Protocol of the Session on October 10, 2006

Weshalb fordern Sie denn noch einen Bildungsbericht? - Das verstehe ich gar nicht. An Informationen scheint es bei Ihnen ja nicht zu hapern.

Meine Damen und Herren, der von Ihnen angeforderte Bildungsbericht liegt Ihnen bereits vor. Mit Schreiben vom 24. August 2006 haben Sie die neue Statistik für die niedersächsischen allgemeinbildenden Schulen mit den Zahlen und endgültigen Daten des Schuljahres 2005 und 2006 erhalten. Neben diesem Exemplar für die niedersächsischen allgemeinbildenden Schulen gibt es noch ein zweites Exemplar für den berufsbildenden Bereich. In diesen Berichten steht schon eine ganze Menge. Dicht gedrängt auf 67 Seiten finden Sie einen umfangreichen Überblick über die Entwicklung des allgemeinbildenden Schulwesens und den Bereich der beruflichen Bildung. Alle Zahlen liegen vor. Ich hoffe, dass Sie alle diese Statistiken sorgfältig gelesen haben. Sie finden umfassende Daten und Relationen über Schülerinnen und Schüler, über Fremdsprachen, Staatsangehörigkeit, sonderpädagogische Förderung, Religionsunterricht, Lehrkräfte, Anrechnungsstunden, Vorbereitungsdienst und Neueinstellungen bis hin zu den Ausgaben des Landes für die Schulen, und diese Aufzählung ist weiß Gott nicht abschließend. In der ersten Beratung hatten Sie dann noch zusätzlichen Informationsbedarf. Es ging um die Schulformwechsler und um die Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die Schuljahrgänge. Auch diese Zahlen haben wir wunschgemäß mit

aufgenommen. Das können Sie alles nachlesen. Ein zusätzlicher Bildungsbericht ist deshalb nicht erforderlich.

Wir haben zusätzlich zu diesen Statistiken noch nationale und internationale Auswertungen zu PISA, wir haben TIMSS und DESI. Manchen wird es in diesen Tagen schon fast zu viel, weil man mit Statistiken das eigentliche Anliegen auch totwürgen kann.

Selbstverständlich werden Sie auch aktuell umfassend informiert. Für eine solide und glaubwürdige Schulstatistik wartet man zum Schuljahresbeginn aber erst einmal ab, bis alle Schülerinnen und Schüler in den Schulen angekommen sind. Erfahrungsgemäß gibt es zum Schuljahresbeginn noch kurzfristige Wechsel zwischen den Schulen und Schulformen. 14 Tage nach Unterrichtsbeginn ist bereits ein sehr frühes Datum als Stichtag für die Schulstatistik. Tatsächlich lagen auch in diesem Jahr erst Anfang Oktober alle Daten in meinem Hause vor. Diese gemeldeten Daten der über 3 000 Schulen werden zurzeit sorgfältig überprüft, fehlerhafte Angaben werden noch korrigiert. Ende Oktober oder im Laufe dieses Monats können Ihnen dann alle Angaben über die Entwicklung im neuen Schuljahr, was Schülerzahlen usw. anbelangt, geliefert werden.

Herr Minister?

Nein, jetzt keine Zwischenfrage. - Sie wissen aus der Tradition, dass wir diese Zahlen pflichtgemäß jedes Jahr im Herbst vorlegen. Ihren Vorwurf, ich würde irgendwelche Zahlen verschweigen und nur die Zahlen der Aufsteiger vorlegen, die der Rückläufer jedoch nicht, weise ich zurück. Auch diese Zahlen erwähnen wir jedes Jahr. Sie wurden übrigens auch in der Pressekonferenz erwähnt. Ich weiß nicht mehr, in welchem Sprechzettel oder in welcher Presseerklärung sie enthalten waren. Tun Sie nicht so, Herr Wulf, als wäre irgendetwas verheimlicht worden. Das ist doch überhaupt kein Problem. Im Gegenteil! Ich bin selbst auf die Zahlen angewiesen, um mit Ihnen über das Thema „Hauptschule“ entsprechend diskutieren zu können.

Nun hat jeder seine Methode, die Statistik so zu greifen, dass er mit bestimmten Argumentationsli

nien aus der Diskussion herauskommt. Bei 3 200 bis 3 300 Schulstandorten werden sich doch ein paar finden, deren Unterrichtsversorgung nicht bei 100 % liegt, Frau Korter. Schauen Sie: 1 850 Grundschulen sind im Schnitt zwischen 101 und 102 % mit Unterricht versorgt. Da müssen Sie schon mit der Lupe suchen und besondere Krankheitssituationen ausmachen, um einen Standort zu finden, wo eine Schule nicht zu 100 % mit Unterricht versorgt ist. Der Brief aus Adendorf ist auch mir auf den Tisch gekommen. Wenn dort ein Problem besteht, dann werden wir es lösen. Ich sage Ihnen ganz offen: Bei den Grundschulen haben wir eher das Problem - Gott sei es geklagt -, die aufgrund der geringen Schülerzahlen bestehenden Überhangstunden so zu organisieren, dass die Situation bei den anderen Schulformen auskömmlich ist. Insofern haben wir da in den nächsten Jahren eher das Problem der Überversorgung, als dass dort das Problem der Unterversorgung besteht.

Das Gleiche gilt für die Lehrer/Schüler-Relation. Sie argumentieren schlicht unfair. Wir haben in den früheren Jahren immer die alten Bundesländer miteinander verglichen - das haben Sie gemacht, und das machen auch wir -, weil sich die neuen Bundesländer in der dramatischen Situation befinden - Gott sei es geklagt -, dass ihnen die Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern in den Westen weglaufen oder gar kein Nachwuchs mehr da ist. Diese Länder haben ein Riesenproblem. Diese unterschiedlichen Situationen können Sie gar nicht in Statistiken gießen, um zu sagen, dass das eine Land da und das andere dort steht.

(Beifall bei der CDU)

Zu den Klassengrößen. Dieses Thema haben wir schon an anderer Stelle diskutiert. Sie haben es immerhin geschafft, die Klassengröße in Gymnasien von 1995 bis zum Regierungswechsel von 23 - Komma - auf fast 27 zu erhöhen. Mir machen Sie jetzt den Vorwurf - ich kenne den jüngsten Stand gar nicht; diese Zahl datiert vom Stand auslaufendes letztes Schuljahr -, dass die Klassengröße von 27 auf 28 Schüler gestiegen sei. Wer hat denn den größeren Anteil an der Entwicklung?

(Beifall bei der CDU)

Ich muss aber auch sagen, dass wir in den Gymnasien einen riesigen Zulauf zu verzeichnen haben, was da und dort auch gewisse Klassengrößen nach sich zieht. Es ist aber erfreulich, dass

unsere Gymnasien im gegliederten Schulwesen so gefragt sind und mit guten Abschlüssen aufwarten. Diese Freude aber scheinen Sie nicht zu teilen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt noch einige andere Dinge, die man in diesem Zusammenhang anführen könnte und bei denen Sie, beispielsweise im Hinblick auf die Verwendung von Statistiken, nicht fair arbeiten. Sei es drum.

In diesem Zusammenhang begrüße ich, dass der Kultusausschuss eine Erhebung zu den vorübergehenden Unterrichtsausfällen abgelehnt hat. Momentaufnahmen helfen niemandem weiter. Im letzten Jahr hat die didacta statt gefunden. Wenn Sie an dem Tag die Unterrichtsversorgung an den Schulen gemessen hätten, dann wären Sie auf einen katastrophalen Wert gekommen. Ich selbst habe Lehrerinnen und Lehrer aufgefordert, die didacta als Fortbildungsveranstaltung zu besuchen und sich die neuen Entwicklungen anzuschauen. Das tut der Schule gut. Wer in der Situation eine Momentaufnahme macht, der ermittelt eine Unterrichtsversorgung von vermutlich zwischen 80 und 90 %, wenn er gleichzeitig verschweigt, dass der Unterricht nachgearbeitet wird usw. Das Gleiche gilt für Klassenfahrten und alle diese Dinge. Wer nur Momentaufnahmen machen und das Drumherum nicht sehen will, der geht im Grunde genommen auch nicht fair vor. Aber - okay - das ist ja manchmal das Wesen von Statistiken, dass jeder sie so benutzen kann, wie es ihm in dem Geschäft nützt.

Meine Damen und Herren, ich will noch zu einem Punkt Stellung nehmen, der hier nicht angesprochen worden ist. Sie wissen, dass die KMK in Bezug auf PISA, TIMSS usw. und die Fortführung dieser Studien vor der Frage steht, wie wir uns in den nächsten Jahren an PISA und anderen internationalen Erhebungen beteiligen werden. Es gilt durchaus die Linie, dass wir uns noch weitere Jahre an PISA beteiligen. Wir sind aber auch mehr denn je daran interessiert, Daten in nationaler Eigenverantwortung zu erfassen und auf dieser Grundlage Regelungen zu treffen. Das ist ein gutes Unterfangen und vielleicht auch noch ein bisschen kostengünstiger. Letzteres ist aber eher das nachrangige Argument.

In dem Zusammenhang ist allerdings die Diskussion aufgekommen, ob man ein nationales Bildungsregister unter Erfassung aller 12 Millionen Schüle

rinnen und Schüler in Deutschland benötigt. Nach manchen Vorstellungen bekäme dann jeder Schüler mit der Einschulung eine Identifikationsnummer, damit man Wanderungen und bestimmte Entwicklungen besser nachvollziehen kann. Dazu sage ich Ihnen ganz offen: In dem Zusammenhang dreht sich mir etwas im Bauch um. Das hat auch etwas mit Datenschutz zu tun. Ich sage dazu: Man kann es mit der statistischen Erheberei auch übertreiben.

(Beifall bei der CDU)

Es kann sein, dass die Erkenntnisse, die man dadurch gewinnt, den Aufwand und die kritische datenschutzrechtliche Situation nicht rechtfertigen. Ich werde mich in der KMK sicherlich für einen Bildungsbericht stark machen, der aber die richtige Dimension haben und die richtigen Zielsetzungen verfolgen sollte. Eine Massenerfassung sozusagen auf 100-%-Basis mit Ergebnissen, die vielleicht gar nicht so interessant sind, wäre allerdings nicht mein Ding. Ich meine, dass die Informationen, die wir geben, und die offiziellen Papiere, die wir herausgeben, allemal ausreichen, Ihren Informationsbedarf zu decken. Herr Wulf, Frau Korter und alle die anderen: Wenn es hier und da einmal eine Informationslücke geben sollte, dann sind wir immer gerne behilflich. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Es liegen jetzt Wünsche zur Kurzintervention vor. Auf die Einlassungen von Ministern sind grundsätzlich keine Kurzinterventionen möglich.

Mir liegt außerdem ein Antrag des Kollegen Voigtländer von der SPD-Fraktion nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung vor. Herr Kollege Wulf, Sie möchten auch sprechen. Können Sie sich verständigen? - Okay, dann hat jetzt Herr Voigtländer das Wort. Sie haben zusätzliche Redezeit von drei Minuten, Herr Kollege Voigtländer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, ich habe mir lange anhören müssen, was Sie zu Statistiken gesagt haben. Wenn Sie sich diesen Antrag noch einmal anschauen, dann wird Ihnen deutlich, dass uns das, was derzeit in Papieren festgeschrieben wird, überhaupt nicht reichen kann. Hier geht es schlicht und einfach

lediglich darum, wie viel Unterricht in den unterschiedlichen Schulformen in Niedersachsen ausfällt. Wir wollen nichts über eine Software hören, die so gestaltet ist, dass sie immer 99 % auswirft. Sie werden in den nächsten Jahren merken, dass das so ist. Wir wollen nichts über eine Software hören, die immer 99,6 % oder 99,8 % oder Ähnliches auswirft, obwohl Sie längst Stellen umwidmen und weniger einstellen und das auch öffentlich sagen. Dieses Parlament möchte hingegen einmal im Jahr wissen, wie viel Unterricht tatsächlich ausfällt. Das haben Sie bisher nicht erklären können. Das hätte ich gerne einmal von Ihnen gewusst.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben hier vorne genebelt, genebelt und noch einmal genebelt. Sie haben nichts anderes gesagt, als dass hier Papiere gedruckt werden, aus denen man über eines nicht schlau wird: Wie viel Unterricht wird in niedersächsischen Schulen tatsächlich erteilt?

(Widerspruch bei der CDU - Ernst- August Hoppenbrock [CDU]: Wir kön- nen das aber!)

Erinnern Sie sich an die Debatte, die die Schulelternräte in Niedersachsen in niemandens Auftrag, sondern in der hehren Absicht veranstaltet haben, darauf hinzuweisen, wie viel Unterricht hier in Niedersachsen erteilt wird? Sie hätten da eigentlich wach werden müssen. Da ist von Unterrichtsversorgung, tatsächlich erteiltem Unterricht, in Höhe von 70 bis 80 % und ähnlichen Prozentzahlen die Rede gewesen. Nichts anderes hat dieser Antrag zum Ziel, nämlich zu wissen, wie viel Unterricht in Niedersachsen in den unterschiedlichen Schulformen erteilt worden ist. Das Parlament hat einen Anspruch darauf, das zu wissen. Deshalb will ich das an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Aber nicht nur das Parlament, son- dern alle Eltern haben ein Recht dar- auf!)

Herzlichen Dank. - Zu einer Kurzintervention auf den Kollegen Herrn Voigtländer hat sich Frau Bertholdes-Sandrock gemeldet. Sie haben das Wort.

Herr Kollege Voigtländer, wir sprachen heute mehrfach über das Zuhören. Ich weiß gar nicht, ob Sie mir zugehört haben. Obwohl Sie gesagt haben, hier werde genebelt, genebelt oder sonst was, haben in Wahrheit Sie genebelt. Wir waren schon wesentlich präziser in der Diskussion. Wir sprachen nämlich von Unterrichtsversorgung. Was das ist, ist klar definiert, ob Ihnen die Basis der Zahlen gefällt oder nicht. Sie fallen jetzt einen Schritt zurück, was einem Kollegen eigentlich gar nicht passieren darf. Aber Sie sind wahrscheinlich schon zu lange aus dem Schuldienst heraus.

(Jacques Voigtländer [SPD]: Passen Sie auf, dass Sie nicht bald wieder drin sind! - Heiterkeit bei der SPD)

Sie sprechen davon, wie viel Unterricht ausfällt. Welche Stunden, die nicht erteilt werden, rechnen Sie herein, welche rechnen Sie heraus? Wie ist das mit zusätzlichen Stunden? Sie berücksichtigen überhaupt nicht das, was alles jenseits der Unterrichtszeit stattfindet. Sie wollen in diese Fitzeligkeit hinein. Geht es um Kurzvertretungen, wenn jemand mal fehlt? Sie versuchen jetzt, vor allen denjenigen, die nicht aus der Praxis kommen, den Eindruck zu erwecken, dass Sie die Debatte generalstabsmäßig ausbauen könnten. Dabei fallen Sie zurück und nebeln, nebeln und nebeln, um Sie zu zitieren. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

(Jacques Voigtländer [SPD]: Das Zweite war das Richtige!)

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10: Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Meldegesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung Drs. 15/2825 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport Drs. 15/3212 - Bericht des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/3223

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme mit Änderungen. Der schriftliche Bericht über die Ausschussberatungen liegt Ihnen in der Drucksache 15/3223 vor. Eine mündliche Beratung ist daher nicht vorgesehen.

(Unruhe)

- Ich eröffne die Beratung, nachdem Ruhe eingekehrt ist.

(Anhaltende Unruhe)

- Es sind noch immer viele Schulpolitiker im Saal, die die Debatte wahrscheinlich noch fortsetzen möchten. - Herr Kollege Klare, Herr Kollege Bley, die Debatte zur Schulpolitik können Sie draußen fortsetzen.

Herr Innenminister Schünemann, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf zwei Kernpunkte des Gesetzentwurfs eingehen:

Erstens. Das Melderechtsrahmengesetz hat verbindlich festgelegt, dass die Rückmeldungen zwischen den Meldebehörden bei Umzügen ab 1. Januar 2007 bundesweit nur noch elektronisch erfolgen dürfen. Dieses Verfahren ersetzt gleichzeitig die Abmeldung, die zuvor noch bei Umzügen in ein anderes Bundesland verpflichtend war. Das bedeutet, die Bürgerinnen und Bürger müssen bei Umzügen im gesamten Bundesgebiet zukünftig nur noch eine Meldebehörde aufsuchen. Die entbehrliche und häufig für die Bürgerinnen und Bürger auch als lästig empfundene Abmeldepflicht wird damit abgeschafft. Die Meldebehörden werden entlastet, Bürokratie wird konsequent abgebaut. Zudem wird durch die elektronische Form der Rückmeldung ein Beitrag zur Verbesserung der

Qualität und Aktualität der Melderegister geleistet, da die Daten schneller übermittelt und automatisiert abgeglichen werden können.