Protocol of the Session on June 6, 2007

Mein letzter Satz. Ich hoffe, dass nicht nur die IG Chemie, sondern, lieber Kollege Lenz, auch die IG Metall in Zukunft beherzigt, welch große Bedeutung die Höhe der Energiepreise für die Entwicklung der Industrie in Deutschland hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich erteile Herrn Wenzel das Wort für zwei Minuten. Bitte!

(Karsten Behr [CDU]: Die ziehen jetzt ihren Antrag zurück!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, wenn man Ihren Beitrag so hört, dann weiß man, warum die CDU mittlerweile so leidet, dass sie ein eigenes Umweltpapier brauchte, das sie schließlich auf Juist verabschiedet hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einerseits sagen Sie, dass Sie Innovationen fördern wollen. Andererseits geben Sie sich mit einem Wirkungsgrad von 46 % zufrieden. Meine Damen und Herren, mit einem Wirkungsgrad von 46 % können wir in der Zukunft nichts mehr bewegen. Heutige Gaskraftwerke erreichen einen Wirkungsgrad 58 % bis 60 %, heutige Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung einen Wirkungsgrad von 80 %, 85 % und sogar 95 %. Wenn es uns gelingt, die Produktion von Wärme und Strom wieder am Ort des Verbrauchs zusammenzuführen, dann erzielen wir Wirkungsgrade, die das, was Sie, Herr Minister, hier propagieren, weit in den Schatten stellen.

Meine Damen und Herren, der Emissionshandel versagt im Moment völlig. Der Preis liegt am Boden. Die Minister in der Großen Koalition wollen auch in Zukunft die Zertifikate verschenken. Das wirkt im Moment wie ein indirektes Anreizprogramm für die Kohle. Das müssen wir verhindern. Deshalb brauchen wir zusätzlich Effizienzgrenzen. Wir müssen ganz deutlich sagen: Heute darf kein Kraftwerk mehr gebaut werden, das nicht bestimmte technisch machbare Grenzen einhält. Das ist das Mindeste, was wir als Hochtechnologieland realisieren müssen. Wir müssen zeigen, was heute technisch machbar ist, wohin man technologisch gehen kann und wo in Zukunft die Technologien entstehen werden, die dann auf dem Weltmarkt auch wettbewerbsfähig sein werden.

Herr Minister, ich glaube immer noch an die Kraft der Argumente. Am Ende werden Sie mit Ihren 46 % Wirkungsgrad im Regen stehen; denn das ist die Technologie von gestern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zunächst liegt mir eine Wortmeldung von Herrn Dr. Runkel zu einer Kurzintervention vor. Außerdem hat die FDP-Fraktion um zusätzliche Redezeit gebeten.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Jetzt wie- der das Credo der Atomkraftwerke!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Haase, Fachwissen kann im Zweifelsfall nicht schaden. Ich möchte noch kurz auf die Ausführungen von Herrn Wenzel zu den Wirkungsgraden eingehen. Herr Wenzel, Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen. Wirkungsgrad ist nicht gleich Wirkungsgrad.

(Ah! bei den Grünen)

Herr Hirche hat hier vom elektrischen Wirkungsgrad eines Kraftwerks gesprochen, der sich auf 46 bis 48 % beläuft. Sie aber sprechen von einem Wirkungsgrad, der auch die Nutzung der dabei entstehenden Abwärme mit berücksichtigt. Das jedoch ist ein ganz anderer Wirkungsgrad. Er hat mit dem elektrischen Wirkungsgrad überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Sie wissen wahrscheinlich auch nicht, dass der elektrische Wirkungsgrad eines Kraftwerks ganz erheblich sinkt, wenn man auch die Abwärme nutzen will. Er liegt dann nicht mehr bei 48 %, sondern nur noch bei 30 %. Sie merken schon, wohin es geht. Wenn Sie dann die gleiche Menge Strom erzeugen wollen, müssen Sie entsprechend mehr Kohle verbrennen. So beißt sich die Katze in den Schwanz. Wenn Sie eine große Menge Strom brauchen und die Kraft-Wärme-Kopplung einsetzen, dann verbrauchen Sie insgesamt mehr Kohle, als dies der Fall wäre, wenn Sie die Kraft-WärmeKopplung nicht einsetzen würden. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die FDP-Fraktion hat um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung gebeten. Herr Dürr hat das Wort für zwei Minuten. Bitte schön, Herr Dürr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Walter Hirche hat vorhin einen so verdammt wichtigen Satz gesagt, dass ich es bedauere, dass SPD und Grüne nicht ordentlich zugehört haben. Walter Hirche hat gesagt: Wir brau

chen eine - dann auch staatlich festgesetzte - CO2Reduzierung, und das zu möglichst günstigen Kosten. - Das ist die zentrale Aussage der FDP gewesen.

Es bringt überhaupt nichts, wenn Sie dem Landtag ganz schlau irgendwelche Technologien vorschreiben wollen, die dazu führen, dass wir pro Kilowattstunde Strom letztendlich 3 Euro oder mehr bezahlen. Das kann und darf nicht das Ziel sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Genau deshalb stehe ich immer wieder hier und rede gegen das EEG und für den Emissionshandel. Der Emissionshandel, Herr Wenzel, ist mit Abstand das marktwirtschaftlichste und volkswirtschaftlich kostengünstigste Instrument.

Sie beklagen nun, dass die Preise beim Emissionshandel im Keller seien. Ich wiederhole: Es war Ihr Bundesumweltminister, der die Menge an CO2Zertifikaten festgelegt hat. Für diese Handelsperiode waren es zu viele. Deshalb sind die Preise im Keller. Sie haben in der ersten Periode auf eine Versteigerung verzichtet. Wie Sie dazu in der zweiten Periode stehen, weiß ich nicht.

Wir haben gesagt, wir wollen mit den Einnahmen die Stromsteuer senken. Das wird am Ende volkswirtschaftlich verkraftbar sein, und man wird ordentlich CO2 einsparen können. - Herr Wenzel, wenn Sie die Marktwirtschaft nicht endlich verstehen, macht Klimapolitik Ihrerseits keinen Sinn mehr.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend tätig werden soll der Umweltausschuss, mitberatend soll der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sein. Wer möchte so entscheiden? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung: Medienkompetenznetzwerk auf- und ausbauen - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/3817

Ich erteile der Kollegin Wiegel das Wort. Bitte schön, Frau Wiegel!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte um etwas Sympathie für dieses Thema werben. Dass wir jetzt eineinhalb Stunden Rückstand haben, liegt nicht an mir.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was fällt uns zum Stichwort „Medien“ ein? - Uns fällt dazu z. B. das Wohnzimmer unserer Jugendzeit ein. Seinerzeit thronte der Fernseher in der guten Stube. Daneben gab es noch das eine oder andere Radiogerät im Haushalt. Das war es dann aber auch schon mit der Mediennutzung. Zwei TV-Programme und vielleicht ein Dutzend Radiosender - das war sie, die schöne alte heile Medienwelt.

Der Vergleich mit heute veranschaulicht die Revolution, in der wir uns heute immer noch befinden. Telefon, Fernsehen, Radio, Computer - das sind unsere täglichen Allzeitbegleiter. Mit dem Mobiltelefon wird telefoniert, fotografiert und gefilmt. Aus dem Computer holen wir uns unsere Fernsehprogramme. Auf den iPod laden wir uns die Musiksendungen herunter, damit wir sie dann hören können, wenn wir es wollen, nicht aber dann hören müssen, wenn das Radio sie sendet. Auch die Zeitung wird am Computer gelesen.

Der Zuschauer wird zum Nutzer. Jeder kann jederzeit mit jedem an fast jedem Punkt der Welt kommunizieren. Diese enorm expandierten Angebote von Information und Unterhaltung bergen, denke ich, riesige Chancen in sich. Jeder einzelne von uns kann sich individuell informieren und sich zu einem autonomen Bürger in einer aufgeklärten Gesellschaft weiterentwickeln. Internet und Medienlandschaft können zur Überwindung von Unkenntnis und Ungleichheit genutzt werden. Sie können letztendlich auch zu einer demokratischen Entwicklung von Information und Vernetzung beitragen.

Die Gefahren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegen aber gleich nebenan. Wir werden mit Inhalten konfrontiert, die wir gar nicht haben wollen, mit

denen wir belästigt werden und von den wir manipuliert werden. Wie viele Inhalte verstoßen gegen die Menschenwürde, verherrlichen Gewalt und verletzen Geschmacksgrenzen! Unsere Kinder sind relativ schutzlos brutalen, hetzerischen oder pornografischen Inhalten ausgesetzt.

Die Vielfältigkeit der Medien lässt sich nur dann sinnvoll ausschöpfen, wenn wir sachgemäß damit umgehen können. Darum ist „Medienkompetenz“ ein Begriff unserer Zeit. Sie ist uns aber nicht in die Wiege gelegt worden, sondern wir müssen sie lernen. Es gibt nicht wenige Fachleute und Medienpolitikerinnen und -politiker, die von der Medienkompetenz als der vierten Kulturtechnik sprechen. Das heißt, sie ist genauso wichtig wie Rechnen, Lesen und Schreiben. Wer keine Chance erhält, sich Medienkompetenz anzueignen, wird abgehängt. Dann sind wir bei dem Zustand einer digitalen Spaltung unserer Gesellschaft.

Medienkompetenz umfasst die Bereiche Mediennutzung, Medienkunde, Medienkritik und Mediengestaltung. Medienkompetenz zu erreichen, ist keine Privatangelegenheit. Darum gehören Pädagogik, Medienpädagogik und Medienbildung in jeden Kindergarten und in jede Schule. Sie gehören auch in die Wohnzimmer und in die Kinderstuben. Eltern und Großeltern müssen umfassend informiert und weitergebildet werden, damit sie wissen, was auf den Computern ihrer Kinder überhaupt abläuft.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Förderung von Medienkompetenz ist also eine gesamtgesellschaftspolitische Aufgabe, der wir uns schnellstens widmen müssen.

Bis hierhin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir alle uns sicherlich einig, nicht wahr?

Dann lassen Sie uns jetzt doch einmal einen Blick auf den Istzustand in Niedersachsen werfen. Was macht die Landesregierung zu diesem Thema? An die Spitze gesetzt hat sich unser Innenminister Herr Schünemann. Er hat mit markigen Sprüchen zu gewalthaltigen Computerspielen auf sich aufmerksam gemacht und dabei seinen bayerischen Kollegen Beckstein fast noch überholt. Seine einzige Antwort war: Verbot, Verbot und nochmal Verbot.

Doch den vollmundigen Ankündigungen ist leider fast gar nichts gefolgt. Das Thema ist erst einmal auf die Ebene von Arbeitskreisen versenkt worden.

Danach hat die Sozialministerin die Zeichen der Zeit erkannt. Sie hat Kurse aufgelegt, in denen Elternmedientrainer ausgebildet werden. Wie sinnvoll dies ist, zeigt eine Veranstaltung vor gut zwei Wochen in Celle. Einer dieser frisch ausgebildeten Medientrainer hat zu einer LAN-Party eingeladen, ausschließlich für Eltern. Gekommen sind 120 Mütter und Väter, die das Angebot dankbar aufgenommen haben und sich hinterher einhellig geäußert haben, sie hätten viel über die virtuellen Welten dazugelernt, in denen sich ihre Kinder vermutlich schon längst bewegen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Initiative des Sozialministeriums ist auf zwei Durchgänge begrenzt; im Herbst ist Schluss.

Auch die Staatskanzlei hat ihre Aufmerksamkeit zu diesem Thema erhöht. Sie hat zur Kenntnis genommen, dass sich die Niedersächsische Landesmedienanstalt seit geraumer Zeit darum bemüht, Initiativen zur Medienkompetenz zu bündeln und zu koordinieren. Der dafür ins Leben gerufene „Runde Tisch Medienkompetenz“ tagt im Viermonatstakt und soll zu Absprachen zwischen den Playern in Sachen Medienkompetenz führen. Das Output des Runden Tisches ist bisher sehr mager. Es scheint offensichtlich schwierig zu sein, eine gemeinsame Aktion zustande zu bekommen, bei der sich mehrere Ministerien vernetzen und koordinieren müssen.

Das Kultusministerium hat sich jahrelang auf das Argument fehlender Mittel zurückgezogen. Doch das kann es nicht sein, meine Kolleginnen und Kollegen; denn die Landesmedienanstalt hat ja einen Topf speziell zur Förderung von Medienkompetenz. Die NLM ist dazu im Rundfunkstaatsvertrag benannt. Die Zuständigkeit des Kultusministeriums auf Landesebene muss sich auch darin zeigen, dass eigene Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dabei sind die jetzt eingestellten 200 000 Euro eindeutig zu wenig. Wir plädieren dafür, dies in einem Vierjahresplan in eine Kontinuität zu setzen, und zwar im Haushalt des Kultusministeriums.

(Zustimmung bei der SPD)

Andere kleinere Bundesländer sind längst auf diesem Weg.