Es kann ja passieren, Frau Harms, dass die Bundesabteilung Ihrer Partei eine andere Position hat als Sie. Aber wenn ich mir dann Ihren Antrag ansehe, frage ich Sie, warum Sie so tun, als wäre das, was an Handlungsebene vorhanden ist, nicht entsprechend auszuschöpfen? Wenn der Landtag eine sinnvolle Äußerung machen will, muss er von der Bundesregierung fordern, dass sie als Verantwortliche für dieses Endlager einen Antrag auf Stilllegung nach dem Atomrecht stellt, weil - insofern hat Herr Dr. Stumpf nicht Recht - das Stilllegungsverfahren nach dem Atomrecht bei solchen Verfahren eine ganz andere Qualität bietet. Sie lassen diesen ganzen Komplex in Ihrem Antrag jedoch aus und lassen komplett weg, dass Herr Trittin Ihnen und uns voll in den Rücken fällt.
In den letzten Monaten bzw. im letzten halben Jahr sind keine konkreten Ereignisse eingetreten und keine neuen Erkenntnisse gewonnen worden.
- Nein, die Laugeneinbruchssituation hat sich kontinuierlich fortgesetzt, die Rechtspositionen haben sich nicht verändert, und es hat sich nichts bewegt.
Die Bürgerinitiativen der Region haben sich Folgendes gefragt: Warum bringt Frau Harms eine Woche, nachdem Herr Jüttner angekündigt hat, im Sommer Schacht Konrad zu genehmigen, einen solchen Antrag ein, führt eine Debatte über die Asse, ohne das Thema Schacht Konrad anzusprechen, womit uns Herr Minister Jüttner jetzt einen Riesenballon hingesetzt hat? Das ist eine enorme Bedrohung für unsere Region. Sie haben nicht den Hauch eines Versuchs unternommen, dieses Thema überhaupt anzufassen, Frau Harms.
Sie kommen mit einer Debatte, die sich seit drei Jahren im Stillstand befindet, genau zu diesem Zeitpunkt. Dann fragen wir uns natürlich, warum Sie das machen. Warum haben Sie nicht den Mut, den Konflikt mit dem Versagen Ihrer Bundespartei
in dieser Frage zu führen und einen Entschließungsantrag zu stellen, mit dem Sie die Bundesregierung auffordern, im Sicherheitsinteresse zu handeln, wie wir es im Zusammenhang mit Schacht Konrad schon mehrmals beschlossen haben? Es ist einfach zu billig, alles bei der Landesregierung abzuladen, die auch nicht entlastet ist. Aber es ist komplizierter, als Sie es in Ihrem Antrag darstellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Thema, die Altlast Asse, hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Darauf haben Frau Harms und Herr Mühe zu Recht hingewiesen. Wir reden über ein eingelagertes Material von mehr als 120 000 Fässern mit schwachaktivem Atommüll und mehr als 1 000 Fässern mit mittelaktivem Atommüll. Frau Harms hat darauf hingewiesen, dass das Nuklidinventar höher ist, als es in Morsleben der Fall ist. Das alles sind Daten, mit denen wir uns zu befassen haben.
Herr Schwarzenholz hat Recht, wenn er ausführt, dass es im Kern eigentlich nichts Neues gibt, was dem Thema, Herr Schwarzenholz, allerdings nichts an Brisanz nimmt; auch darauf will ich eindeutig hinweisen. Herr Kollege Stumpf, es wird auch nicht dadurch relativiert, dass frühere Verantwortliche aus den Reihen der Sozialdemokratie damit befasst waren. Dadurch wird das Problem nicht geringer; auch das sage ich ganz deutlich.
Das Land hat eine Altlast hingesetzt bekommen, die es in sich hat. Wir haben heute die Verantwortung, es so zu organisieren, dass eine Langzeitsicherheit gewährleistet wird. Herr Mühe hat auf die 12 m³ Lauge hingewiesen, die dort jeden Tag austreten, und hat dargestellt, was das in dieser Dimension faktisch bedeutet.
Die Behörden haben vor 1997 diskutiert, wie man in Bezug auf diese vorgebliche Forschungseinrichtung, die faktisch von Anfang an als Endlagerung behandelt worden ist, da die Möglichkeit der Rückholung von vornherein missachtet worden ist, ein Verfahren finden kann, das diesem Thema angemessen ist. Ich unterstelle nicht, dass Frau
Das geht alles nicht; das ist jedem klar. Es geht um einen angemessenen Einschluss. Wie kann ich gewährleisten, dass wir ein Verfahren finden, mit dem wir erstens in den nächsten Jahren die Stabilität des Bergwerks sichern und mit dem wir zweitens gewährleisten, dass die Strahlendisposition, die in dem Bergwerk vorhanden ist, nicht nach außen treten kann? Wie gewährleisten wir drittens, dass die Öffentlichkeit in angemessener Weise beteiligt wird? Das sind die drei Maßgaben, mit denen wir uns zu befassen haben.
Die Logik mit dem Bergrecht ist gar nicht so schlecht, Frau Harms, weil das Bergrecht in seinen Instrumenten sehr viel flexibler ist, als es beim Atomrecht der Fall ist. Wenn Sie sagen, Sie wollen Atomrecht, weil das die Beteiligung sichert, dann haben Sie Recht hinsichtlich des rechtlichen Anspruchs auf förmliche Beteiligung. Sie wissen aber ebenso wie ich, dass die Beteiligung nach Atomrecht einsetzt, wenn die Genehmigungsbehörde den Gesamtantrag praktisch abgearbeitet hat, d. h. in einigen Jahren.
Im Bergrecht besteht hingegen die Möglichkeit, durch die Kombination von Rahmenbetriebsplänen und Hauptbetriebsplänen ein sehr viel flexibleres Element einzusetzen, allerdings nur dann, wenn gewährleistet ist, dass der Betreiber durch eine Festlegung im Rahmen des Betriebsplans verpflichtet ist, Öffentlichkeitsarbeit und Informationsarbeit zu leisten. Diese Regelung ist 1997 in den Rahmenbetriebsplan aufgenommen worden. Allerdings habe ich den begründeten Eindruck, dass der Betreiber dieser Pflicht nicht in angemessener Weise nachkommt, was im Übrigen dazu geführt hat, dass die in meinem Haus dafür Zuständigen vor einiger Zeit das Gespräch mit der Geschäftsführung des Betreiberunternehmens gesucht haben, um sie darauf hinzuweisen, welches ihre Pflicht ist.
Das heißt, wir als Fachaufsichtsbehörde können gewährleisten, dass die Öffentlichkeit beteiligt wird. Zur Öffentlichkeit gehören sowohl der Niedersächsische Landtag als auch diejenigen, die in der Region am Thema interessiert sind. Wir können und müssen in dem förmlichen Verfahren, das in den nächsten Jahren läuft, gewährleisten, dass
alle Anforderungen hinsichtlich der Langzeitsicherheit eingehalten werden. Auch dafür gilt, dass die atomrechtlichen Anforderungen an Langzeitsicherheit im Rahmenbetriebsplan von 1997 enthalten sind, sodass die materiellen Anforderungen aus dem Atomrecht durch die Maßgaben im Rahmenbetriebsplan in das bergrechtliche Verfahren integriert sind. Gleichzeitig haben wir die Möglichkeit, in diesem Verfahren mit den Anforderungen, die sich beispielsweise aus den bergmännischen Fragestellungen hinsichtlich der Standsicherheit ergeben, flexibler umzugehen.
Der Betreiber geht davon aus, dass er bis 2004 einen fertigen Abschlussbetriebsplan auf den Tisch legt, sodass es dann nach Genehmigung - ich schätze - 2005, spätestens 2006 bis 2013 abgewickelt werden kann. Eines ist klar - darauf hat Herr Mühe zu Recht hingewiesen -: Die Vorstellung, man könnte diese Laugenmenge auf Dauer vom eingelagerten Nuklidinventar fern halten, ist abwegig. Das kann niemand gewährleisten. Dies heißt in der Konsequenz, dass wir durch Auflagen gewährleisten müssen, dass das Inventar während der Betriebsdauer abgeschlossen bleibt, und dass in der Langzeitsicherheit unterstellt wird, dass es zu einer Vermengung von Lauge und Nuklidinventar kommt. Das hat Konsequenzen für die Anforderungen an die Langzeitsicherheit. Anders können wir mit dem Thema aber nicht umgehen, sonst würden wir uns an den Belangen der Bevölkerung in der Region vergehen. Das haben wir nicht vor. Wir werden den Landtag auch in Zukunft - und wenn es notwendig ist, deutlich mehr als bisher über den Verlauf der Geschehnisse um Asse II informieren. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Stumpf, ich möchte Sie bitten, die Anträge in Zukunft etwas genauer zu lesen, bevor Sie sie hier fehl interpretieren und Falschaussagen im Umlauf bringen. Ich habe niemals daran gedacht, die Rückholung der Abfälle aus der Asse vorzuschlagen. Ich weiß, dass das ein nicht machbares Ansinnen wäre. Es ist allerdings schlimm genug, dass das unter den Bedingungen, die sich
entwickelt haben, nicht zu gewährleisten ist. Leute wie Sie, die die Verantwortung dann tatsächlich auch für die damaligen Fehler mit übernehmen, sollten jetzt nicht dafür eintreten, dass die Verfahrensfehler, die gemacht worden sind, in alle Ewigkeit fortgesetzt werden.
Zu Ihnen, Herr Schwarzenholz, kann ich nur sagen: Vielleicht wird ja Ihre Partei, die bisher noch nicht im Landtag vertreten ist, eines Tages so stark werden, dass sie die Atomprobleme in Niedersachsen dann so gut bearbeiten wie wir das im Moment machen. Schauen wir mal. Ich bearbeite diese Themen seit sehr langer Zeit; das wissen Sie auch. Der Antrag, der jetzt in den Landtag eingebracht worden ist, ist in enger Abstimmung u. a.mit der Aktion „Atommüllfreie Asse“ initiiert und auf den Weg gebracht worden. Die Initiative intensiviert derzeit ihre Arbeit zur Asse und bereitet ein Klageverfahren vor. Ich finde es sehr wichtig, dass man es den Bürgern in der Region nicht allein überlässt, für ihre Beteiligungs- und Grundrechte einzutreten.
Das Engagement für die Asse würde mich niemals davon abhalten, mich auch weiterhin im Hinblick auf die Probleme des Schacht Konrad zu engagieren. Das wissen auch die Aktiven in der Region. Wir haben für die nächste Zeit eine größere Fachkonferenz der Grünen und der Bürgerinitiativvertreter, mit denen wir in Kontakt stehen, vor. Wenn es Ihnen Spaß macht, lade ich Sie gerne dazu ein, Herr Schwarzenholz. Dann können wir uns auf einer fachlichen Ebene weiter unterhalten. Ich bin immer dafür, Kräfte zu bündeln statt zu trennen.
Meine Damen und Herren, mir gefällt das nicht, was hier passiert. In Niedersachsen - denn hier sitzen die betroffenen Bürger, nicht in einem anderen Land - muss es eine Entscheidung der zuständigen Aufsichtsbehörde dazu geben, ob das Bergrecht tatsächlich die besten Möglichkeiten gewährleistet. Ich habe an dieser Stelle nicht umsonst auf das Kalkar-Urteil hingewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu geurteilt: Erst das Atomrecht gewährleistet tatsächlich den effizienten Grundrechtsschutz. Ich sage es noch einmal: Ich sehe den Ausschussberatungen mit Spannung entgegen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Harms, es war schon fast bösartig, dass Sie mir gerade unterstellt haben, ich würde die Verantwortung für die Fehler von vor 1978 übernehmen. Ich habe genau das Gegenteil gesagt. Wenn jemand Verantwortung übernehmen muss, sind das andere. Ich war 1978 derjenige, der mit einigen anderen Kollegen dem Ministerpräsidenten empfohlen hat, dem Drängen des Bundes, die Asse weiterzubetreiben, nicht nachzugeben, sondern hier einen Schlussstrich zu ziehen. Wenn der Minister in den damaligen Akten meine Unterschrift in den entsprechenden Vermerken sieht, wird er das bestätigen.
Ich weise weit von mir, was Sie gerade gesagt haben, Frau Harms. Ich unterstelle Ihnen aber, dass Sie mit der Asse in der Region Angst verbreiten und deutlich machen wollen, auf welchem Pulverfass die Leute sitzen, obwohl das heute in keiner Weise zu bestätigen ist. Dass die Asse nicht das ideale Endlagerbergwerk ist, wissen wir alle. Darüber brauchen wir nicht zu reden. Dass wir aber heute verpflichtet sind, aus der Asse etwas zu machen, was den Menschen langfristig nicht zum Bösen, sondern zum Guten gereicht, ist uns allen auch klar.
Deshalb verstehe ich überhaupt nicht, dass Sie das zum Vehikel machen, um Ihre Politik in der Region in der Form durchzusetzen. Ich meine, wir würden eher zu einem vernünftigen Ergebnis kommen, wenn Sie sich da etwas zurückhalten würden.
Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung. Ich erbitte Ihre Unterstützung für die Überweisung des Antrages an den Ausschuss für Umweltfragen zur federführenden Beratung und Berichterstattung und an den Ausschuss für Sozialund Gesundheitswesen zur Mitberatung. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Einwanderung, Integration und Flüchtlingsschutz jetzt reformieren - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/3098
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bringe diesen Antrag zum Zuwanderungsgesetz heute in den Niedersächsischen Landtag ein, weil ich persönlich zu den Optimisten gehöre. Ich habe noch nicht ganz abgeschrieben, dass wir vor der Sommerpause doch noch gemeinsam zu einem Zuwanderungsgesetz kommen.
Meine Damen und Herren, die einzige Wanderung, die ich derzeit sehe und die mir große Sorgen macht, ist allerdings die rasante Zuwanderung der SPD auf die CDU.
Ich weiß nicht, ob wir eine Chance haben, ein Gesetz zu verabschieden, das alle Parteien noch im Sommer letzten Jahres als eines der wichtigsten Reformgesetze, die unsere Gesellschaft braucht, bezeichnet haben, wenn es im Stil der letzten Tage weitergeht. Die Äußerung des Fraktionsgeschäftsführers der SPD, Herrn Struck, „Wir wollen nicht alle Arbeitslosen dieser Welt nach Deutschland holen“,
hat sich in nichts von der populistischen Form unterschieden, wie die CDU/CSU zurzeit das Thema Zuwanderung behandelt.
Das sind keine grünen Maximalforderungen, wie die SPD jetzt behauptet, sondern das war der Stand der gesellschaftlichen Debatte. Meine Damen und Herren, es war der Bundeskanzler Schröder
höchstpersönlich, der der Gesellschaft in sehr ernsten Worten beigebracht hat, dass Deutschland auch in einer Situation mit vielen Arbeitslosen Zuwanderung braucht - nicht nur die Zuwanderung von Höchstqualifizierten, sondern auch die Zuwanderung im Bereich der regionalen Arbeitsmarktbedürfnisse.