Protocol of the Session on April 27, 2007

Danke schön, Herr Kollege Nacke. - Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin HeisterNeumann.

Und da soll noch jemand etwas über schlechte Presseberichterstattung sagen. Sie ist ganz hervorragend, das ist wunderbar beschrieben und zutreffend. Ich habe mich sehr darüber gefreut, weil es eine vertiefte Kenntnis von den Verhältnissen vor Ort dokumentiert.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Wortmeldungen für weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Ich rufe deshalb auf

Frage 2: Naturschutzarbeit des landwirtschaftlichen Naturvereins Rheiderländer Marsch

Herr Thiele, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! In Eigeninitiative gründeten Landwirte im Rheiderland im Landkreis Leer 2004 den landwirtschaftlichen Naturverein Rheiderländer Marsch. 27 Landwirte stellten für den Artenschutz vor Ort eine Gesamtfläche von 4 500 ha zur Verfügung.

Der Verein setzt sich vornehmlich für den Vogelschutz ein. Durch neue Konzepte werden Vogelarten, aber damit einhergehend auch andere bedrohte Tierarten auf Ackerflächen geschützt. Dazu werden auf hochwertigen Böden Schutzstreifen angelegt, die die Lebensqualität für seltene Tiere verbessern. Diese Streifen bleiben von der landwirtschaftlichen Nutzung frei und werden Lebensraum für die vorgenannten Arten. Bereits schnell nach Beginn der Maßnahme zeichneten sich erste Erfolge ab.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie stellen sich die Erfolge des Projektes Rheiderländer Marsch dar, und welche weiteren Perspektiven ergeben sich aus Sicht der Landesregierung für dieses Vorhaben?

2. Wie wird der landwirtschaftliche Naturverein Rheiderländer Marsch seitens der Landesregierung gefördert?

3. Welche vergleichbaren Projekte oder Vereine gibt es in Niedersachsen?

Herzlichen Dank, Herr Thiele. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Sander. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch den fortlaufenden Wandel in der Landwirtschaft kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen dem Naturschutz und der Landwirtschaft. Die Ackerflächen in der heutigen Zeit sind vielfach arm an Strukturen. Auch die Landtechnik zeigt einen stetigen Wandel zu höherer Produktivität. Hierdurch ist es auf Ackerflächen vielfach zu einem Artenrückgang in der Vogelwelt gekommen. Lebensräume typischer Arten der Feldflur, wie Feldlerche, Wachtel, Rebhuhn und Wiesenweihe, werden immer seltener. Ein effektiver Naturschutz kann nicht ohne eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Landwirten und den Naturschützern funktionieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aus diesem Grund wurde 2003 vom Landwirtschaftlichen Naturverein Rheiderländer Marsch e. V. in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Umweltministerium ein zielgerichtetes, partnerschaftliches und bürokratiearmes Projekt „Landwirtschaftlicher Naturschutz“ initiiert. Ziel des Projektes ist die Verbesserung der Strukturvielfalt, der Lebensraumsituation und der Fortpflanzungserfolge von Vogel- und anderen Tierarten der Feldflur über die Errichtung von struktur- und nahrungsreichen Randstreifen als Beitrag zur Sicherung der biologischen Vielfalt in Niedersachsen. Das Projekt verdient aus folgenden Gründen besondere Beachtung:

Erstens. Zum ersten Mal haben sich Landwirte in dieser Form aus eigener Initiative zu einem Naturschutzverein zusammengeschlossen, um auf ih

rem eigenen Grund und Boden und aus eigenem Entschluss einen Beitrag für den Artenschutz in der Feldflur zu leisten.

Zweitens. Das Schutzkonzept ist von den Landwirten selbst entwickelt worden. Sie waren also nicht vor die Entscheidung gestellt, ein von der Verwaltung angebotenes Konzept zu akzeptieren oder abzulehnen.

Drittens. Die Einsparung von Verwaltungsaufwand ist erheblich. Das ist dadurch bedingt, dass es mit dem Verein für die Naturschutzverwaltung nur noch einen Vertrags- und Ansprechpartner gibt. Nach der bisherigen Praxis hätten wir mit den 32 Landwirten 32 Einzelverträge geschlossen. Die Vertragsabschlüsse mit den einzelnen Landwirten organisiert der Vereinsvorstand.

Viertens. Der Vertrag zwischen der Landesnaturschutzverwaltung und den Landwirten ist auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen abgeschlossen worden. Deshalb sind die im Zuwendungsbescheid des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft-, Küsten- und Naturschutz enthaltenen Auflagen so gering und so einfach gefasst worden, wie es das Haushaltsrecht und die fachlichen Ziele erlauben.

Fünftens. Durch den Verzicht auf die EUKofinanzierung soll der in unglaublicher Weise immer mehr überbordende bürokratische Aufwand vermieden werden, der von der Kommission zum Zwecke der Kontrolle der Landwirte verlangt wird.

Das öffentliche Interesse am Projekt wurde durch die Dreharbeiten eines Filmteams des NDR unterstrichen. Ein Film mit sehenswerten Einblicken in die Arbeit des Landwirtschaftlichen Naturvereins Rheiderländer Marsch und die erzielten Erfolge wurde im ARD-Abendprogramm ausgestrahlt. Überhaupt trifft dieses Projekt auf eine breite Resonanz in der Bevölkerung und trägt in hohem Maße zum Erlebniswert der Region bei.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nach nunmehr dreijähriger Praxisphase in den Jahren 2004 bis 2006 bewertet die Landesregierung das von engagierten Landwirten des Landwirtschaftlichen Naturvereins Rheiderländer Marsch getragene und professionell durchgeführte Artenschutzprojekt als überaus erfolgreich.

In der kurzen Zeit von 2004 bis 2006 ist es dem Landwirtschaftlichen Naturverein gelungen, rund 88 ha vernetzte Vogelschutzstreifen in einer Gesamtlänge von 57 km zu schaffen. Dadurch konnte eine Gesamtackerfläche von ca. 4 500 ha in ihrer Lebensraumqualität für Vogelarten wie Feldlerche, Rebhuhn und Wiesenweihe sowie für andere Tierarten der Feldflur, z. B. Feldhase und Reh, deutlich verbessert werden.

Die Schutzstreifen haben eine Breite von mindestens 6 m und maximal 30 m. Die Länge soll mindestens 30 m betragen. Die Aussaat hat bis zum 1. April des ersten Verpflichtungsjahres zu erfolgen. Die Saatgutmischung wird vom Verein einer Erfolgskontrolle unterzogen und gegebenenfalls verändert. Der NLWKN als Fachbehörde für Naturschutz steht dem Verein beratend zur Seite.

Die Zuwendungsempfänger sind zur Pflege der Artenschutzstreifen verpflichtet. Mindestens einmal im Jahr sollen die Streifen gemäht werden. In der Zeit vom 15. April bis zum 15. Juli darf nicht gemäht werden - das ist die Hauptbrutzeit.

Der Landwirtschaftliche Naturverein und das Niedersächsische Umweltministerium sind sich darüber einig, dass die bisherigen Ergebnisse die Anfangshoffnungen mehr als übertroffen haben. Sollte sich dieser positive Trend in den folgenden Jahren stabilisieren oder sogar fortführen, könnten alle am Projekt Beteiligten mit großer Zufriedenheit auf ihr Engagement blicken.

Im Einzelnen stellen sich die Erfolge wie folgt dar:

Mit 32 landwirtschaftlichen Betrieben nehmen über 90 % der Betriebe im Projektgebiet teil. Der Gesamtumfang des Schutzstreifen-Systems hat sich von 57,2 ha im Jahr 2004 auf 87,5 ha im Jahr 2006 vergrößert. Die Gesamtlänge der einzelnen Schutzstreifen hat sich von 42,2 km im Jahr 2004 auf 57,1 km im Jahr 2006 erhöht. Die durchschnittliche Streifenbreite ist von 13,5 m im Jahr 2004 auf 15,3 m im Jahr 2006 gewachsen.

Meine Damen und Herren, gerade die Aussaat von sehr vielen Blühpflanzen in der Saatmischung hat dazu geführt, dass der Bewuchs in der letzten Zeit sehr viel durchlässiger und somit auch attraktiver für die Feldvögel geworden ist. Die blühenden Streifen, die 2006 angelegt worden sind, hatten das höchste Artenaufkommen und sind im Übrigen auch unter touristischen Gesichtspunkten eine Augenweide.

Die Bestände und Fortpflanzungserfolge zahlreicher gefährdeter Tierarten haben sich erfreulich entwickelt. Neben der Schafstelze und Feldlerche haben vor allem die bestandsgefährdeten Arten Wachtel, Rebhuhn, Rohr- und Wiesenweihe profitiert.

2006 konnten von der Wachtel bis zu 3,9 Bruten auf 100 ha in Luzerne und den Artenschutzstreifen festgestellt werden. Im Sommer wurden ausschließlich die Artenschutzstreifen von der Wachtel als Deckung und Nahrungslebensraum genutzt.

Die anhaltend positive Bestandsentwicklung des Rebhuhns gibt Anlass zur Freude. Mit 9 Brutpaaren und 41 Jungvögeln wurde im Jahr 2006 der bislang höchste Rebhuhnbestand im Projektgebiet nachgewiesen; ein Vergleich: 2004 gab es 2 Brutpaare und 10 Jungvögel.

Besonders hervorzuheben sind die Erfolge aus Sicht des Weihenschutzes. 7 erfolgreiche Bruten und 22 ausgeflogene Jungvögel der gefährdeten Rohrweihe und 6 Brutpaare der vom Aussterben bedrohten Wiesenweihe mit 15 ausgeflogenen Jungvögeln im Jahr 2006 sprechen für sich. Die Artenschutzstreifen wurden von Alt- und Jungvögeln aufgrund ihres Mäusereichtums besonders gern angenommen und regelmäßig zur Nahrungssuche genutzt.

Die Bedeutung der Artenschutzstreifen für die Feldlerche ist ebenfalls offensichtlich. Während in einem Teilgebiet mit einem hohen Anteil an Artenschutzstreifen 25 Feldlerchenbruten auf 100 ha kartiert wurden, lag deren Anzahl in einem Teilgebiet mit weniger Artenschutzstreifen nur bei 12,3 Bruten auf 100 ha.

Die Landesregierung beabsichtigt, die erfolgreiche und vertrauensvolle partnerschaftliche Zusammenarbeit des Landes mit dem Landwirtschaftlichen Naturverein weiterzuführen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Zu Frage 2: Das Niedersächsische Umweltministerium gewährt dem Landwirtschaftlichen Naturverein für die Schaffung von Artenschutzstreifen im Zeitraum 2004 bis 2008 eine jährliche Zuwendung bis zu einer Höhe von 70 000 Euro. Die haushaltstechnische Abwicklung und fachliche Begleitung des Projektes obliegt der Fachbehörde für Naturschutz im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz.

Zu Frage 3: Das Pilotprojekt „Landwirtschaftlicher Naturschutz“ ist von der Organisationsform und der verwaltungsmäßigen Abwicklung her in Niedersachsen einzigartig.

Ein weiteres gelungenes Kooperationsprojekt zwischen der Landwirtschaft und dem Naturschutz ist das Wallheckenprogramm in der Pilotregion Ostfriesland. Das Projekt fußt auf einer regionalen Initiative. Ich bin dankbar, dass so viele Abgeordnete aus dem ostfriesischen Raum - Kollege Ontijd, Herr Dinkla, Frau Ortgies, die zwar oldenburgische Friesin ist, die wir hier aber dazu zählen, ferner Herr Riese - mitgeholfen haben, darauf hinzuweisen, dass wir diese einzigartige Wallheckenlandschaft in die nächste Generation retten müssen, aber gleichzeitig eine erfolgreiche Landbewirtschaftung gewährleisten müssen. Somit konnten wir im Herbst letzten Jahres dieses Projekt auf die Beine stellen.

(Beifall bei der CDU)

Das Projekt zielt nämlich - ganz im Sinne der Nachhaltigkeit - darauf, die kulturhistorisch und naturschutzfachlich wertvollen Wallhecken gezielt zu pflegen und zu erhalten.

Ähnlich wie das Projekt im Rheiderland hat auch das Wallheckenprogramm Vorbildcharakter und zeigt, wie gut naturschutzfachlich wertvolle Erfolge in einer partnerschaftlichen Kooperation zwischen der Landwirtschaft und dem Naturschutz erzielt werden können und die Akzeptanz für Maßnahmen des Naturschutzes durch eine aktive Einbindung der Menschen vor Ort gesteigert werden kann.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister Sander. - Wortmeldungen für Zusatzfragen liegen mir nicht vor. Ich stelle fest: Es ist 10.08 Uhr. Damit ist die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt beendet.

Sie wissen, dass die Antworten der Landesregierung zu den Anfragen, die jetzt nicht mehr aufgerufen werden konnten, nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben werden.

(Heinz Rolfes [CDU] meldet sich zu Wort)

- Herr Rolfes, welche Anmerkung gibt es noch?