Protocol of the Session on November 16, 2001

(Collmann [SPD]: Immer wieder vor- gestern, Herr Schünemann! Was soll das?)

Dann können Sie sicher sein, dass wir, wenn Sie sich in einer schwierigen Situation befinden, an Ihrer Seite sind. Das versuchen wir gerade im Bereich der inneren Sicherheit. Wir haben hierzu in der Vergangenheit Vorschläge unterbreitet. Übernehmen Sie diese Vorschläge einfach. Dann werden wir hier in Niedersachsen sicherlich vernünftige Sicherheitslagen bekommen.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]. Um Gottes willen! Das werden wir mit Sicherheit nicht machen! Wir le- ben in einem Rechtsstaat! Bei Ihnen habe ich da meine Zweifel!)

Herr Kollege Adam, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schünemann, hätten Sie die mahnenden Worte des Kollegen Jahn im Innenausschuss zur Grundlage Ihrer Rede gemacht, dann hätten Sie eine gute, weise und uns alle vereinende Rede gehalten.

(Beifall bei der SPD)

Leider konnten Sie nicht an sich halten und haben diese Worte nicht aufgenommen; denn, meine Damen und Herren, Kollege Schünemann, rückwärts gerichtetes Denken war noch nie ein Weg zum Erfolg. Das gilt besonders nach dem 11. September.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag soll der Eindruck erweckt werden - das wurde auch aus dem Wortbeitrag der Kollegin Stokar deutlich -, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz seinem gesetzlichen

Auftrag wegen der Kritik aus dem Innenministerium nicht nachkommen kann. Spätestens seit der Information im Innenausschuss - das ist von allen Rednern, die vor mir gesprochen habe, richtig dargestellt worden - wissen Sie, Frau Kollegin, dass diese Darstellung Ihrerseits falsch ist. Was hier passieren soll – das haben Sie in Ihrem Wortbeitrag deutlich gemacht -, ist nicht der Versuch, eventuelle Meinungsverschiedenheiten zwischen Datenschützer und Innenministerium aufzudecken, sondern der Versuch, beschlossene politische Maßnahmen zur inneren Sicherheit, die nicht in Ihr politisches Konzept passen, wieder in die Diskussion zu bringen. Spätestens nach der Information im Innenausschuss ist bekannt, dass Ihr Antrag von völlig falschen Voraussetzungen ausgeht.

Das Innenministerium hat bei der Datenermittlung auf einschlägige Bestimmungen des Ausländerrechts und des Gefahrenabwehrgesetzes zurückgegriffen und die Ausländerbehörden entsprechend um Amtshilfe gebeten. Der Innenausschuss hat in einer langen Informationsdiskussion den Eindruck gewinnen müssen, dass sich das Innenministerium nicht rechtswidrig verhalten hat; auch - darin stimme ich der Kritik zu - wenn man sich über die öffentliche Auseinandersetzung zwischen beiden Seiten sicherlich streiten kann.

„Abmahnung“ und „rüffeln“ sind Begriffe, die man zumindest überdenken sollte. Daraus aber eine Behinderung der Aufgaben des Landesbeauftragten für den Datenschutz zu machen, ist sehr weit hergeholt und entspricht in keiner Weise den Tatsachen. Das ist nur ein Mittel der Antragsteller - das wurde in dem Beitrag von Frau Stokar wieder deutlich -, um die Fragen der inneren Sicherheit - hier sei das Stichwort „Rasterfahndung“ genannt - noch einmal zu diskutieren.

Meine Damen und Herren, die Erhebung von Daten ausländischer Studenten war nach unserer Meinung durch die Bewertung der Gefahrenlage gerechtfertigt. Wenn wir in dieser Frage nicht die Auffassung des Datenschutzbeauftragten teilen, dass für die Datenerhebung eine erkennbare individuelle Gefahr, das so genannte Näheverhalten, notwendig gewesen wäre, dann ist das in keiner Weise ein Abrücken von der Unterstützung des Datenschutzbeauftragten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben. Der Datenschutzbeauftragte leistet unverzichtbare Arbeit. Diese Arbeit wird von uns voll unterstützt. In diesem Fall können wir seine Bedenken aber nicht teilen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen auch keine Bestätigung dafür, dass der vom Landtag gewählte Landesbeauftragte für den Datenschutz in der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu unterstützen ist. Das ist für uns, wie gesagt, selbstverständlich. Wir sehen auch nicht, wo der Datenschützer in seiner Arbeit behindert wurde.

Meine Damen und Herren, nicht nur für Niedersachsen sind die Erkenntnisse des 11. September neue Erkenntnisse. Kein Staat, kein Bundesland hatte vor diesem Tag Veranlassung, seine Gesetze zur Gefahrenabwehr auf das auszurichten, was uns heute alles möglich erscheint. Ich meine, wenn wir uns diese Worte meines Fraktionsvorsitzenden Axel Plaue zur Regierungserklärung zur inneren Sicherheit zu Gemüte führen, dann sollte uns allen klar sein, wie überflüssig der vorliegende Antrag ist.

Meine Damen und Herren, es hilft nicht, formalistisch mit möglichen Gefährdungen umzugehen. Die Schläfer schlafen nicht! Deshalb helfen Anträge wie der vorliegende keinem Beteiligten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Stokar, Sie haben noch einmal das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Vorwürfe können wir Innenpolitiker von den Grünen nicht hinnehmen: Wir haben nicht nur gestern im Bundestag das Sicherheitspaket II mitgetragen, sondern wir haben auch hier im Niedersächsischen Landtag sehr deutlich gemacht, dass das Instrument der Rasterfahndung von uns nicht abgelehnt wird. Auf der Grundlage, zielgerichtet das Notwendige gegen den internationalen Terrorismus zu unternehmen, machen wir aber auch deutlich, dass sich der Rechtsstaat in der Krise bewähren muss.

Unsere Kritik lässt sich in drei Punkten zusammenfassen: Ich kann nicht nachvollziehen - insbesondere verstehe ich nicht, dass Sie das einfach so hinnehmen -, dass seit dem 21. September, als das Innenministerium den Erlass mit der Anforderung von Daten an die Universitäten herausgegeben hat, praktisch täglich die Rechtsgrundlage gewechselt hat. Fertig gebastelt war die Rechtsgrundlage für eine bereits abge

schlossene Maßnahme einen Tag vor der Sitzung des Innenausschusses. Herr Schünemann hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Staatssekretär während des Live-Interviews, an dem ich teilgenommen habe, keine Rechtsgrundlage sah. Einige Tage später war das § 31, dann § 72 des Ausländergesetzes. Dann galt irgendein 40er-Paragraph als Rechtsgrundlage. Fertig war das Papier für die Sitzung des Innenausschusses. So, meine Damen und Herren, geht es einfach nicht!

Ich habe in meine erste Presseerklärung die Worte „strafrechtlich überprüfen“ mit aufgenommen. In der Auseinandersetzung im Innenausschusses hat sich bestätigt, dass die Aufforderung an die Universität Oldenburg, sämtliche Daten über Studenten aus 23 Herkunftsländern herauszugeben, rechtlich nicht in Ordnung war. Dies sagt jetzt auch die Bezirksregierung. Diese Aufforderung ist mittlerweile im Übrigen auch offiziell zurückgenommen worden.

Das heißt, Herr Innenminister, Ihr Haus hat die Universität Oldenburg aufgefordert, Daten herauszugeben. Hätte die Universität dies getan, hätte sie gegen Strafrecht verstoßen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der SPD: Das stimmt doch nicht! Sie wissen, dass das falsch ist!)

- Nein, das ist richtig!

Ich darf aus dem Innenausschuss nicht zitieren.

(Plaue [SPD]: Sie dürfen aber auch nicht Unwahrheiten zitieren!)

Das Ergebnis der Innenausschusssitzung ist, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz bei seiner von der Rechtsauffassung des Innenministeriums abweichenden Auffassung bleibt. Es geht nicht an, dass, wenn der Datenschutzbeauftragte das Innenministerium auffordert, eine Rechtsgrundlage zu benennen, das Innenministerium hierauf nicht reagiert, diese Aufforderung einfach ignoriert. Wenn dies kritisiert wird, dann ist es nicht angemessen, auf diese sachlich nach wie vor begründete Kritik mit Worten wie „aus dem Bereich von Absurdistan“ oder „an der Grenze der Lächerlichkeit“ zu reagieren. Der Innenminister selbst setzt noch eines drauf und sagt: Unsere Beamten können sich derzeit nicht mit Wagenwaschen beschäftigen.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, das ist kein angemessener Umgang mit berechtigter Kritik und mit einer als Bitte formulierten Aufforderung an das Innenministerium, Informationen zu erhalten und beteiligt zu werden. Ich meine, dass dieser Vorfall – es handelt sich ja nicht um den ersten in dieser Richtung – Anlass für das Parlament sein muss, einzugreifen und zu sagen: Herr Innenminister, Stopp! Diesen Stil machen wir nicht mit!

Mein letzter Satz, meine Damen und Herren.

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt auch zum Schluss kommen.

Das ist jetzt mein letzter Satz. Warum ist der Satz „Datenschutz darf nicht Terroristenschutz sein“ so schlimm? Er impliziert nämlich, dass das so sein könnte. Auch der Bundesinnenminister hat auf Anfrage der Grünen nicht einen einzigen Bereich, nicht ein einziges Vorhaben des Datenschutzes nennen können, der jemals Terroristenschutz gewesen wäre. Datenschutz überhaupt in die Nähe des Terroristenschutzes zu stellen, ist nichts weiter als rechtspopulistische Stimmungsmache. Das, meine Damen und Herren, machen wir nicht mit!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Innenminister, Sie haben noch einmal das Wort.

(Zuruf: Das lohnt doch gar nicht!)

Die Bemerkung „Das lohnt doch gar nicht“ hätte ich gerne aufgenommen. Ich muss hier aber doch etwas richtig stellen. Frau Stokar, es ist kein guter Umgang mit dem Parlament, wenn man hier etwas erzählt, was nachweislich falsch ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben hier die Behauptung aufgestellt, dass das Niedersächsische Innenministerium die Universität Oldenburg zu irgendetwas aufgefordert habe. Sie wissen ganz genau, dass sich unser Erlass an die Ausländerbehörden gerichtet hat. Die Ausländerbehörden haben von sich aus die Akten überprüft.

In Oldenburg ist das so gelaufen, dass sich die Ausländerbehörde an die Universität gewandt hat mit der Bitte, alle Daten zur Verfügung zu stellen. Das ist von uns gerügt worden.

(Beifall bei der SPD – Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Nachdem es kritisiert worden war!)

Herr Kollege Schwarzenholz, Sie haben eine Redezeit von bis zu zwei Minuten.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE] meldet sich zu Wort)

- Herr Schwarzenholz hat eine Redezeit von bis zu zwei Minuten, Frau Kollegin. Dann kommen Sie noch einmal an die Reihe.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Nur einen Satz!)

- Nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung bekommen Sie sogar bis zu zwei Minuten Redezeit.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Debatte ist der Eindruck erweckt worden, als wäre die Tatsache, dass wir in Niedersachsen noch keine Rasterfahndung hatten, ein Sicherheitsnachteil gewesen.

(Zurufe von der CDU)

- Lassen Sie mich ausreden. - Wenn Sie sich angucken, wie der Stand vor dem 11. September gewesen ist, dann werden Sie feststellen, dass die Täter zum Teil in denjenigen Bundesländern saßen, in denen es bereits eine Rasterfahndung gab. Was hat die Rasterfahndung genutzt? - Gar nichts! Das hat gute Gründe. Die Sicherheitsexperten analysieren, warum die Rasterfahndung bei solchen Ereignissen kein Mittel ist, das zielgerichtet wirkt. Von daher habe ich etwas dagegen, dass man hier den Eindruck erweckt, als könnte man solch dramatische Ereignisse mit der Rasterfahndung verhindern. Ich habe etwas dagegen, weil damit nur eine Pseudosicherheit geschaffen wird.

(Plaue [SPD]: Wer erweckt denn die- sen Eindruck, Herr Kollege? - Collmann [SPD]: Wir erwecken die- sen Eindruck nicht!)

Was mir auch Sorgen macht, Herr Innenminister, ist Ihre Vorgehensweise. Als wir den Gesetzentwurf zur Rasterfahndung beraten haben, haben Sie sich mit Unterstützung der SPD-Fraktion gegen eine Aufnahme der gerichtlichen Überprüfung in den Gesetzentwurf ausgesprochen und haben sich damit durchgesetzt. Das heißt, dass es für die Anordnung bzw. die Durchführung der Rasterfahndung keine Kontrollebene gibt.