Herr Lenz, heute ist mit Sicherheit kein Zeitpunkt für eine Bilanz der Selbstzufriedenheit; das sage ich ausdrücklich. Heute ist aber der Zeitpunkt für eine gute Zwischenbilanz. Es bleibt für uns alle die Notwendigkeit bestehen, alle Chancen zu nutzen, damit junge Menschen den Weg in eine berufliche und damit auch privat gesicherte Zukunft gehen können. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich dann, wenn die Wirtschaft Fahrt aufnimmt, auch die Chancen für junge Menschen, die engagiert ihren beruflichen Lebensweg suchen, verbessern werden. Der Kollege Hermann hat darauf
hingewiesen, dass der Konjunkturzug Fahrt aufgenommen hat. Deshalb sollten wir alle wünschen, dass viele junge Menschen, die Arbeit und Ausbildung suchen, nicht länger auf dem Bahnsteig stehen bleiben müssen, sondern ihre Chance für eine gute Lebens- und Berufsperspektive bekommen. - Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, in der Zwischenzeit begrüße ich unseren neuen Kollegen Herrn Kemmer in unserer Mitte sehr herzlich. Ich wünsche ihm bei seiner Arbeit viel Erfolg und auch viel Freude und viel Spaß dabei. Herzlich willkommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank an die FDP, die mit ihrer Themensetzung für diese Aktuelle Stunde erneut freiwillig eigene Trugbilder hier öffentlich vorführt. Ihr mangelndes Problembewusstsein gerade für die schwierige Situation der Jugend in unserem Land machen Sie so selbst deutlich. Aber Sie wollten sich halt die Gelegenheit nicht entgehen lassen, unter den vielen schlechten Nachrichten über Niedersachsens Entwicklung aus den vergangenen Wochen die eine herauszugreifen, die zumindest positiv klingt.
Der fast schon unheimlich milde Herbst beschert ganz Deutschland zusammen mit der Konjunkturentwicklung, angefeuert durch die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung, günstigere Arbeitsmarktzahlen, zum Glück auch in Niedersachsen, hier ganz besonders im Vergleich zu den Arbeitslosenzahlen vor einem Jahr. Ein Grund zum Jubeln? Aus unserer Sicht noch lange nicht. Man muss schon genauer hinsehen. Was war denn im November 2005? Da stand Minister Hirche hier und erklärte dem Plenum, der besonders schlechte Wert der Jugendarbeitslosigkeit mit 12,4 % hier in Niedersachsen - damals mit Bremen der schlechteste Wert in Westdeutschland - sei verursacht durch die insbesondere in der Region Hannover nur schleppend angelaufene Vermittlung der
Wir können uns sicher alle noch gut an das organisatorische Tauziehen zwischen den drei Arbeitsagenturen und der Region im vorigen Jahr erinnern, das dazu führte, dass das Geld damals nicht ausgegeben werden konnte. Das ist heute anders. Die Probleme sind behoben. Das Geld wird ausgegeben. Die Jugendlichen werden vermittelt. Es ist also kein Wunder, dass es gerade in Niedersachsen unter diesen besonderen Bedingungen zu diesen besonders starken Verbesserungen bei der Jugendarbeitslosigkeit gekommen ist.
Die inzwischen angelaufene vermehrte Vermittlung der Hartz-IV-Empfänger, besonders der unter 25, entlastet Niedersachsens Arbeitslosenstatistik im Vergleich zum Vorjahr jetzt besonders stark. Dennoch ist der Befund leider ernüchternd, wenn wir die heutigen Zahlen bereinigt von dieser Unschärfe betrachten. Niedersachsen hat mit 9,3 % neben Bremen immer noch die höchste Jugendarbeitslosigkeit aller westdeutschen Bundesländer. Wir stehen also genauso da wie vor einem Jahr. Das ist kein Erfolg, Herr Hermann; das ist ein Riesenproblem. Weitere statistische Effekte sind nämlich zukünftig nicht zu erwarten. In Zukunft wird Ihnen keine Statistik mehr helfen.
Niedersachsen prägt auch nicht den positiven Bundestrend, wie Sie, Herr Kollege Dinkla, das am 30. November in einer Pressemitteilung verlauten ließen. Wenige Tage zuvor, am 25. November, titelte zum Beispiel die Hannoversche Allgemeine Zeitung: „Niedersachsens Wirtschaft hinter dem Bundestrend“. Dort hieß es weiter: „Seit 2000 ist das Bruttoinlandsprodukt bei uns nur halb so schnell gewachsen wie im Bundestrend. Die Zahl der Pleiten stieg 2005.“ Das sind Zitate aus dem Monat November, vom Landesamt für Statistik ermittelt und vor zwei Wochen veröffentlicht. Die Pleiten sind also in Niedersachsen um 2,9 % gestiegen, während sie im Bundesschnitt um 6 % sanken, die Löhne und Gehälter liegen hierzulande um 4,1 % unter dem Bundesdurchschnitt, der Tourismus geht zurück, und auffällig sei der schwache Erfindergeist, so unser Landesamt für Statistik.
Nach diesen Tiefschlägen für die bürgerlichen Mehrheit mit ihrer selbst gefühlten Wirtschaftskompetenz musste einfach eine Erfolgsmeldung
her. Mit dem Thema Jugendarbeitslosigkeit haben Sie sich aber schwer verhoben angesichts der bekannten Bugwelle an nicht vermittelten Jugendlichen in Niedersachsen, die zum Teil schon mehrere Jahre auf einen Arbeitsplatz warten, Herr Hermann. Niedersachsen hält nach dem Bildungsbericht 2006 der Bundesregierung bei der Ausbildungssituation den Minusrekord. Nur 37,5 % der jungen Menschen kommen bei uns in die duale Ausbildung, mehr als 46 % landen in Übergangssystemen. Von wegen: Jeder der will und kann, kriegt einen Ausbildungsplatz. - Das ist ein Märchen, Herr Hermann.
In Niedersachsen muss der überwiegende Teil der Jugendlichen leider in Übergangssystemen sein Dasein fristen, wenn er in Ausbildung will. Das ist kein Erfolg; da ist Niedersachsen leider Schlusslicht in Deutschland. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke der FDP-Fraktion für die Initiative, dieses Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Und ich danke dem Kollegen Lenz, der bestätigt hat, dass das Land Niedersachsen den stärksten Rückgang bei der Jugendarbeitslosigkeit unter allen Bundesländern hat.
Meine Damen und Herren, natürlich kann man deswegen nicht etwa ausruhen. Aber, Herr Kollege Lenz, ich würde doch herzlich darum bitten, dass Sie die Statistik der Bundesanstalt für Arbeit richtig zitieren. Sie sollten festhalten, dass die Arbeitslosenquote bei den Jugendlichen unter 25 Jahren 9,3 % und nicht 10,9 % beträgt. Sie haben die Zahl aus einer falsche Rubrik gegriffen. Aber das werden wir an anderer Stelle noch aufklären.
Meine Damen und Herren, der letzte Donnerstag, an dem die Arbeitsmarktzahlen verkündet wurden, war für das Land Niedersachsen sehr erfreulich.
Die Quote war niedriger als vor der Arbeitsmarktreform. Und was aus meiner Sicht besonders erfreulich ist: Das Plus bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag über dem Bundesdurchschnitt. Besonders positiv war das Bild bei der Jugendarbeitslosigkeit. Wir hatten fast ein Viertel weniger arbeitslose Jugendliche als vor einem Jahr. In dem Zusammenhang nenne ich noch brandneue positive Daten vom Ausbildungsmarkt: Die Kammern melden über 46 000 neu eingetragene Ausbildungsverträge. Das sind 1 800 mehr als im Vorjahr. Alle diese Fakten können uns positiv stimmen, aber sie reichen nicht aus.
An dieser Stelle will ich allerdings durchaus noch auf den letzten Beitrag von Herrn Hagenah eingehen, der darauf hingewiesen hat, man müsse einen Zeitraum zurück bis zum Jahr 2000 betrachten. Wir haben in diesem Hause in früheren Jahren immer festgestellt, dass die Konjunktur in Niedersachsen eher hinter der durchschnittlichen Entwicklung im gesamten Bundesgebiet zurückhängt. Meine Damen und Herren, wenn das so ist, wenn die Entwicklung in Niedersachsen erst zeitverzögert eintritt, nämlich etwa sechs bis neun Monate später, dann können wir besonders stolz auf diese Zahlen gucken, weil das bedeutet, dass wir in den nächsten Monaten eine zusätzlich positive Entwicklung haben werden. Die Landesregierung pocht auch ein wenig darauf.
Herr Kollege Hermann hat schon darauf hingewiesen, dass wir mit bestimmten Maßnahmen die Dinge vorangetrieben haben. Für mich ist der wichtigste Grundsatz: erster Arbeitsmarkt zuerst. Die Vermittlung von Arbeitslosen und Jugendlichen in den ersten Arbeitsmarkt ist für mich wichtiger als die Vermittlung in irgendwelche Fördermaßnahmen.
Wir haben besondere Schwerpunkte und Förderprogramme für junge Menschen gesetzt. Zur Verbesserung der Ausbildungsplatzsituation haben wir Ausbildungsakquisiteure eingesetzt. Herr Hermann hat auf das Programm „2000 x 2500“ hingewiesen. Benachteiligte Jugendliche bekommen Hilfe über die Pro-Aktiv-Zentren, durch die bereits viele in entsprechende Tätigkeit vermittelt worden sind.
Wir werden uns aber weiter ins Zeug legen. Die äußerst positiven Zahlen über die Entwicklung, die in dieser Debatte noch einmal deutlich geworden sind - nicht zuletzt durch den Beitrag von Herrn Lenz im Anschluss an die Ausführungen von Herrn Hermann -, werden uns nicht ermüden lassen, sondern wir werden weiter kämpfen, um die Zahlen noch weiter zu verbessern und Niedersachsens Vorwärtsgang deutlicher zu unterstreichen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, damit ist die Debatte um den Tagesordnungspunkt 2 a beendet. Ich rufe jetzt auf
b) Landesregierung verspielt Zukunftschancen! Europäische Mittel für Innovationsimpulse bei Umwelt- und Klimaschutz einsetzen - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/3390 neu
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kenner wissen: Innovationen sind der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit. Niedersachsen hat ein Problem: Dieses Land hat eine eklatante Innovationsschwäche.
Die Details können Sie nachlesen in der Untersuchung des NIW, und der Verantwortliche für diese Entwicklung ist der Niedersächsische Ministerpräsident, Christian Wulff.
Das Land hat eine große Chance, diese Innovationsschwäche zu überwinden. Die Europäische Union stellt in der nächsten Förderperiode Mittel im Umfang von 2,5 Milliarden Euro für Niedersachsen zur Verfügung, wahrscheinlich letztmalig, meine Damen und Herren. 1,23 Milliarden Euro davon fallen in den Titel EFRE, aus dem Mittel zur Stärkung des Wirtschaftswachstums und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bereitgestellt werden.
Hier bestände eine Chance für dieses Land, vorwärts zu kommen. Das passt gut zu den Projekten, die in Europa mit der Lissabon-Strategie diskutiert werden. Das passt in die Konzeption der Bundesregierung, die im nächsten halben Jahr in der EUPräsidentschaft ganz gezielt Schwerpunkte setzt. Spätestens seit dem Stern-Bericht, der in den letzten Wochen erschienen ist, muss doch jedem in Deutschland und darüber hinaus klar sein, dass das Thema Klimawandel nicht nur eine ökologische Bedrohung, sondern auch eine ökonomische Chance bedeutet.
Diese Chance gälte es doch zu nutzen. Ich lese in den Kabinettsvorlagen, dass auch in Niedersachsen durchaus erkannt wird, dass es darum geht, Qualität zu sichern, dass es bei den Strukturmitteln darum gehen muss, sich an der Lissabon-Strategie zu orientieren und Wachstum in den Mittelpunkt zu stellen. Das ist der hehre Anspruch, meine Damen und Herren.
Was ist die Realität im Lande Niedersachsen? Das Wirtschaftsministerium kennt das Wort „ökologische Innovationen“ überhaupt nicht. Im Ressort von Herrn Hirche ist nicht vorgesehen, etwas im Bereich Umwelttechnologie, Energie zu machen.
Im Bereich des Umweltministeriums wird ein Programm mit einem Volumen von 110 Millionen Euro zusammengepackt, bei dem es abschließend um Fragen des Küstenschutzes und der Abwasserbehandlung geht.
Wer sich dieses Programm des Umweltministeriums ansieht, muss mit Erschrecken feststellen, dass das keine innovativen Projekte sind, sondern dass das zuständige Ressort mit europäischen Mitteln die Finanzierung seiner Pflichtaufgaben aus Landesmitteln ersetzen will. Das ist das Problem.