Protocol of the Session on January 23, 2002

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Franz vom Bahn-Vorstand wird unseren

brettharten Widerstand spüren, wenn das Niedersachsens Zukunft im Bahnverkehr sein soll. Der Intercity ist kein Ersatz, weil Haltepunkte wegfallen. Außerdem stellt sich die Frage, welche Städte - Uelzen, Lüneburg, Celle, Meppen, Alfeld, Papenburg, Lingen, Northeim - davon betroffen sein sollen. Welche Städte verzichten schon freiwillig auf ihren InterRegio-Halt und sagen: Wir verzichten zugunsten der Nachbarstadt, die dann einen Intercity-Halt bekommt? - Ich kann mir nicht vorstellen, dass das das Konzept der Zukunft ist, weil gerade auch zwischen diesen Mittelzentren der InterRegio sehr gerne genutzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erwarten, dass Ministerpräsident Gabriel den Botschafter der Konzernleitung in Hannover noch diese Woche einbestellt und eine geharnischte Protestnote übergibt. Weitergehende Maßnahmen möchten wir gerne mit Ihnen im Ausschuss diskutieren. Es gibt eine Reihe von Vorschlägen, die wir auch schon angedacht haben.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss und wünsche mir Ihre Unterstützung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In der Aussprache hat der Kollege Schurreit das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Grüne-Landtagsfraktion hat heute Morgen vor Eintritt in die Tagesordnung die Dringlichkeit dieses Antrages so begründet, dass unverzüglich Handeln des Landes gegenüber der Bahn angesagt sei.

(Frau Harms [GRÜNE]: Nicht erst, wenn die Einstellung passiert ist!)

Sie begründen dies mit angeblichen Äußerungen von Bahnvorstand Christoph Franz, der in der Presse berichtet haben soll, die Abschaffung des InterRegio in Gänze vorzunehmen und vor allem Haltepunkte an verschiedenen Strecken zu schließen. Sie leiten damit über zu einer Angstkampagne und zu einer Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger. Dies ist nicht solide, schürt Ängste und ist

vor allem keine seriöse Politik. Stefan Wenzel, das weißt du.

(Beifall bei der SPD)

Erstens. Nach aktuellen Informationen wird mit der Umstellung des Fahrplans im Dezember keine niedersächsische Region abgehängt werden. Die Angebote im Regionalverkehr wird es auch zukünftig geben.

Zweitens. Eventuell wird die Bahn ihr Produkt InterRegio umgestalten zu einem neuen Namen, z. B. Intercity-Angebot. Es muss jedoch akzeptiert werden, wenn das Unternehmen Bahn als ein Privatunternehmen eine solche Politik betreibt.

(Zurufe von Frau Harms [GRÜNE] und Wenzel [GRÜNE])

Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, produzieren beinahe wöchentlich, Stefan, neue Anträge zum immer gleichen Thema, nämlich zum Erhalt des Schienenverkehrs in Niedersachsen. Sie erwecken immer wieder den Eindruck, als ob das Land entscheidend Einfluss auf die unternehmerische Gestaltung der Bahn AG nehmen könne. Dabei wissen Sie ganz genau, dass dies nicht möglich ist, möchten aber durch die Besetzung dieses Themas daraus Ihren Vorteil ziehen. Sie haben - ich erinnere daran - vor vier Monaten den Antrag „InterRegioexpress für den Nord-Westen Niedersachsens ausschreiben - Neue Bahnverbindung in die Niederlande; hier: Pilotprojekt für eine bessere Bahn“ eingebracht. Kurz vor Weihnachten haben Sie einen zweiten Antrag eingebracht: „‘Die ganze Republik zum halben Preis‘ - Keine Benachteiligung von Nahverkehrskunden bei der neuen Preisgestaltung der Bahn!".

(Frau Pruin [CDU]: Das ist doch rich- tig!)

In einem gemeinsamen Entschließungsantrag aller Fraktionen haben wird gegenüber der Bahn die Erhaltung des Schienenpersonenfernverkehrs in der Fläche des Landes Niedersachsen gefordert. Wir sind bei diesem Vorhaben nicht einen Schritt vorangekommen. Ich bitte Sie, das zu realisieren. Die SPD-Fraktion wird aber auch weiterhin bereit sein, die Interessen des Landes Niedersachsen in diesem Bereich zu formulieren.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie als Grüne in Berlin in einer rot-grünen Koalition eine gesamtpolitische Verantwortung übernommen haben.

Als Landtagsabgeordnete sind Sie jedoch verpflichtet, die Interessen des Landes Niedersachsen wahrzunehmen. Setzen Sie sich bitte bei Ihren eigenen Leuten in Berlin dafür ein,

(Frau Harms [GRÜNE]: Sollen wir abwarten, bis uns die InterRegios ge- strichen werden, oder was ist das für eine Verantwortung?)

dass die Regionalisierungsmittel in Höhe von 13,8 Milliarden DM, die von allen 16 Ländern gefordert werden, nicht vom Bund auf 12,8 Milliarden DM gesenkt werden, wie dies im Referentenentwurf steht. Daran muss gearbeitet werden. Dafür müsst ihr etwas tun.

(Frau Pruin [CDU]: Ihr aber auch!)

- Das werden wir auch tun. Man kann sich aber nicht im Land auf Kosten Dritter profilieren und den Eindruck erwecken, als ob man hier etwas gestalten könnte.

Herr Kollege Schurreit, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie Ihre Duzfreundschaften außerhalb des Plenarsaals pflegen können.

Herr Präsident, ich werde mich daran gewöhnen müssen.

Darüber hinaus ist nach dem Referentenentwurf vorgesehen, eine Dynamisierung in Bezug auf die Umsatzsteuerentwicklung abzulehnen und die Regionalisierungsmittel erst 2007 neu zu definieren. Wenn dies Realität wird, fehlen uns - das wissen Sie auch - jährlich 100 Millionen DM in Niedersachsen. Dies könnten wird nicht verkraften. Das würde zulasten des Bahnverkehrs gehen. Wenn dies geschieht, dann wird das, was Sie als Fiktion an die Wand malen, Realität.

Diese Politik werden die Länder nicht akzeptieren und wir Niedersachsen erst recht nicht. Hier gilt es, gemeinsam, im Schulterschluss gegenüber dem Bund, aktiv zu werden. Sie aber schüren in der Öffentlichkeit Ängste, indem Sie in Ihrem Antrag konkret Haltepunkte definieren, die angeblich zur Schließung anstehen. Das hilft uns nicht ein Stück weiter in dem Bemühen, niedersächsische Interes

sen und die Anbindung der Region an das Schnellverkehrsnetz der Bahn auch in Zukunft zu sichern.

Ich fordere Sie endlich auf, kontinuierlich und seriös niedersächsische Verkehrspolitik zu artikulieren, wie wir es zwischen den Fraktionen besprochen haben. Den Show-Antrag, den Sie eingebracht haben, lehnen wir natürlich ab, und wir fordern Sie auf, hinsichtlich der Regionalisierungsmittel und der Sicherung der Standards der Eisenbahnleistungen in Niedersachsen gegenüber dem Bund Position zu beziehen. Dazu sind wir bereit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Dinkla hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schurreit, Sie haben vorhin ausgeführt, dass das Land bei der Gestaltung des schienengebundenen Verkehrs in Niedersachsen so wenig Einfluss hätte. Irgendwie habe ich damit ein Problem; denn wenn ich die Erfolgsmeldungen der letzten zwei Jahre Revue passieren lasse, was darin alles als positiv dargestellt worden ist, dann passen diese Erfolgsmeldungen mit Ihren Ausführungen nicht zusammen. Man kann nicht einzelne positive Mosaiksteine als glänzenden Erfolg darstellen und sich in den Fällen, in denen es nicht so gut läuft, darauf zurückziehen, dass das Land überhaupt keinen Einfluss darauf habe. Dies ist zumindest sehr erklärungsbedürftig.

(Althusmann [CDU]: Scheinheilig ist das!)

Es ist doch überhaupt keine Frage, dass die Bahn in den letzten zwei Jahren wichtige Fernverkehrsverbindungen in Niedersachsen scheibchenweise gestrichen hat. Die Bahn, deren Eigentümer der Bund ist, hängt die Fläche des Landes Niedersachsen nach wie vor Stück für Stück ab. Die Folge für Wirtschaft, Pendler, Tourismus, Reisende und ganze Regionen ist unübersehbar. Ob es Lingen, Bentheim, Lüneburg oder andere Bereiche bei uns im Norden sind: Diese Bereiche haben in den letzten Jahren doch immer schlechtere Bedingungen hinnehmen müssen. Damit wird auch Wirtschaftsentwicklung in peripher gelegenen Regionen eingeschränkt und auch behindert.

Es haben in den letzten Jahren immer wieder ganze Teile Niedersachsens protestiert. Bürgermeister, Landräte - auch der SPD -, Wirtschaftsverbände und Kammern haben gegen Schließungen protestiert. Abgeordnete haben den Ministerpräsidenten angeschrieben. Lassen Sie mich Ihnen hierfür ein Beispiel anführen. Der Abgeordnete Wolfgang Wulf aus Oldenburg hat im Hinblick auf Streichungen im Norden geschrieben:

„Die Pläne stellen einen absoluten Affront gegen den Nordwesten dar. Die Pläne sind der traurige Höhepunkt einer Entwicklung bei der DB AG in unserer Region, die durch den Abbau zahlreicher Arbeitsplätze ein völlig unzureichendes Nahverkehrsangebot und durch ständige Verschleppung versprochener Baumaßnahmen gekennzeichnet ist.“

Ich könnte diese Lesung fortführen. Es gibt viele Erklärungen.

Der damalige Wirtschaftsminister Dr. Fischer hat die Streichungspläne der Bahn als "Streichorgie" bezeichnet, gegen die man aufs Schärfste vorgehen müsste.

„Die derzeitigen Absichten des Vorstandes der Bahn AG - insbesondere zum Ausstieg aus den InterRegioVerbindungen - haben katastrophale Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft in einem Flächenland wie Niedersachsen und letztlich auch für die Bahn selbst, weil sie weitere Kunden verlieren wird.“

Das sind die markigen Worte des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Gabriel in seiner Presseerklärung vom 28. Juli 2000.

Wir von der CDU haben seit Jahren darauf hingewiesen, dass die Bahn alle InterRegio-Verbindungen streichen will. Das ist auch nicht neu. Insofern verstehe ich die Aufregung zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht. Aber wie bei der Schulpolitik hat der Niedersächsische Ministerpräsident auch hier wieder einmal versucht, populistisch Punkte zu sammeln. Bei einem Gespräch mit Bahnchef Mehdorn im Mai 2000 hat er pressewirksam vermeintliche Erfolge im Hinblick auf die Erhaltung von InterRegio-Strecken verkauft, die er im Nachhinein wieder zurücknehmen musste. Ich erinnere insoweit an den besonders pressewirksam

dargestellten Meinungsaustausch zu diesem Thema. Nach weiteren Gesprächen mit Herrn Mehdorn, in denen für Niedersachsen eigentlich nichts erreicht worden ist, erklärte der Niedersächsische Minister für Wirtschaft und Verkehr:

„Ich denke, dass wir zufrieden sein können.“

So sein Statement zu diesem Zeitpunkt.

Handeln wurde immer versprochen. Es wurde gefordert, dass der Bund endlich mehr Geld in die Hand nehmen müsse. Das kam auch eben wieder in den Ausführungen von Herrn Schurreit zum Ausdruck. Angesprochen wurde kurzzeitig auch einmal, eine eigene Landesgesellschaft für den Fernverkehr gründen zu wollen, wenn der Bund entsprechende Finanzmittel zur Verfügung stellen würde. Aber getan wurde auch in diesem Bereich nichts. Die Idee hat nur für eine Pressemitteilung gereicht, und anschließend wurde von dieser Idee nichts umgesetzt.

Wo sind denn eigentlich die Anträge des Landes Niedersachsen im Bundesrat, um die InterRegioVerkehre in Niedersachsen zu erhalten? - Nichts hat die Landesregierung im Bundesrat getan, um die Bundesregierung zum Handeln zu zwingen.

Herr Kollege Schurreit, auch wenn Sie hier immer wieder Muskeln spielen lassen, dass Sie etwas gegen den Bund unternehmen wollten.

(Schurreit [SPD]: Lassen Sie uns das doch einmal machen!)

Konkret spüre ich davon überhaupt nichts. Wir von der CDU kritisieren, dass zwischen den Ankündigungen und dem konkreten Handeln erhebliche Unterschiede liegen. Sie werden sich am konkreten Handeln messen lassen müssen und nicht an den Ankündigungen von diesem Mikrofon aus.

Um vor großem Publikum viel Applaus zu erhalten, fordert Ministerpräsident Gabriel die Bahn immer wieder auf, im Gegenzug für zusätzliche staatliche Gelder die beabsichtigten Streichungen von Fernverbindungen zu unterlassen. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Bahn die InterRegio-Verbindungen im Fernverkehr nach wie vor Scheibchen für Scheibchen abschneidet. Ich meine, dass es auch ein Stück weit scheinheilig ist, die Verantwortung für diese katastrophale Entwicklung der Bahn ausschließlich auf die Bahn