Protocol of the Session on October 10, 2006

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD] lacht)

Für § 5 wollen Sie eine Ergänzung haben, die speziell darauf abzielt, dass wir in Kindertagesstätten einzelne Untersuchungen flächendeckend durchführen. § 5 enthält bereits im ersten Absatz Hinweise für die Untersuchungen in Kindergärten und Schulen, im zweiten Absatz Hinweise für die Schuleingangsuntersuchungen und im dritten Absatz Hinweise zur Zahngesundheit. Es ist tatsächlich also schon an alles gedacht und auf alles hin

gewiesen worden. Das heißt, auch das braucht man nicht.

Wenn Sie das Ziel haben, wirklich alle Kinder zu erreichen, auch die Kinder von den Eltern, die sich nicht um sie kümmern oder sich nicht um sie kümmern können, dann reicht es auch nicht, die Untersuchungen in Kindergärten verpflichtend ins Gesetz zu schreiben; denn dadurch würden diese Eltern und diese Kinder nicht erreicht. Also kommen wir wieder auf die Bundesratsinitiative zurück, die wir schon in Auftrag gegeben haben. Diese zeigt den dafür richtigeren Weg auf, weil man darüber wirklich alle Kinder erreichen würde. Ich habe es jetzt ausführlich erläutert. Wir brauchen keine Ergänzung im Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst. Wir brauchen vielmehr eine Zustimmung von allen hier im Plenum zu unserem Masernantrag. Ansonsten müssen wir sehen, dass wir weitere Kinderuntersuchungen einführen, und sehen, wie Kindeswohl vor Elternrecht geht. Stimmen Sie also bitte vor allem unserem Antrag zu!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf mit dem Ziel vorgelegt, die Kindergesundheit in Niedersachsen zu fördern. Er soll das hier oft zitierte Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst, das wir erst im März verabschiedet haben, nochmals ergänzen, und zwar um den Punkt „Kindergesundheit und Förderung der Kindergesundheit“.

Liebe Kollegin Prüssner, wir waren uns bei der Beratung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst sehr lange einig. Wir haben gemeinsame Änderungsvorschläge mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst erarbeitet, diskutiert, wir haben sie sogar gemeinsam verabschiedet - bis Sie, Herr Kollege, dann in der letzten Sitzung - das wissen Sie sehr genau - kamen und sagten: Bitte wieder zurück, die Punkte können wir doch nicht übernehmen. - Da haben Sie einen Rückzieher gemacht. Das ist ja der Hintergrund. Dann sind Sie hier mit dem Antrag „Kindergesundheit fördern - Stärkeres Durchimpfen zur Masernelimination“ erneut aufgeschlagen.

Ich habe Ihnen in der Debatte gesagt: Wir haben kein Problem damit, neben dem Impfstatus auch Rahmendaten zu erheben. Wir halten das für sinnvoll in dem Bestreben, nicht nachzulassen, unter Einbeziehung des öffentlichen Gesundheitsdienstes intensiv aufzuklären und auch Kinderärzte und Kinderärztinnen zu beteiligen. Das alles ist kein Problem.

Womit wir aber ein Problem haben, ist dieser wirklich überflüssige Auftrag in Richtung des Sozialministeriums, ein Konzept zur früheren Komplettierung der Impfungen zu entwickeln, das sicherstellt, dass die Kindergärten möglichst flächendeckend einbezogen werden und die Kinder an sozialen Brennpunkten und in Migrantenfamilien erfasst und geimpft werden. Da scheiden sich bei uns die Geister. Wir hätten das so einfach haben können. Deshalb hat die SPD noch einmal diesen Änderungsantrag eingebracht. In dem Moment, in dem die Kinder für den Kindergarten angemeldet werden, könnten wir den öffentlichen Gesundheitsdienst einschalten, eine Bestandserhebung machen und auch Aufklärungsarbeit betreiben. Wir würden damit über 90 % der Kinder und der Familien erreichen. Das werden Sie mit einem Konzept aus dem Sozialministerium nie erreichen - nie und nimmer! Das ist herausgeschmissenes Geld.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine Erweiterung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst hätte noch weitere Vorteile. Wir würden uns nicht nur über den Impfstatus von Kindern unterhalten, nein, wir würden auch die anderen Probleme anpacken; denn wir alle wissen doch, dass die U-Untersuchungen für die Kinder zunächst engmaschig sind. Es gehen viele Kinder hin, und die Familien werden erreicht. Später werden die Untersuchungen grobmaschiger, und wir verlieren immer mehr den Kontakt zu den Familien und damit zu den Kindern.

Schaut man sich die Ergebnisse der Jugendgesundheitsstudie des Robert Koch-Instituts an, dann erkennen wir, dass wir nicht nur über nachlassende Impfungen reden, sondern über zunehmende Allergien, falsche und unzureichende Ernährung, Übergewicht, Bewegungsstörungen usw. Wenn wir diese Kinder und ihre Familien wirklich erreichen wollen, dann müssen wir gemeinsam mutig sein, einen Schritt nach vorne gehen und im Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst festschreiben, dass die Kinder quasi vorgestellt und Eltern frühzeitig mit eingebunden werden, dass sie

beraten werden, dass frühzeitige Präventionsmaßnahmen auf den Weg gebracht werden und nicht erst gehandelt wird, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, um es kurz zu machen: Sie werden Ihren Antrag mit Ihrer Mehrheit so oder so durchstimmen, und das Sozialministerium wird an einem Konzept arbeiten. Aber lassen Sie uns doch wirklich im Interesse der Kindergesundheit den Änderungsantrag zum Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst noch einmal umfassend beraten und diskutieren. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. - Jetzt hat Frau Ministerin Ross-Luttmann das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Einführung der Zweitimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln im Jahre 1991 haben sich die Durchimpfungsquoten in Niedersachsen erfreulich entwickelt. Bei der Erstimpfung gegen Masern liegen wir in Niedersachsen bei einer Impfquote von knapp 95 %. Bei der Zweitimpfung haben wir zwar mit knapp 75 % noch Aufholbedarf. Aber wir konnten in den letzten Jahren einen rasanten Anstieg der Teilnahmequote um 40 Prozentpunkte verzeichnen.

Die WHO geht davon aus, dass eine Durchimpfung der Kinder zu 95 % bis 2010 erfolgen soll, damit man dann von einer Masernelimination sprechen kann. Wir liegen zurzeit im Schnitt. Aber das Bekenntnis zur Impfung ist wichtig. Wir dürfen uns auf keinen Erfolgen ausruhen, weil jede einzelne Erkrankung eine zu viel ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke den Fraktionen der CDU und der FDP für den Entschließungsantrag zur Masernelimination, mit dem Sie dieses wichtige Thema politisch aufgreifen. Masern, meine Damen und Herren, sind nicht einfach eine typische Kinderkrankheit, die man halt durchmachen müsse, sondern Masern können schwerste Komplikationen nach sich ziehen. Deshalb brauchen wir ein klares gesund

heitspolitisches Bekenntnis zur Impfung. Nur mit Impfungen ist es möglich, diese gefährliche Krankheit auszurotten, um unsere Kinder vor den schweren Folgen zu schützen; denn es kommt bei jedem fünften erkrankten Kind zu Begleiterkrankungen wie Lungen- oder Mittelohrentzündungen. Bei jedem 500. Kind kommt es zu schweren Hirnentzündungen, die zu bleibenden Schäden, im Extremfall sogar zum Tod führen können. Vor diesem Hintergrund begrüße ich den Antrag der Regierungsfraktionen ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU)

Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die Durchimpfungsquoten weiter steigen, sodass wir die Masern als gefährliche Infektionskrankheit dauerhaft eindämmen, wenn nicht sogar ausrotten können. Wir haben bereits einiges auf den Weg gebracht. Wir haben Anfang Juli auf einem Masern-Gipfel mit Fachleuten verschiedenster Verbände über Masern und die Möglichkeiten zu ihrer Bekämpfung diskutiert und wertvolle Anregungen erhalten. Wir haben im Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst ausreichend Grundlagen geschaffen, um dem vorliegenden Antrag gerecht zu werden.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Wir haben erreicht, dass die Durchimpfungsquoten gerade auch bei den Zweitimpfungen erfreulich ansteigen. Wir werden auch diesen Prozess in den kommenden Jahren weiter voranbringen.

(Unruhe)

Frau Ministerin, ich unterbreche Sie mal. Hier werden zu viele Privatgespräche geführt. Warten Sie bitte, bis hier Ruhe ist.

(Beifall bei der SPD - anhaltende Un- ruhe)

- Hier ist immer noch nicht Ruhe. Bitte warten Sie noch.

(Zuruf von Ulrich Biel [SPD])

- Herr Kollege Biel, seien Sie jetzt auch ruhig. Dann können wir weitermachen. Bitte schön, Frau Ross-Luttmann!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir müssen die Quote bei den Zweitimpfungen erhöhen. Was sich hier besonders gut rechnet, muss man sagen, ist der gute Kontakt des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu den Schulen.

Meine Damen und Herren, die Aufträge sind klar vergeben. Wir brauchen neben den vielen guten Maßnahmen praxisgerechte Vorschläge, um es zu schaffen, jedes Kind und jeden Jugendlichen zweimal gegen Masern und zugleich gegen Mumps und Röteln zu impfen. Es gilt, in nächster Zeit die Kommunen zu unterstützen, in denen es noch nicht gelungen ist, eine entsprechende Durchimpfungsquote zu erreichen.

Darüber hinaus habe ich das Landesgesundheitsamt gebeten, klare Vorgaben zu entwickeln, wie der ÖGD mit auftretenden Erkrankungsfällen umgeht. Jeder größere Masernausbruch kündigt sich mit einzelnen Fällen an. Hier gilt es im Sinne des Infektionsschutzes, frühzeitig einzugreifen und die Weiterverbreitung zu verhindern.

Sie sehen, meine Damen und Herren, wir nehmen die Herausforderung an, Maßnahmen zur Masernelimination mit vielen Akteuren, mit der Ärzteschaft, den Krankenkassen, Trägern der Kindergemeinschaftseinrichtungen und vor allem auch mit den Eltern, umzusetzen. Wir brauchen keine neue Staatsmedizin.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen keine theoretischen Überlegungen, sondern praktische Lösungen im Interesse der Kindergesundheit. Meine Damen und Herren von der SPD, Sie fordern mit Ihrem Gesetzentwurf gesetzliche Verpflichtungen ein, bleiben dabei aber jede konkrete Aussage über die entstehenden Kosten schuldig. Sie klären meines Erachtens auch nicht, auf welche Weise Eltern verpflichtet werden sollen, ihre Kinder impfen zu lassen. Wir wollen ja genau mit unseren Maßnahmen erreichen, die Eltern, die zurzeit ihre Kinder bewusst von Impfungen fernhalten, davon zu überzeugen, dass ihre Mithilfe bei der Masernelimination erforderlich ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich denke, wir sind auf einem guten Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Schwarz hat für die SPD-Fraktion noch einmal um das Wort gebeten. Sie haben noch fast fünf Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte nur noch kurz auf die letzten Bemerkungen der Ministerin sowie auf das eingehen, was die Kollegin Meißner gesagt hat. Sie haben gesagt, ich hätte ihr unterstellt, sie habe keine Ahnung. Das habe ich nicht getan. Ich finde, der Sachverhalt ist viel schlimmer, weil wir uns in der sachlichen Auseinandersetzung über die Problemstellungen und über die Diagnosen absolut einig sind.

Was die Ministerin hier zur Entstehung von Masernepidemien und zu den Folgerungen vorgetragen hat, ist überhaupt nichts Neues. Das wird auch niemand in Abrede stellen. Der Streitpunkt geht darüber, ob wir in der Sache weiterkommen oder ob wir sozusagen auf dem Status quo verharren.

Dazu sage ich Ihnen: Was Sie hier mit Ihrem Entschließungsantrag vorgelegt haben, ist in keinem einzigen Punkt etwas Neues. Das können Sie bereits im Bundesinterventionsprogramm des Robert Koch-Instituts aus dem Jahre 1999 nachlesen. Da hat man sich verpflichtet, die Masernelimination exakt mit einem Teil dieser Punkte zu beendigen, die Sie hier jetzt in Ihren Entschließungsantrag hineingeschrieben haben.

Ich möchte mal wissen, wo eigentlich das Innovative dieser Landesregierung ist, in Richtung Masernelimination wirklich etwas nach vorn zu bringen. Aufklärung allein reicht nicht. Das haben jedenfalls die bisherigen Jahre eindeutig gezeigt.

Dann kann man auch nicht sagen: Im Übrigen wehre ich mich gegen Staatsmedizin. Was ist das für eine Aussage gegen Ihren eigenen öffentlichen Gesundheitsdienst, meine Damen und Herren! Ich finde das unglaublich.

(Beifall bei der SPD)

Hier geht es nicht um die Frage der Staatsmedizin, hier geht es um einen öffentlichen Gesundheitsdienst, der normalerweise die Aufgabe hat, mit für Durchimpfungen zu sorgen, den Impfstatus zu

erfassen und die Durchimpfung entsprechend zu erhöhen.