Protocol of the Session on July 12, 2007

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Schauen Sie sich doch einmal die Statistiken an!)

Wir haben in den vergangenen Jahren nicht ohne Grund einiges für die Hauptschulen getan. Ich erinnere an das Hauptschulprofilierungsprogramm. Lesen Sie in den Haushaltsplänen - denen Sie nicht zugestimmt haben - nach, was alles für die Hauptschulen getan worden ist. Mindestens 60 % unserer Hauptschülerinnen und Hauptschüler - diese Angabe trifft auch auf die Zahl der Standorte zu - besuchen Ganztagsschulen. Die Investitionsmittel des Bundes haben wir bewusst - das war auch der Wille dieses Hauses - in diesen Bereich gesteuert.

(Zuruf von Walter Meinhold [SPD])

Wir haben an den Hauptschulen die Klassenstärken verringert, was wir in anderen Bereichen - dafür erfahre ich nicht unbedingt Lob - aus bestimmten Gründen nicht getan haben. Wir haben jetzt flächendeckend an allen Hauptschulen Sozialarbeiter. Schauen Sie einmal in andere Bundesländer. In Berlin war Sozialarbeit an Hauptschulen bis zu den Vorfällen an der Rütli-Schule noch ein Fremdwort: Sozialarbeit an Hauptschulen, das gibt es bei euch? - Bei uns gibt es das jetzt flächendeckend. Wir geben das Geld, und vor Ort wird eingestellt und gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Nebenbei bemerkt: Wir haben an den Hauptschulen außerordentliche Ruhe. Dann und wann werden künstlich Dinge hochgezogen. Aber das ist nicht die Realität.

Eines wird ein Renner. Dabei beziehe ich mich auch auf Aussagen von Handwerkskammerpräsidenten. Sie bezeichnen das Konzept der Berufsorientierung an den Hauptschulen als hoch interessant. Die Schülerinnen und Schüler im achten und neunten Jahrgang gehen in die Betriebe, und dann wird gemeinsam geguckt, ob das wohl jeweils der richtige Beruf für sie ist. Die Kammern sprechen jetzt schon von einem hohen Klebeeffekt. Die Agenturen für Arbeit sagen, die Zahl der Hauptschüler, die bei ihnen anklopfen, sei geringer geworden, und zwar nicht nur wegen der demografischen Entwicklung - die demografische Veränderung ist bei diesen Jahrgängen noch gar nicht spürbar -, sondern viele hätten sich bereits mit einem Betrieb zusammengetan. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie und wir gemeinsam dieses Angebot den Eltern erklären würden, würde manch einer sicherlich nachdenklich.

An den IGSen gibt es aus den diskutierten Gründen eine große Anzahl von Kindern mit Hauptschulempfehlung. Einen Malus haben die IGSen in diesem Zusammenhang: Das Paket, das ich gerade beschrieben habe, und insbesondere die Berufsorientierung wird dort nicht entsprechend vermittelt. Das ist eigentlich schade.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Kollegin Polat!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Busemann, Sie sprechen von der Hauptschule, von Optimierung und von vielen Konzepten, die Sie eingeführt haben. Gleichwohl müssen wir feststellen, dass die Anmeldezahlen bei den Hauptschulen zurückgehen. Diesem Problem müssen Sie sich stellen. Sie können sich dem nicht verweigern.

Fakt ist auch, dass die Gesamtschulen einen Erfolgstrend erfahren. Wer volkswirtschaftlich denkt, der weiß: Wenn es eine Nachfrage gibt, muss auch ein entsprechendes Angebot geschaffen werden. Das dürfen Sie nicht reglementieren.

Deswegen frage ich Sie zum Stichwort Erfolg: Kann die Landesregierung bestätigen, dass Schulen wie die Glocksee-Schule in Hannover oder viele Schulen in Finnland gerade deshalb erfolgreich sind, weil es sich um kleine Schulen handelt?

(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Vierzügige Schulen sind keine kleinen Schulen!)

Vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Präsident! Frau Kollegin, er kann es nicht bestätigen.

(Zurufe von der SPD)

- Er kann es nicht bestätigen, nein. - PISA ist nicht daraufhin abklopfbar und beleihungsfähig, welche Schulstruktur zu präferieren ist. Die Presseerklärungen aller Professoren, die mit PISA zu tun hatten, und auch die Konsensbeschlüsse der Kultusministerkonferenz geben das nicht her. Da geht keiner hin und sagt: Weil PISA das und das Ergebnis gebracht hat, sind die integrativen Systeme überall, auch in Deutschland, zu präferieren. - Es geht auch keiner hin und sagt: Die gegliederten Systeme sind zu präferieren.

(Zuruf von der SPD: Doch! Sie tun das!)

Denn im Rahmen von PISA hat man sich mit der Schulstruktur nicht befasst. Das müssen Sie Herrn Schleicher auch einmal sagen. Er ist ja in der Zwischenzeit etwas ruhiger geworden, aber das geht ja immer noch durch das Land. PISA sagt nichts zu den Schulstrukturen aus!

Zu den Schulformen. Wir haben mit Blick auf das gesamte Land ein Interesse daran, dass ein qualitativ hochwertiges Schulangebot vorhanden ist. In Gottes Namen: An ihren 59 Standorten haben die Gesamtschulen ihre Rolle. Aber in Bezug auf die Frage der Qualität bitte ich zu überlegen, ob nur der Beliebtheitsfaktor das ausmacht, was als Qualität hingestellt wird.

(Widerspruch bei der SPD)

- Das alles gefällt Ihnen nicht. Aber das müssen Sie in den Gesamtkontext mit einbeziehen, und das können Sie hier zehnmal abfragen.

Wir haben - auch das sage ich Ihnen ganz deutlich - aus einer 30-jährigen leidvollen Diskussionsgeschichte heraus gesagt: Es muss im Lande, auch an den Schulstandorten Schluss mit dieser Art Diskussion sein. Wir quälen die Leute ja ständig damit, wenn man immer über Parallelsysteme usw. spricht.

(Zuruf von der SPD: Nein, Sie quälen die Leute!)

Es muss einmal eine gewisse Ordnung geben, und innerhalb dieser Ordnung muss jeder an seinem Standort das Bestmögliche machen.

Zu den Inspektionen. Wissen Sie, was für mich die interessanteste Botschaft in dieser Beziehung ist? - Dass wir im Hinblick auf die Unterrichtsqualität in allen Schulformen noch über Potenziale verfügen, die entwickelt werden können, auch mit Unterstützung von uns, aber auch an den Standorten selber. Da ist die eigentliche Baustelle, die wir in den nächsten Jahren bedienen müssen. Das ist nicht die Strukturfrage. Danach schreit niemand.

Die 59 Standorte mögen sich vernünftig weiterentwickeln. Das, was zu genehmigen war, habe ich genehmigt; das kann ich Ihnen nachweisen, auch Schaumburg, Peine, Flötenteich und ein, zwei andere Standorte. Wenn die Zahlen stimmten, haben die von mir nie einen Negativstempel bekommen; vielmehr begleiten wir sie entsprechend.

Auch das Thema Außenstellen wird sachgerecht und pädagogisch verantwortlich bearbeitet. Ich

bitte Sie aber, hier keine Umgehung zu versuchen. Aber das wird offenbar ein Wahlkampfthema sein, Frau Kollegin. Dann streiten wir das halt aus.

Herr Kollege Wulf stellte seine zweite und letzte Frage.

Herr Busemann, Sie propagieren ja, wie Sie es deutlich ausgeführt haben, die Ausweitung der IGSen auf acht Züge; das haben Sie ja nun mehrfach klar gesagt. Ich frage Sie in diesem Kontext: Welche Auswirkungen wird die Ausweitung der IGS-Kapazitäten auf acht Züge auf das gegliederte Schulsystem in Niedersachsen haben?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Präsident! Herr Kollege Wulf, fast möchte ich sagen: Gar keine. Ich habe ja auch nichts zu propagieren. Ich kann nur die Schulträger, die in ihrem Gebiet die eine oder andere IGS haben, darauf hinweisen, dass sie eine Genehmigung der Zügigkeit haben und dass sie, wenn sie das wollen und vor Ort einen entsprechender Bedarf wahrnehmen und dieser artikuliert wird, von der Vierzügigkeit auf Achtzügigkeit aufstocken können. Bis auf gewisse Restmengen, sage ich mal, kommt es dann nicht zur Ablehnung von 2 400 Kindern, sondern werden etwa 2 300 von ihnen an einer IGS untergebracht. Diese Schüler fehlen dann an den Standorten des gegliederten Schulwesens. Dazu brauche ich dem Schulträger nichts zu empfehlen; das wird er dann entsprechend regeln.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Poppe stellt seine letzte Frage.

Herr Minister, die kaum kaschierten Vorwürfe aus den Reihen der CDU-Fraktion und von Ihnen selbst an die Eltern, die die Hauptschulen meiden und die IGSen suchen, bedürfen einer Korrektur. Dafür gibt es ja eine ganz einfache Erklärung. In einem Kommentar hat sie Ihnen auch die Hanno

versche Allgemeine Zeitung gegeben. Ich zitiere nur einen Satz als Erklärung:

„Diese Eltern haben den Wunsch, dass die Entscheidung über die Schullaufbahn ihrer Kinder nicht in so frühen Jahren fällt.“

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist eine einfache Erklärung. Dann brauchen Sie nicht immer zu sagen „Die wissen nicht, was gut für sie ist; und die wissen nicht, dass die IGSen nicht die Qualität haben“. Sie haben gerade wieder versucht, die Qualität der IGSen schlechtzureden. Ich werde nie etwas Negatives über das Engagement von Hauptschullehrern sagen, sondern werde es immer betonen. Ich bitte Sie, es im Hinblick auf die IGSen genauso zu tun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben aber die Frage nicht beantwortet: Wie weit müssen eigentlich die Anmeldezahlen bei den Hauptschulen noch zurückgehen, bis Sie anerkennen, dass Ihre angebliche Schulstrukturreform gescheitert ist? Ich will es zuspitzen und fragen: Wollen Sie, wenn die Zahlen immer noch weiter zurückgehen, den Elternwillen einschränken, oder wollen Sie sich andere Eltern suchen?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Präsident! Herr Kollege Poppe, ich möchte mich dagegen verwahren - Sie haben das ja auch auf die CDU-Fraktion erstreckt -, dass wir den Elternwillen nicht ernst nehmen oder in kaschierter Weise den Elternwillen infrage stellen. Wir sind die Regierung des Elternwillens - damit das auch klar ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD - Wolfgang Jüttner [SPD]: Herr Schwarz ist der Erfinder des Elternwillens!)

Das können Sie an zwei großen Beispielen erkennen: Die Schulstrukturreform mit ihrer Betonung

des gegliederten Schulsystems brachte es mit sich, dass - früher nach Klasse 6, jetzt nach Klasse 4 - die Eltern entscheiden und nicht der Staat. Das habe ich vorgestern schon einmal deutlich gemacht.