Protocol of the Session on March 6, 2007

(Beifall bei der SPD)

Noch verheerender ist die Anzahl der Qualifizierungen. Von 1 208 Kombilöhnern sind nur 54 qualifiziert worden, weniger als 5 %. Das ist wahrlich keine positive Bilanz.

Offensichtlich ist der Kombilohn auch nicht flächendeckend bei den Argen und Optionskommunen angekommen. Im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist vom MW dargestellt worden, dass sich ein Großteil der geförderten Fälle auf ein gutes Dutzend Träger konzentriere. Von flächendeckendem Einsatz des Kombilohns ist in Niedersachsen also wahrlich keine Spur.

Noch spannender, meine Damen, meine Herren, wird es, wenn wir uns die einzelnen Branchen anschauen. Hierbei verweise ich insbesondere auf die Recherche von Radio ffn im Landkreis Osnabrück, wo rund 50 % der damals 150 geförderten Fälle auf Zeitarbeitsfirmen entfielen. Auch bei den Frauen ist der Kombilohn offensichtlich noch nicht angekommen: nur 30 %.

Meine Damen, meine Herren, ich stelle für die Landtagsfraktion der SPD fest: Am Anscheinerwecken der Landesregierung in Fragen der Arbeitsmarktpolitik hat sich offensichtlich nichts geändert. Die Mitnahmeeffekte beim Niedersachsen-Kombi scheinen zu überwiegen. Bei der Förderung der

besonderen Zielgruppen bleibt die Landesregierung weit hinter den selbst gesetzten Zielen zurück.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Hirche, Herr Ministerpräsident Wulff, natürlich werden Sie gleich mit dem Argument kommen: Mensch, was wollt ihr denn? Jeder Euro, der in Arbeit investiert wird, ist doch besser als ein Euro in Arbeitslosigkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ein schönes sozialdemokratisches, gewerkschaftliches Argument benutzen Sie dort. Aber dies sollte Sie trotzdem nicht daran hindern, einmal zu überprüfen, ob die von Ihnen getroffenen Maßnahmen wirklich passgenau sind, und dort Korrekturen vorzunehmen, wo Fehlentwicklungen erkennbar sind. Ich glaube, hier gibt es Fehlentwicklungen und einen Korrekturbedarf.

Herr Hirche, wir haben in der Neuen Presse lesen können, dass Sie im Zusammenhang mit der Innovationskampagne jetzt auch mit Pferdeäpfeln werben wollen. Ich kann nur empfehlen: Hören Sie auf, beim Niedersachsen-Kombi Pferdeäpfel in Stanniolpapier zu verpacken und als Golden Delicious zu verkaufen. Das nimmt Ihnen die Bevölkerung sowieso nicht ab.

(Beifall bei der SPD)

Optimieren Sie den Niedersachsen-Kombi, stärken Sie die Kriterien, nach denen gefördert wird, insbesondere bei den unter 25-Jährigen und den über 50-Jährigen, damit dieser Niedersachsen-Kombi auch wirklich die Problemgruppen erreicht, die davon profitieren müssen. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Hillmer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Niedersachsen-Kombi ist ein Erfolgsmodell; Sie wissen das. Der Erfolg der von CDU und FDP getragenen Landesregierung ist Ihnen ein Dorn im Auge. Fragen Sie Herrn Weise von der Bundesagentur für Arbeit! Er wird Ihnen bestäti

gen, dass der Niedersachsen-Kombi beispielgebend ist. Wir reden nicht nur, wir kümmern uns um die Arbeitslosen und speziell um die Langzeitarbeitslosen; jeder Einzelne ist uns wichtig. Es reicht eben nicht, das Schicksal der Arbeitslosen zu bedauern, sondern man muss auch handeln. Wir tun dies u. a. mit dem Niedersachsen-Kombi. 1 208 Menschen mit ihren Familien sind schon jetzt sehr dankbar dafür.

Wir erleben heute Ihren fünften Versuch, den Niedersachsen-Kombi madig zu machen. Allein drei Aktuelle Stunden haben Sie innerhalb von 14 Monaten zu diesem Thema beantragt. Im Januar letzten Jahres haben Sie sich in der Aktuellen Stunde darüber geärgert, dass die Landesregierung einen Kombilohn plant.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Sagen Sie doch mal, warum!)

Im März und im Mai haben wir Ihren Antrag beraten, in dem Sie uns aufgefordert haben, nicht aktiv zu werden und auf einen Kombilohn der Bundesregierung zu warten, der im Herbst kommen sollte, aber bis heute nicht fertig ist.

(Günter Lenz [SPD]: Weil Sie ihn blo- ckieren!)

Schon im Oktober haben Sie - nach drei Monaten Laufzeit - festgestellt, dass der Kombilohn sein Ziel verfehlt hat. Heute erklären Sie ihn sogar für komplett gescheitert.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das Einzige, was die kennen, ist VW!)

Herr Lenz, die Aktivitäten der Landesregierung für Langzeitarbeitslose müssen Sie wirklich ärgern. Ein eigenes Konzept sind Sie schuldig geblieben. Sie mäkeln und nörgeln, aber enthalten sich der Problemlösung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Jüttner und Herr Lenz, kennen Sie die Muppet Show? Da gab es oben links in der Loge zwei ältere Herren, die etwas Ähnliches getan haben. Sie haben immer nur gemäkelt und genörgelt. Sie sind für mich die Statler und Waldorf dieses Hauses.

(Heike Bockmann [SPD]: Das ist ja witzig! - Gegenruf von der CDU: Lenz soll auch in die Muppet Show!)

Was soll der Niedersachsen-Kombilohn leisten? Arbeitgeber bekommen einen Zuschuss, der es ihnen leichter macht, Langzeitarbeitslose in ihren Betrieb zu integrieren. Der Arbeitnehmer bekommt einen Zuschuss, der es ihm erleichtert, diesen Job aufzunehmen. Er bekommt darüber hinaus einen Qualifizierungszuschuss, der ihm hilft, Qualifikationsdefizite aufzuheben. Es ist ein Weg aus Hartz IV heraus.

Die Hochsprunglatte in den Arbeitsmarkt liegt in Deutschland schon ziemlich hoch. Mit dem niedersächsischen Kombilohn legen wir ein Sprungbrett davor, das Langzeitarbeitslosen den Sprung in den Arbeitsmarkt erleichtert. Ich will Ihnen aufzeigen, dass die Bilanz durchaus gut ist. Jüngere unter 25 Jahren sind zu 20,9 % durch den NiedersachsenKombi vermittelt worden. Das ist weit überproportional, da diese Altersgruppe bei den Langzeitarbeitslosen ansonsten nur 9,3 % stellt.

Auch möchte ich anmerken, dass 48 % der durch den Kombilohn vermittelten Personen keinen Berufsabschluss hatten, die durch den Kombilohn eine Brücke in den Arbeitsmarkt gefunden haben.

(Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

Bei den älteren Langzeitarbeitslosen über 50 haben wir mit einem Anteil von 9 % das Ziel sicherlich noch nicht erreicht. Hier müssen wir nachsteuern. Offensichtlich ist das Sprungbrett zu klein. Die Hilfe reicht noch nicht aus. Ihre Forderung allerdings, das Sprungbrett komplett wegzunehmen, ist zynisch. Sie gehen aber noch weiter und wollen mit einem Mindestlohn die Latte noch höher auflegen.

(Günter Lenz [SPD]: Darüber reden wir heute Nachmittag!)

- Darüber reden wir heute Nachmittag. - Aber welcher gerade ältere Langzeitarbeitslose soll ohne Hilfe noch über diese Latte springen und in den Arbeitsmarkt kommen? Ihre Politik heißt: Einmal Hartz IV, immer Hartz IV. - Was ist das für eine Strategie? Erklären Sie das einmal den Menschen. Sie verfestigen das von Ihnen so bezeichnete Prekariat. Soll das ein Stammwählergewinnungsprogramm sein? So blöd sind die Menschen nicht. Sie merken schon, wer ihnen wirklich hilft und wer lediglich aus ihrer prekären Situation politisches Kapital schlagen will. Mein Menschenbild ist das nicht. Ich möchte jedem Menschen eine Perspektive auf ein selbstbestimmtes Leben geben. Wer dazu Unterstützung braucht, der bekommt sie. Und

wenn es sein muss, dann kümmern wir uns um jeden Einzelnen. Deutschland hat auf dem Weg zum Hochlohnland zu viele Arbeitnehmer abgekoppelt. Mit dem Kombilohn haben wir ein Instrument, um ihnen den Aufstieg wieder zu erleichtern.

(Zuruf von Günter Lenz [SPD])

- Herr Lenz, Sie sollten jetzt von den Nörglerplätzen, von der Loge heruntersteigen und denen, die sich redlich mühen, helfen. Einen können Sie gleich mitbringen, und das ist Gerd Andres, der Parlamentarische Staatssekretär mit SPD-Parteibuch, der in der NP ebenfalls den niedersächsischen Kombilohn kritisiert hat. Er soll doch selbst erst einmal seine Schularbeiten machen. Er ist herzlich eingeladen, ein noch besseres Konzept vorzulegen, nach dem Motto: Das Bessere ist des Guten Feind. Für den Herbst letzten Jahres war ein solches Konzept angekündigt. Es ist also schon ein halbes Jahr überfällig. Aber anstatt eine eigene Idee vorzustellen, bemäkelt er andere gute Ideen. Was ist das für eine Art? Der Gärtner, der das Säen und Düngen vergessen hat, trampelt jetzt durch den blühenden Garten des Nachbarn und kritisiert die Farben der Blüten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, muss dieser erfolgreiche Niedersachsen-Kombilohn fortgesetzt werden - und das mit vollem Rückhalt der CDU-Fraktion. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Rickert das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Langsam muss ich mir Sorgen um die SPD-Fraktion machen.

(Oh! bei der SPD - Günter Lenz [SPD]: Bitte nicht !)

Herr Hillmer hat es gerade ausgeführt: Ihnen gehen scheinbar die Themen aus. Zum fünften Mal ist der Kombilohn auf der Tagesordnung. Zum fünften Mal haben Sie keine Alternativen vorzutragen. Als der Kombilohn zum ersten Mal Thema war, haben Sie, Herr Jüttner, noch gemault: Man sollte doch nicht vorpreschen, man sollte doch auf

Berlin warten. - Wir haben es gerade gehört: Auf Berlin warten wir noch heute.

1 208 Langzeitarbeitslose wurden in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gebracht - das ist wahrlich eine Erfolgsstory. Es könnten mehr sein, aber immerhin ist dies ein Instrument - mit Verlaub - unter vielen, um eine wirklich schwierige Situation zu heilen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir wissen, dass es ein noch viel besserer Weg wäre, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen. Das erreicht man aber nur durch eine wirkliche Reform des Arbeitsmarktes, durch eine Flexibilisierung im Tarif- und Arbeitsrecht. Das wird man aber nur dann erreichen, wenn man im Bereich der Lohnnebenkosten, in den Sozialversicherungssystemen etwas anpackt, was man wirklich als Reformen bezeichnen kann. Das, was zurzeit in Berlin passiert, verdient die Bezeichnung „Reform“ nicht. Das wären die Instrumente, um im Bereich Arbeit in dieser Republik etwas voranzubringen.

(Beifall bei der FDP)

Als wir im Herbst letzten Jahres die erste Zwischenbilanz zum Thema Niedersachsen-Kombi gezogen haben, haben wir uns natürlich auch mit der Frage „Schaffen wir den richtigen Mix bei der Altersstruktur?“ beschäftigt. Der Mix in der Altersstruktur könnte zugegebenermaßen besser sein. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Anmerkung darf ich noch zu diesem Komplex machen: Fast 80 % unbefristete Arbeitsverhältnisse, fast 80 % Vollzeitarbeitsplätze aus diesem System heraus - das ist wahrlich eine Erfolgsstory, die sich sehen lassen kann.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)