Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft ist im Laufe der Jahrzehnte zu einem hoch kompliziertem Regelwerk geworden. Es gab über Jahre eine wachsende Unzufriedenheit bei den freien Schulen, die daraus resultierte, dass sich einige Entwicklungen in der Gehaltsstruktur nicht in der Finanzhilfe widerspiegelten. Vereinfacht gesagt: Die Kosten stiegen; die Finanzhilfe stieg prozentual und real nicht entsprechend.
Was folgte, waren lange, intensive Verhandlungen mit dem Ziel einer besseren Ausstattung und größeren Durchschaubarkeit des Finanzhilfesystems. Diese sind nun zu einem von allen Seiten akzeptierten Ergebnis gelangt. Dieses Ergebnis ist schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfes von allen Fraktionen dieses Hauses gelobt und anerkannt worden.
Deutlich wird daraus: Es gibt in diesem Hause eine breite Übereinstimmung in der Förderung und eine große Zustimmung zur angemessenen Ausstattung der Schulen in freier Trägerschaft. Das sage ich ausdrücklich auch für die SPD-Fraktion.
Wie fachkundig und intensiv in den Verhandlungen um jedes Detail gerungen worden ist, zeigt sich auch darin, dass sich die Anmerkungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu den neuen §§ 150, 155 und 161 und den jeweiligen Folge
änderungen auf marginale, redaktionelle Änderungen beschränkten: das eine oder andere Komma, die Bezeichnung „Kultusministerium“ anstelle von „oberste Schulbehörde“.
Es heißt aber kaum, Wasser in den Wein zu gießen, Herr Klare, wenn ich anmerke, dass für den juristischen Laien die neuen Formulierungen durchaus nicht in jedem Fall ganz transparent erscheinen. Versuchen Sie einmal - helfen Sie mir! -, als normaler Mensch die folgenden Sätze zu verstehen, die ich mit Genehmigung des Präsidenten zitiere! Es handelt sich um § 155 Abs. 1 Sätze 7 und 8:
„Überschreitet die nach Satz 6 ermittelte Zahl der Lehrkräfte an den Schulen eines kirchlichen Schulträgers, die derselben Schulform zugehören, die für diese Schulen nach Satz 2 maßgebliche Höchstzahl, so werden die für alle schuleigenen Lehrkräfte dieser Schulform tatsächlich getragenen Kosten gemäß Absatz 3 Sätze 1 und 2 Nr. 1 sowie der entsprechende Abgeltungsbetrag nach Absatz 3 Satz 3 nur in Höhe eines Betrages erstattet, der wie folgt zu ermitteln ist: Die Summe der tatsächlich getragenen Kosten gemäß Satz 7 ist durch die Zahl der schuleigenen Lehrkräfte zu teilen und mit derjenigen Zahl zu multiplizieren, die sich als Differenz zwischen der nach Satz 2 maßgeblichen Höchstzahl und der Zahl der nach Absatz 2 Satz 1 beurlaubten Lehrkräfte ergibt.“
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist aber das falsche Gesetz, das Sie zitieren!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viel Spaß bei dieser PISA-Aufgabe! Ernsthaft betrachtet, zeigt sie, wie kompliziert das Beziehungsgeflecht zwischen Staat und - in diesem Fall kirchlicher Schule tatsächlich ist. Es ist nicht zu entwirren, es sei denn, man wollte ganz radikal auf Privatfinanzierung ohne jede staatliche Hilfe setzen. Das aber will in diesem Hause niemand, nicht wir und offenbar nicht einmal die FDP.
Da alle Beteiligten diesen mühsam erarbeiteten Kompromiss tragen, sieht auch die SPD-Fraktion keinen Grund, ihn abzulehnen. Bei aller Komplexität ist dies eine in gemeinsamer Verantwortung erarbeitete Weiterentwicklung der in der Niedersächsischen Verfassung festgelegten Förderung von Schulen in freier Trägerschaft unter der Aufsicht des Landes. Wir bekennen uns ausdrücklich dazu.
Bezüglich der Gesetzesvorlage insgesamt aber ist, wie schon in der ersten Beratung, auch heute anzumerken: Die Überschrift ist ein Etikettenschwindel. Denn es wird der Eindruck erweckt, die Privatschulfinanzierung sei das Hauptthema. Tatsächlich aber besteht der Gesetzentwurf aus drei unterschiedlichen Blöcken.
Neben den Finanzierungsfragen ist Artikel 2 unstrittig, durch den verschiedene Rechtsvorschriften, die bis in das Jahr 1837 zurückreichen, aufgehoben werden.
In Artikel 1 Nrn. 1 bis 32, 36 und 37 gibt es einen dominierenden Teil, den ich schon bei der ersten Beratung als Beseitigung der gröbsten Pannen bei der Einführung der Eigenverantwortlichen Schule bezeichnet habe. Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion sieht sich an ihrer grundsätzlichen Kritik an der damaligen Gesetzgebung bestätigt. Diese war übereilt und dadurch rechtstechnisch nachlässig gearbeitet.
Sie gab und gibt den Schulen nicht die Freiheiten, die mit der Bezeichnung „eigenverantwortlich“ suggeriert werden.
Wir stimmen auch in diesem Teil der heutigen Vorlage zu; denn es ist uns in der Beratung gelungen, das Niedersächsische Schulgesetz von einer ganzen Reihe unsinniger und praxisferner Regelungen zu befreien. Diesen Erfolg möchten wir selbstverständlich durch eine Zustimmung bekräftigen.
Zur Erläuterung: Der Hintergrund der zu korrigierenden Unstimmigkeiten ist in den meisten Fällen die Tatsache, dass der Schwerpunkt der Gesetzesänderung bei der Eigenverantwortlichen Schule in der veränderten Aufgabenverteilung der Gremien und der Schulleiterin bzw. des Schulleiters lag. Er war also leider mehr organisatorischer als gestalterischer Art. Diese veränderte Gewichtung war nicht bis ins Detail durchdacht. In jedem einzelnen Fall musste geprüft werden, ob in der Praxis nun Schulleiterin oder Schulleiter, Schulvorstand oder Gesamtkonferenz die Entscheidungen treffen. Das blieb oft unklar.
Man kann also mit gutem Recht von einer unklaren Zielsetzung dieser Regierung und von handwerklichen Fehlern sprechen, die zu beheben waren. Ich möchte Ihnen dazu drei Beispiele anführen.
Das erste Beispiel betrifft die kleinen Schulen, meistens Grundschulen mit nur wenigen Lehrkräften. Für diese war eine komplizierte Regelung mit möglichen Doppelgremien vorgesehen. Die von der SPD beantragte und durchgesetzte Formulierung lautet nun:
„Hat eine Gesamtkonferenz weniger als vier Lehrkräfte, so nimmt die Gesamtkonferenz die Aufgaben des Schulvorstandes wahr.“
Darauf, dass nach der bisher geltenden Rechtslage die Schulleiterin oder der Schulleiter den Vorschlag zur Besetzung der eigenen Nachfolge selbst an die Schulbehörde abzugeben hat, habe ich schon in der ersten Beratung hingewiesen. Diese Aufgabe ist nun sinnvollerweise ebenso auf den Schulvorstand übertragen worden wie z. B. der Antrag, die Schule als Ganztagsschule zu führen.
Über die Einführung von Schulbüchern entscheiden in Zukunft die Fachkonferenzen im Rahmen der Beschlüsse der Gesamtkonferenz. Auch das ist eine Klärung auf Antrag der SPD-Fraktion.
Dass auch bei den Regelungen zur kollegialen Schulleitung noch Veränderungen vorgenommen wurden, die deutlich machen, wie sehr eine Schulleiterin oder ein Schulleiter noch Aufgaben delegieren kann, erwähne ich nur noch zum Schluss.
Der SPD-Fraktion liegt daran, zu verdeutlichen, dass wir es zwar mit einer Stärkung der Rolle der Schulleiterin oder des Schulleiters zu tun haben, dass in einer guten Schule - gerade in einer selbstständigen oder einer Eigenverantwortlichen Schule - nach wie vor demokratische Abläufe und das Bemühen um eine gemeinsame Entscheidungsfindung die Basis des Schullebens bilden und nicht Befehl und Gehorsam. Und das, meine Damen und Herren, soll auch so bleiben. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Wortbeiträgen meiner Vorredner stelle ich fest: Wir werden heute ein zweites Mal einen einstimmigen Beschluss über einen Gesetzentwurf fassen. Darüber freuen wir uns. Deswegen kann ich mich in meinem Beitrag auch auf das Wesentliche beschränken. Die Sachargumente sind hinreichend vorgetragen worden; ich muss sie nicht unbedingt wiederholen.
Schulen in freier Trägerschaft sind ein integraler Bestandteil des öffentlichen Schulwesens. Sie garantieren durch ihre verschiedenen Profile die Vielfalt in unserem Bildungswesen. Dafür stehen wir seit Beginn dieser Legislaturperiode.
Schulen in freier Trägerschaft sind darüber hinaus das beste Beispiel dafür, dass man vor mehr Wettbewerb im Bildungsbereich keine Angst haben muss. Privatschulen leisten in diesem Bereich ausgesprochen positive Arbeit.
Wir begrüßen die Neuordnung der Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft. Es wird Zeit, die Finanzierung der freien Schulen nun auf eine verlässliche und vor allen Dingen transparente Grundlage zu stellen.
Die Ziele Bürokratieabbau, Vereinfachung und Transparenz werden mit diesem Entwurf erreicht. Die neue Finanzhilfe orientiert sich nun an realistischen Größen. Wir freuen uns, dass es in Zusammenarbeit mit den Verbänden und den freien Trägern zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen ist.
Die Neuordnung der Finanzhilfe kann aber nur der erste Schritt sein. Langfristiges Ziel muss es sein, die Finanzierung der freien Schulen jener der öffentlichen Schulen gleichzustellen und den Wettbewerbsnachteil zu beseitigen, dem die freien Schulen unterliegen. Das müssen wir perspektivisch hinbekommen. Es ist gut, dass mit dem vorliegenden Entwurf die Unterfinanzierung der privaten Schulen beendet und ein fairer Wettbewerb zwischen den freien und den öffentlichen Schulen ermöglicht wird.
Wir müssen perspektivisch erreichen, dass die Berechnung der tatsächlichen Schülerkosten des Landes zur Grundlage der Finanzierung der freien Schulen genommen wird, um eine Gleichstellung in der Finanzierung der öffentlichen Schulen mit den freien Schulen zu erreichen. Dabei müssen z. B. auch die kommunalen Kosten berücksichtigt werden, die im Moment nicht eingerechnet, aber eben auch nicht gering sind.
Um eine Gleichstellung zu erreichen, ist es notwendig, nicht nur die Finanzhilfe für die freien Schulen an den Schülerkosten der öffentlichen Schulen zu orientieren, sondern die tatsächlichen Schülerkosten auch ehrlich zu berechnen und die Untererfassung der tatsächlich durch das Bildungssystem verursachten Kosten zu beseitigen. In anderen Bundesländern ist das geschehen. Ich denke, wir kommen auch dorthin. Das ist zum zweiten Mal an diesem Vormittag ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich finde, dass der Gesetzentwurf, den wir gleich beschließen werden, ein wunderbarer Gesetzentwurf ist. Ich will mich in meinen Ausführungen auf die Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft beschränken. Es werden aber in der Tat auch andere Punkte geregelt, z. B. werden die Bestimmungen zum Schulvorstand aktualisiert.
Im Übrigen, Herr Kollege Poppe: § 155 war schon in der geltenden Fassung des Gesetzes etwas kompliziert. Angepasst worden sind nur die Bezüge. Inhaltlich geändert hat sich nichts. - Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen kleinen Spaß! Ein Gesetz muss auch einmal einen komplizierten Paragrafen haben, sozusagen als Aufnahmeprüfung für amtierende oder angehende Kultusminister. Wer ihn versteht, wird es oder kann es bleiben. Was mit dem passiert, der ihn nicht versteht, können Sie sich denken.