Protocol of the Session on June 5, 2007

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Mundlos, diese Geschichtsklitterung macht überhaupt keinen Sinn. Die Umlage zur Altenpflege ist seinerzeit von allen Verbänden gefordert worden. Sie ist auf Landesebene umgesetzt und danach in der Tat von denen, die sie gefordert haben, beklagt worden, und zwar erfolglos.

(Zuruf von Heidemarie Mundlos [CDU])

Das war ein riesiger Prozess, der für die Klagenden erfolglos ausgegangen ist. Damit ist die Rechtsgrundlage abgesichert.

Was ich gesagt habe, hat auch überhaupt nichts mit Kaffeesatzleserei zu tun. Man wird ja wohl noch den Pflegebericht Ihrer Landesregierung zitieren dürfen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Diese Landesregierung - nicht ich - ist zu den Ergebnissen gekommen, die ich eben vorgelesen

habe. Es geht also nicht darum, einen Pflegenotstand herbeizureden, sondern es ist unsere gemeinsame Aufgabe, einen Pflegenotstand zu verhindern.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Wir nehmen diese Aufgabe wahr, das sollten Sie auch machen!)

Die Umlage ist ein geeignetes Instrument, um dieses zu erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie haben viel über Modelle geredet, die z. B. der Bund erprobt. Sie haben aber nicht über Ihre eigenen Zuständigkeiten und Tätigkeiten gesprochen. Dort passiert nämlich nichts. Deshalb treiben Sie das Land in einen Pflegenotstand.

(Beifall bei der SPD)

Frau Mundlos, möchten Sie darauf antworten?

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Nein! Er ist beratungsresistent!)

Damit liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 11: Einzige (abschließende) Beratung: Keine heimliche Onlinedurchsuchung privater Computer und keine zentralen biometrischen Dateien! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3703 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport Drs. 15/3823

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bartling von der SPD-Fraktion. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bundesinnenminister hat auf einer Tagung in Bonn im Mai dieses Jahres auf Gefahren hingewiesen, die aus mangelnder Sicherheit bei der Nutzung moderner Informationstechnologie erwachsen. Dies hat er mit so beredten Worten getan - sie lassen sich in dem Protokoll nachlesen -, dass jeder Teilnehmer begreifen konnte, dass es eine der vornehmsten Aufgaben des Staates ist, Datensicherheit für Bürger und auch für Unternehmen zu gewährleisten.

Das heißt z. B., dass ich beim Onlinebanking darauf vertrauen darf, dass das Bankgeheimnis gewahrt bleibt, und dass ich beim Kontakt mit Behörden im Rahmen von E-Government meine persönlichen Daten nur der zuständigen Stelle zur Kenntnis gebe.

Wenn sich dieser - so nenne ich es einmal - schützende Staat aber genau der Instrumente bedient, die diese Sicherheit durchbrechen, dann wird nicht nur das Vertrauen in die Datensicherheit gefährdet, nein, es wird auch die Möglichkeit eröffnet, dass derjenige, der von einer solchen heimlichen Durchsuchung seines Computers betroffen ist, seinerseits bei entsprechender Intelligenz auf die Daten desjenigen zurückgreifen kann, der ausgeforscht hat. Allein aufgrund dieser praktischen Gefahr sollte die Nutzung dieses Instruments verboten werden.

Umso unverständlicher bleibt, dass der Bundesinnenminister und selbstverständlich auch der niedersächsische Innenminister weiterhin das Ziel verfolgen, heimliche Onlinedurchsuchungen in den Katalog der polizeilichen Eingriffsinstrumente aufzunehmen.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich ein grundsätzliches Problem mit der Schäubleschen und Schünemannschen Bespitzelungsplanung habe.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Was soll das denn? Das ist doch unver- schämt!)

- Ich erkläre Ihnen das gleich, wenn Sie das jetzt noch nicht begreifen.

Meine Damen und Herren, ich habe einmal nachgelesen, wer sich auf Bundes- und Länderebene schon alles zu diesem Thema geäußert hat. Ich zitiere die stellvertretende Vorsitzende der FDPFraktion im Deutschen Bundestag:

„Wir lehnen sowohl heimliche Onlinedurchsuchungen als auch die zentrale Speicherung von biometrischen Daten ab. Das beabsichtigte Ausspionieren des elektronischen Gedächtnisses von Privatpersonen stellt den großen Lauschangriff bei Weitem in den Schatten.“

So weit Frau Leutheusser-Schnarrenberger. Sie hat recht, meine Damen und Herren.

Wenn ich mir diejenigen anschaue, die sich positiv zur Onlinedurchsuchung geäußert haben, dann kann man den Eindruck gewinnen, dass es einen gewissen negativen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von PC-Kenntnissen und der Befürwortung der Festplattenausspähung gibt. Mein Eindruck ist: Nur wer keine Ahnung von Computern hat - ich bin auch nicht der größte Fachmann, aber das hat man mir inzwischen beigebracht -, kann Onlinedurchsuchungen ernsthaft befürworten.

(Zustimmung bei der SPD)

Der Neuen Osnabrücker Zeitung war unlängst zu entnehmen, dass der Präsident des Deutschen Anwaltvereins die Spionage in privaten Festplatten zum größtmöglichen Sündenfall der Großen Koalition erklärt hat: Würde sie erlaubt, hätte das entsetzliche Folgen für Intimität und Würde der Bürger. Vor diesem Hintergrund wundert es mich nicht, dass der gesamte Schäuble-Katalog bei juristischen Fachverbänden auf massive Vorbehalte gestoßen ist. Ich zitiere: Sollte Schäubles lange Liste umgesetzt werden, verabschiedet sich Deutschland vom Freiheits- und Rechtsstaat zum Präventivstaat, befürchten die Rechtsexperten. Grundrechte dürften nicht auf dem Altar vermeintlicher Sicherheitsinteressen geopfert werden. Trotz alledem hat sich Herr Schäuble nicht von seinen Plänen abhalten lassen.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir an dieser Stelle eine Zwischenbemerkung an all diejenigen, die jetzt natürlich einwenden - Herr Bode hat das eben schon versucht -, es habe auch schon zu Schilys Zeiten heimliche Zugriffe auf private Festplatten gegeben. Die Erklärung des

zuständigen Staatssekretärs zeigt, dass dieser Vorwurf schlicht falsch ist. Damit wir uns richtig verstehen: Wenn jemand Informationen ins Internet stellt und sie auf diese Weise Dritten zugänglich macht, etwa in Form sogenannter geschlossener Internetforen, dann geht es nicht um das Ausspähen privater Festplatten, sondern um das Überwachen einer Kommunikation, die nicht dem geschützten Kernbereich privater Lebensführung zuzurechnen ist. Genau dies ist damals gemacht worden. Dem Verfassungsschutz ist das Mitlesen verschlüsselter, per Internet jedoch erreichbarer Server erlaubt worden. Dieses Vorgehen halte ich für richtig. Ich meine, dass niemand ernsthaft etwas dagegen haben kann.

Die Schäuble-Pläne zur heimlichen Onlinedurchsuchung haben demgegenüber eine ganz andere Qualität: Es geht nicht um Befugnisse für den Verfassungsschutz, sondern um Befugnisse für die Polizei. Es geht auch nicht mehr lediglich um Informationen, die jemand, wenn auch verschlüsselt, ins Internet stellt. Hier geht es vielmehr um den Teil der Informationen, der sich auf privaten Festplatten befindet und den der Betroffene Dritten gerade nicht zugänglich machen möchte, sondern den er für privat abgesichert hat. Wer ernsthaft fordert, dieser Teil der Festplatten müsse aus präventiven Gründen heimlich ausgespäht werden, der kann auch gleich die Erlaubnis eines heimlichen Wohnungseinbruchs durch die Sicherheitsbehörden fordern.

(Widerspruch bei der CDU)

Es ist nicht so, dass der Staat untätig zusehen muss, wenn er den Verdacht hat, dass jemand auf seinem privaten Rechner etwa an Anschlagsplänen arbeitet. Das geltende Recht bietet genügend Möglichkeiten, hier einzuschreiten, z. B. die Beschlagnahme des betroffenen Rechners.

Herr Bartling, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Bode?

Ja, gerne.

Herr Kollege Bartling, Sie haben gerade den Vergleich mit einem präventiven Wohnungseinbruch ins Feld geführt. Können Sie mir sagen, wie man

im Rahmen eines präventiven Großen Lauschangriffs, der im niedersächsischen Polizeigesetz vorgesehen ist, eine Wanze in einer Wohnung unterbringen kann, ohne die Wohnung präventiv aufzubrechen, und welche Partei die Regierungsverantwortung trug, als diese Regelung ins Gesetz aufgenommen wurde?

Herr Bode, Sie haben mir wohl nicht richtig zugehört. Ich habe das, was Herr Schäuble vorhat, mit einem Wohnungseinbruch verglichen und gesagt: Wenn man das erlaubt, dann könnte man den Sicherheitsbehörden auch erlauben, in eine Wohnung einzubrechen.

(Zuruf von der CDU: Ich glaube, Sie haben ihm nicht richtig zugehört!)

Das, was im Hinblick auf Computer geplant ist, hat nämlich dieselbe Qualität, als wenn Sie Sicherheitsbehörden den Einbruch in eine Wohnung erlauben.

(Jörg Bode [FDP]: Wo ist denn da der Unterschied? Und war es nicht die SPD, die das in Niedersachsen ein- geführt hat?)

- Ich weiß nicht genau, um was es jetzt geht.

(Jörg Bode [FDP]: Um das Plazieren von Wanzen!)