Protocol of the Session on March 7, 2007

Die gezielte Unterstützung insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen sowie des Handwerks durch die Förderung einzelner Innovationsprojekte, unabhängig von Branche und Technologiefeld, dient der Verbesserung von Markt- und Wettbewerbschancen. Es dient auch dazu, die Betriebe dabei zu unterstützen, sich selbst zu modernisieren und an den Notwendigkeiten von morgen auszurichten.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Die Umsetzung dieser Politik erfolgt konkret durch Bildung regionaler Kompetenzzentren, Förderung von Netzwerken, Clustern und Landesinitiativen in neuen Technikbereichen oder durch die Begleitung einzelner Innovationsvorhaben von der Beratung bis hin zur Vergabe kostengünstiger Kredite.

Entscheidend für die strategische Ausrichtung unserer Politik ist der ressortübergreifende Ansatz. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsund Wissenschaftsministerium ist zwingend erforderlich, und ich bin froh, feststellen zu können, dass sie inzwischen hervorragend funktioniert. Wir nutzen es für die Wirtschaft, dass Niedersachsens universitäre und wirtschaftsnahe außeruniversitäre Forschungsinstitute international anerkannt sind.

Auch das Umwelt-, das Landwirtschafts-, das Sozial- und das Kultusministerium sind wichtige Partner der Innovationspolitik dieser Landesregierung. Projekte und Initiativen in den Bereichen Umweltund Klimaschutz, Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft und technologieoffene Jugend wie die IdeenExpo können nur gemeinsam erfolgreich auf den Weg und zum Ziel gebracht werden.

Meine Damen und Herren, auch das will ich sagen: Innovationspolitik geht weit über technologische Aspekte hinaus. Die Erfinder Bill Hewlett und Dave Packard hätten ihr Weltunternehmen HP in

Deutschland nicht gründen können; denn sie begannen mit der Montage der von ihnen entwickelten Tonoszillatoren in einer angemieteten Garage nach deutschem Recht als Arbeitsstätte nicht genehmigungsfähig, da es an Fenstern fehlt. Fenster dürfen in einer Garage allerdings nicht eingebaut werden. Konsequente Innovationspolitik braucht deshalb auch Bürokratieabbau. Heute sind Erfinder und Unternehmer wie weiland Gulliver mit tausend Vorschriften gefesselt. Es kostet aber Arbeitsplätze und Zukunftschancen, wenn sich kreatives Denken nicht entfalten kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Kreativ denken müssen nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Politik. Bisher erfolgt die Innovationspolitik ausschließlich aus laufenden, jährlich schwankenden Haushaltsmitteln. Das erlaubt keine umfassende Langfristplanung. Andererseits besitzt das Land Vermögen, das nicht unmittelbar zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zukünftiger Generationen beiträgt. Die Immobilien des Landes leisten bisher keinen Beitrag zur geistigen Mobilität des Landes. Auch gibt es bisher nur unzureichende Möglichkeiten, dass private Dritte einen finanziellen Beitrag zur Innovationspolitik des Landes leisten.

Daraus leitet sich für einen Zukunfts- und Innovationsfonds ab: Der Fonds muss eine Diversifikation der Finanzierungsquellen von kurzfristig flexibel bis langfristig stabil ergeben. Ein Grundstock an Vermögen muss dauerhaft vorhanden sein und der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit dienen. Die Finanzierungsquelle „Private Dritte“ muss erschlossen werden. Das neue Stiftungsrecht gibt hier zusätzliche Möglichkeiten.

Diversifikation bedeutet, dass der Zukunfts- und Innovationsfonds als Dach auf mehreren Finanzierungssäulen stehen soll. Diese Säulen sind erstens der Wirtschaftsförderfonds, zweitens der Europäische Fonds für regionale Entwicklung und drittens die Stiftung Zukunfts- und Innovationsfonds Niedersachsen. Diese Stiftung ist die entscheidende Neuerung. Leitgedanken sind: Innovationsförderung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und dient der Generationengerechtigkeit. Im Kuratorium der Stiftung sollen Vertreter der Landesregierung, der Wissenschaft und der Wirtschaft beteiligt werden. Mit der Stiftung wird privaten Dritten eine Plattform zur finanziellen Unterstützung der Innovationsförderung des Landes geboten. Die Stiftung ist damit Ausdruck gemein

samer Verantwortung von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dabei wird dauerhaft ein zusätzliches Mindestvolumen garantiert, welches zukünftigen Generationen zur Verfügung steht. Wir machen heute einen ersten Schritt, dem weitere folgen werden. Der Bedarf an Unterstützung ist sehr groß - sowohl in klassischen Bereichen als auch für Projekte neuer Art. Dafür nenne ich jeweils nur ein Beispiel:

Ein Projekt klassischer Art ist z. B. der Aufbau des Arbeitsschwerpunktes Fasertechnologien im Laserzentrum Hannover. Dieses Projekt hat Querschnittscharakter und bietet übergreifend Innovationspotenzial für nahezu alle strategischen Felder des Laserzentrums - Mikro- und Nanophotonik, Biophotonik, Lasermedizin und Medizintechnik, Struktur- und Fügetechnik im Fahrzeugbau usw. und den Wirtschafts- und Innovationsstandort Niedersachsen. Die Umsetzung der Fasertechnologien bedarf eines vollständig neuen Konzepts, da insbesondere die Herstellung aktiver Fasern - das ist eine völlig neue Entwicklung - eine starke Abhängigkeit von der Sauberkeit der Umgebung aufweist. Die Investitionen für die technische Ausstattung belaufen sich auf mehrere Millionen Euro.

Ein Projekt neuer Art ist Pflanzenbiotechnologie und Schule. Ziel eines solchen Projektes ist es, über die Vermittlung theoretischer Kenntnisse, praktischer Erfahrungen und ethischer Reflexion zu einer realistischen Einschätzung der Nutzungsmöglichkeiten und Gefahren der grünen Biotechnologie zu gelangen. Bestandteile des Projekts könnten die Unterstützung der Einrichtung von fünf Praxislaboren in niedersächsischen Stützpunktschulen sein. Der gesellschaftliche Nutzen läge in einem Beitrag zur innovationsoffenen Gesellschaft und der Fähigkeit, mögliche Gefahren realistisch einzuschätzen. Der bildungsrelevante Nutzen läge darin, Lehrer mit aktuellen Verfahren vertraut zu machen, Schüler für die Methoden der modernen Biotechnologie zu begeistern und langfristig benötigte Fachkräfte zu gewinnen. Eine derartige Maßnahme könnten wir momentan finanziell nicht unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, erstmals beginnen wir damit, einen dauerhaften Vermögensstock für die Innovationsförderung auch kommender Generationen vollständig neu zu schaffen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die jetzt angesetzten 20 Millionen Euro sind ein erster Schritt. Das Grundkapital des Fonds soll schon 2008 auf 100 Millionen Euro anwachsen. Die weitere Aufstockung aus Teilerlösen aus Vermögensverkäufen des Landes ist vorgesehen. Ein wesentliches Element ist die Offenheit für private Zustiftungen.

Für die Innovationsförderung stehen in diesem Jahr im gesamten Zukunfts- und Innovationsfonds Niedersachsen gut 61 Millionen Euro zur Verfügung. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 standen für die Innovationsförderung knapp 35 Millionen Euro zur Verfügung. Aber es kommt der Aufbau der Stiftung dazu. Dieser Paradigmenwechsel hin zu mehr Generationengerechtigkeit und gesamtgesellschaftlicher Verantwortung, der mit dem Kabinettsbeschluss zum Zukunfts- und Innovationsfonds vom gestrigen Tage eingeläutet wurde, ist eine zentrale Neuerung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Sehr rich- tig!)

Natürlich fangen wir in Niedersachsen nicht bei null an. Nach der Statistik der EU ist die Region Braunschweig die forschungsintensivste Region Europas. So beträgt der Anteil an Forschung und Entwicklung hier mehr als 7 % des Bruttoinlandsprodukts. Deutschlandweit sind es nur 2,5 %. Braunschweig ist zu Recht die „Stadt der Wissenschaft 2007“.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Bereich der Biophysik haben niedersächsische Forscher in den letzten Jahrzehnten zwei Nobelpreise erhalten. Professor Stefan W. Hell hat 2006 den Deutschen Zukunftspreis für ein neuartiges Lichtmikroskop erhalten. Der hervorragende zwölfte Platz der GISMA Business School mit ihrem Executive-MBA-Programm „International Master’s in Management“ - ich muss diesen englischen Begriff nennen, weil es eine internationale Ausbildung ist - hat im weltweiten Ranking der Financial Times das positive Bild für Niedersachsen bestätigt. Unter den vier in Deutschland angebotenen Programmen steht die GISMA sogar auf Platz 1 vor der Koblenzer Privatuniversität. Das ist eine erstaunliche Leistung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr gut!)

Ich stelle fest: Erstens. Wir leisten durch Verwaltungsvereinfachung, Bürokratieabbau, wissenschafts- und bildungspolitische Maßnahmen und durch finanzielle Unterstützung von innovativen Projekten zur Entwicklung des Innovationsstandortes zentrale Beiträge für die Zukunft unseres Landes.

Zweitens. Wir haben in Niedersachsen innovative Unternehmen mit Produkten der absoluten Weltklasse, wie z. B. die Firma Sennheiser. Es lohnt sich, hier weitere Forscher- und Innovationsaktivität zu unterstützen.

Die Lage ist so schlecht nicht. Wir arbeiten an weiterer Exzellenz; denn die Konkurrenz schläft nicht. Neu aufbauen müssen wir aber das Marketing der Vorzüge Niedersachsens im Innovationsbereich. Notwendig ist es auch, die allgemeine Öffentlichkeit und besonders Jugendliche für Technologien und Innovationen aus Niedersachsen zu begeistern. Das ist einer der Beweggründe für die jetzt beginnende Innovationskampagne und die IdeenExpo. Das ist einer der Hauptgründe dafür, dass das Interesse der Wirtschaft so groß ist, sich als Partner des Landes an der Kampagne zu beteiligen.

Wir wollen erreichen, dass die Menschen in Niedersachsen noch offener für Fortschritt und neue Technologien sind, sich aktiv am Innovationsprozess beteiligen und sich in einem innovativen Niedersachsen wohlfühlen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Unsere Bodenständigkeit mit „sturmfest und erdverwachsen“ muss um die Aspekte „innovativ und weltoffen“ ergänzt werden. Das ist das Ziel der Kampagne.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - David McAllister [CDU]: Sehr gut!)

Genauso bedeutend ist es, auch außerhalb des Landes zu zeigen, welche Innovationsfreudigkeit und welches Potenzial bereits in Niedersachsen stecken. Das haben frühere Landesregierungen versäumt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD - Hans-Dieter Haase [SPD]: Jetzt wird’s albern!)

Es reicht einfach nicht, nur gut zu sein. Wir müssen unsere Stärken zeigen.

(Zustimmung bei der CDU)

Unsere niedersächsische Bescheidenheit schafft zwar Standfestigkeit, aber wir müssen selbstbewusst Marketing für unsere Leistungen betreiben. Das ist das Ziel unserer Innovationskampagne „Innovatives Niedersachsen“.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, an der Unterstützung dieser Kampagne durch Politik und Wirtschaft wird sich zeigen - diese Kampagne wird ja unter erheblichem Mitteleinsatz der Wirtschaft betrieben -, ob der Kleingeist in diesem Lande weiter regiert oder ob wir gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um das Land nach vorne zu bringen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein Leuchtturm dieser Kampagne ist die durch MWK und Staatskanzlei organisierte IdeenExpo im Oktober dieses Jahres, die sich vor allem an die Zielgruppe Kinder und Jugendliche richtet.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Mit der Innovationskampagne und der IdeenExpo wollen wir gemeinsam mit der Wirtschaft den Nachwuchsmangel in den technischen Berufen langfristig beseitigen und viel mehr Jugendliche für eine Ausbildung oder ein Studium in Niedersachsen gewinnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr richtig!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Land, seine Menschen und die Unternehmen sind gut. Viele Leistungen der Niedersachsen sind in Deutschland, in Europa oder gar in der Welt absolute spitze. Gleichwohl müssen wir ständig besser werden, d. h. noch viel mehr Innovationen und Exzellenzinitiativen entwickeln. Das ist das eine.

(Anhaltende Unruhe)

Herr Minister, einen Augenblick!. - Meine Damen und Herren, ich habe nichts gegen Zwischenrufe. Aber ich habe etwas dagegen, wenn an den Bänken palavert wird. Diejenigen, die sich unterhalten wollen, sollten hinausgehen; denn das ist unfair gegenüber denjenigen, die hier zuhören wollen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, fahren Sie fort.

Ich sagte: Weitere Innovationen und Exzellenzinitiativen zu entwickeln, das ist das eine.

Das andere ist: Wir müssen mit mehr Selbstbewusstsein unsere Innovationskompetenz zeigen. Der Zukunfts- und Innovationsfonds sowie die Innovationskampagne sind konsequente Schritte in die richtige Richtung. Der globale Wettbewerb lässt Ausruhen als Alternative nicht zu. Unser Ziel - ich hoffe noch immer, das gemeinsame aller Fraktionen - muss es sein, Niedersachsen nach ganz oben zu bringen. - Vielen Dank.