Protocol of the Session on June 6, 2007

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin!

Herr Kollege Dürr, Sie haben eine Redezeit von anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzten Worte habe ich zugegebenermaßen nicht mehr ganz mitbekommen,

(Walter Meinhold [SPD]: Das ist scha- de! Das gilt aber wohl auch für die ersten Worte!)

obwohl ich eigentlich relativ gute Ohren habe. Ich habe den Fraktionsvorsitzenden der Grünen so verstanden, dass er gesagt hat, dass das, was unter Herrn Trittin beim Emissionshandel gemacht wurde, falsch war.

(Walter Meinhold [SPD]: Nein! Das hat er nicht gesagt!)

In Ihrem Antrag steht - ich will das zitieren, damit es klar wird -,

(Zuruf von der CDU: Ja, genau! Mach mal!)

es sollten den Energiemultis völlig überhöhte Kontingente an CO2-Emissionsrechten auch für den Zeitraum 2008 bis 2012 kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Das Wort „auch“ ist sehr interessant. Denn die erste Periode fällt in die Zeit, in der Herr Trittin in Berlin in der Regierung war, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Ansatz zur Einsicht scheint bei Ihnen vorhanden zu sein; ich nehme das mit Blick auf die Ausschussberatungen zur Kenntnis und berate dann sehr gerne mit Ihren Kollegen. Wenn Sie einräumen, im Zusammenhang mit den guten Modellen des Emissionshandels Fehler gemacht zu haben, dann stehen wir auf der gleichen Seite. Aber hören Sie auf, sich mit Ihren Spielwiesen wie dem EEG zu beschäftigen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Hirche das Wort. - Bitte schön, Herr Hirche!

Frau Präsidentin!

(Unruhe)

Herr Minister, warten Sie bitte einen Moment. - Ich bitte Frau Steiner, von den Stufen aufzustehen und sich entweder auf ihren Platz zu setzen oder ihr Gespräch draußen fortzusetzen. - Bitte schön, Herr Hirche.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle hier im Landtag befinden uns in einem Dilemma: Auf nationaler Ebene fehlt eine

Energiestrategie bzw. ein Energieplan. Der jetzige Bundeswirtschaftsminister hat angekündigt, sich darum zu kümmern. Die letzte nationale Definition von Energiepolitik ist etwa 30 Jahre alt. Wenn wir in die Zukunft blicken und an die Probleme des Klimawandels denken, müssen wir natürlich auch über das Thema CO2-Emissionen reden und konsequente Schlussfolgerungen ziehen.

(Zuruf von der FDP: So ist es! - Zuruf von den GRÜNEN: Dazu kommen wir noch!)

Das, was die Grünen vorhaben, würde dazu führen, dass es in Deutschland keine neuen Kohlekraftwerke mehr geben würde und dass die Allianz mit der Kohle, die durchaus soziale Aspekte enthält, aufgekündigt würde. Man muss sich darüber im Klaren sein: In Deutschland gibt es bisher unter Abstrichen auf der sozialen Seite und unter Abstrichen auf der ökologischen Seite - einen Energiemix aus Kernenergie, regenerativen Energien und Kohle, wobei die Kohle am stärksten soziale Aspekte aufnimmt und die beiden anderen vor allem ökologische Aspekte betonen.

Der zuständige EU-Kommissar hat gesagt, in Deutschland sollten keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut werden. Damit meint er aber nicht, dass nur noch auf regenerative Energie gesetzt werden soll. Vielmehr heißt das: Kernenergie und regenerative Energien, und zwar deshalb, weil dann kein CO2 entsteht. Jenseits dessen sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Die Bundesrepublik Deutschland ist keine Insel der Seligen. Daher müssen wir mit Blick auf die gesamte Welt lernen, eine Tonne CO2 zum geringstmöglichen Preis zu vermeiden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn wir das schaffen, wird die deutsche Energietechnologie im Kohlebereich weltweit exportfähig.

(Walter Meinhold [SPD]: Dem wider- sprechen wir nicht!)

- Das ist in Ordnung. - Wir müssen uns gemeinsam darüber klar werden, dass es in Deutschland durchaus Sinn machen kann und möglich sein muss, auch für die Braunkohle und die Steinkohle hocheffiziente Technologien zu entwickeln, die wir dann weltweit exportieren können. Ich wende mich im Namen der Landesregierung gegen Ihren Antrag, obwohl es in Niedersachsen weder Braun

kohlebergbau noch Steinkohlebergbau gibt. Denn der Welt ist mit einer Senkung der CO2Emissionen mehr geholfen als mit einer Verbotskultur.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, durch das Zuteilungsgesetz ist das Emissionsziel, das einmal bei 495 Millionen Tonnen CO2 gelegen hat, immerhin auf 453 Millionen Tonnen bis 2007 gesenkt worden. Das sind ungefähr 10 % in einem relativ kurzen Zeitraum. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Aber genau wie beim EEG, in das wir die Regelung aufgenommen haben, dass der Preisausgleich in einem bestimmten Umfang sinkt, müssen wir auch auf anderen Gebieten ermöglichen, dass sich technologische Entwicklungen in Stufen umsetzen lassen können. Das ist aus meiner Sicht wichtig. In Niedersachsen werden wir unsere Versuche fortführen, das Problem der CO2Speicherung zu lösen.

Ich bitte die Grünen, sich von der Fixierung zu lösen, dass immer ein bestimmtes Mittel allein ausschlaggebend sei. Jetzt haben Sie gerade die Kraft-Wärme-Kopplung entdeckt. Meine Damen und Herren, im Deutschen Bundestag haben Sie seinerzeit verhindert, dass die Industrie in das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz einbezogen wurde, die in diesem Zusammenhang im Grunde viel geeigneter als der private Sektor wäre.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das haben Sie aufgrund ideologischer Vorbehalte verhindert. Wenn wir damit beginnen, die KraftWärme-Kopplung in der Industrie voranzutreiben, dann haben wir viel mehr für den Umweltschutz getan.

(Glocke der Präsidentin)

Im privaten Bereich - das könnten Ihnen die Fachleute aus dem Umweltministerium viel besser erklären als ich - wäre der Aufbau einer Nahwärmestruktur, den Sie vorschlagen, viel zu teuer und ineffizient.

(Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

In Deutschland gibt es angesichts der rückläufigen Bevölkerungszahl nicht mehr die notwendige Neunachfrage. Das letzte Programm zur Subventionierung der Nahversorgung im Wärmebereich ist Ende der 80er-Jahre in Wolfsburg gelaufen; ich habe das noch gut in Erinnerung. Es ist allerdings nicht

stärker in Anspruch genommen worden, weil keine neuen Siedlungsgebiete in ausreichendem Umfang vorhanden waren.

Meine Damen und Herren, angesichts der dezentralen Siedlungsstruktur im Lande setze ich viel stärker auf dezentrale Energieversorgungen, Kleinstblockheizkraftwerke und Ähnliches. An den Stellen, an denen sie sinnvoll ist, kann auch die Kraft-Wärme-Kopplung eine Rolle spielen. Das gilt beispielsweise für den Standort Dörpen. Aber, Herrn Janßen, das Kraftwerk in Dörpen wird erst im Jahre 2013 fertiggestellt. Jetzt sprechen wir allerdings über einen Allokationsplan bis zum Jahr 2012. Das heißt, Sie vermischen hier völlig verschiedene Dinge. Das kann in der Eile passieren. Aber ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass das, was Sie anführen, gar nicht zum Tragen kommen wird.

(Beifall bei der FDP)

Ich bitte Sie sehr herzlich, immer Folgendes zu berücksichtigen: Letzten Endes geht es um Auswirkungen auf Europa und die Welt. Deswegen haben die Kollegen Dürr und Behr recht, wenn sie auf die neue Kraftwerkstechnologie im Steinkohleund Braunkohlebereich hinweisen. Der Wirkungsgrad erhöht sich von 36 % auf 46 %. Das entspricht einer mehr als 20prozentigen Steigerungsrate im Kohlebereich. Wenn wir diese Technologien nach China exportieren würden, hätten wir viel mehr für das Weltklima getan als durch Verbote in Deutschland.

(Beifall bei der FDP - Walter Meinhold [SPD]: Das bestreitet doch keiner!)

Im Kern geht es um die Verbindung von Ingenieurs-Know-how in Deutschland zugunsten der Ökologie mit Entwicklungsstrategien in der ganzen Welt, nicht aber um eine Verbotsstruktur. In diesem Zusammenhang spielt natürlich, ob Sie es hören wollen oder nicht, das Thema Kernenergie eine wesentliche Rolle. Dieses Thema will ich heute aber nicht in den Vordergrund rücken.

Zum Schluss sage ich noch einmal: Wir alle leiden daran, dass es, bezogen auf die Bundesrepublik, keinen nationalen Energieplan gibt. Ich kann nur hoffen - das hat der Bundeswirtschaftsminister auf der Wirtschaftsministerkonferenz am Montag dieser Woche in Eisenach angedeutet -, dass die Bundesregierung in Kooperation mit den Betroffenen vorgeht.

(Walter Meinhold [SPD]: Der kann es doch nicht! Wir wissen doch alle, dass er es nicht kann!)

- Verehrter Herr Meinhold, der ehemalige Minister Müller hat bereits Ansätze entwickelt, um das möglich zu machen. So wie Sie immer die Verantwortung der Landesregierung einfordern, so werden Sie auch dem Kollegen Glos seine Verantwortung zugestehen müssen. In diesem Zusammenhang muss er mit dem Patenonkel von Knut zurechtkommen;

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

das wird ihm auch gelingen. Auch wenn ich die Große Koalition sonst mit Skepsis betrachte, hoffe ich das sehr.

Von vernünftigen Regelungen im Energiebereich - jetzt komme ich wieder auf den Antrag der Grünen zu sprechen - hängt viel ab. Davon hängt nicht nur ab, ob wir das ökologische Ziel der Verhinderung des Klimawandels erreichen,

(Walter Meinhold [SPD]: Keiner wi- derspricht dem!)

sondern davon hängt auch die Antwort auf die Frage ab, ob wir in Deutschland noch genug Arbeitsplätze haben, wenn Energie für die Industrie zu kostengünstigen Preisen bereitgestellt wird.

(Walter Meinhold [SPD]: Dem wider- spricht doch niemand!)

Mein letzter Satz. Ich hoffe, dass nicht nur die IG Chemie, sondern, lieber Kollege Lenz, auch die IG Metall in Zukunft beherzigt, welch große Bedeutung die Höhe der Energiepreise für die Entwicklung der Industrie in Deutschland hat.