Protocol of the Session on February 14, 2002

Aber ich will Ihnen auch Folgendes sagen, Herr Wulff: Sie haben gerade von Respekt gesprochen. Wenn man sich die Aschermittwoch-Rede von Herrn Stoiber angehört hat, dann weiß man, wer in Süddeutschland Respekt verdient und wer Respekt unter Parlamentariern akzeptiert.

(Beifall bei der SPD)

Das, verehrter Herr Kollege Herr Wulff, müssen wir uns von Ihnen nicht bieten und auch nicht sagen lassen. Das sage ich hier in aller Deutlichkeit.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Passen Sie mal bei „Schacht Konrad“ auf! Passen Sie mal in Salzgitter auf, was da noch passieren wird!)

Wenn Sie schon nichts dazu sagen, Herr Wulff, dann möchte ich einmal zitieren, was Ihre von mir sehr geschätzte Kollegin Frau Zachow zu diesem Thema gesagt hat.

(Oh! bei der CDU)

Vielleicht kommen wir dann einen Schritt weiter. Sie können ja einmal erklären, ob das noch gilt. In einer Pressemitteilung der CDU-Fraktion vom 29. September 2000 lese ich von Frau Zachow, das Moratorium in Gorleben sei teure Zeitverschwendung.

(Zuruf von der CDU: Genau das, was wir sagen!)

- Warten Sie mal, bleiben Sie mal ganz ruhig! Die von Jüttner erneut aufgestellte Behauptung, Gorleben sei als Standort für ein atomares Endlager nicht geeignet, bezeichnete Frau Zachow als schlichte Unwahrheit.

(Wojahn [CDU]: Das stimmt doch auch!)

In der Fachwelt besteht Einigkeit darüber, dass der Salzstock anderen Erdformationen überlegen ist. Dann geht es so weiter, meine Damen und Herren.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das haben Sie doch unterschrieben im Atomkonsens!)

Was gilt denn nun bei Ihnen, Herr Wulff? Sie haben vorhin genau das Gegenteil gesagt.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Nein! Wojahn [CDU]: Wollen Sie einmal sehen, was Sie unterschrieben haben?)

Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, Herr Wulff. Sie haben genau das Gegenteil gesagt. Klären Sie also mal intern ab, welche Position bei Ihnen in dieser Frage nun gilt. Ist es nun geeignet, oder ist es nicht geeignet?

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das wissen wir noch gar nicht!)

Daraus, Herr Wulff, ist für Niedersachsen eine elementar wichtige Entscheidung zu fällen. Da frage ich Sie: Wo steht die niedersächsische CDU? Steht sie an unserer Seite, das gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu verhindern, oder nicht?

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion beantragt sofortige Abstimmung.

(Frau Zachow [CDU]: Das ist ja spannend! - Wojahn [CDU]: Die sind zu feige, in die zweite Lesung zu ge- hen! - Lachen bei der SPD - Unruhe - Glocke der Präsidentin!)

Frau Kollegin Harms!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich dachte eigentlich, gestern sei Aschermittwoch gewesen und der Karneval sei jetzt vorbei. Aber in Niedersachsen dauert der Karneval wohl länger.

Ich will versuchen, noch einmal zum eigentlichen Kern dieser Diskussion zurückzukommen. Vielleicht funktioniert das in diesem Plenum noch. Wir haben ja ein Wahljahr. Wir haben schon im letzten Plenum darüber geredet, dass es dann wahrscheinlich schwieriger wird, sachliche Debatten zu führen.

Herr Wulff, das, was Sie eben gesagt haben, finde ich hoch interessant. Sie haben Herrn Trittin und seiner Politik, die er in der Entsorgung verfolgt, im Grundsatz Recht gegeben. Wir brauchen ein objektives Standortfindungsverfahren

(Wojahn [CDU]: Natürlich! Nur, das müsst ihr machen!)

auf der Grundlage von nachvollziehbaren, transparenten Kriterien. Erstmalig hat es eine Bundesregierung geschafft - das hat sogar der Kollege Schwarzenholz festgestellt -, dafür die Voraussetzungen zu schaffen. Dass die Kräfte, die sich dem widersetzen, stark sind - auch gerade außerhalb Niedersachsens -, führt Bayern im Moment vor.

Das, was Sie zum Standort Gorleben gesagt haben, das Moratorium sei unsinnig, kann ich als Nieder

sächsin überhaupt nicht verstehen. Zu keinem anderen geologischen Standort, der für ein Endlager in Frage käme, gibt es bereits heute eine derart umfassende Datenlage wie zum Standort Gorleben. Was jetzt passieren soll, ist, dass auf der Grundlage von neu festgelegten Kriterien - viele von Ihnen akzeptierte Wissenschaftler sind übrigens im Arbeitskreis „Endlager“ dabei - andere Standorte, andere Formationen erkundet werden. Dann soll Gorleben, obwohl viele von uns den Standort aus den von mir genannten Gründen für ungeeignet halten, in einen Vergleich mit anderen Standorten einbezogen werden. Was aus niedersächsischer Sicht dagegen spricht, kann ich überhaupt nicht verstehen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich finde, das grüne Vorgehen in Berlin ist im Grundsatz das, was überhaupt verantwortbar ist. Ich erwarte dazu auch ein eindeutiges niedersächsisches Verhalten und nicht das, was Sie, Herr Wulff, wieder machen, nämlich diese bayerische Kirchturmspolitik, die uns aus anderen Ländern auch noch blühen kann, zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Deshalb schließe ich die Beratung.

Die antragstellende Fraktion hat sofortige Abstimmung beantragt. Wir können sofort abstimmen, wenn nicht 30 Kollegen und Kolleginnen diesem Antrag widersprechen. Deshalb frage ich zunächst, ob es Widerspruch gegen den Antrag auf sofortige Abstimmung gibt. - Das ist der Fall. Das sind eindeutig mehr als 30 Kolleginnen und Kollegen,

(Plaue [SPD]: Zu feige, Herr Kollege, sofort Flagge zu zeigen! So sind Sie!)

sodass wir jetzt zur Ausschussüberweisung kommen. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, federführend den Ausschuss für Umweltfragen und mitberatend den Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen sowie den Ausschuss für innere Verwaltung zu beteiligen. Wenn Sie so beschließen möchten, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Sie haben so beschlossen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung: Verbraucherinformationsgesetz: Mehr Aufklärung für Verbraucherinnen und Verbraucher - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 14/3103

Der Antrag wird eingebracht durch den Kollegen Groth, dem ich das Wort erteile. - Die übrigen Kolleginnen und Kollegen bitte ich, wenn sie den Saal verlassen möchten, das schweigend zu tun.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten fordern ein Verbraucherinformationsgesetz. Es geht um mehr Aufklärung für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Meine Damen und Herren, weit vor den Skandalen um BSE und MKS war es bundespolitische Verabredung zwischen Sozialdemokraten und Grünen in der Koalitionsvereinbarung, ein Verbraucherinformationsgesetz in dieser Legislaturperiode des Bundestages auf den Weg zu bringen.

(Zuruf von der CDU: Ich denke, das ist es noch!)

Niedersachsen führt die Diskussion bundesweit und auch unter den Ländern an. Ich meine, dass die Positionen, die der Herr Landwirtschaftsminister in den Bundesrat eingebracht hat, wegweisend und beispielhaft sind und Unterstützung verdienen.

Unabhängig von den aktuellen Skandalen - dies beschrieb auch die von Ministerpräsident Gabriel eingesetzte Regierungskommission in ihrem Bericht - ist es nun einmal so, dass Lebensmittel Vertrauensgüter sind und der Verbraucher beim Kauf meistens keine Gelegenheit zur Bewertung der Produkte hat. Vertrauen in die Qualität der Produkte ist zu gewährleisten. Diese Gewährleistung muss durch Informationsrechte und -pflichten flankiert werden. Dies kann durch eine gezielte Information über Missstände, Fehlverhalten oder auch nur durch Unterrichtung über Inhaltsstoffe der anbietenden Marktseite sichergestellt werden.

Meine Damen und Herren, in dieser Frage sind uns die USA mit ihrem Freedom-of-Information-Act weit voraus. Insofern kann auch niemand sagen, dass wir im internationalen Vergleich Nachteile zu erwarten hätten, wenn wir in der Bundesrepublik ein Verbraucherinformationsgesetz hätten. Umge

kehrt: In Deutschland hatte man weit weniger zu informieren als z. B. in den USA und damit bisher einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Mit einer besseren Information und vor allem dem Recht, im Rahmen bestimmter Grenzen als Einzelner informiert zu werden, kann auf Dauer Vertrauen hergestellt und gepflegt werden.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wir machen uns mit der Initiative für ein Verbraucherinformationsgesetz für eine Beschränkung auf bestimmte Themen stark. Wir wissen, dass diese Beschränkungen inzwischen - das Handelsblatt hat gestern darüber berichtet - auch von NordrheinWestfalen und der dortigen Umweltministerin ausdrücklich unterstützt werden.

Warum? - Meine Damen und Herren, wir wissen, dass in einem Verbraucherinformationsgesetz auch Fragen behandelt werden müssen, die sich mit Dienstleistungen auseinandersetzen. Zum Beispiel muss der einzelne Verbraucher auch Banken und ihren Dienstleistungen gegenüber Informationsrechte bekommen. Wir beschränken uns in unserem Vorschlag aber auf Regelungsbereiche, die uns noch in dieser Legislaturperiode machbar erscheinen und politisch am ehesten erreichbar sind: auf Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände. Wir wissen uns in diesem methodischen Vorgehen auch mit der Verbraucherzentrale in Niedersachsen einig. Wahrscheinlich muss man die Verbraucherinformationsgesetzgebung nach dem In-Kraft-Treten eines ersten Gesetzes über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände sehr bald ergänzen. Wer aber heute die reine Lehre fordern würde und alles, was regelbar und mittelfristig notwendig zu regeln ist, in einem Gesetz geregelt sehen wollte, der täte den Verbrauchern meines Erachtens keinen guten Dienst, sondern löste lange Abstimmungsverfahren aus mit der Folge, dass wir in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich nicht mehr zu einem Ergebnis gelangen würden.

Den Verbrauchern können derzeit bestimmte Informationen nicht gegeben werden, die z. B. einer Behörde vorliegen oder die eine Behörde verfügbar hat. Die Behörden sind zur Information nicht legitimiert. Werden unzulässigerweise Informationen herausgegeben, durch die Produzenten oder Verteiler von Produkten am Markt vermeintliche Nachteile erleiden, machen sich die Behörden nach heutiger Rechtslage - Sie alle kennen einzelne Beispiele - regresspflichtig. Behörden dürfen derzeit nur warnen, wenn die Gesundheit der

Verbraucher bedroht ist. Es muss aber auch unterhalb dieser zulässigen Warnhinweise Möglichkeiten geben, Informationen an die Verbraucher weiterzuleiten.