Nein, meine Damen und Herren, auch auf Bundesebene muss schnell reagiert werden. Die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage muss sofort zurückgenommen werden. Denn das bedeutet eine enorme Belastung für die Kommunen. Sie ist erhöht worden mit der Begründung, dass sich die Gewerbesteuereinnahmen erhöhen. Das ist aber nicht eingetreten.
Außerdem wollen Sie darauf hinwirken, dass auch auf Bundesebene der Artikel 104 des Grundgesetzes entsprechend dem Konnexitätsprinzip ausgelegt wird. Aber das müssen Sie einmal richtig lesen. Der regelt nur die Beziehungen zwischen Bund und Land. Genau das müssen wir ändern. Aber das beantragen Sie nicht. Hierfür hätten Sie auf jeden Fall unsere Unterstützung.
Es ist natürlich völlig richtig, dass wir eine Gemeindefinanzreform brauchen. In Ihrem Wahlprogramm von 1998 steht: Das ist das Erste, was wir angreifen wollen. - Was aber haben Sie dreieinhalb Jahre danach gemacht? - Sie haben jetzt kurz vor der Wahl eine Kommission eingerichtet, in der Sie vielleicht irgendetwas erarbeiten wollen. Sie wissen aber, dass Sie es nicht mehr umsetzen werden, und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, mein Kollege David McAllister wird gleich noch auf die einzelnen Maßnahmen eingehen.
Was mich aber wirklich nervt, ist, dass wir seit zwei Jahren einen Innenminister haben, der zu diesen Themen im Parlament schweigt. Wir haben eigentlich keinen Kommunalminister mehr in diesem Lande.
Meine Damen und Herren, die Kommunen freuen sich auf zwei Termine, nämlich auf den 22. September und auf den 2. Februar 2003.
Denn dann wird wieder eine Partei die Mehrheit in Berlin und in Hannover haben, für die Kommunalpolitik Herzensangelegenheit ist. Das vermisse ich bei Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere es, dass man das Thema Kommunalfinanzen zum Wahlkampfklamauk verkommen lässt.
dann hätten Sie festgestellt, dass er zur Änderung der kommunalen Finanzverfassung, zur Verbesserung der kommunalen Situation überhaupt nichts gesagt hat.
Er hat keine Zielrichtung genannt, außer dass er einer anderen staatlichen Ebene Geld wegnehmen und es in eine andere Ecke verschieben will. Das kann eine Methode sein. Dafür braucht man aber Mehrheiten, und dann muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass man auf dieser Ebene dann nicht mehr so viel tun kann, wie man tun müsste.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, meine Damen und Herren, um das Ihnen plastisch deutlich zu machen. Auf der Bundesebene kann man in der Tat sehr seriös darüber diskutieren, ob die Bundeswehr finanziell besser ausgestattet werden müsste. Das muss sie wahrscheinlich. Dafür braucht der Bund mehr Geld. Aber geht im Moment Ihr Kanzlerkandidat irgendwohin, meine Damen und Herren, und sagt: „Wir müssen massiv Steuern erhöhen?“
Dann hätten Sie die Möglichkeiten, die Herr Schünemann eben aufgezeigt hat. Zur Sache hat er sonst nichts gesagt. Ich bedauere das sehr.
Meine Damen und Herren, knapp 15 % weniger Gewerbesteuereinnahmen und mehr als 200 Millionen DM weniger Gemeindeanteil an der Einkommensteuer im vergangenen Jahr für unsere niedersächsischen Kommunen sind - daran gibt es überhaupt nichts zu beschönigen - ein dramatischer Einbruch. Dieser Einbruch trifft die Kommunen in einer Zeit, in der sie sich ohnehin schon in einer schwierigen Finanzlage befinden. Aber machen wir uns nichts vor, meine Damen und Herren: Auch die Länder und der Bund befinden sich in einer solchen Lage. Über die Ursachen ist viel gesprochen worden. Wenn es nötig ist, wird mein Kollege Heiner Aller Ihnen darüber bestimmt ein sehr kompetentes Fachkolleg halten, dem ich nicht vorgreifen will.
Nur wenige Bemerkungen noch. Zu einem bestimmten Anteil gehen die Mindereinnahmen, insbesondere bei der Gewerbesteuer, auf Entscheidungen der betroffenen Unternehmen zurück, lange vorhandene Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen. Ein gewisser Teil geht aber sicherlich auch auf Maßnahmen des Bundes zurück. Aber hierzu muss noch einmal deutlich gesagt werden: Die Steuerreform und die damit zwangsläufig verbundenen Mindereinnahmen waren gewollt, um Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft gezielt zu entlasten - gewollt im Übrigen nicht nur von der Bundesregierung und den sie tragenden Parteien, sondern im Grundsatz auch von der Union.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, dass Herr Stoiber noch vor kurzem ein Vorziehen der nächsten Stufe der Steuerreform und ein Aussetzen der Ökosteuer gefordert hat. Nach
dem er sich von Fachleuten hat beraten lassen, dass das zu nicht verkraftbaren Mindereinnahmen führen werde, ist er nun schnell zurückgerudert. Am Aschermittwoch versprach er Änderungen im Steuerrecht nur noch für den Fall, dass sich dafür entsprechende finanzielle Spielräume finden ließen. Meine Damen und Herren, Ihr Kandidat beginnt, sich auf diesem verminten Gelände vorsichtig zu bewegen.
Ein erheblicher Teil der Mindereinnahmen bei den Kommunen geht im Übrigen - das wird von der Opposition gern heruntergespielt - auch auf die negative Entwicklung der Konjunktur zurück. Meine Damen und Herren, Sie wissen so gut wie ich: In Zeiten von Globalisierung haben selbst die Bundesregierung und erst recht eine Landesregierung nur sehr begrenzte Möglichkeiten, darauf zu reagieren.
Was ist nun in dieser schwierigen Lage zu tun? Um es gleich am Anfang deutlich zu sagen: Es gibt keinen Königsweg, der unsere Kommunen aus dieser Situation herausführen könnte. Wer etwa glaubt, mit der Erhöhung der von Ihnen geforderten Bedarfszuweisungen seien die Probleme behoben, meine Damen und Herren von der CDU, geht an der Realität völlig vorbei.
Es sollte auch niemand erwarten, dass in Zeiten der Diskussion um Steuersenkungen und der Forderung nach Steuerentlastungen für Wirtschaft und Bürger die kommunalen Einnahmen mit einfachen Rezepten angehoben werden könnten, ohne gleichzeitig die Steuerbelastung insgesamt wieder zu erhöhen und eine Konjunkturbelebung damit wieder abzubremsen.
Meine Damen und Herren, es ist gut und richtig - wenn das auch eben kritisch bemerkt wurde -, dass der Bund, wie angekündigt, schnell eine Gemeindefinanzreformkommission einberufen will. In diesem Gremium sind insbesondere Fragen wie die Revitalisierung der Gewerbesteuer zu diskutieren. Eine breitere Bemessungsgrundlage könnte diese wirtschaftsbezogene Kommunalsteuer verstetigen. Wenn wir die Funktionstüchtigkeit des kommunalen Finanzausgleichs nicht ruiniert sehen wollen, müssen die bisher bestehenden, teilweise massiven Divergenzen bei den Steuereinnahmen der Kommunen abgebaut werden. Korrekturmaßnahmen könnten von der Kommission auch im Hinblick auf das Beteiligungsprivileg für Kapital
gesellschaften und die gewerbesteuerrechtliche Organschaft geprüft werden. Insbesondere gehört für mich aber auch die kommunale Aufgaben- und Ausgabenbelastung zu den Themen, um die sich die Kommission wird kümmern müssen.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Bereich der Jugend- und Sozialhilfe bei einer Gesamtbetrachtung inzwischen rund ein Viertel der kommunalen Ausgaben ausmacht, werden wir nicht umhinkommen, hierauf ein besonderes Augenmerk zu legen. Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass sowohl der Antrag meiner Fraktion als auch der Antrag der CDU-Fraktion dieses Thema aufgreift. Wir alle wissen: Mehr als Vorschläge kann eine Kommission nicht machen. Entscheidend ist dann, was Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat zustande bringen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch Folgendes hinzufügen: Für die Landesregierung steht auch unter dem Blickwinkel der Kommunalfinanzen die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Mittelpunkt. Es gilt vorrangig, aktive Arbeitsförderung und die Aktivierung der Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbsthilfe zu stimulieren. Die passive Finanzierung von Dauerarbeitslosigkeit ist hingegen kein Ziel, das die Landesregierung verfolgt.
Deshalb ist eine stärkere Inanspruchnahme des Gesamtstaates für die Finanzierung der Folgekosten von Langzeitarbeitslosigkeit seit längerem ein Anliegen der Landesregierung. Der Ministerpräsident hat bereits am 7. August 2001 den Übergang der Zuständigkeit für Sozialhilfeempfänger, die länger als drei Monate aus arbeitsmarktbedingten Gründen Sozialhilfe erhalten, auf die Arbeitsverwaltung gefordert. Die Übernahme der Kosten struktureller Arbeitslosigkeit ist eine gesamtstaatlich zu bewältigende Aufgabe. Hier gilt es, die Handlungs- und Finanzverantwortung für diesen Aufgabenbereich in einer Hand zusammenzuführen. Es geht darum, die Gefahr von Fehlentwicklungen im Sinne von Verschiebebahnhöfen zu vermeiden und viele ökonomisch ohnehin benachteiligte Kommunen, insbesondere in den strukturschwachen Räumen unseres Landes, in finanzieller Hinsicht nicht zu überfordern.
Deswegen muss im Rahmen einer sachgerechten Neugestaltung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe eine insgesamt gerechte und praktikable Neuverteilung der sozialen Lasten angestrebt werden. Die Länder sind in dieser Richtung bereits aktiv geworden. So hat die Arbeits- und Sozialminister
konferenz im Oktober 2000 an den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung appelliert, gemeinsam mit den Ländern die notwendigen grundlegenden Reformen zur Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in der nächsten Legislaturperiode in Angriff zu nehmen. Die Erkenntnisse aus den derzeit laufenden verschiedenen Modellvorhaben, die auf eine Verbesserung der Zusammenarbeit von Arbeits- und Sozialverwaltung ausgerichtet sind, z. B. das Projekt Mozart, werden dabei eine gute Grundlage bieten.
Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass in diesem Kontext die Vermittlung, Qualifizierung und finanzielle Unterstützung arbeitsloser Empfängerinnen und Empfänger von Sozialhilfe bei der Arbeitsverwaltung zusammengeführt werden.
Lassen Sie mich aber auch deutlich machen: Die Verlagerung der Verantwortung auf den Bund setzt auch dort die Verfügung über entsprechende Mittel voraus. Gerade unionsgeführte Bundesländer, die von den strukturellen Problemen weniger stark betroffen sind als etwa Niedersachsen, haben sich bei Überlegungen zu einer gerechten Lastenteilung häufig sehr zurückgehalten. Von daher begrüße ich die klare Ansage der CDU-Fraktion zum Handlungsbedarf und hoffe, dass es gelingen wird, diese Einschätzung auch auf Bundesebene zur Geltung zu bringen.
Unabhängig davon, was Bund und Land zur Entlastung der Kommunen beitragen können, wird aber auch in den Gemeinden, Städten und Landkreisen selbst weiter eisern gespart werden müssen. Dass es hier, meine Damen und Herren, an der einen oder anderen Stelle noch beträchtliches Einsparpotenzial gibt, hat sich kürzlich beispielsweise bei einer hoch verschuldeten südniedersächsischen Stadt gezeigt, deren Zuschussbedarf für den von ihr betriebenen ÖPNV doppelt so hoch ist wie der Landesdurchschnitt aller vergleichbaren Städte in Niedersachsen.
Dass eine solche Kommune dann auch noch auf dem Klagewege Forderungen an das Land stellt, will ich nicht weiter kommentieren.
Die Kommunalaufsicht wird daher künftig bei der Genehmigung der Haushalte noch stärker als bisher darauf achten müssen, ob die kommunalen Ressourcen wirtschaftlich und sparsam eingesetzt werden. Ich weiß, meine Damen und Herren, dass ich damit die Finanzsituation der Kommunen nicht in der Gesamtheit verbessern kann. Aber auch hier gibt es noch Potenziale, die wir im Auge behalten müssen.