Protocol of the Session on March 8, 2007

Unser Innenminister hat kürzlich in einem Interview deutlich gesagt: Es muss weiter bei der Regelung bleiben: erst Arbeitsplatz, dann Aufenthaltsrecht. Diese Aussage tragen wir mit und werden so einem Zuzug in die öffentlichen Sozialsysteme eine klare Absage erteilen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Zwei Kollegen haben sich zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet, zunächst Herr Kollege Bachmann auf Frau Kollegin Lorberg. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu drei Punkten etwas sagen.

Erstens. Frau Lorberg, ich weiß nicht, an welchen Ausschussberatungen Sie teilgenommen haben, in denen Sie mich gehört haben, aber ich weiß sehr genau, was ich gesagt habe.

(Editha Lorberg [CDU]: Ich kann Ihnen die Protokolle zeigen!)

Wir haben uns für jeden Einzelfall unter humanitären Gesichtspunkten, auch unter Härtefallgesichtspunkten, eingesetzt, mehr als Sie. Das brauchen wir jetzt nicht gegenseitig zu referieren. Es geht nicht nach dem Motto: Sie kümmern sich um den einzelnen Menschen und wir um die Menschheit.

Wir kümmern uns mehr um den einzelnen Menschen als Sie.

Zweitens. Wir machen deutlich, dass wir eine Bleiberechtsregelung nach Kriterienkatalog wollen. Das bedeutet, dass bestimmte Kriterien die Menschen berechtigen, hier zu bleiben. Es ist nicht so, wie von Ihnen suggeriert und unterstellt: Die SPD ist dafür; kommt alle her, die ihr mühselig und beladen seid.

(Zuruf von Editha Lorberg [CDU])

Diesen Eindruck versuchen Sie zu erwecken, aber das ist nicht unsere Politik.

(Weitere Zurufe von der CDU)

Wir haben Ihnen Kriterien für einen Bleiberechtskatalog vorgelegt. Wir wollen weg von Stichtaglösungen. Wir wollen nachvollziehbare rechtliche Gründe. Ich habe im Einzelnen gesagt, was aus unserer Sicht Ausschlussgründe sind. Lesen Sie unseren Entschließungsantrag, und bauen Sie hier keine Legenden auf.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Drittens. Sie behaupten, wir wollten dafür sorgen, dass sich Menschen in die Sozialsysteme flüchten und auf Staatskosten leben. Wir sagen: Ergänzende Sozialhilfe ist im Einzelfall gerechtfertigt, wenn humanitäre Gründe dafür sprechen.

Es tut mir leid; die anderthalb Minuten sind vorbei, Herr Kollege Bachmann. Ich habe auch Ihnen das Mikrofon abgestellt.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat Frau Kollegin Langhans das Wort zu einer Kurzintervention auf die Kollegin Lorberg, ebenfalls anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Lorberg! Vielleicht sollte ich Sie noch einmal darüber aufklären, dass die Geduldeten bis heute, auch nach der neuen Bleiberechtsregelung, keinerlei Zugang zu Integrationskursen haben. Sie haben keine Berechtigung dafür.

Dann will ich Ihnen noch eines sagen: Ihre Bemerkung, man könne mit vielen Tricksereien ein Aufenthaltsrecht bekommen,

(Editha Lorberg [CDU]: Es ist doch aber so!)

zeigt doch wieder einmal sehr deutlich Ihr grundsätzliches Misstrauen gegen alle diese Menschen, die hier geduldet sind.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Editha Lorberg [CDU]: Das ist kein grundsätzliches Misstrau- en!)

Ich möchte Ihnen auch sagen, dass das, was Sie hier wieder erklären, nicht stimmt. Die Ausländerbehörden erlauben diesen Menschen, die seit Jahren hier leben, keine Arbeitsaufnahme. Den Jugendlichen wird verboten, in Ausbildungsbetriebe zu gehen und eine Ausbildung zu machen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Weil sie rechtskräftig ausreisepflichtig sind! So ist es!)

- Herr Biallas, Sie sind doch jetzt gar nicht dran.

(Zuruf von der CDU: Frau Lehrerin!)

Und dann erzählen Sie hier ständig und immer wieder die Mär von der Zuwanderung in die Sozialsysteme. Warum ermöglichen Sie den Menschen keine Arbeitsaufnahme, wenn das Arbeitsamt sie ihnen gestattet? Nicht die Arbeitsämter, sondern die Ausländerbehörden sagen: Nein, wir wollen nicht, dass sie in Arbeit kommen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das stimmt nicht!)

Solange wir dieses Problem nicht lösen, können Sie nicht behaupten, es gebe eine Einwanderung in die Sozialsysteme.

(Beifall bei den GRÜNEN - Editha Lorberg [CDU]: Doch! Das ist aber so!)

Frau Kollegin Lorberg, möchten Sie antworten?

(Editha Lorberg [CDU]: Nein!)

Dann hat jetzt Herr Kollege Bode von der FDPFraktion das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Insbesondere die letzten Wortbeiträge in den Kurzinterventionen haben mich schon ein wenig überrascht. Entspräche das Bild, das hier gezeichnet wurde, tatsächlich der Realität, stünde alles, was Sie, Frau Langhans, behauptet haben, tatsächlich in den Erlassen des Innenministeriums, dann müsste man in der Tat über entsprechende Konsequenzen nachdenken. Aber es ist doch genauso wie eben schon bei der Gigaliner-Debatte: Man stellt einfach falsche Sachverhalte in den Raum - ob wider besseres Wissen oder trotz besseren Wissens, kann ich nicht beurteilen -, und die führen zu diesen Ausführungen. Es ist einfach nicht redlich, wie wir hier miteinander umgehen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Es ist auch nicht redlich, dass die Grünen hier heute einen Antrag zur Diskussion stellen, in dem es um Abschiebemoratorien oder Ähnliches geht, mit dem sie dringend neue Lösungen fordern und der sich auf die Zeit vor der Innenministerkonferenz bezieht. Das habe ich in den Beratungen im Innenausschuss immer wieder gesagt. Die Innenministerkonferenz hat stattgefunden, und das Abschiebemoratorium existiert, auch hier in Niedersachsen. Ihr Antrag ist erledigt und hat mit der Realität und der jetzigen Situation überhaupt nichts mehr zu tun. Es ist schon eine Schande, dass wir überhaupt noch darüber reden müssen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Die SPD muss ich einmal loben. Herr Bachmann hat nämlich erkannt, dass auch ihr alter Antrag mit der Realität nichts mehr zu tun hat, und hat deshalb nachgelegt. Das ist richtig. Allerdings wurde der Antrag dadurch in den Inhalten auch nicht besser.

Wir haben in der Innenministerkonferenz eine Kompromisslösung gefunden, durch die die Situation des betroffenen Personenkreises in einem erheblichen Maße verbessert wurde. Den betroffenen Personen wurde zu einem Status verholfen, der sich in der Praxis bewährt. Natürlich hatten direkt nach der Umsetzung nicht sofort alle Ausländerbehörden die entsprechenden Regelungen präsent. Aber wir haben uns davon überzeugen können, dass das Innenministerium dafür Sorge trägt, dass in allen Ausländerbehörden die Umset

zung vor Ort sach- und fachgerecht vonstatten gehen wird.

Wir sind aber noch weiter tätig geworden. Es gibt eine Bundesratsinitiative Niedersachsens zur Modernisierung des Ausländerrechts, und da lassen wir uns auch gar nicht mit Innenminister Schünemann auseinanderdividieren. Wir haben darin auch Vorschläge für den Zuzug von Hochqualifizierten gemacht.

(Unruhe)

Herr Kollege Bode, ich möchte Ihnen nur mitteilen: Sie können sich Zeit lassen. Auch Sie bekommen eine Minute zusätzliche Redezeit, weil es zu laut ist. Wenn es noch lauter wird, schenke ich Ihnen noch eine weitere Minute.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das will ich aber auch haben!)

Warten wir zehn Sekunden, um zu sehen, ob es sich ein bisschen beruhigt. - Okay.

Wir haben eine Bundesratsinitiative eingereicht, die den Zuzug von Hochqualifzierten sowie den Zuzug von Selbstständigen, die hier ein Unternehmen gründen und Arbeitsplätze schaffen wollen, nach Deutschland erleichtern wird und durch die viele Detailregelungen verbessert werden. Innenminister Schünemann hat erklärt, er selbst würde sogar noch einen Schritt weiter gehen. Das begrüßen wir sehr. Auch wir würden den zweiten Schritt gern schon jetzt gehen, aber zunächst einmal müssen wir die Beratungen des Bundestages abwarten und sehen, was dort tatsächlich mehrheitsfähig ist. Im Übrigen weise ich Sie nur darauf hin, Herr Bachmann, dass die FDP-Bundestagsfraktion diese Initiative Niedersachsens in weitesten Teilen übernommen und sich ebenfalls zu eigen gemacht hat. Wir sind hier auf einem hervorragenden Weg zu einem neuen moderneren Zuwanderungsrecht.

Natürlich bleibt weiterhin die Frage nach einer völlig anderen Zuwanderungsregelung offen; darüber müssen wir sicherlich noch eine längere gesellschaftliche Debatte führen. Wir schlagen z. B. ein Punktesystem für Fachkräfte und andere vor, wie es in modernen Zuwanderungsgesetzen in den USA, in Kanada oder in anderen Ländern schon

längst gang und gäbe ist. In diesem Bereich müssen wir die gesamtgesellschaftliche Debatte in Deutschland gemeinsam noch weiter vorantreiben. Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt.

Wir freuen uns, dass unser niedersächsischer Innenminister Uwe Schünemann und unser FDPInnenminister aus Nordrhein-Westfalen in der Innenministerkonferenz in dieser Frage die gleiche Meinung vertreten und Seit‘ an Seit‘ marschieren. Ich meine, das wird zu einer vernünftigen Regelung führen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)