Protocol of the Session on March 6, 2007

Niedersachsen ist nicht nur Agrarland Nummer eins, es ist auch Bioenergieland Nummer eins und diesbezüglich Forschungsstandort Nummer eins in Deutschland.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, während wir für den eigenen Einflussbereich bereits sagen können, dass die Energiegewinnung aus Biomasse umweltfreundlich, sicher und nachhaltig ist, gibt es bei der Frage der Biomasseimporte erhebliche und berechtigte Zweifel, die es auszuräumen gilt. Über diese Fragen haben wir in den vergangenen Monaten umfassend beraten.

Klar ist: Wir wollen den sogenannten Entwicklungsund Schwellenländern die Möglichkeit geben, sich über die Produktion und Vermarktung von Biomasse wie beispielsweise Palmöl wirtschaftlich zu entwickeln. Diese Art der Unterstützung als Hilfe zur Selbsthilfe ist allemal besser als die in Jahrzehnten praktizierte Entwicklungshilfe alten Stils, die die Verhältnisse nicht ändert, sondern zementiert. Aber klar ist auch: Die Biomasseproduktion an den betreffenden Standorten darf den Natur- und Artenschutz nicht aus den Augen lassen.

(Zustimmung bei der CDU)

Eine kleine Anmerkung, Herr Kollege Meyer - ich glaube, Sie warten schon darauf -: Lieber Kollege, damit wären wir wieder beim Thema Zuckermarktordnung,

(Rolf Meyer [SPD]: Ja, genau!)

bei dem SPD und Grüne von uns erst auf den rechten Weg gebracht werden mussten. Ich habe es Ihnen ja mehrfach erläutert. Aber das war sogar noch schwieriger, als Ihnen beizubringen, wie groß ein Hektar ist, habe ich den Eindruck.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass wir Biomasse importieren, für deren Gewinnung Primärwald vernichtet und Regenwald gerodet wird. Das dürfen wir nicht zulassen! Die Produzenten bzw. die Importeure dieser Biomasse müssen uns eindeutig nachweisen, dass die entsprechenden Güter naturverträglich erzeugt worden sind. Da gibt es keine Kompromisse!

Zum Schutz der Natur mit ihrer Artenvielfalt kommt für uns - darin stimmen wir durchaus überein - der Schutz der Menschen, auch der dort lebenden Urbevölkerung, in den betreffenden Ländern hinzu; das ist gar keine Frage. Es kann nicht sein, dass wir in Europa Stoffe verarbeiten oder deren Verarbeitung fördern, an denen - bildlich gesprochen das Blut von Menschen klebt. Wir dürfen es nicht dulden - das sage ich in aller Deutlichkeit -, dass dort ohne Rücksicht auf Verluste produziert wird und dass die große Masse der Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen Fronarbeit leisten muss, während sich einige skrupellose Gestalten die Taschen vollstecken.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit wir das alles so umsetzen können, bedarf es eines Zertifizierungssystems auf europäischer oder - besser noch - auf internationaler Ebene, das eindeutig, unumgehbar und allgemein anerkannt ist. Wer hierher importieren will, wer in Deutschland, in Europa Geld verdienen will, der muss sich an unsere Vorgaben, an unsere Spielregeln halten.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Nachhaltigkeit, Naturverträglichkeit und Nachvollziehbarkeit sind hierbei unabdingbar. Bis zur Installierung eines solchen Zertifizierungssystems kann uns eine sogenannte Positivliste - dieser Vorschlag ist gut - dabei helfen, bei Importen, wie es so schön heißt, die Spreu vom Weizen zu trennen.

(Zustimmung bei der CDU)

Hier muss sofort gehandelt werden. Wir haben nicht mehr unendlich viel Zeit.

Meine Damen und Herren, wir sind sicher, dass sich unsere Landesregierung hier mit Nachdruck einsetzen und auch durchsetzen wird. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke. - Jetzt erteile ich Herrn Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die grüne Politik hat in den letzten Jahren - „grüne Politik“ meine ich gar nicht parteipolitisch eingeschränkt - die alternativen Energien und insbesondere die Treibstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen deutlich vorangebracht. Das ist gut und sinnvoll. Ich erinnere an die Klimaneutralität, die in der Regel gegeben ist, wenn wir nachwachsende Rohstoffe einsetzen und damit gegen den Klimawandel ankämpfen. Ich erinnere daran, dass wir dadurch einen nachhaltigen Ersatz zu Ende gehender fossiler Energien gewinnen. Ich erinnere auch daran, dass wir damit gegen wirtschaftliche Abhängigkeit und gegen steigende Importbelastungen bei fossilem Gas, bei Öl und Uran handeln können. Ich erinnere nicht zuletzt an die nationalen Einkommens-, Beschäftigungs- und Wertschöpfungspotenziale in der Landwirtschaft sowie in Verarbeitung und Handel, die uns und unserer Wirtschaft, insbesondere unserer Wirtschaft im ländlichen Raum, sehr zugute kommen. Da liegt die große Schnittmenge, die dieser gemeinsamen Initiative letzten Endes zugrunde lag.

Aber, meine Damen und Herren, all das braucht nach wie vor eine kluge und allgemeinwohlorientierte politische Lenkung. Wenn die Lenkung, wie es zurzeit auf Bundesebene der Fall ist, mineralöllobbyorientiert ist, dann erleben wir, dass - wie im Moment - die Biodieselbranche mehr oder weniger vor die Hunde geht. Das soll uns zumindest in diesem Bereich nicht passieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich gibt es Zielkonflikte in diesem Bereich zwischen Klimaschutz, Ernährungssicherheit und Naturschutz. Es ist nicht automatisch positiv, wenn wir hier nachwachsende Rohstoffe einsetzen. Aber ihr Beitrag - das sage ich ganz deutlich - ist für den Klimawandel unverzichtbar. Diese Zielkonflikte sind lösbar, wenn wir die Weichen richtig stellen.

Importe von Pflanzentreibstoffen bzw. die Rohstoffe müssen aus nachhaltigem Anbau stammen. Wir brauchen keinen Regenwald in unseren Tanks. Wir brauchen eine internationale Zertifizierung mit

ökologischen und sozialen Kriterien, ähnlich dem FSC im Waldbereich. Ich bin froh, dass wir uns darauf einigen konnten, dass der Schutz des Primärwaldes, der Erhalt des Regenwaldes und die Wahrung der Menschenrechte als Kriterien dafür unverzichtbar sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich erinnere an das Projekt in Emden, das ja wieder auflebt, allerdings nicht mehr als Biodieselraffinerie. Das Palmöl soll jetzt vielmehr zur Stromerzeugung in Blockheizkraftwerken eingesetzt werden. Die Beteuerung der Betreiber, nur nachhaltig erzeugtes Palmöl verwenden zu wollen, hören wir wohl, allein uns fehlt der Glaube. Noch besser wäre es, wenn wir Beweise hätten. Der Hinweis, dass man seinen niederländischen Palmöllieferanten aufgegeben habe, nur RSPO-Palmöl zu verwenden, ist vor dem Hintergrund politischer Realität zu wenig.

RSPO ist der Roundtable on Sustainable Palm Oil. Dieser runde Tisch ist sicherlich ein sinnvoller Einstieg, aber er reicht nicht aus. Die Kriterien dieser Initiative sind nach wie vor zu unverbindlich und zu stark von der Palmölindustrie, auch der indonesischen, dominiert. Die politische und soziale Realität zeigt, dass Indonesien eine Zertifizierung zurzeit gar nicht durchsetzen könnte. Deswegen müssen wir dieser Initiative und diesem Projekt sehr skeptisch gegenüberstehen.

Wir haben aber auch nationale Aufgaben, Herr Kollege. Ich glaube, dass wir da noch nicht so ganz im Trockenen sind. Wir wollen natürlich keine Maismonokulturen. Wir wollen keine Gentechnik bei nachwachsenden Rohstoffen. Deswegen müssen wir das EEG in diesem Bereich entsprechend weiterentwickeln.

Herr Klein, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Wir müssen uns weiter - ich komme zum letzten Teil - -

Zum letzten Satz können Sie kommen!

- - - um Flächeneffizienz bemühen.

Mein Fazit ist: Volle Tanks, volle Teller und intakte Natur sind möglich, wenn wir auch an das Energieeinsparen denken.

Wunderschöner letzter Satz.

Wir dürfen das aber nicht dem ManchesterKapitalismus überlassen, sondern müssen hier klug politisch steuern. - Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Oetjen von der FDP.

(David McAllister [CDU]: Was ist denn passiert? - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Waren Sie im Häuserkampf unter- wegs, Herr Oetjen?)

- Keine Lästereien, mein Lieber!

Frau Präsidentin! Damit es alle wissen: Ich habe mir den Innenmeniskus gerissen, weshalb ich vier Wochen lang Gehhilfen brauche. Aber der Kopf ist noch in Ordnung.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der SPD: Auf dem alten Stand!)

Ich bin froh, dass wir heute einstimmig, Herr Kollege Janßen, die Initiative zur Zertifizierung von Biomasse verabschieden können. Ich möchte nicht alles das, was der Kollege Meyer und der Kollege Oesterhelweg wortreich zu diesem Themenkomplex erklärt haben, wiederholen.

(Zuruf von Uwe Harden [SPD])

Das war alles im Wesentlichen richtig, Herr Kollege Harden. Auslöser war ein Projekt in Emden, wo sich ein findiger Geschäftsmann das Deutsche Energieeinspeisegesetz zunutze machen wollte und damit gutes Geld verdienen wollte. Das zeigt, dass das Energieeinspeisegesetz eben auch Fehlanreize schafft, die wir so nicht wollen. Deswegen gibt es da das eine oder andere zu überdenken.

(Zustimmung bei der FDP)

Richtig ist, dass wir ein internationales Zertifizierungssystem aufbauen müssen. Da sind wichtige Kriterien - das hat der Kollege Klein gerade schon gesagt - z. B. die Einhaltung der Menschenrechte in den Exportländern oder die Tatsache, dass Primärwald nicht in Plantagen umgewandelt werden darf. Das alles soll Teil des Zertifizierungssystems sein. Da dies aber international aufgebaut werden muss, ist es nicht von heute auf morgen da. Deswegen ist es gut, dass wir in den Antrag den Hinweis aufgenommen haben, dass wir eine Positivliste brauchen, um das in Deutschland schon auf diesem Wege umzusetzen.

Die Novelle zum EEG, die möglicherweise in der nächsten Zeit ansteht, bietet die Möglichkeit, das eine oder andere zu überdenken. Da möchte ich schon noch aufnehmen, was der Kollege Klein gerade gesagt hat, nämlich dass das EEG nicht hundertprozentig gut ist, sondern dass dadurch auch Fehlanreize geschaffen werden. So gibt es z. B. bei der Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, die sich am Markt behaupten muss, und subventionierter Energieproduktion in bestimmten Regionen durchaus Schwierigkeiten. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Entwicklung insgesamt sehr positiv darstellt. Die Produktion von Bioenergie in Deutschland ist auf einem guten Weg. Sie ist zu einem wichtigen Standbein für die Landwirtschaft geworden.

In diesem Sinne möchte ich Sie um Zustimmung zu diesem Antrag bitten, den alle vier Fraktionen gemeinsam ausgearbeitet haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)