Protocol of the Session on October 12, 2006

Einen Antrag der CDU/CSU gibt es auf Bundesebene nicht. Allgemeiner Tenor scheint aber zu sein: Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie.

Die Bundesregierung hat sich am 18. September auf eine gemeinsame Linie für die anstehenden Verhandlungen über die Strukturfondsverordnung geeinigt. Die Transparenzinitiative wird im Grundsatz unterstützt.

Wie verhält sich Niedersachsen? - Im Agrarausschuss des Bundesrates steht Niedersachsen mit seiner Haltung recht einsam da. Die Hauptempfehlung des Ausschusses: Niedersachsen stimmt mit Nein. - Die Hilfsempfehlung des Ausschusses: Niedersachsen stimmt mit Nein. - Dann der Änderungsantrag von Niedersachsen: Er wird im Ausschuss mehrheitlich abgelehnt.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Mit großer Mehrheit!)

Herr Minister, beenden Sie Ihre politische Geisterfahrt, und fahren Sie in Richtung der überwiegenden Mehrheit! Spielen Sie bei der Transparenzinitiative den Igel und nicht den Hasen! Unterstützen Sie unseren Antrag!

(Beifall bei der SPD)

Über Details und letzte Formulierungen sollten wir unaufgeregt im Ausschuss beraten.

Meine Damen und Herren, zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ganz kurz: Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. Eine Beschränkung der Veröffentlichung von Daten auf dem Agrarbereich lehnen wir ab. Vor allem aber enthält der Antrag zu viele Schlussfolgerungen, die redlicherweise erst nach Analyse der zu veröffentlichenden Daten möglich sind. Sonst macht die Forderung nach Transparenz keinen Sinn.

Scharf kritisieren wir aber das Umgehen der CDU mit diesem Antrag und das Verfahren im Ausschuss. Herr Große Macke will den Antrag gleich in den Papierkorb werfen.

(Jörg Bode [FDP]: Hat er sogar schon!)

Für eine innerliche Positionierung ist in seiner Rede kein Platz. Er spricht zwar von einem beschriebenen Weg, den die CDU konsequent gehen will. In der Rede ist diese Beschreibung des Weges aber auch bei Studium des Protokolls nicht zu finden.

(Lachen bei der SPD)

Das wird er heute sicherlich nachholen.

Die Beratung im Ausschuss war noch abenteuerlicher. Unserem Anliegen nach Unterrichtung durch die Landesregierung und gegebenenfalls nach einer Anhörung wurde zwar zugestimmt, aber dennoch auf sofortiger Abstimmung über den Antrag der Grünen bestanden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Vorgehensweise ist doch absolut unsinnig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Man will sich zwar sachkundig machen, aber erst nach der Beschlussfassung. Das widerspricht doch jeglicher parlamentarischen Vorgehensweise und Logik. Das ist so, wie wenn Sie eine TÜV-Plakette bekommen und erst vier Wochen später das Auto vorführen müssen.

Ich hoffe, dass über unseren Antrag mit üblichen Gepflogenheiten und Abläufen beraten wird, und freue mich auf eine konstruktive, sachlich orientierte Diskussion mit dem Ziel, eine einvernehmliche Position zur Transparenzinitiative zu entwickeln. Sie wird kommen, und wir sollten uns gemeinsam an der Ausgestaltung beteiligen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Abgeordnete Klein das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sollte ich einmal ein Buch über Landtagsarbeit schreiben, dann wird die Behandlung dieses Antrags sicherlich ein Kapitel wert sein.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das liest aber kein Mensch!)

Der Kollege Steinecke hat die Absurdität dieses Vorgangs bereits beschrieben. Unser Antrag soll heute abgelehnt werden, ohne dass eine inhaltliche Beratung im Ausschuss stattgefunden hat. Gleichzeitig wird das Thema erneut auf die Tagesordnung gebracht - nahezu deckungsgleich, wenn man berücksichtigt, dass ich im Ausschuss sofort angeboten hatte, das Thema auf alle Subventionen auszuweiten.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Wir wollten der CDU eine Chance geben!)

- Frau Stief-Kreihe, es war offensichtlich schon zu spät. Zu dem Zeitpunkt hatte sich der Koalitionsarbeitskreis schon geschworen, auf keinen Fall einen so unverschämten Grünen-Antrag zu diskutieren.

Zwischendurch gab es dann die Unterrichtung durch die Landesregierung; das ist auch angesprochen worden. Das Ganze ist gegen jeglichen fachlichen Zusammenhang, gegen jegliche inhaltliche Vernunft und auch gegen jeden Aspekt von Arbeitseffizienz gelaufen. Man kann nur sagen: Das ist kindlichem Trotzverhalten entsprungen einem Trotzverhalten, das zu dieser Mehrheitswillkür geführt hat, die ich noch vom Anfang der 80erJahre, aus den ersten Diskussionen in den Räten, in denen Grüne waren, kenne, die ich inzwischen aber fast vergessen hatte.

Mir ist klar, dass Sie das Thema am liebsten in der Versenkung verschwinden lassen würden. Das ist aber nun nicht mehr möglich, weil es breit diskutiert wird und weil es auf Bundesebene, selbst beim Bauernverband, eine gewisse Zustimmung gibt. Deshalb sagt man, man wolle diskutieren, aber nicht auf der Grundlage des Grünen-Antrags. Man sagt, man könne sich ja mal mit der Materie beschäftigen, aber erst müsse dieser GrünenAntrag weg.

Ich habe natürlich schon über die Gründe spekuliert. Ich habe spekuliert, ob der Grund bei dem einen oder anderen der erste Schreck war, dass man selbst betroffen war, und dass man deswegen in diese undemokratische Reaktion verfallen ist. Es scheint offensichtlich eine Horrorvorstellung zu sein, dass künftig nicht nur die eigene Landtagsdiät, sondern auch der Scheck aus Brüssel eine öffentliche Angelegenheit sein könnte. Mir scheint es nicht abwegig zu sein, darüber zu diskutieren, inwieweit man in diesen Fällen tatsächlich eine gewisse Befangenheit gegenüber einer offenen Diskussion erwarten kann. Aber wahrscheinlich steht das auch auf Ihrer Tabuliste.

Nun zur Sache selbst.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Na endlich!)

Wie im Juni dieses Jahres im Plenum schon angeführt, geht es um Transparenz nicht um der Transparenz willen. Es geht auch nicht darum, die menschliche Neugier zu befriedigen oder Neiddiskussionen zu schüren. Es geht schlicht und einfach um das Recht der Steuerzahler zu wissen, wofür ihr Geld ausgegeben wird. Wir wissen, dass

jeder durchschnittlich 250 Euro im Jahr nach „Brüssel“ zahlt, allein 100 Euro für die Landwirtschaft. Ich finde, dass die Steuerzahler das Recht haben, zu wissen, wofür dieses Geld letzten Endes ausgegeben wird,

(Beifall bei den GRÜNEN)

und dass sie prüfen und sicherstellen können, dass diese öffentlichen Mittel sinnvoll verwendet werden. Sinnvoll bedeutet in unserem Sinne im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit, zur Förderung gesellschaftlicher Ziele in Umwelt, Klimaschutz und Tierschutz und zum Erhalt und zur Schaffung von Arbeitsplätzen, aber auch zur Stärkung des ländlichen Raums über eine stärkere zweite Säule.

Wenn sich infolge der Transparenz Mängel zeigen, muss dies zu Veränderungen im System führen, um den gesamtgesellschaftlichen Konsens über die Agrarförderung sicherzustellen. Man muss doch kein Prophet sein, um aus dem vorliegenden aggregierten Material schließen zu können, dass dieses System nicht mängelfrei ist. Bei aller beschwichtigenden Begründung im Antrag der SPD halte ich es nur für fair, darauf hinzuweisen.

Meine Damen und Herren, es kommt deshalb darauf an, dass wir jetzt die EU-Initiative weiter unterstützen, unabhängig davon aber auch nationale Regelungen erarbeiten, die ohne unnötigen bürokratischen Aufwand die Daten liefern, die wir zur Analyse und Bewertung der Wirksamkeit der öffentlichen Förderung insbesondere auch im Agrarbereich brauchen.

Wenn Sie über die nötige Souveränität verfügen - ich appelliere noch einmal an Sie -, dann können Sie diese Antragsposse durchaus noch heilen, indem Sie unseren Antrag mit dem Antrag der SPD in den Ausschuss zurück überweisen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diesen Antrag stelle ich hiermit ausdrücklich. Wenn Sie ihn ablehnen, dann können Sie zwar diesen Antrag heute begraben. Sie können damit aber nicht seine stichhaltigen Forderungen und seine guten Argumente totschlagen. Sie werden Ihnen erhalten bleiben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Oetjen, ich gehe davon aus, dass auch Sie sich noch melden wollen. Ich wäre Ihnen dankbar dafür, wenn Sie Ihren Wortmeldezettel einmal rechtzeitig abgeben würden. Wenn Sie sich die Geschäftsordnung anschauen würden, dann wüssten Sie, dass das Präsidium die Reihenfolge festlegt. Bitte geben Sie den Wortmeldezettel ab!

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Große Macke das Wort.

(Zurufe von der FDP)

- Er ist der Einzige, der dieses Spielchen macht. Herr Oetjen, geben Sie doch den Zettel rechtzeitig ab!

(Heiterkeit bei der SPD und bei der FDP - Jan-Christoph Oetjen [FDP] begibt sich zum Präsidium)

- Augenblick! Herr Oetjen, schauen Sie sich bitte einmal die Geschäftsordnung an. Sie werden merken, dass Sie die Reihenfolge nicht bestimmen können.

(Ilse Hansen [CDU]: Die Reihenfolge nicht, aber die Abgabe!)

Herr Große Macke, bitte fangen Sie jetzt an.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klein, vielleicht vorweg: Ich habe seit 25 Jahren meinen landwirtschaftlichen Betrieb. Einen Scheck aus Brüssel habe ich leider Gottes noch nie bekommen. Das geht heute schon mit Überweisungen. Ich nehme aber an, dass Sie das wissen. Das nur am Rande.

(Unruhe bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Regierungsfraktionen lehnen die Anträge von Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 15/2936 - Für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen -, aber auch den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 15/3206 - Transparenzinitiative der Europäischen Union unterstützen - in der vorliegenden Fassung ab. Ich möchte das begründen und dem Eindruck widersprechen, der sich hier gebildet hat. Gegen Transparenz an sich haben wir nichts einzuwenden, so es Politik gelingt, Förderung nachvollziehbar zu machen, sodass sich daraus ein

wirklicher Informationsgewinn für die Menschen ergibt und ohne dass dadurch ein zusätzliches bürokratisches Monster geschaffen wird, das in einen Datenfriedhof mündet.