zu reduzieren. Das ist doch das Thema, dem wir uns zu stellen haben.
- Liebe Frau Dr. Andretta, wir unterscheiden uns in einem: Sie sind Abgeordnete und mussten keinen Eid auf die Verfassung leisten. Ich musste dies tun. Das bedeutet, dass die Kolleginnen und Kollegen, die hier oben sitzen, alles dafür tun müssen, dass wir endlich einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen. Sonst verhalten wir uns künftig verfassungswidrig.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heinrich Aller [SPD]: Dann hätten Sie die Lehrer nicht einstellen dürfen!)
Nun noch zu einigen inhaltlichen Fragestellungen. Erstens. Liebe Frau Kollegin Andretta, liebe Frau Kollegin Heinen, ich stelle fest - auch das war vorher schon so -, dass es nach wie vor niemanden gibt, der weiter mit dem Rasenmäher über das Land ziehen will. Bitte widersprechen Sie, wenn ich das falsch aufgenommen habe. Wir sind uns also darin einig, dass wir strukturiert vorgehen müssen. Wenn wir uns darüber einig sind, dann müssen wir uns überlegen, wie man das macht und wie die Kriterien aussehen. Ich habe von Ihnen zwar Punkt für Punkt gehört, dass Sie mit unseren Kriterien nicht einverstanden sind. Aber Sie haben mir nicht ein einziges zusätzliches anderes Kriterium genannt.
Im Übrigen - das gehört auch mit dazu -: Wir sind ja gar nicht so schlau, wie mancher von uns vielleicht tut. Diese Kriterien sind ja nicht auf unserem Mist gewachsen, sondern sind über Jahrzehnte durch den Wissenschaftsrat und andere hochschulpolitische Gremien, die in Deutschland durchaus Einfluss und Kompetenz haben, definiert und dann von uns übernommen worden. Nennen Sie mir bitte ein zusätzliches Kriterium, das unser Hochschuloptimierungskonzept im Wesentlichen verändern würde!