Protocol of the Session on January 24, 2007

ohnehin vom Bund für die Autobahnen gezahlten Bewirtschaftungsmittel. Die Telematik auf Niedersachsens Autobahnen wird also weitgehend mit fremdem Geld, vom Bund und von den Kommunen bezahlt, aber eben nicht vom Land. Die große Landesinitiative beschränkt sich bisher auf einen noch nicht abgeschlossenen Masterplan. Auch da ist noch nichts Neues passiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Höhepunkt schwarz-gelber Verkehrspolitik ist unstreitig das jüngste Kind aus Minister Hirches Bastelkasten für Innovationen: der Feldversuch mit Gigalinern. Laut einer aktuellen Umfrage des ADAC meinen 90 % der Bevölkerung, dass die Straßen mit diesem Monster-Lkw unsicherer geworden sind als vorher.

Ich habe den Eindruck, dieser Befund war der eigentliche Grund, warum die FDP meinte, sich heute mit dem Thema Verkehrssicherheit hier profilieren zu müssen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Ein wichtiges Thema!)

Das konnte nicht gelingen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Will das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon mutig von der FDP-Fraktion, ein solches Thema für eine Aktuelle Stunde zu wählen.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Konsequent!)

Es ist mutig, dass Sie sich angesichts der in jeder Hinsicht vielen unerledigten Baustellen bei dem Thema Autobahn hier abfeiern lassen. Oder soll das von der politischen Schwachstelle eines sägenden Umweltministers ablenken?

Frau König, die von Ihnen gepriesenen flexiblen Tempolimits ergeben sich schon aufgrund der vielen Baustellen auf unseren Autobahnen und durch die Schlaglöcher in den niedersächsischen Landesstraßen. Beim Bundesfernstraßenbau und den

anstehenden Sanierungen bzw. Erweiterungen geht es schließlich um Bundesprogramme und Bundesmittel. Obwohl der Bund die Quote für Niedersachsen im letzten Jahr sogar erhöht hat, sind viele Projekte des vordringlichen Bedarfs noch nicht einmal planerisch in Angriff genommen worden. Dazu hätten wir von Ihnen vorrangig klare Konzepte und Finanzierungsvorschläge erwartet. Aber leider Fehlanzeige! Um es noch einmal deutlich zu sagen: Sie schmücken sich hier mit fremden Federn; denn Sie geben keine eigenen Mittel aus.

Längst überfällig ist ein gemeinsames Konzept der norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern für den gemeinsamen Ausbau z. B. der transnationalen Netze bei Straße, Schiene und Wasserstraße. Niedersachsen als Logistikund zentraleuropäisches Transitland ist dringend darauf angewiesen.

Meine Damen und Herren, kommen wir zu den originären Landesaufgaben. Darüber, Frau König, hätten Sie reden sollen. Wer hat denn in den letzten vier Jahren die Landesstraßen verkommen lassen? Inzwischen kann eine Reihe von ihnen doch nur noch mit Gefahrenzulage befahren werden. Aber nicht nur das: In den letzten Jahren ist das Mittelvolumen, das für die Instandhaltung der Landesstraßen eigentlich notwendig wäre, von ca. 40 Millionen Euro auf inzwischen mehr als 70 Millionen Euro angestiegen - ein Zeichen dafür, dass Sie diese Aufgabe seit längerer Zeit vernachlässigt haben. Tatsächlich im Landeshaushalt veranschlagt haben Sie jedoch nur 33,7 Millionen Euro in 2006 und 40,3 Millionen Euro in 2007 - zu wenig, um den notwendigen Reparaturbedarf zu decken.

Meine Damen und Herren, der Verfall nimmt zu, und Sie schieben immer größeren Investitionsbedarf in die Zukunft. Wie wollen Sie diesen immer größer werdenden Rückstand jemals wieder aufholen, von einem Aus- und Neubau von Landesstraßen ganz zu schweigen? Wie sieht es mit dem Radwegeneubau aus? Auch hier: zu wenig, um den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad entschlossen zu fördern.

(David McAllister [CDU]: Wo waren denn Ihre Haushaltsanträge?)

Es geht um ein Gesamtverkehrskonzept für Niedersachsen und nicht darum, sich beim Thema Bundesautobahnen abfeiern zu lassen.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie sollten vielmehr die originären Landesaufgaben besser und entschlossen wahrnehmen, sonst bleiben Sie professionelle Anscheinserwecker!

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Oh!)

Fördern Sie konsequent den Umstieg von der Straße auf die Schiene und den Umstieg vom Individualverkehr auf den ÖPNV, statt die Mittel zu kürzen und zweckzuentfremden!

(Zustimmung bei der SPD)

Sie sind bisher ein schlüssiges Gesamtverkehrskonzept für Niedersachsen schuldig geblieben. Das zu erstellen, wäre in den vergangenen vier Jahren Ihre Aufgabe gewesen.

Bei vielen Verkehrsprojekten sind wir von der Notwendigkeit sicherlich gemeinsam überzeugt. Nehmen wir z. B. die A 22: Die Hilfe der Region - nach dem Muster der Mischfinanzierung bei den Planungsmitteln für die A 31 - könnte dieses Projekt sehr beschleunigen. Aber welchen Vorschlag hat die Landesregierung für ein schlüssiges Konzept zur Finanzierung dieser Baumaßnahme unterbreitet? Wie steht es mit den in Sonntagsreden immer gepriesenen Public Private Partnerships? Hier erwarten wir klare Antworten der Landesregierung und nicht untaugliche Versuche mit Gigalinern auf Bundesautobahnen, die den Sanierungsbedarf im Falle eines massenhaften Einsatzes explodieren lassen würden. Aber für die Reparatur wäre dann ja wieder der Bund zuständig.

Liebe Frau Kollegin König, nach vier Jahren sollten auch Sie die Geschäftsordnung des Landtages kennen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie aber auch! Sie dürfen nicht ablesen! Aber Sie haben vorgelesen!)

Ihre Fraktion muss keine Aktuelle Stunde beantragen. Wenn man keine Ideen und Perspektiven hat, dann sollte man lieber schweigen und im Plenum nicht über moderne Verkehrspolitik, flexible Tempolimits und die angeblichen Vorteile des Gigaliners theoretisieren.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Das mit der Geschäftsordnung war ja wohl ein Eigentor!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte darauf hinweisen - die Kritik aus dem Plenum war insofern berechtigt -, dass unsere Geschäftsordnung vorschreibt, dass in der Aktuellen Stunde frei vorzutragen ist.

(David McAllister [CDU]: Herr Will, Sie kennen doch die Geschäftsordnung, oder? - Weitere Zurufe)

- Meine Damen und Herren, unsere Geschäftsordnung gibt das so vor. Wenn das verlangt wird - die Kritik kam ja aus dem Plenum -, dann wird das Präsidium das so handhaben.

Herr Hoppenbrock, Sie haben für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht können wir uns darauf verständigen, dass ich halb frei vortrage.

(Heiterkeit)

Herr Hoppenbrock, ich muss Sie fragen, ob Sie der Geschäftsordnung halb oder ganz zugestimmt haben.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, das Präsidium wird das vernünftig handhaben. Ich gehe davon aus, Sie alle geben sich Mühe.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau König, ich bin Ihnen trotz aller Kritik sehr dankbar, dass die FDP heute das Thema Autobahnen und Mobilität in Niedersachsen auf die Tagesordnung gebracht hat. Sie hätten sicherlich falsch gesprochen, wenn Herr Hagenah Ihnen zugestimmt hätte. Herr Hagenah ist sehr ausrechenbar, sehr zuverlässig, und man konnte eigentlich schon vor seiner Rede, ohne dass er es hätte vertiefen müssen, ahnen, wohin es geht.

Herr Will, bei Ihrer Rede hatte ich den Eindruck, dass Sie das Thema der Aktuellen Stunde nicht immer punktgenau getroffen haben. Über die Regionalisierungsmittel und viele andere Punkte in dem Zusammenhang reden wir an anderer Stelle.

Eine Anmerkung noch zu den Radwegen: Wenn ich mich richtig erinnere, war es die SPD-Landesregierung, die um das Jahr 2000 herum das Radwegeprogramm komplett gestrichen hat, nachdem mehr als zehn Jahre vorher kein neues Konzept vorgelegt worden war. Wir dagegen haben ein Programm auf den Weg gebracht, und wir bauen die Radwege. Ich kann sie Ihnen zeigen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich finde es richtig, dass wir hier über Autobahnen sprechen. Denn Niedersachsen ist ein Flächenland, in dem Mobilität eine sehr große Rolle spielt. Außerdem sind wir ein Transitland, Herr Hagenah. Unsere östlichen und westlichen Nachbarn fahren nicht auf der Schiene durch Niedersachsen, sondern in der Regel auf Straßen und auf Autobahnen. Es ist an uns, die notwendigen Verkehrswege zu schaffen und die Verkehrsflüsse vernünftig zu steuern. Dafür brauchen wir ein leistungsfähiges Bundesfernstraßennetz, das übrigens auch von großer Bedeutung für unsere Arbeitsplätze ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Frau König hat es gesagt: Bis 2015 werden der Umfang des Personenverkehrs um ca. 15 % und der Umfang des Güterverkehrs wahrscheinlich um mehr als 60 % zunehmen. Das wird die Schiene nicht verkraften können; also müssen wir uns mit intelligenten Systemen auf unsere Bundesfernstraßen konzentrieren, um dieses steigende Verkehrsaufkommen auffangen zu können.

Lassen Sie mich Beispiele nennen: Die Küstenautobahn A 22 - darüber wurde schon mehrfach gesprochen - ist in unseren Planungen eines der wichtigen Objekte, das auch gemeinsam mit dem Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven gesehen werden muss. Was sollte der Tiefwasserhafen ohne eine leistungsfähige Hinterlandanbindung? - Die Produkte, die in Wilhelmshaven angelandet werden, müssen zu den Kunden gebracht werden, und dafür brauchen wir leistungsfähige Verkehrssysteme. Die Fertigstellung der Küstenautobahn A 22, die übrigens eine Verbindung von Holland bis in die baltischen Länder schaffen wird, ist au

ßerdem für den Tourismus im Norden von großer Bedeutung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung, das hier schon in einem anderen Zusammenhang angesprochen wurde, hat in dem sogenannten Regionalmonitoring unzweifelhaft festgestellt:

(Günter Lenz [SPD]: Ganz schlecht sind Sie dabei weggekommen!)

Die wirtschaftliche Entwicklung findet in unserem Land an den großen Verkehrswegen statt; dort werden Arbeitsplätze geschaffen. Mit Verkehrswegen sind nicht in erster Linie Kanäle und Bahnlinien, sondern in erster Linie die Autobahnen gemeint. Deshalb liegt es an uns, diese Autobahnen zu pflegen und weiter auszubauen.

Ich will Ihnen ein Beispiel für wirtschaftliche Entwicklung nennen. Wie vielleicht der eine oder andere weiß, komme ich aus der schönen Stadt Melle in der Nähe von Osnabrück. Wir haben bei uns den „Tag der Niedersachsen“ gut gefeiert. Bei uns gibt es aber nicht nur eine schöne Landschaft, sondern auch eine gute Verkehrsinfrastruktur. Melle hat fünf Autobahnabfahrten und -auffahrten. Ich weiß aus Gesprächen mit Vertretern von Firmen, die sich ansiedeln wollen, dass für die meisten von ihnen die gute Verkehrsanbindung noch wesentlich wichtiger ist als der niedrige Gewerbesteuersatz der Stadt Melle.