Zu Ihrer gesetzgeberischen Aktivität: Richtig ist, dass auch andere Bundesländer Gesetze zur nachträglichen Sicherungsverwahrung haben.
Die anderen Bundesländer haben diese Gesetze aber verabschiedet, bevor der Bund gesetzgeberisch aktiv geworden ist. Das ist immerhin im August 2002 gewesen. Seit diesem Datum haben wir nämlich die Bundeslösung für Gewalttäter. Ein Strafurteil beinhaltet entweder Freiheitsstrafe, Freiheitsstrafe plus anschließender Sicherungsverwahrung oder Freiheitsstrafe mit einer Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt, d. h. zum Ende der Haftverbüßung wird die Gefährlichkeit noch einmal überprüft. Das ist existierendes Bundesrecht. Diese Gesetze werden auch angewandt. Ein niedersächsisches Gesetz kann daher nur noch wenige so genannte Altfälle betreffen. Hier wollen Sie die Spreu vom Weizen trennen, indem Sie die Altfälle heraustrennen und Richtung nachträgliche Sicherungsverwahrung abschieben. Ihr Beurteilungskriterium ist: Wer sich im Knast nicht anständig benommen hat, wird via Sicherungsverwahrung abgeschoben. - Das geht an der Wirklichkeit vorbei.
Zur augenblicklichen Realität: Erst haben wir im Rechts- bzw. Unterausschuss gehört, dass in Niedersachsen angeblich 20 Anwendungsfälle vorhanden seien.
Dann waren es sechs bis zum Entlassungstermin 2012. Für den November verbleibt ein unüberprüfter Täter, der eine achtjährige Freiheitsstrafe wegen versuchten Totschlages und Brandstiftung abgesessen hat - also kein Sexualstraftäter. Für diesen Mann werden Sie mit einem verfassungswidrigen Gesetz eben nicht die Weichen für ein zukünftig sicheres Niedersachsen stellen können. Da aber auch für die SPD-Fraktion jede Tat eine Tat zu viel ist, schlagen wir Ihnen vor, es einmal mit Alternativlösungen zu versuchen. Wir helfen Ihnen gerne dabei. Greifen Sie doch einmal das Thema elektronische Fußfesseln auf! Für Schulschwänzer sind sie wahrlich ein untaugliches Mit
tel. Für die Anwendung bei Gewalttätern hätten Sie unsere volle Unterstützung. Das wäre in der Tat ein Stück Wirklichkeit. - Danke schön.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit sind wir am Ende der Aussprache.
§ 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer der Änderungsempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.
§ 3. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer der Änderungsempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen?
- Der Präsident sieht das. - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.
§ 4. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer der Änderungsempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.
§ 5. - Wer der Ausschussempfehlung zu § 5 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.
§ 8. - Wer der Änderungsempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer ist dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit. Somit ist dem Gesetz zugestimmt worden.
Meine Damen und Herren, bevor ich nun die Tagesordnungspunkte 9 und 10 aufrufe, gibt es noch eine Mitteilung an das hohe Haus. Die Fraktionen sind übereingekommen, dass der heutige Tag dieses Tagungsabschnitts um 19.30 Uhr endet und die Tagesordnung morgen fortgesetzt wird.
Tagesordnungspunkt 9: Zweite Beratung: Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenführen - Zuständigkeit der Kommunen gesetzlich absichern - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/242 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/439
Tagesordnungspunkt 10: Zweite Beratung: Zusammenlegung Arbeitslosenhilfe - Sozialhilfe - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/381 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/465
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses zu der Drucksache 439 lautet auf Annahme, die Beschlussempfehlung zu der Drucksache 465 lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.
Wir kommen zur Beratung. Gemeldet hat sich Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zusammenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe, über die grundsätzlich Konsens besteht, gehört zu den grundlegendsten Sozialreformen der rot-grünen Bundesregierung. Diese Zusammenlegung beendet einen jahrzehntelangen und in den letzten Jahren immer heftiger beklagten Zustand, nämlich den, dass in Deutschland zwei unterschiedliche Fürsorgesysteme für Erwerbslose nebeneinander bestehen. Diese Systeme haben dazu geführt, dass es Erwerbslose erster und zweiter Klasse gab, nämlich mit und ohne Zugang zu den Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik. Mit der Zusammenführung dieser Systeme können künftig gezielt alle Erwerbslosen mit einheitlichen Instrumenten betreut werden.
Aus grüner Sicht sind dabei folgende Punkte von entscheidender Bedeutung: In Zukunft wird jeder, der länger als drei Stunden nach den Bestimmungen des Rentenrechtes erwerbsfähig ist, von der Bundesagentur für Arbeit betreut und die Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik erhalten.
Es wird übrigens in diesem Bereich keine Verordnungsermächtigung geben. Die Leistungen werden pauschaliert, Hinzuverdienstmöglichkeiten werden verbessert, das Altersvermögen wird vor Anrechnung geschützt sein, und eine umfassende Unterhaltspflicht von Eltern und Kindern - außer bei Minderjährigen - wird es nicht geben, und das ist auch gut so.
Meine Damen und Herren, in der letzten Debatte zu diesem Thema hat sich die CDU dazu verstiegen, uns an dieser Stelle vorzuwerfen, damit würden wir die Familiensolidarität aufkündigen.
Meine Damen und Herren, dann erklären Sie mir doch einmal bitte, wie Ihre beständigen Sonntagsreden, es müsse eine Familienpolitik betrieben
werden, die Menschen dazu anrege, mehr Kinder zu bekommen, zu Ihrer Forderung nach gegenseitigem Unterhalt im Falle von Arbeitslosigkeit passt. Wollen Sie denn wirklich, dass der 55-Jährige für sein 35-jähriges arbeitslos gewordenes Kind einstehen muss und umgekehrt? Dann allerdings lautet das Urteil für Kinder und Eltern: lebenslänglich! Soll das Menschen etwa Mut zum Leben mit Kindern machen? Das kann man sich doch wohl wirklich nicht vorstellen.
(David McAllister [CDU]: Sie kürzen bei der Rente! Sie sollten einmal den Ball flach halten! Denjenigen, die das Land aufgebaut haben, nehmen Sie das Geld weg! - Gegenruf von Rebec- ca Harms [GRÜNE]: Sie haben nichts aufgebaut!)
- Seien Sie doch einmal einen Moment still! Sie können ja gleich selbst reden. - Nachdem in den vergangenen Monaten mit verschiedenen Konzeptionen und Denkweisen scheinbar unversöhnliche Fronten insbesondere in der Frage der Job-Center aufgebaut worden sind, ist jetzt die Stunde gekommen, zu der man zu vernünftigen Kompromissen wird kommen müssen. Die Bundesregierung hat in weiser Voraussicht im Gesetzentwurf genügend Spielraum gelassen, damit man aufeinander zugehen kann. Die Grünen haben von Anfang an gesagt, dass wir uns eine Lösung z. B. im Sinne der Gründung von gemeinnützigen GmbHs vorstellen können. Es wird aber keine Änderung des Artikel 104 des Grundgesetzes geben, um eine Lösung, so wie sie sich der Landkreistag vorstellt, durchzudrücken. Diese Illusion können Sie sich schenken. Ebenfalls wird es unrealistisch sein, den Erwerbslosen Dumpinglöhne anzubieten und einen Niedriglohnsektor zu befördern, von dem niemand leben kann, so wie Sie es sich vorstellen. Wenn Herr Hirche meint, Tariflöhne seien für den Betroffenen nicht das Wichtigste, das Entscheidende sei, dass er von seiner Arbeit leben könne,
dann sagen Sie mir einmal, wie und auf welchem Niveau man davon leben können soll, wenn Arbeitslose jede Arbeit zu jedem Preis annehmen sollen. Haben Sie sich eigentlich überlegt, dass
Sie damit den regulären Handwerksbetrieben das Wasser abgraben? Oder gehen Sie davon aus, dass die Betriebe alle regulären Beschäftigungsverhältnisse auflösen und die Menschen anschließend zu Niedrigstlöhnen wieder einstellen, die dann womöglich nach dem Koch‘schen Modell staatlich aufgefüttert werden?