Auch wir sind dafür, dass die Frage der Bildungsfinanzierung offen zu diskutieren ist. Schließlich sind es die Grünen gewesen, die mit dem so genannten BAFF ein Reformmodell zur Studienfinanzierung vorgelegt haben. Auch wir fragen uns z. B., welche Instrumente wir den Kunden der Hochschulen, nämlich den Studierenden, in die Hand geben können, um ihre Lernbedingungen zu verbessern. Wir werden allerdings misstrauisch, wenn das Thema Studiengebühren just dann Konjunktur erfährt, wenn die staatlichen Gelder zurückgefahren werden - zu Recht, wie die jüngsten Erfahrungen mit den Langzeitgebühren zeigen: Außer Spesen für die Hochschulen nichts gewesen.
Daher beruhigt uns auch Ihre formulierte Bedingung wenig, dass Studiengebühren keinen Rückgang der öffentlichen Zuwendungen nach sich ziehen dürften. Die Kürzungen nehmen Sie mit dem HOK ja bereits vorweg. Wenn wir den Hochschulstandort Niedersachsen nicht ins Aus stellen wollen, muss das vermeintliche Optimierungskonzept zurückgenommen werden.
Wer eingesteht, dass das eigene Konzept keine optimalen Ergebnisse erzielt hat, wer Bewertungskriterien aufstellt, die er nach eigener Aussage nicht konsequent angewendet hat, weil vorrangiges Kriterium die Umsetzbarkeit von Stellenstrei
Der angebliche haushaltspolitische Druck, unter dem hier der Kapazitäts- und Qualitätsabbau stattfindet, kann, wie wir in einem Haushaltsantrag darlegen werden, bei einer anderen politischen Schwerpunktsetzung auf andere Bereiche umgelenkt werden.
Herr Minister, auch Sie wissen, dass Ihr HOK mit einem Hochschuloptimierungskonzept wenig zu tun hat und es nichts anderes bedeutet als „Hochschulen ohne Kohle“.
Erlauben Sie mir eine letzte Bemerkung zu Humboldt. Herr Minister, ich befürchte, dass sich Humboldt geweigert hätte, als Kronzeuge für die Sinnhaftigkeit Ihrer Hochschulpolitik herzuhalten.
Denn Humboldt hat Bildung einen Stellenwert beigemessen, den Sie sich nicht trauen, gegen die Kabinettskollegen zu verteidigen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin vor kurzem von einem Journalisten gefragt worden, ob es mir überhaupt noch Freude bereite, Politik zu gestalten. Schließlich bedeute das in Zeiten knapper Kassen vornehmlich das Treffen von unangenehmen Entscheidungen und auch das Verkünden von unangenehmen Botschaften. In der Tat, wenn man sein politisches Selbstverständnis allein daraus schöpft, in einer Feierstunde Umgehungsstraßen, Krankenhäuser oder gar Fachhochschulstandorte zu eröffnen, dann ist diese Frage mehr als berechtigt. Solche Politiker werden in Zeiten knapper Kassen mit Sicherheit nicht glücklich werden. Aber die gute Nachricht ist, dass die neue Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen ein völlig anderes
Politikverständnis haben. Wir wollen nämlich tatsächlich längst verkrustete Strukturen aufbrechen, Veränderungen anstoßen, um so den Menschen wieder eine Chance zu geben; das gilt für alle Bildungsbereiche, natürlich auch für den Hochschulbereich.
Ich kann sogar den Unmut nachvollziehen, der sich in der Öffentlichkeit an der einen oder anderen Stelle breit macht, weil man die Zahlen nicht ganz genau kennt. Aber ich sage Ihnen auch für meine Fraktion: Die notwendigen Einsparungen sind nicht nur eine unangenehme Botschaft, sondern sind gleichzeitig eine Chance für Veränderungen, weil nur diese Einsparzwänge überhaupt Ideen freisetzen, Potenziale schaffen, um Veränderungen in Gang zu setzen. Denn es ist nur typisch und menschlich, dass man meist unangenehme Nachrichten und damit auch unangenehme Entscheidungen scheut, weil man Angst vor deren Konsequenzen hat, obwohl man eigentlich weiß, was zu tun richtig wäre. Ein bisschen ist das mit einem Zahnarztbesuch vergleichbar: Man hat Zahnschmerzen, geht aber nicht zum Zahnarzt und lässt bohren, weil man Angst vor den Schmerzen hat. Stattdessen wartet man viel zu lange ab. Durch Abwarten wird es leider nicht viel besser, sondern eher viel schlimmer, also geht man, wenn irgendwann der Schmerz groß genug ist, doch zum Zahnarzt. Aber das Leiden ist dann noch viel größer, als wenn man es zu Anfang getan hätte.
Genauso ist es auch bei den Universitäten und bei unseren Fachhochschulen. Viel zu lange haben wir so weiter gemacht wie bisher. Viel zu lange haben wir nicht auf die sich geänderte Generationsstruktur innerhalb unserer Professorenschaft reagiert. Viel zu lange hat man ständig das Angebot an Studiengängen ausgeweitet, ohne sich tatsächlich am Bedarf zu orientieren. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ständig hat man internationale Abschlüsse gefordert, aber fast kaum oder überhaupt nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen und die wenigen Möglichkeiten nicht genutzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das zeigt, dass das Bildungssystem in Niedersachsen im Bereich der Hochschule nach 13 Jahren roter und rot-grüner Landesregierung am Ende ist. Sie
stehen immer hinter den großen Landesverbänden, die mehr Geld haben und mehr Geld investieren, aber Sie haben in den letzten 13 Jahren nicht einen Deut gemacht, um unser Hochschulsystem endlich nach vorne zu bringen.
- Genau weil es das beste Hochschulsystem war, sind wir bei allen wesentlichen wirtschaftlichen Evaluationen so schlecht. Ich frage mich, wie Sie das vor den jungen Menschen begründen wollen, die mit denen aus Bayern, Baden-Württemberg oder Hessen konkurrieren müssen. Das können Sie den Menschen nämlich nicht erklären. Das ist meiner Meinung nach eine Schande. Das muss man an dieser Stelle im Namen der jungen Generation sagen dürfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt keine Alternative zu dem notwendigen Zahnarztbesuch, zu den schmerzhaften Einschnitten, auch wenn wir uns das gerne anders wünschen würden. Deswegen stehen wir sehr stark hinter diesem Hochschuloptimierungskonzept.
Natürlich kann ich verstehen, dass sich die Opposition auf diese 40,6 Millionen Euro Einsparungen konzentriert. Aber ich meine, es wäre nur ehrlich und seriös, wenn Sie auch die Gesamtrelation darstellen würden. Auf den gesamten Wissenschaftsetat - das wissen Sie nur allzu gut - sind das gerade einmal 1,76 %.
In allen anderen Bereichen des Haushaltsgesetzes - das wissen Sie sehr genau - müssen wir weit mehr als diese 1,76 % sparen.
Wer an dieser Stelle seine Genossen auf Bundesebene auffordert, der Agenda 2010 zuzustimmen und damit gleichzeitig in Kauf nimmt, dass man übrigens bei den sozial Schwachen nicht nur 2 %, sondern womöglich 10, 20 oder 30 % kürzt, in Be
zug auf Niedersachsen jedoch sagt, diese 2 % könnten den Jungen, den Starken, den Studenten nicht zugemutet werden, verhält sich hochgradig unseriös.
Deswegen sind wir sehr froh, dass es dieses Hochschuloptimierungskonzept gibt. Wir sagen Ihnen auch, dass es nach rein wissenschaftlichen Kriterien - Evaluationsberichte, Studentenzahlen und Bewerberprognosen - aufgestellt ist.
Sie sehen das immer anders. Jeder sieht das für seinen Teil anders. Auch Sie haben vor den Universitäten und Fachhochschulen vor Ort versucht, dort das zu verteidigen, was sich für Sie als Wahlkreisabgeordnete zu verteidigen lohnt. Sie haben das Konzept vom Wissenschaftsminister vorgelegt, worin die Argumente eindeutig mit den Zahlen sehr offen und sehr deutlich nachzulesen sind. Diese wissenschaftliche Argumente haben Sie nicht entkräftet. Sie haben Punkte vorgelesen, die wir umsetzen, aber die Begründung haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht in einem Deut verstanden. Wir sind sehr froh darüber, dass es ein Konzept ist, das nach rein wissenschaftlichen Kriterien aufgestellt worden ist. Wir waren auch vor Ort in Buxtehude und Nienburg und haben dort mit den Betroffenen geredet und genau diese Argumente ausgetauscht.
- Frau Harms, die hätten auf jeden Fall Protestaktionen gemacht. Ich kann das verstehen. Wir gehen zu den Menschen. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Zu mutigen Entscheidungen, zu einer neuen Politik gehört eben auch, dass man verantwortungsvoll mit deren Konsequenzen umgeht. Auch wenn wir wissen, dass Wissenschaftspolitik keine Strukturpolitik sein kann, haben wir als Fraktionen eine Gesamtverantwortung. Wir werden mit Sicherheit die Sorgen, Ängste und Nöte aller Betroffenen ernst nehmen und gemeinsam vor Ort noch einmal alle Argumente und Gegenargumente austauschen, um so für ein faires und transparentes Verfahren zu sorgen. Nur, weil das in Ihrer Partei nicht möglich ist, weil es da nur „Basta!“ und „Chefsache“ gibt, müssen Sie uns zugestehen, dass wir uns die Freiheit herausnehmen, mit den Betroffenen zu diskutieren und auch seriös mit ihnen zu sprechen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Rebecca Harms [GRÜNE]: Die Frei- heit? Sie sind dazu verpflichtet, Herr Rösler!)
Zu einer konsequenten Entscheidung, zu dem verantwortungsvollen Umgang mit den Konsequenzen gehört eben auch, dass man den Menschen ein Mindestmaß an Verlässlichkeit und Planbarkeit mit auf den Weg gibt. Auch das ist dem Hochschuloptimierungskonzept zu entnehmen.
Wir haben gesagt, wir werden jetzt Einsparmaßnahmen durchführen, um Veränderungsprozesse in Gang zu setzen. Aber im Gegenzug dafür werden wir den Betroffenen eine gewisse Verlässlichkeit geben,
dass sie in den nächsten zwei oder drei Jahren die Zeit haben, diese neue Struktur umzusetzen, um an dieser Stelle leistungsfähig zu werden und nicht Angst haben zu müssen, dass wir in zwei oder drei Jahren wiederkommen und sagen „Überraschung!“ und bei den Kürzungen draufsatteln. Das werden wir im Gegenzug den Universitäten zur Umstrukturierung zur Verfügung stellen.
Wir fordern im Interesse der jungen Generation wesentlich mehr europaweite anerkannte Abschlüsse. Der Weg, Diplom und Magister abzuschaffen und BA und MA auch flächendeckend in Niedersachsen einzuführen, ist völlig richtig, ebenso die Konzentration auf einige wenige wissenschaftliche Exzellenzen - Frau Harms, Sie können sich doch freuen; in Ihrer Gegend, Suderburg, wurde Wasserwirtschaft auch als eines der Beispiele genannt. Das ist genau das Ziel. Wir wollen das Angebot nicht spreizen, sondern wir wollen die Qualität an unseren Hochschulen in unserem Wissenschaftssystem weiter steigern und nicht weiter so verkommen lassen, wie Sie das getan haben.
Ihre Geisteshaltung zeigt sich doch in der Kommentierung nach der Fraktionsklausur von der Fraktion der Grünen. Es war eindeutig zu lesen, wo Ihre Perspektive ist und wo Ihre Ziele im Bereich des Hochschulsystems angesetzt sind. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, dass Sie gesagt haben: Zweitklassig ist erstklassig!
Wir wollen für alle jungen Menschen in Niedersachsen ein erstklassiges Hochschulsystem haben. Es ist kein ungeschriebenes Gesetz, dass wir immer bei den wichtigen Hochschulfragen hinter Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder Rheinland-Pfalz stehen. Wir können auch alles, sogar hochdeutsch. Das wird dieses Hochschulsystem zeigen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.