Protocol of the Session on October 12, 2006

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Manche könnten meinen, Binnenfischerei sei ein exotisches Thema. In der Tat gibt es aber in Niedersachsen etwa 400 Betriebe, davon arbeiten 80 Betriebe im Haupterwerb. Es handelt sich hierbei - das ist schon gesagt worden - um Fluss- und Seenfischer, um Betriebe der Aquakultur, der Angelfischerei und - als größter Bereich - um Betriebe der Teichwirtschaft. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, diese Betriebe der Teichwirtschaft hatten Sie zunächst - wenn Sie sich erinnern - in Ihrem ersten Antrag völlig aus den Augen gelassen. Gut, dass sie jetzt drinstehen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber nach einem Prozess von über einem Jahr liegt uns nun eine Beschlussempfehlung vor, die das Ergebnis intensiver Gespräche, Besuche und Beratungen ist. An dieser Stelle möchte ich den

Kollegen vom neu fusionierten Landesfischereiverband ein Kompliment für die stets sachliche, konstruktive und freundliche Zusammenarbeit bei dem Thema aussprechen. Die haben eine sehr gute Arbeit für ihre Fischer gemacht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich möchte die drei wichtigsten Punkte unseres Antrags kurz aufzeigen.

Ich nenne erstens die neue Förderperiode der Europäischen Union, in der mit dem Europäischen Fischereifonds ein neues Instrument zur Förderung der Fischwirtschaft zur Verfügung steht. Wir wollen dieses Programm mit Leben füllen und auch im Bereich der Binnenfischerei Schwerpunkte setzen. Dies unterstützt die Binnenfischer direkt und ist ein großer Schritt nach vorne.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zweitens. Wir wollen uns für den Schutz des Europäischen Aals einsetzen. Vielen von Ihnen wird es nicht bekannt sein, aber die Aalbestände in unseren Flüssen haben dramatisch abgenommen. Wir brauchen hierzu ein konzertiertes europäisches Handeln, das alle Ansatzpunkte betrachtet. Ein einseitiges Fangverbot in Deutschland bringt uns an dieser Stelle nicht weiter.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der dritte Bereich ist die Kormoranverordnung. Diese wurde kurz nach der Amtsübernahme durch unseren Umweltminister Hans-Heinrich Sander erlassen und ist ein großer Schritt, die Bestände in den Teichwirtschaften zu sichern. Da Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen - das haben Sie eben auch noch einmal gesagt, Herr Kollege Klein -, die Kormoranverordnung immer so kritisieren, möchte ich Ihnen einmal sagen, dass der Vorsitzende der Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems - das ist Herr Professor Remmer Akkermann - anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Ahlhorner Teichwirtschaft gesagt hat - ich zitiere -, dass die maßvolle Bejagung der Tiere die Fortexistenz der Teichwirtschaft sichere, ohne die den vielen im Umfeld lebenden Tieren die Lebensgrundlage entzogen würde.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich füge an dieser Stelle an: Gut, dass wir das auf den Weg gebracht haben, und mit dem nächsten Schritt werden wir das noch weiter verbessern,

evaluieren und so einen weiteren Schritt nach vorne machen. Dann sind wir auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Ehlen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die niedersächsische Binnenfischerei ist sehr vielfältig aufgestellt. Wir haben die Fluss- und Seenfischerei, wir haben die Forellen- und Karpfenteiche, und wir haben Sportfischer - rund 145 000 organisierte Mitglieder an der Zahl. Wir haben etwa 80 Haupterwerbsbetriebe, die von der Binnenfischerei leben. Dazukommen 320 Nebenerwerbsbetriebe und rund 1 000 Einzelbetriebe, teichwirtschaftliche Hobbybetriebe, die über das ganze Land verteilt sind. Zusammen produzieren diese etwa 2 400 t Speise- und Satzfische und etwa 260 t Lebendfische. Insgesamt entspricht das einem Wert von rund 16 Millionen Euro. Wenn man das mit anderen Ebenen der Nahrungswirtschaft vergleicht, ist das vielleicht sehr wenig, aber trotzdem sind uns die Sorgen und Nöte der Binnenfischer bekannt.

Die Fischereiverwaltung sowohl beim Land als auch bei der Landwirtschaftskammer betreut die Binnenfischereibetriebe zukunftsorientiert und zielgerichtet. Von den Fördermitteln der Europäischen Gemeinschaft stehen auch Beträge für die Binnenfischerei zur Verfügung. In den vorangegangenen Redebeiträgen wurde darauf hingewiesen. Zu der erforderlichen Kofinanzierung, meine Damen und Herren, können Sie feststellen, dass wir diese Mittel im Haushaltsplanentwurf 2007 vorgesehen haben. Wir sind hier also auf einem guten Weg.

Wir beschäftigen uns - das klang eben noch einmal an - auch mit dem Aalproblem. Der Aal ist sozusagen der Brotfisch der Binnenfischer. Fachleute aus den Verwaltungen und Forschungseinrichtungen des Bundes und der Länder sind jetzt dabei, Bewirtschaftungspläne für den Aal aufzustellen. Außerdem wird Niedersachsen, wie in diesem Jahr bereits an der Elbe begonnen, den Aalbesatz zusammen mit den Nachbarländern abstimmen und vorantreiben. Hierfür werden neben Landesmitteln

auch Gemeinschaftsmittel eingesetzt. Es sind in diesem Jahr etwa 93 000 Euro für den Fischbesatz in der Elbe eingesetzt worden.

Beim Schutz des Aales - auch das ist angeklungen - dürfen wir die Schäden durch Kormorane, aber auch Schäden durch Wasserkraftanlagen nicht übersehen. Hierbei befinden wir uns auf allen fachlichen Ebenen im ständigen Austausch, um die Gefährdungen so gering wie möglich zu halten.

Mir liegt daran, den Binnenfischern in Niedersachsen ausreichende Rahmenbedingungen zum Weiterexistieren und Überleben zu bieten. Um das auch zukunftsorientiert tun zu können, bitte ich Sie, nun auch der Beschlussempfehlung des Agrarausschusses zuzustimmen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 29 und 30 auf. Die Fraktionen haben sich, abweichend von der Ihnen vorliegenden Tagesordnung, darauf verständigt, die Tagesordnungspunkte 29 und 30 zusammen zu behandeln und dafür 40 Minuten Beratungszeit vorzusehen.

Ich rufe daher zusammen auf

Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung: Transparenzinitiative der Europäischen Union unterstützen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3206

und

Tagesordnungspunkt 30: Zweite Beratung: Für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2936 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - Drs. 15/3195

Die Beschlussempfehlung in der Drucksache 3195 lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich weise darauf hin, dass den Fraktionen nunmehr folgende Redezeiten zur Verfügung stehen: CDU-Fraktion 9 Minuten, SPD-Fraktion 13:30 Minuten, FDP-Fraktion 4:30 Minuten, Fraktion der Grünen 4:30 Minuten und Landesregierung 4:30 Minuten.

Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Steinecke von der SPDFraktion. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europa kostet viel Geld und produziert Bürokratie. In Brüssel tummeln sich zu viele Lobbyisten und greifen Geld ab. Wir Bürger erfahren nichts und sind unfähig, uns da einzumischen. Was bringt Europa denn eigentlich für uns, für Deutschland, für Niedersachsen, für meine Stadt, für meine Gemeinde, für mich? - Unter anderem haben diese weit verbreiteten Vorurteile und Fragen die Kommission veranlasst, eine Transparenzinitiative auf den Weg zu bringen, die Offenheit über Konsultationsverfahren, Interessenvertretung und Verteilung der EU-Mittel herstellt. Wir begrüßen diese Initiative, damit das Verständnis und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger für Europa gestärkt werden.

Wir alle müssen gemeinsam dafür sorgen, dass den Menschen der Nutzen, den wir durch ein geeintes Europa genießen, deutlich wird. Hinweise auf Frieden, Freundschaft, Reisefreiheit, Freizügigkeit und vieles mehr greifen alleine nicht. Daran haben wir alle uns zu sehr gewöhnt. Das kann man bedauern, aber das ist Realität.

Der wirtschaftliche Nutzen erschließt sich den Menschen zu wenig. Wenn der Landrat, Bürgermeister oder Minister ein Gewerbegebiet oder eine

neue Produktionsstätte feierlich eröffnet, dann wird häufig verschwiegen, dass dies teilweise nur mit Mitteln der EU zu stemmen gewesen ist. Dem kann durch Offenlegung der Zuwendungen entgegengewirkt werden.

Meine Damen und Herren, die Europäische Union legt bereits heute einen Großteil ihrer Zuwendungen offen, aber 75 % der EU-Mittel werden von nationalen bzw. regionalen Ebenen verwaltet. Eine Mitarbeit und Unterstützung dieser Ebenen für Transparenz ist also unerlässlich. Auch Bund und Länder sollten sich dafür entscheiden, die eigene Kofinanzierung der EU-Mittel offenzulegen.

Wir sind für eine zentrale, für den Bürger handhabbare Veröffentlichung, die einen Vergleich zwischen den Mitgliedstaaten und ihren Untergliederungen möglich macht, wobei selbstverständlich der Datenschutz gewahrt bleiben muss. Wenn Unternehmen, auch Landwirte, Geld von der EU erhalten, dann ist das richtig, weil es politisch gewollt und kein Versehen ist. Wenn aber festgestellt wird - das gelingt nur mit ausreichender Transparenz im Umgang mit Fördermitteln -, dass dieses Geld nicht ordentlich verwendet wird, Maßnahmen scheitern oder Empfänger nicht ordentlich damit umgehen, dann muss man Konsequenzen ziehen. Wenn öffentlich bekannt wird, dass ein Unternehmen sehr viel Geld bekommt, ist das nicht schlimm, wenn wir erklären können, warum und wofür die Mittel bereitgestellt werden und welches öffentliche Interesse besteht.

Bei transparentem Umgang mit Fördermitteln werden wir eben öfter gezwungen werden, diese Erklärung abzugeben. Das finde ich nicht dramatisch, und der Steuerzahler hat ein Recht auf diese Erklärung.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, da die Agrarausgaben 42 % des EU-Haushaltes binden, ist es verständlich, dass diese immer zuerst in den Fokus der Betrachtung geraten. Deswegen ist es richtig, in diesem Bereich für mehr Transparenz zu sorgen. Dies gilt auch für die Mittel aus der zweiten Säule. Ebenfalls dort ist zu erklären, für welche Leistung die Förderung gewährt und welche Ziele damit verfolgt werden. Aber für uns ist klar: Es darf keine Lex Landwirtschaft geben. Transparenz muss für alle Förderbereiche hergestellt werden. Eine überbordende Bürokratie muss dadurch zwangsläufig nicht entstehen, vor allem dann nicht, wenn es

stimmt, dass alle geforderten Daten schon vorliegen. Dann brauchen diese Daten nur noch veröffentlicht zu werden.

Uns geht es auf keinen Fall um eine Neiddebatte. Über den Nutzen der Initiative für die Landwirtschaft ist in der Begründung unseres Antrages genügend ausgeführt worden. Ich brauche das hier nicht zu wiederholen. Warum sollten Betriebe etwas gegen Transparenz einwenden?

Wie schon oben erwähnt, können große Zuwendungen an große Betriebe Akzeptanz finden, wenn Sinn und Zweck der Mittelvergabe vermittelt werden können. Das gilt auch für landwirtschaftliche Betriebe und Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie. Auch hier gilt: Wenn deutlich wird, dass die Förderziele nicht erreicht werden, müssen wir nachsteuern und gegebenenfalls die Programmierung ändern. Warum sollten sich letztlich kleine mittelständische Familienbetriebe vor Transparenz fürchten? - Auch hier würde ja erklärt, wofür die Mittel gewährt werden. Wenn darüber hinaus durch die Offenlegung der Zuwendungen deutlich wird, dass bei der Verteilung der Mittel eine Benachteiligung gegenüber den großen agrarindustriellen Betrieben besteht, dann könnten wir doch über notwendige Reformen reden, damit die Mittel bei denen ankommen, die uns besonders am Herzen liegen - die kleinen und mittleren Betriebe, die unsere Kulturlandschaft erhalten und Arbeitsplätze durch nachhaltige Bewirtschaftung sichern.

Meine Damen und Herren, nun einige Stichworte zur Diskussion um die Transparenzinitiative in Berlin.

Am 7. Juli begrüßt der Bundesrat prinzipiell die Initiative, ziert sich aber bei der Veröffentlichung personenbezogener Daten, artikuliert Vorbehalte, schließt dies jedoch grundsätzlich nicht aus.

Die FDP fordert in ihrem Antrag auf Bundesebene, Daten über die Identität der Empfänger sowie Gegenstand, Dauer und Summe vollständig und verständlich bereitszustellen und dabei den Datenschutz in ausreichendem Maße zu gewährleisten. Die FDP in Berlin hat also keine Probleme damit, Daten über die Identität der Empfänger zu veröffentlichen.

Einen Antrag der CDU/CSU gibt es auf Bundesebene nicht. Allgemeiner Tenor scheint aber zu sein: Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie.