Protocol of the Session on December 8, 2006

Weiter will ich deutlich machen, dass ich die Art und Weise, in der das abläuft, schon schäbig finde. Jetzt wird hier vorgetragen, 21 Veranstaltungen würden für das nächste Jahr geplant. Herr Hogrefe, der mich übrigens gestern Abend dazu veran

lasst hat, diesen Saal zu verlassen - und ich bin dankbar, dass ich das getan habe;

(David McAllister [CDU]: Wir auch!)

es war nicht mehr zu ertragen, meine Damen und Herren -,

(Zustimmung bei der SPD)

hat gestern in seiner unnachahmlichen Art und Weise Kenntnisse aus der Staatskanzlei vorgebracht, die dem Ausschuss bis heute nicht vorliegen. Wir wissen über keine einzige Veranstaltung Bescheid. Ein solches Demokratieverständnis - ich bin jetzt 21 Jahre im Parlament

(Zuruf von der CDU: Viel zu lange!)

habe ich noch nie erlebt.

(Zustimmung bei der SPD - Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Für mich ist es unerträglich, in welcher Art und Weise gestern Abend und heute Europa diskutiert wurde und wird: wie eine Lachnummer, wie im Kabarett, aber nicht wie in einem großen europäischen Staatenbund, der sich gerade bemüht, am 1. Januar zwei neue Staaten aufzunehmen. Wenn diese Staaten gehört hätten, wie gestern Abend und heute über Europa diskutiert wurde und wird! Ich schäme mich für die Art und Weise, in der hier diskutiert worden ist.

(Beifall bei der SPD - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sie sind doch rausge- gangen!)

Die ganzen Jahre hindurch hat es bei allen Vorsitzenden von Europaausschüssen sehr viele Gemeinsamkeiten gegeben. Es hat Informationen gegeben, man hat sich bemüht.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Jetzt will ich ausführen, was in dem aktuellen Ausschuss gelaufen ist. Herr Kollege Dinkla hat nicht die Auffassung von Herrn Hogrefe vertreten, sondern er hat ganz klar gesagt, er fände es gut - ich als Ausschussvorsitzende habe die Anregung gegeben -, einen positiven, fröhlichen Aufruf für Europa zu machen, der ab dem 22. Januar das ganze Jahr hindurch trägt. Herr Dinkla hat das unterstützt und gesagt: Schön, Frau Merk, machen Sie einen entsprechenden Entwurf für einen Aufruf.

Meine Damen und Herren, zwei Tage später habe ich einen solchen Entwurf verfasst und der CDUFraktion zugeleitet. Die CDU-Fraktion hat es bis heute nicht für nötig gehalten, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob dieser Aufruf nicht vielleicht viel besser ist.

Ich will Ihnen sagen, warum dieser Entwurf erheblich besser ist.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind also die besseren Europäer!)

Es ist geradezu lächerlich, dass Sie heute erst eine Initiative der Bundeskanzlerin vom 22. Juni dieses Jahres begrüßen, aber die Schüler, die Bürger und viele andere auffordern, sich am 22. Januar nächsten Jahres für Europa zu engagieren. Die Sprache in diesem Antrag ist geradezu unerträglich.

(Anneliese Zachow [CDU]: Nun ist es aber wirklich genug!)

In dem Antrag steht: Wir rufen alle Organisationen der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, der Kultur und der Wissenschaft in Niedersachsen auf. - Mit so etwas holen Sie doch niemanden für Europa hinter dem Ofen vor. Aber genau darum geht es doch. Wir stellen doch seit Langem fest, dass es kaum noch Beteiligung bei den Europawahlen gibt. Dann formulieren Sie diesen Aufruf doch so, dass ihn die Leute verstehen und dass sie auch mitmachen wollen. Das habe ich von Ihnen erwartet.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind die Antiwerbung für Europa!)

Ich habe erwartet - das hat Herr Dinkla auch sehr deutlich gemacht -, dass wir einen munteren Aufruf für Europa machen, der mindestens ein Jahr lang durchträgt. Das wäre eine sinnvolle Sache. Deswegen haben wir einen Änderungsvorschlag eingebracht, der allerdings inzwischen als Antrag zur ersten Beratung eingebracht worden ist.

Meine Damen und Herren, ich bitte um sofortige Abstimmung zu diesem Antrag, damit die Sache klar ist.

Meine Damen und Herren, dies ist heute meine letzte Rede. Ich werde mich verabschieden. Sie werden darüber johlen, ich kenne Sie ja inzwischen. Aber eines sage ich Ihnen: Nachdem ich über 20 Jahre im Parlament gekämpft habe für Menschenrechte, für Freiheit, für Grundrechte, für

Demokratie und für alle Rechte, die in diesem Hause täglich diskutiert werden, hätte ich erwartet, dass Sie wertschätzen, dass am Ende ein Europa steht, das ich vor 20 Jahren nicht gekannt habe als Schülerin nicht, als Abiturientin nicht, als Studentin nicht, als Ministerin nicht, auch nicht als Vertreterin des Ministerpräsidenten.

Meine Damen und Herren, ich bedauere, dass es heute, an dem letzten Tag, an dem ich vor dem Plenum spreche, eine solch miserable Debatte zum Thema Europa gibt. Das war gestern Abend eine Lachnummer, und es ist heute eine Lachnummer gewesen.

Ich bitte Sie - das ist meine Bitte für die Zukunft -: Gehen Sie mit Europa sachgemäß um. Frau Kuhlo hat in einer der letzten Plenarsitzungen darum gebeten, dass wir Europa etwas weiter nach vorne tragen. Es wäre ein Missvergnügen für jedes Land in Europa, die Debatten zum Thema Europa - so, wie sie in den letzten zwei Tagen vonseiten der CDU-Fraktion gelaufen sind - auch nur nachlesen zu müssen. Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich der Abgeordnete Schobert gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau Merk, Sie haben ja zum Ausdruck gebracht, dass Sie sich im Aufbruch befinden. Vielleicht hatten Sie daher noch nicht die Gelegenheit, sich die Unterrichtsmaterialien des EIZ anzusehen. Ich habe aus den Unterlagen des EIZ für die Grundschulen zitiert: „Sucht eine richtige Antwort!“. Sie werden feststellen, dass sich Teile meiner Rede in den offiziellen Unterlagen, mit denen wir am 22. Januar losziehen, wiederfinden.

Sehr geehrte Frau Merk, Sie haben den Antrag auf sofortige Abstimmung gestellt. Ich darf Ihnen im Namen der CDU-Fraktion sagen, dass wir diesem Antrag nicht entsprechen werden. Wir haben angeboten, den Antrag der SPD zu modifizieren und ein bisschen aufzupeppen.

(Zuruf von der CDU: Optimieren!)

Ich bin der Meinung, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind.

Ich kann Ihnen sagen, ich fand die Ausführungen, die mein Kollege Hogrefe gestern gemacht hat, inhaltlich sehr gut und auch sehr erfrischend. Ich kann Ihnen auch sagen, dass ich Ihren letzten Redebeitrag hier im Landtag absolut daneben fand. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Da keine Wortmeldung zur Erwiderung vorliegt, rufe ich nun die Abgeordnete Kuhlo von der FDPFraktion auf.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Merk, es tut mir leid, dass Sie mit Ihrer letzten Rede einen solchen Eindruck hinterlassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Diese Aufgeregtheit und die Totalverurteilung all derjenigen, die sich hier zu Europa geäußert haben, ist absolut daneben. Ich bedauere das sehr.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ursula Körtner [CDU]: Unangemes- sen!)

Ich werde mich bemühen, etwas mehr zur Sachlichkeit beizutragen, indem ich darauf hinweise, dass das Jahr 2007 für Europa und für Deutschland und auch für die Menschen in Niedersachsen ein ganz besonderes Jahr ist. Es ist schon mehrfach gesagt worden: Am 25. März wird der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge gefeiert. Im ersten Halbjahr 2007 hat Deutschland die Ratspräsidentschaft inne. Das alles spricht dafür, das europäische Bewusstsein in Deutschland und in Niedersachsen zu stärken.

Die Ergebnisse des letzten Eurobarometers vom Juli dieses Jahres als repräsentativer europaweiter Umfrage haben allerdings aufgezeigt, dass der europäische Integrationsprozess gerade in Deutschland eher als Bedrohung wahrgenommen wird. 85 % der Menschen befürchten die Verlagerung von Arbeitsplätzen in andere Mitgliedsstaaten. 66 % der Westdeutschen befürchten auch Einschnitte im Sozialsystem. 57 % glauben nicht an eine wirtschaftliche Stabilisierung durch die

europäische Mitgliedschaft. Nur 37 % sind mit der europäischen Demokratie zufrieden.

Bei den meisten dieser Einstellungen zeigt sich auch gegenüber dem vorhergehenden Europabarometer ein negativer Trend. Dabei sprechen insbesondere die wirtschaftlichen Fakten eine gegenteilige Sprache. Gerade Deutschland profitiert vom gemeinsamen Binnenmarkt und von der Osterweiterung.

Das Eurobarometer hat aber auch gezeigt, dass der deutsche Wissensstand über die EU signifikant unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Daher brauchen wir eine bessere Information der Menschen, die über Zeitungsartikel und Talkshows hinausgeht. Dies betrifft das Bewusstsein für die Bedeutung europäischer Themen und die Rolle der Europäischen Union, aber auch die Information über die Strukturen der EU, über die laufenden Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Menschen in unserem Land.

Die Kommission hat dazu im Vorjahr einen Aktionsplan sowie den Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion auf den Weg gebracht. Im Februar dieses Jahres folgte die Vorlage des Weißbuchs zur europäischen Kommunikationspolitik. Dazu haben wir im November-Plenum einen Entschließungsantrag eingebracht. Das Weißbuch spricht von einem partnerschaftlichen Ansatz. Doch wie wird dieser in der Praxis umgesetzt? Aus unserer Sicht werden weiterhin Informationsstrategien zu weitgehend von der Kommission vorgegeben. Insbesondere die Festschreibung gemeinsamer Standards in der Europäischen Charta oder einem europäischen Verhaltenskodex ist nicht erforderlich. Vielmehr müssen die regional unterschiedlichen Sichtweisen in der Ansprache berücksichtigt werden und die Erfahrungen der regionalen, insbesondere auch der kommunalen, Akteure eingebunden werden.

Mit dem EU-Projekttag, mit der Intensivierung kommunaler Partnerschaften, mit einer besseren europäischen Kommunikationspolitik und mit einem Bündel von Maßnahmen und Aktionen auf kommunaler Ebene können wir dazu beitragen, die europäische Identität zu fördern und Europa vor Ort erlebbarer zu machen.

Auch an einem Aufruf für Europa, Frau Merk, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, wenn auch mit Konkretisierung und Verbesserung Ihres Antrags, könnte sich die FDP durchaus

beteiligen. Das haben wir im Ausschuss ja auch angedeutet. Ich wünsche mir, dass es zu einem gemeinsamen Aufruf aller Fraktionen kommt. Dies geht aber nicht, wenn wir über Ihren Antrag sofort abstimmen; denn dann müssen wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Langhans das Wort.