Protocol of the Session on June 7, 2007

Dieses Abstempeln und damit auch Abkoppeln einer so großen Gruppe von Arbeitslosen dürfen wir nicht länger hinnehmen.

Wir erwarten, dass die Landesregierung über den Bundesrat folgende, dringend notwenige Initiativen ergreift: Zum einen muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass die Leistungen des Bundes und der Kommunen für die Unterkunftskosten in einem Arbeitsentgelt zusammengefasst werden. Außerdem ist es unbedingt nötig, die Belastung kleinerer Einkommen mit Sozialabgaben zu senken. Auch hierbei erhoffen wir uns die Unterstützung der Landesregierung auf Bundesratsebene, um im Niedriglohnbereich mit unserem Progressiv-Modell für die Sozialabgaben zu einer deutlichen Entlastung sowohl der Arbeitgeber- als auch der Arbeitnehmerseite zu kommen. Denn auch das ist im Moment noch ein großes Hemmnis in der konjunkturellen Entwicklung. Gerade im Bereich der Ungelernten, der niedrigen Einkommen fehlt es in der Bundesrepublik immer noch am nötigen Schwung. Wir müssen durch die staatlich subventionierte Förderung der Sozialabgaben dazu beitragen, dass den Menschen, die in diesem Lohnsegment Arbeit finden, mehr Geld in der Tasche bleibt, damit es also für Arbeitnehmer attraktiver wird, solche Jobs anzunehmen, und damit es auch für Arbeitgeber attraktiver wird, Arbeit in diesem Bereich anzubieten. Dies ist der Fall, wenn die Sozialkosten für die Arbeitgeber geringer sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die derzeit positive Entwicklung am Arbeitsmarkt ist nach

Einschätzung der meisten Analysten nicht zuletzt auf die Reformen zurückzuführen, die die rot-grüne Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Auch die jahrelang geübte Lohnzurückhaltung bei Gewerkschaften und Arbeitnehmern hat ihren Teil dazu beigetragen. In den vergangenen acht Jahren wurden in der Bundesrepublik sowohl von staatlicher Ebene als auch von der Arbeitnehmerseite her eine Menge Vorleistungen erbracht. Nun müssen wir die erweiterte Chance, die die gesamtwirtschaftliche Entwicklung bietet, nutzen, um denen eine Perspektive zu geben, die sich selbst oft nur noch als Teil der Statistik ohne Gesicht empfinden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir dürfen keine Spaltung unserer Gesellschaft zulassen. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Vereinzelt Beifall! - David McAllister [CDU]: Pflichtge- mäßer Beifall!)

Jetzt hat Frau Konrath von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Niedersachsen setzt sich die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt in diesem Frühjahr weiter fort. Das ist eine gute Nachricht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Erfreulich ist, dass auch Langzeitarbeitslose von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt in Niedersachsen profitieren. Im Mai 2007 verringerte sich die Zahl dieser Erwerbslosen nochmals um 4,4 %, gegenüber dem Vorjahr sogar um 18,7 %.

Das kommt zunehmend auch den Erwerbslosen nach dem SGB II zugute. Die Zahl dieser Personen ist erstmals seit Inkrafttreten des SGB II geringer als vor der Arbeitsmarktreform. Der Trend stabilisiert sich. Wir nehmen das erfreut zur Kenntnis. Allein: Zur Zufriedenheit ist kein Anlass. Die Herausforderungen, insbesondere für Langzeitarbeitslose eine Beschäftigungsaufnahme zu erreichen, sind weiterhin riesig. Es ist unser Ziel, auch

Langzeitarbeitslosen Perspektiven aufzuzeigen und sie langfristig in Beschäftigung zu bringen.

(Zustimmung bei der CDU)

Dies ist jedoch mit den traditionellen Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik in vielen Fällen nicht möglich. Ein Drittel aller Arbeitslosen sind Langzeitarbeitslose, von denen ein beträchtlicher Teil aufgrund von Qualifikations- und Leistungsdefiziten nur in niedrig bezahlte Tätigkeiten und auf einfache Arbeitsplätze vermittelbar ist. Von diesen Arbeitsplätzen haben wir viel zu wenige. Offensichtlich ist einfache Arbeit in vielen Betrieben zu teuer. Unser Motto lautet aber: Erster Arbeitsmarkt zuerst!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Möglichkeit, den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen, haben wir am 1. Juli letzten Jahres mit dem Niedersachsen-Kombi gestartet - im Übrigen unter großem Protest der Opposition.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber wir haben gehandelt. Die Kombination aus Lohn und staatlichen Hilfen ist ein Erfolg versprechender Ansatz zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen geringer qualifizierter und wettbewerbsschwächerer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Entsprechend ausgestaltete Kombilöhne können schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen eine Chance zur Rückkehr auf den Arbeitsmarkt bieten.

(Zustimmung bei der CDU)

Mithilfe des Niedersachsen-Kombi sind seit Mitte letzten Jahres bis Ende Mai 1 848 Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und -empfänger in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen vermittelt worden. Frau Hartmann, ich finde, das ist ein Erfolg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Swantje Hartmann [SPD]: Sie glauben doch selbst nicht, was Sie da sagen!)

Dabei hat sich der Niedersachsen-Kombi als flexibel, unbürokratisch und praxisnah herausgestellt. Gerade in Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs haben Langzeitarbeitslose hiermit eine realistische Chance auf eine dauerhafte Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt. Ich betone es noch einmal: Erster Arbeitsmarkt zuerst!

Viele positive Beispiele aus Niedersachsen belegen den Erfolg des Niedersachsen-Kombi.

(Swantje Hartmann [SPD]: Da lachen ja die Hühner!)

Besonders erfolgreich ist die Optionskommune Landkreis Osnabrück. Sie hat mit dem Projekt „MaßArbeit“ bis Ende Mai 275 neu geschaffene Kombilohnstellen vermittelt. Die regionale Wirtschaft - die Optionskommune arbeitet übrigens sehr eng mit den Betrieben, mit der Wirtschaft zusammen - reagierte äußerst positiv auf das Förderangebot des Landes und nutzte den Kombilohn aktiv für Neueinstellungen. Leider sind nicht alle ARGEn und Optionskommunen so erfolgreich wie der Landkreis Osnabrück. Da muss natürlich nachgebessert werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die Möglichkeiten dieses Förderinstruments sind noch lange nicht ausgeschöpft. Durch die besondere Verknüpfung von Zuschüssen an Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie den Qualifizierungszuschuss besitzt der Niedersachsen-Kombi noch erhebliches Potenzial für die Schaffung weiterer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse und für die Wiedereingliederung von ALG-II-Empfängern in den ersten Arbeitsmarkt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die immer noch hohe Sockelarbeitslosigkeit abzubauen, ist mit dem Niedersachsen-Kombi allein nicht zu schaffen. Es ist eine Maßnahme im Bündel verschiedener Maßnahmen, die bei der NBank koordiniert werden, z. B. Arbeit durch Qualifizierung und dynamische Integration in den Arbeitsmarkt. Auch die Vermittlung von Betriebspraktika hat sich in vielen Fällen ausgesprochen bewährt.

Die Forderungen der Fraktion der Grünen sind unklar.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Wirklich nicht!)

Der Abschlussbericht der „Arbeitsgruppe Arbeitsmarkt“ der Großen Koalition wurde am 9. Mai 2007 veröffentlicht. Einen Tag später skizzierte Arbeitsminister Müntefering die Ergebnisse in der Aktuellen Stunde des Bundestages. Sie hätten vor der Einbringung Ihres Antrags am 23. Mai also durch

aus Kenntnis davon haben können. Ich stelle fest: Sie sind wieder einmal ein bisschen zu spät.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Arbeitsgruppe empfiehlt, 100 000 Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen zu fördern. Dafür sollen die notwendigen gesetzlichen Regelungen im SGB II geschaffen werden. Im Fokus stehen Langzeitarbeitslose im ALG-II-Bezug, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, bei denen der Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente bisher erfolglos war und die besonders schwere Vermittlungshemmnisse - kein Berufsabschluss, gesundheitliche Einschränkungen oder Behinderungen - aufweisen.

Es sollen vermehrt Beschäftigungsverhältnisse mit Beiträgen zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung im gewerblichen und sozialen Bereich geschaffen werden, die tarif- und ortsüblich entlohnt werden. Als Arbeitgeber kommen Unternehmen des ersten Arbeitsmarktes, soziale und sozialwirtschaftliche Betriebe und Integrationsunternehmen infrage. Es ist geplant, Tätigkeitsfelder in Bereichen zu erschließen, die Einnahmen erzielen oder zum Teil kostendeckend sind.

Der soziale Bereich bietet ebenfalls vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten durch Zusatzangebote in der Alten- und Jugendarbeit und in Schulen. Auch die Bürgerarbeit in Sportvereinen oder im Rahmen zusätzlicher kultureller Angebote lässt sich noch ausdehnen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Arbeitgeber sollen eine angemessene Förderung erhalten. Förderfähig sind ausschließlich sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Der Förderkreis soll Personen umfassen, die innerhalb der nächsten 24 Monate voraussichtlich keine Chance haben, einen Platz auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finden.

Da die Bundesregierung für ihr und unser anspruchsvolles Ziel, 100 000 Langzeitarbeitslose in Beschäftigung zu bringen, die angesprochenen finanziellen Mittel aus dem Haushalt des Bundes in Abstimmung mit den kommunalen Leistungen zur Finanzierung einplant, lässt sich die von Ihnen vorgeschlagene Finanzierung nicht realisieren. Bekanntlich kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden.

Auch zur Erschließung zusätzlicher Beschäftigungsfelder gibt es bereits Überlegungen der Bundesregierung. Ihre Forderung, die Belastung geringer Einkommen durch Sozialabgaben zu senken, ist besonders heikel. Sie wissen selbst, dass solche grundlegenden gesetzlichen Veränderungen von Bundestag und Bundesrat zu beschließen sind. In der Praxis haben solche Vorschläge zumeist monate- bis jahrelange Diskussionen zur Folge. Angesichts der angespannten Finanzlage der Sozialversicherung ist fraglich, ob Einnahmeverluste überhaupt hingenommen werden können. Ich möchte bemerken, dass auf die fehlenden Einnahmen der Sozialversicherung geringere Leistungen folgen müssen. Das Problem der Altersarmut muss schon heute in die Überlegungen einbezogen werden. Wir werden die Entscheidung des Bundeskabinetts zu diesem Thema im Juni abwarten.

(Glocke der Präsidentin)

Insgesamt stelle ich fest: Für den angesprochenen Personenkreis der Erwerbslosen gibt es keine einfachen Lösungen.

Im Ziel sind wir mit Ihnen einig: Es muss gelingen, mehr langzeitarbeitslose Menschen in Beschäftigung zu vermitteln. Doch die besten Programme nutzen nichts, wenn es nicht gelingt, die ARGEn und Optionskommunen mit den vor Ort in den Kommunen Handelnden stärker zu vernetzen. Hier sollte eine Änderung des SGB II geprüft werden. Das Engagement des einzelnen Fallmanagers, der Mitarbeiter in den sozialen Betrieben und in den Kommunen ist für den Erfolg entscheidend. Das zu verbessern, sollte unser gemeinsames Ziel sein. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Hagenah gemeldet. - Herr Hagenah, Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Konrath, Ihre Zurückhaltung verstehe ich nicht. Wir sind uns im Ziel offenbar einig. Mit unserem Antrag machen wir genau das, was Sie gerade beschrieben haben: Wir operationalisieren von der Bundesebene her, was in Niedersachsen ganz konkret getan werden muss. Hier

kann die Landesregierung vom Landtag durchaus noch in die richtige Richtung gelenkt und unterstützt werden. Denn es geschieht nicht von selbst, dass eine Vielzahl von Arbeitsangeboten entsteht und dass es auf kommunaler Ebene zu einer Einigung mit den Kammern und dem Handwerk kommt. Es muss auf Landesebene mitgewirkt und gemeinsam mit den Kommunen für Akzeptanz geworben werden.

Niedersachsen braucht natürlich auch eine Zielmarke. Es muss festgelegt werden, was wir von dem Angebot des Bundes hier umsetzen wollen. Wenn wir die Arbeitslosigkeit in Niedersachsen in Relation zu der Arbeitslosigkeit in anderen Bundesländern setzen, dann stellen wir fest: Mit den genannten 7 000 längerfristigen Arbeitsverhältnissen - möglichst auf drei Jahre - bewegt sich Niedersachsen genau in dem Korridor, der auf Bundesebene geplant ist. Das habe ich in meinem Redebeitrag schon ausgeführt. Ich würde in den Ausschussberatungen lieber über die Gemeinsamkeiten diskutieren, um zu einer möglichst schnellen Umsetzung zu kommen. Wir sollten nicht warten, was sich woanders wie weiterentwickelt.

Überhaupt nicht verstanden habe ich Ihre Bedenken gegen den vierten Punkt unseres Antrags, wo es um die Subvention bzw. Absenkung - -