Protocol of the Session on October 29, 2003

Meine Damen und Herren, das Verhalten von Herrn Gabriel wurde in aller Öffentlichkeit dargestellt. Der Steuerzahlerbund hat daraus seine Rückschlüsse gezogen, und wir werden in diesem Fall mal wieder unsere Rückschlüsse in Bezug auf die Glaubwürdigkeit ziehen.

(Heinrich Aller [SPD]: Was bekommen Sie eigentlich als Parlamentarischer Geschäftsführer zusätzlich?)

Ich komme zu den beiden Gesetzentwürfen unter Tagesordnungspunkt 7. Sie nutzen die den Bun

desländern vom Bundesgesetzgeber eingeräumte Öffnungsklausel aus.

Mit dem ersten Gesetzentwurf wird für die Besoldungsgruppen B 9 und B 10 die Besoldungserhöhung für die Jahre 2003 und 2004 bis zum 1. Januar 2005 hinausgeschoben. Das heißt, es wird keine geben.

Der zweite Gesetzentwurf regelt das, was in Niedersachsen zwar irgendwo alle 180 000 Stellen mit den 210 000 Menschen, die in etwa dahinter stehen, betrifft, in erster Linie aber zunächst einmal nur die Landesbeamten, nämlich die Kürzung des Weihnachtsgeldes und die komplette Abschaffung des Urlaubsgeldes. Ich will für die CDU-Fraktion deutlich erklären, dass es uns wahrlich keinen Spaß macht, den Beamten des Landes Niedersachsen diese Maßnahmen zuzumuten. Sie sind allerdings der Haushaltslage des Landes Niedersachsen geschuldet; ich brauche das nicht zu wiederholen. Es ist ein schmerzhafter Einschnitt - gerade für die unteren Besoldungsgruppen -, der dennoch nach wie vor die Loyalität aller Landesbeamten einfordert. Es bereitet uns, wie gesagt, keine Freude, diese Maßnahme vorzunehmen, aber wir müssen es angesichts der Haushaltslage gleichwohl tun.

Es gibt auch keine anderen Bereiche, in denen wir in dem Maße einsparen können. 45 % der Ausgaben des Landes sind Personalausgaben. Die Versorgungsausgaben steigen auf bald 50 % bzw. 5 Milliarden Euro. Da wir die Bereiche Polizei und Schule von Stelleneinsparungen ausnehmen wollen, stehen uns überhaupt nur 17 % aller Stellen für Personaleinsparungen zur Verfügung. Deshalb müssen wir diejenigen, die in einem Treueverhältnis zu ihrem Arbeitgeber stehen, zu diesen Maßnahmen heranziehen. Aber wir sind nun wahrlich nicht die Verursacher der Verschuldung des Landes Niedersachsen. Das sind andere.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der Landesrechnungshof geht in seinen Äußerungen zum Haushaltsjahr 2004 und zu der Frage, wo bei den Personalausgaben noch gespart werden kann, noch viel weiter als wir. Der Landesrechnungshof hat deutlich gesagt, dass wir rein rechnerisch einen Handlungsbedarf von 1,1 Milliarden Euro befriedigen müssten. Er sagt - jetzt kommt es -, daraus müsste der Landesgesetzgeber eigentlich folgern, 25 000 Stellen sofort zu streichen. Sie wissen, dass das

nicht machbar ist, dass wir dies nicht sofort umsetzen können und dass das auch nicht auf andere Weise erwirtschaftet werden kann. Die Alternative, sagt der Landesrechnungshof, wäre eine sofortige Kürzung aller Gehälter und auch der Pensionen um 11 %. Sie wissen, wie schwierig eine solche Maßnahme tatsächlich umzusetzen wäre.

Ich will aber auch deutlich machen, dass wir jetzt auch an den Tarifvertrag der Angestellten im öffentlichen Dienst herangehen müssen. Ich bin sehr froh und sehr dankbar, dass unser Finanzminister die Pflöcke schon deutlich in diese Richtung eingeschlagen hat. Wenn wir diese Ergebnisse auch auf den Angestelltenbereich in Niedersachsen übertragen, können wir zusätzlich eine Summe von etwa 110 Millionen Euro erwirtschaften.

Meine Damen und Herren, zu der Frage der Sonderzuwendung bzw. des Weihnachtsgeldes existieren sehr unterschiedliche Modelle. Ich glaube, es sind inzwischen 16. In den Bundesländern gibt es dazu kein einheitliches Bild. Das Weihnachtsgeld wird in den Ländern unterschiedlich gekürzt bzw. auf unterschiedliche Stufen heruntergefahren: auf 50 %, 40 %, 70 % oder 75 %. Sie wissen, dass es Festbeträge oder auch die Staffelung nach Besoldungsgruppen gibt, wie sie hier auch die SPDFraktion in ihrem Antrag fordert.

Wir sind der festen Überzeugung, dass das, was wir Ihnen hier vorgelegt haben, für die Verwaltung das einfachste Rechenmodell ist. Wir können dieses Gesetz wegen seiner relativ einfachen Prozentsätze mit einem geringen Verwaltungs- und Kostenaufwand umsetzen.

Außerdem haben wir eine soziale Komponente eingeführt. Wir wollen ganz bewusst den Einkommensgruppen von A 2 bis A 8 mit zusätzlich 120 Euro pro Jahr einen Ausgleich geben, zuzüglich zu der Familienkomponente von jährlich 25,56 Euro je Kind.

Der Vorschlag der Zwölftelung dieses Weihnachtsgeldes ist letztlich in etwas modifizierter Form auch vom Deutschen Beamtenbund gekommen. Dabei handelt es sich auch um eine Annäherung an gewerkschaftliche Forderungen.

Ich stelle nur fest: Alle Vorschläge lagen auf dem Tisch. Alle Vorschläge sind sehr intensiv im Haushaltsausschuss beraten worden. Wir haben uns auch mit Pauschalzahlungen auseinander gesetzt. Wir haben uns auch mit Ihrem Modell, Herr Möhrmann, auseinander gesetzt. Dazu stellen wir fest:

Das Modell, das Sie uns heute auch mit Ihrem Änderungsantrag vorgestellt haben, ist erstens teurer als das Modell, das wir favorisieren, und zweitens wird es aller Voraussicht nach das Lohnabstandsgebot nicht wahren können, sondern es wird am Ende zu Ungleichheiten kommen und es wird wahrscheinlich auch rechtlich nicht haltbar sein.

Noch etwas zu dem Thema Sonderzuwendungen und Weihnachtsgeld. Dazu ein einziger Vergleich mit unserem wirtschaftlichen Umfeld: In der freien Wirtschaft hatten wir im letzten Jahr etwa 40 000 Insolvenzen von Unternehmen zu verzeichnen. In all den Unternehmen, die kurz vor der Insolvenz standen oder in die Insolvenz gegangen sind, ist das Thema Weihnachtsgeld oftmals überhaupt kein Thema. Dort sind die Menschen relativ früh und rechtzeitig bereit, darauf zu verzichten.

Letzter Punkt: Neuregelung der Altersteilzeit. Das ist ein sehr umstrittenes Thema. Heute Morgen haben wir es ausführlich besprochen. Die alte SPD-Regierung hat hierzu ein Modell eingeführt, das das Land 55 Millionen Euro gekostet hätte. Es ist ein Privileg für den öffentlichen Dienst. Dieses Privileg wird jetzt zurückgenommen. Das ist angesichts der Haushaltslage des Landes Niedersachsen auch vertretbar; denn 83 % Bezahlung für 50 % Leistung kann sich ein Arbeitgeber in diesem Land für die nächsten Jahre nun wahrlich nicht weiter leisten. Auch dass wir die Teildienstfähigkeit entsprechend verschärfen, dass wir auch diejenigen, die sich bereits im Ruhestand befinden, zum Teil wieder zurückholen können, ist der Haushaltslage in Niedersachsen geschuldet.

Uns bleiben keine anderen Möglichkeiten, als diesen Weg konsequent in enger Anlehnung auch an die Vorschläge in den anderen Bundesländern zu beschreiten. Ich habe von Ihnen keinen einzigen Vorschlag im Ausschuss gehört, der eine wirklich durchgerechnete Alternative sein könnte. Ich glaube, wir sind hier auf dem richtigen Weg. Es wäre besser, Sie würden sich diesem Weg anschließen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat nunmehr Frau Kollegin Peters.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Die letzten Wochen waren geprägt von Finanzfra

gen. Seien es die Hochschulen und die Theater, die schmerzhafte Einschnitte hinnehmen müssen, sei es der Sozialbereich oder seien es wie jetzt die Beamten - jedem ist mittlerweile klar, dass es diese Regierung mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung ernst meint. So schmerzhaft es für die Betroffenen auch ist, so merken sie doch, dass sie nicht alleine betroffen sind. Alle Gruppen, die vom Land Geld erhalten, werden in die Sparmaßnahmen mit einbezogen. Sicherlich ist es für den Einzelnen dadurch nicht einfacher, aber er spürt, dass hier keine Willkür herrscht. Dadurch erreichen wir in der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz für unsere Maßnahmen, die uns fast selber überrascht. Das macht uns deutlich, dass auch die Beamten wissen, dass wir am Rande des Abgrundes keinen Schritt weiter in die falsche Richtung gehen dürfen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wichtig in diesem Gesetzgebungsverfahren ist auch, dass der Änderungsantrag der Grünen Aufnahme gefunden hat. Dadurch wird verhindert, dass ehemalige Mitglieder der Landesregierung durch das Zusammentreffen der Ministerversorgung mit aktiven Bezügen ein höheres Entgelt bekommen als vorher die Minister. Solche Dinge sind der Bevölkerung absolut nicht zu vermitteln.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Insbesondere gegenüber der Beamtenschaft haben wir als Land eine besondere Verantwortung. Schließlich sehen wir sie einer Doppelbelastung ausgesetzt: Zum einen wird von ihnen ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und Mitarbeit im Zuge der Verwaltungsreform und der Auflösung der Bezirksregierungen gefordert, zum anderen können wir auch bei ihnen nicht auf die Kürzung der Bezüge verzichten.

Uns ist natürlich bewusst, dass die Beamten bereits in den letzten Jahren Sparbeiträge geleistet haben, doch angesichts der katastrophalen Haushaltslage sind weitere Kürzungen unumgänglich. Die Personalkosten belegen einen immer größeren Anteil an den Gesamtausgaben des Landes. Es ist dringend erforderlich, sie in den Griff zu bekommen, um zu verhindern, dass wir schon sehr kurzfristig in die Handlungsunfähigkeit gedrängt werden.

Für die Regierungskoalition und die Landesregierung hatte es in den Beratungen eine hohe Priorität, die Kürzungen möglichst sozialverträglich zu gestalten. So erhalten die unteren Besoldungs

gruppen A 2 bis A 8 eine Sonderzahlung von 120 Euro im Jahr, die jeweils im Juli zur Auszahlung kommt, sowie alle Beamten für jedes Kind einen Familienzuschlag in Höhe von 25,56 Euro. Diese Summe hat uns als FDP eigentlich nicht genügt, ist aber leider durch Bundesrecht begrenzt, sodass uns hier die Hände gebunden sind. Die bisherige jährliche Sonderzahlung wird nunmehr monatlich mit den Bezügen ausgezahlt. Ich gebe zu, ich hätte diese Zahlungen lieber als eine Einmalzahlung gesehen. Aber auch der Deutsche Beamtenbund hat ein Modell mit laufenden Zahlungen vorgeschlagen, sodass ich mich hier dem Wunsch der Beteiligten beuge.

Mit dem Gesetzentwurf werden wir auch die Möglichkeit der Altersteilzeit einschränken, die aufgrund der finanziellen Lage des Landes in der bisherigen Form nicht finanzierbar ist. Nur da, wo eine Stelle wegfällt, ist sie wirklich finanzpolitisch verantwortbar. Für die Lehrerschaft ist eine abweichende Regelung enthalten, die der besonderen Belastung dieses Personenkreises Rechnung tragen soll.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bin mir bewusst, dass die Änderungen nicht auf das Wohlwollen der Betroffenen stoßen können. Ich habe diese Unmutsäußerungen bereits heftig erfahren müssen. Ich habe allerdings auch erlebt, dass die vorbereiteten roten Karten, die der Politik gezeigt werden sollten, zerrissen wurden, nachdem mit den Betroffenen klar und ehrlich diskutiert wurde. Ohne politische Schönfärberei!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auch das zeichnet diese Regierung aus, dass sie sich durch Unmutsäußerungen nicht davon abbringen lässt, den für Niedersachsen richtigen Weg zu beschreiten, dass sie nicht einknickt, wenn der Wind von vorne kommt, dass richtige Entscheidungen sicher und kraftvoll vertreten werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Möhrmann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst kurz auf die Rede von Herrn Althusmann eingehen.

Herr Althusmann, ich finde es bedauerlich, dass Ihnen keine Polemik zu schade ist, um irgendeine Aussage in unsere Richtung zu machen. Ich weise darauf hin, dass wir den Gesetzentwurf, über den wir heute abstimmen wollen, mittragen.

Ich weise die von Ihnen aufgestellte Behauptung auf das Schärfste zurück, dass die Mittel, die Herr Gabriel nicht von der Fraktion bekommt, in die SPD-Parteikasse gehen. Das mag bei Ihnen so gewesen sein; das kann ich nicht übersehen. Jedenfalls bei der SPD-Fraktion ist das nicht die Parteikasse.

(Zustimmung bei der SPD - David McAllister [CDU]: „Fraktionskasse“ hat er gesagt!)

- Er hat „Parteikasse“ gesagt.

(David McAllister [CDU]: Er hat „Frak- tionskasse“ gesagt!)

- Wir können es im Protokoll nachlesen.

Meine Damen und Herren, so geht man nicht miteinander um. Ich kann mich noch daran erinnern, wie Herr Kollege Wulff und sein damaliger Parlamentarischer Geschäftsführer Herr Schünemann bei mir waren und darum gebeten haben, dass der Oppositionszuschlag angehoben wird. Wir haben diesem Wunsch nachgegeben, weil wir gesehen haben, dass Oppositionsarbeit auch Kosten verursacht. Es ist eine Entscheidung der Fraktion, wofür sie dieses Geld ausgibt. Wenn das zukünftig anders sein soll, dann müssen Sie das so deutlich sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Sollen wir das wirklich ma- chen?)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nun zu den Gesetzentwürfen kommen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?)

Es ist schon erstaunlich, dass die Koalition nicht bereit war, eine Anhörung durchzuführen. Ich möchte Ihnen auch sagen, weshalb ich das erstaunlich finde. In diesem Parlament gibt es vier Fraktionen: zwei Fraktionen in der Regierung, die etwas durchsetzen wollen, und zwei weitere Fraktionen. Alle Fraktionen dieses Hauses haben erklärt, dass sie bereit sind mitzutragen, dass der öffentliche Dienst diese Einsparungen erbringen

muss. Sie sind mit keinem Wort, mit keinem Hinweis, mit keinem Kompromissvorschlag den beiden anderen Fraktionen entgegengekommen, um überhaupt eine Gesprächsbasis für ein mögliches gemeinsames Vorgehen zu schaffen. Das finde ich nicht in Ordnung, und das zeigt mir, dass Sie meinen, Sie könnten sich mit Ihrer Mehrheit alles leisten. Ich sage Ihnen, das werden Sie in Zukunft nicht mehr können, weil es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, wie Sie mit Ihrer Mehrheit hier im Parlament umgehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)