Protocol of the Session on June 6, 2007

An dieser Stelle müssen wir miteinander eines feststellen: Wer die Zahlen so plump fortschreibt, insbesondere zum Verbrauch fossiler Brennstoffe solche Theorien aufstellt und in die Öffentlichkeit bringt, der richtet seine Energiepolitik nicht auf die Zukunft aus, sondern meint, dass man die Fehler der Vergangenheit nur fortschreiben muss, um Antworten auf die Probleme der Energieversorgung zu bekommen. Ich bin der Auffassung, dass das nicht der richtige Weg ist.

Die Überschrift des Antrages der Grünen ist natürlich gewaltig: „Energiewirtschaft zukunftsfähig gestalten“. Es geht aber einzig und allein um die Frage, wie man mit Kohlekraftwerken umgeht. Lieber Kollege Janßen, ich gebe unumwunden zu, dass meine Erwartungen ein bisschen enttäuscht wurden. Durch die Rede ist der Antrag präzisiert worden. Sie haben gerade noch die Kurve bekommen. Denn letztendlich hat zukunftsfähige Energiepolitik viel mit Kraft-Wärme-Kopplung, mit regenerativen Energien und mit Energieeffizienz zu tun. Auch das kommt in solchen Betrachtungen bedauerlicherweise immer zu kurz. Sie hat auch eine ganze Menge mit Energieeinsparungen zu tun.

In diesem Antrag, über den wir jetzt zu fortgeschrittener Stunde diskutieren, geht es ausschließlich um das Thema der Kohlekraftwerke. Ich meine schon, dass wir uns miteinander über bestimmte Punkte Gedanken machen sollten, z. B. darüber, wie realistisch die Bedingung der CO2-Abscheidung ist. Wir wissen, dass die CO2-Abscheidung und die -Lagerung sicherlich noch nicht so weit ist, um auf das antworten zu können, was im Moment bei vielen in der Planung ist - wenn Sie denn an dieser Stelle auf Kohlekraftwerke setzen, meine Damen und Herren.

Lassen Sie mich an dieser Stelle eines sagen: Wenn das so ist, dann müssen wir - das mag man bedauern oder auch nicht - natürlich zur Kenntnis

nehmen, dass Kohlekraftwerke nur einen Übergang darstellen können, um die Energieversorgung tatsächlich auf andere Beine zu stellen. Allerdings werden wir ohne diese nicht auskommen. Eine hohe Priorität auf Kraft-Wärme-Kopplung zu legen, scheint mir sinnvoll zu sein. Wir haben in verschiedenen Bereichen entsprechende Ansätze. Darauf werden wir gemeinsam achten müssen.

Allerdings wird noch die Frage zu stellen sein - wir werden diesen Antrag ja noch weiter beraten -, inwieweit wir beispielsweise im Hinblick auf die Kohlepolitik darüber reden müssen, ein geordnetes Ausstiegsszenario auf den Weg zu bringen. Ich weiß, dass es in Schleswig-Holstein ähnliche Diskussionen zu dieser Thematik gegeben hat.

(Zuruf von Christian Dürr [FDP])

- Herr Dürr, ich habe Sie nicht verstanden. Wiederholen Sie das, damit ich Ihnen geeignet antworten kann.

(Christian Dürr [FDP]: Wie kann man nur so verblendet sein? - Gegenruf von Walter Meinhold [SPD]: Setz eine Sonnenbrille auf!)

- So verblendet sein. Das liegt generell an Ihren dunklen Sonnenbrillen. - Wenn es darum geht, einen geordneten Übergang zu organisieren, dann scheint mir das der richtige Weg zu sein.

Als letzten Punkt zu dieser Thematik will ich feststellen: Natürlich wird nicht alles, was geplant ist, auch gebaut. Wenn wir uns die konkreten Pläne ansehen, dann können wir feststellen, dass an vielen Stellen Kohlekraftwerke eingesetzt werden sollen, um alte Kraftwerkskapazitäten zu ersetzen. Dass das zunächst einmal eine CO2-Minimierung bedeutet, werden auch die Grünen nicht bestreiten können. Auch diesen Umstand müssen wir mit betrachten.

Meine Damen und Herren, ich will Herrn Behr und Herrn Dürr noch etwas erfreuen; das kann ich Ihnen einfach nicht schuldig bleiben.

(Christian Dürr [FDP]: Kernenergie! Wusste ich es doch!)

- Nein, nein, das sehe ich gelassen, Herr Dürr. Aber Herr Behr hat von „Unsinn“ gesprochen. Ich will ein Zitat zu dieser Thematik bringen, das den Begriff „Unsinn“ vielleicht noch ein bisschen illustriert. In einem Artikel im Winsener Anzeiger vom 1. Juni 2007 geht es u. a. um die Thematik „Kohle

kraftwerke“, zu der ein Minister des Landes gesprochen hat. Er sagte, außerdem müsse sich Deutschland um eigene Energiequellen bemühen, um nicht dauerhaft vom Import abhängig zu sein. Wörtliches Zitat: „Dazu zählt neben regenerativen Energien auch die Kernkraft.“ Das sagte Umweltminister Sander. Wer hier verbreitet, dass die Atomkraft mit einer 100-prozentigen Importquote dazu beiträgt, dass wir unabhängiger werden, Herr Behr, der sollte vielleicht noch einmal über den Sinn des Wortes „Unsinn“ nachdenken. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Dürr das Wort. Bitte schön!

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Einmal das Übliche, bitte!)

Da kann man noch etwas lernen, Herr Haase!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir führen seit Jahren die Debatte über die Nutzung der Kerntechnologie - vor allem auch unter dem Aspekt des Klimaschutzes. Wir haben Ihnen immer eines gesagt: Dort wo Kernkraftwerke dicht gemacht werden, werden Kohlekraftwerke entstehen, um die Grundlast auch in Zukunft zu gewährleisten. Sie - insbesondere die Grünen - haben gesagt, das sei nicht so, das alles könne man durch erneuerbare Energien kompensieren. Jetzt, meine Damen und Herren, kommt es ganz genau so, wie wir es Ihnen gesagt haben. Sie hätten Ihrem Antrag auch den Titel geben können: CDU und FDP hatten schon immer recht.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Dann müssen Sie ein Gesetz verabschie- den, in dem das steht!)

Ich will das am Beispiel von Stade - denn das liegt in Niedersachsen; und dort ist die Situation besonders brisant - deutlich machen. Ich sage ganz klar: Ich freue mich genauso wie Carsten Behr über die Ankündigung dieser Kraftwerksansiedlung. Mir ist es lieber, dass das in Stade gebaut wird als in Nordrhein-Westfalen oder Hessen.

(Walter Meinhold [SPD]: Oh, oh, oh!)

Meine Damen und Herren, ich will aber auch nicht verhehlen: Noch lieber wäre es mir gewesen - das wäre vor allem besser für den Klimaschutz gewesen -, wenn das Kernkraftwerk Stade heute noch am Netz wäre. Der Mythos der Grünen, das Verbot der Kerntechnologie führe nicht zu mehr CO2Emission, ist endgültig widerlegt.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Hans-Joachim Janßen [GRÜ- NE]: So holzschnittartig denken man- che in der FDP!)

Zweitens. Was das Thema der Verteilung von Emissionsrechten, das Herr Janßen vorhin angesprochen hat, angeht, so haben Sie recht, Herr Janßen, wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben, dass zu viele Emissionsrechte ausgegeben wurden. Die Preise sind auch deshalb im Keller. Zusammen mit den vielen Sonderregelungen des Nationalen Allokationsplans I hat es erhebliche Probleme auch für den Mittelstand in Niedersachsen gegeben. Es hat am Ende für den Klimaschutz nicht das gebracht - das müssen wir konstatieren -, was es hätte bringen können.

Eines verschweigen Sie aber dabei: Der Nationale Allokationsplan I ist im Jahr 2004 im Bundesministerium für Naturschutz und Reaktorsicherheit geschrieben worden, meine Damen und Herren. Der damalige Umweltminister war Jürgen Trittin.

(Zustimmung bei der FDP - Aha! bei der FDP - Klaus-Peter Dehde [SPD]: Wo haben Sie das denn her?)

Wenn Sie jetzt kritisieren, Herr Janßen, dass den Energieversorgungsunternehmen zu viele Zertifikate gegeben worden seien, dann zeigen Sie in Wahrheit auf sich selbst. Sie, meine Damen und Herren, haben der Industrie, vor allem den EVU, Geschenke gemacht. Dass die Grünen uns jetzt weismachen wollen, sie seien die großen Klimaschützer, ist geradezu grotesk.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Elke Müller [SPD]: Sie wollen doch nicht sagen, dass Sie das sind!)

Die SPD stellt ja zurzeit den Bundesumweltminister.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Endlich mal ein richtiger!)

Ich frage auch in Richtung der sozialdemokratischen Fraktion: Wo ist denn die Initiative bei

spielsweise im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft für eine dritte Handelsperiode mit Emissionsrechten, alle Zertifikate zu versteigern? Es gibt von Ihnen immer nur viel Papier, viele Ankündigungen, aber es steckt nichts, aber auch gar nichts, dahinter. Knuddel-Knut und Atomausstieg sind noch kein Klimaschutz.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dürr, Sie entwickeln sich hier immer mehr zu einem Lautsprecher, der immer recht hat. Ich schlage vor, dass Sie einen Gesetzentwurf einbringen, in dem steht: Egal welches Thema, CDU und FDP haben immer recht.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP und von Monika Wörmer- Zimmermann [SPD] - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Die Partei der Bes- serwisser sind doch Sie!)

Vielleicht könnten wir uns dann hinterher so manchen Redebeitrag ersparen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Ihren zum Beispiel!)

und müssten uns mit solchen Beiträgen nicht mehr herumschlagen.

Herr Dürr, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie bereit wären, einmal zuzuhören, denn Sie merken wohl an unseren Beiträgen, dass wir das sehr wohl machen

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Seit zwei Minuten eigentlich nicht!)

und keinesfalls darauf bestehen, dass alles, was wir in der Vergangenheit gemacht haben, immer und zu 100 % richtig war. Wir sagen beispielsweise deutlich, dass wir beim EEG heute Korrekturbedarf haben, weil wir Anlagen brauchen, die grundsätzlich immer Kraft-Wärme-Kopplung nutzen, und keine Anlagen mehr ohne Kraft-Wärme-Kopplung.

Wenn wir in die Kraft-Wärme-Kopplung gingen, wenn wir die Bundesrepublik auf die Nutzung von Kraft und Wärme umstellen würden, würden wir ohne zusätzliche Wärmedämmung, ohne erneuerbare Energien, ohne alles, was noch möglich ist, 50 % des heutigen Primärenergieverbrauchs schlicht und einfach einsparen können. Diese Potenziale haben wir.

Danke schön, Herr Wenzel, jetzt nicht mehr. Sie sind am Ende Ihrer Redezeit.

Ich bin sofort fertig. Ich weiß aus meinem eigenen Haushalt, dass es kein Problem ist, die Hälfte des Stroms oder auch mehr einzusparen. Deswegen sind 12 % Primärenergieanteil aus der Kernkraft mühelos wegzusparen. Das ist überhaupt kein Problem.

Herr Kollege Dürr, möchten Sie darauf antworten?

(Christian Dürr [FDP]: Ja!)

Bitte sehr! - Herr Wenzel, Sie haben nicht mehr das Wort, bitte verlassen Sie das Redepult.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin!