Protocol of the Session on July 10, 2007

machen. Das wäre die Folge Ihrer Politik. Ich kann Ihnen nur raten, diese Schulstrukturdiskussion so nicht weiter zu führen, wie Sie dies bislang getan haben. Die große Mehrheit der Eltern will das nicht. Hunderttausende stehen für das gegliederte Schulsystem. Die Eltern wollen über Inhalte reden. Sie erwarten Antworten auf die Frage, wie die Qualität von Schule besser werden soll. Das sind die Herausforderungen der nächsten Jahre, denen wir uns stellen werden. Wir werden jedenfalls rückwärtsgewandte Debatten mit Ihnen nicht weiter führen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Eckel, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Und sie bewegt sich doch“ - mit „sie“ ist die Schulstrukturdebatte gemeint -, ist in einem Artikel in der neuen Ausgabe der Verbandszeitschrift des VBE zu lesen. Überall bewegt sich etwas in der Debatte über Schulstrukturen. Nur Niedersachsen führt sich auf, als sei es ein ruhender Pol. Es ist aber kein ruhender Pol, sondern allmählich wird es in der Gemeinschaft der Bundesländer zum schwarzen Loch.

(Beifall bei der SPD)

Rundherum planen Bundesländer integrative Systeme und setzen diese um. Sieben der 16 Bundesländer haben schon kein dreigliedriges Schulsystem mehr. In Niedersachsen aber bewegt sich nichts; Sie bleiben stur, Sie bleiben unbeweglich. Wie lange denn noch? Halten Sie wirklich das Verbot der Errichtung neuer Gesamtschulen für der Weisheit letzter Schluss? Wie lange noch wollen Sie den Elternwillen mit Füßen treten, der sich in jedem Schuljahr neu so deutlich artikuliert? - Die Eltern melden ihre Kinder an, es wird gelost, und viele Kinder gehen leer aus. In Braunschweig, in Hannover, in Schaumburg - überall sind Eltern enttäuscht, weil es ihren Kindern nicht möglich ist, eine Schule zu besuchen, an der die Schullaufbahn lange offengehalten wird und nicht von vornherein festgelegt wird: Das Kind geht zur Hauptschule oder zur Realschule; dort wird der Abschluss vermittelt, den es erreichen kann. Eltern hoffen, dass sich ihre Kinder entfalten, dass sie sich entwickeln und etwas erreichen, was sich

noch nicht abzeichnet, wenn sie erst zehn Jahre alt sind. Überall ist belegt, dass das so nicht geht, wie Sie es wollen. Aber Niedersachsen tut so, als wisse es alles besser, und verharrt in ideologischen Scheuklappen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie merken nicht, worum es eigentlich geht. Was erwarten Sie denn noch? PISA hat uns doch gezeigt, dass im dreigliedrigen System im internationalen Vergleich mittelmäßige Ergebnisse erreicht werden. PISA hat gezeigt, dass 25 % unserer 15-Jährigen auf der niedrigsten Kompetenzstufe sind.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das war bei den Gesamtschulen!)

Das können Sie nachlesen, das wissen wir alle. Aber Sie scheinen Meister im Verdrängen zu sein. Sie nehmen nicht wahr, was um Sie herum passiert. Die Gesamtschulen sind die einzige öffentliche Schulform, die es ermöglicht, dass sich Kinder in Ruhe entfalten und nicht zu früh festgelegt wird, wozu sie sich eignen.

(Ursula Körtner [CDU]: Sagen Sie einmal etwas zur Erweiterung!)

Sie sollten den Elternwillen respektieren. Sie sollten für Veränderungen offen sein und wahrnehmen, was um Sie herum geschieht.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Warum ma- chen die Schulen nicht die Achtzügig- keit?)

- Herr Klare, wenn wir hier in Niedersachsen ganz viele achtzügige Gymnasien hätten,

(Ursula Körtner [CDU]: Das haben wir doch!)

würden Sie davon sprechen, dass große Systeme nicht erstrebenswert sind. Das wissen wir doch. Das wäre pädagogischer Unfug.

(Beifall bei der SPD - Ursula Körtner [CDU]: Das ist doch eure Einheits- schule!)

Es geht darum, dass wir etwas in unserem Schulsystem verändern, dass wir die Verknüpfung von Herkunft und Bildungschancen aufbrechen. Wir müssen doch nach vorne schauen und Qualität in

die Schule bringen. Wir brauchen mehr Abiturienten und mehr Fachkräfte.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich kann leider nicht sehen, wie viel Redezeit ich noch habe.

Sie haben noch eine Minute.

Achten Sie darauf, dass das Kind in den Mittelpunkt gestellt wird, dass wir Kinder nicht mehr von ihren Defiziten her betrachten, dass wir sie nicht zu früh einteilen, sondern ihnen den Weg offenhalten. Wir sind davon überzeugt, dass unser Konzept der gemeinsamen Schule es Kindern ermöglicht, ihre Potenziale zu entfalten. Wir haben nicht die Absicht, fundamentalistische Debatten zu führen, wie sie die FDP mit ihrem Wahlplakat „Rote Einheitsschule - Nein“ eingeläutet hat. Das ist abwegig. Wir werden den Elternwillen respektieren. Wir werden nichts gegen den Elternwillen unternehmen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wie immer!)

Vielmehr werden wir überzeugen können. Der Begriff „Einheitsschule“, den Sie so negativ gebrauchen, wird Eltern nicht davon abhalten, zu erkennen, dass dies ein guter Weg ist. Wir werden den Eltern aber die Wahl lassen. Darum sage ich noch einmal: Weg mit den ideologischen Scheuklappen. - Dann kümmern wir uns um die Kinder, ohne uns immer wieder Steine in den Weg zu legen und zu unterstellen, Kinder seien mit zehn Jahren schon so weit, dass man bereits beurteilen könne, wohin ihr Weg sie führt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, inzwischen hat unser neuer und, so füge ich hinzu, alter Kollege - fast hätte ich gesagt: schön, dass wir das noch erleben dürfen - Jürgen Lanclée seinen Platz eingenommen. Ich wünsche ihm in den nächsten Monaten hier noch viel Freude in einer Runde, die ihm nicht unbekannt ist. Alles Gute!

(Beifall im ganzen Haus)

Das Wort hat jetzt der Kollege Schwarz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorab zu Frau Eckel: Große Systeme wollen Sie mit Ihrer Einheitsschule - wir nicht. Das ist klar.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aus meiner Sicht, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist das, was Sie hier tun, ziemlich dreist. Noch im letzten Monat haben Sie vollmundig altbekannte Konzepte für eine gemeinsame Schule verkündet, hinter der sich bei genauem Hinsehen die neunjährige integrative Gesamtschule verbirgt.

(Ursula Körtner [CDU]: Genau!)

In diese gemeinsame Schule soll die Förderschule mit eingebunden werden. Das wollen Sie flächendeckend und zwingend für Niedersachsen einführen.

(Ursula Körtner [CDU]: Ja! - Dr. Phi- lipp Rösler [FDP]: Zwingend!)

Und heute machen Sie den Elternwillen zum Thema. Was ist denn eigentlich mit dem Willen der Eltern, die Ihre Konzepte nicht wollen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wen wollen Sie denn eigentlich auf den Arm nehmen? Uns? Oder nehmen Sie die Menschen im ländlichen Raum auf den Arm,

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

von denen Sie vielleicht annehmen, dass sie das überhaupt nicht merken? Wie definieren Sie eigentlich den Elternwillen? - Sie treten für den Elternwillen ein, der Ihnen passt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Für den, den es gibt!)

Einen anderen lassen Sie nicht zu. Oder stellen Sie eventuell doch noch Ihre bildungspolitischen Konzepte um?

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie wollen den Elternwillen ja abschaffen, Herr Schwarz!)

Sie machen das zugegebenermaßen ausgesprochen geschickt, Herr Wenzel - ich komme noch darauf zu sprechen -, aber das ist trotzdem durch

schaubar. Sie verpacken das Thema Schulstrukturreform hinter diesem Elternwillen, und Sie tragen das immer wieder neu auf dem Rücken unserer Kinder aus.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass die Schullandschaft in Niedersachsen vielfältig ist! Es mag ja sein, dass die Anhänger der Gesamtschulen - Frau Korter hat das angesprochen - insbesondere in den Großstädten zu finden sind.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wissen Sie, wie viele Anmeldungen in Göttin- gen waren?)

Das ist doch in Ordnung. Ich frage aber: Was ist denn mit den restlichen 80 % im übrigen Land Niedersachsen? Was ist mit denen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: 20 Anmel- dungen in zwei Schulen!)