Protocol of the Session on October 26, 2001

Frau Pothmer zu ihrer zweiten Zusatzfrage!

Herr Minister, Sie haben uns für die Landesregierung in umfänglichen Debatten die Situation des INI immer unter der Überschrift „Chancen und Risiken“ dargestellt. Ich frage Sie, ob die Landesregierung zu einer neuen Bewertung gekommen ist, nämlich dass das INI „genetische Folgeschäden“ bedeutet?

Herr Minister!

Wir sind jedenfalls zu einer anderen Bewertung bekommen als die Fraktion der Grünen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ihr Sprecher Golibrzuch hat angekündigt, der richtige Weg sei, das INI zu liquidieren, in die Insolvenz gehen zu lassen. Das hätte zur Folge, dass die Bürgschaft fällig wird.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Wenn Sie auf uns gehört hätten, wären Sie nicht in den Schlamassel gekommen!)

Ich denke, mit Blick auf die Chancen, die nach wie vor bestehen, sollte dieser Weg vermieden werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Frau Pawelski noch einmal!

Welche finanziellen Mittel werden die Gesellschafter zusätzlich einbringen, um die „genetischen Folgeschäden“ für das INI möglichst gering zu halten?

Herr Minister!

Die Gesellschafter haben sich erheblich engagiert.

(Frau Pawelski [CDU]: Das ist keine Aussage!)

- Sie haben nachgeschossen.

(Frau Pawelski [CDU]: Wie viel?)

- Das war ein zweistelliger Millionenbetrag.

(Frau Pawelski [CDU]: Das ist auch keine Aussage. Das können 11 und das können 99 Millionen DM sein!)

- Ja, aber ich meine, das ist eine Angelegenheit der Gesellschaft.

(Frau Pawelski [CDU]: Das Land muss doch die Bürgschaft überneh- men!)

- Richtig, aber im Augenblick muss das Land die Bürgschaft nicht übernehmen, weil sich die Gesellschafter engagieren. Sie wollen das INI unternehmerisch zum Erfolg führen. Ich bin im Übrigen der Meinung, dass ein privates Unternehmen auch dann, wenn ihm eine Landesbürgschaft gegeben worden ist, privat und unternehmerisch und nicht politisch zum Erfolg geführt werden soll.

(Zustimmung bei der SPD)

Frau Harms!

Herr Minister, da Sie sich standhaft weigern, die Definitionsmacht des Ministerpräsidenten zu akzeptieren und die Sprachregelung „genetischer Folgeschaden“ aus der Staatskanzlei für das INI hier nicht übernehmen wollen, frage ich Sie, ob Sie irgendeine Ahnung haben, welche anderen Projekte der Vorgänger des Ministerpräsidenten heutzutage in der Staatskanzlei als „genetischer Folgeschaden“ bewertet werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Frau Wörmer-Zimmermann [SPD]: Habt ihr keine anderen Probleme? - Gegenruf von Frau Harms [GRÜNE]: Ihr habt doch das Problem mit diesem Ministerpräsidenten!)

Herr Oppermann!

Ich habe die Frage bereits beantwortet. Es gibt keine Schäden und keine „genetischen Folgeschäden“.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Daran wer- den wir Sie erinnern!)

Herr Hagenah!

Herr Minister, in jeder Ironie steckt ja ein wahrer Kern. Wenn ich es bisher richtig begriffen habe, sind genetische Folgeschäden irreparabel. Um es etwas volkstümlicher zu übersetzen: Stimmen Sie mir zu, dass das eine andere Bezeichnung für „Fass ohne Boden“ ist?

Wollen Sie sich semantisch betätigen, Herr Minister?

Genetische Folgeschäden sind übrigens nicht irreparabel. Sie legen eine ganz einseitige Interpretation des Wortes zugrunde. Genetisch kann auch von Genese kommen, und das bedeutet Entstehungsgeschichte.

(Zustimmung bei der SPD - Oh! bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Sie sehen, es gibt durchaus Varianten.

Auf die Frage des Präsidenten sage ich: Ich möchte kein semantisches Seminar zu der Frage eröffnen.

Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen sehe ich nicht.

Wir kommen zur Frage 3 der Abgeordneten Litfin:

Frage 3: Lehrermangel in Niedersachsen - vertreibt die Landesregierung Bewerberinnen und Bewerber in andere Bundesländer?

Bitte sehr, Frau Litfin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Niedersachsen gibt es für einige Fächer bereits einen eklatanten Lehrermangel, weil in den vergangenen Jahren nicht genügend Nachwuchskräfte ausgebildet worden sind. Zum Schuljahresbeginn konnten deshalb 85 Stellen im Schuldienst zunächst nicht besetzt werden.

Ein Mangel an Bewerberinnen und Bewerbern ist auch für den Vorbereitungsdienst auf ein Lehramt festzustellen. Die Landesregierung plant deshalb eine Änderung der Verordnung über die Ausbildung und die Zweiten Staatsprüfungen für die Lehrämter, PVO-Lehr II, um in den Mangelfächern auch Bewerberinnen und Bewerber in den Vorbereitungsdienst aufnehmen zu können, die kein Erstes Staatsexamen abgelegt, also an der Universität keine Pädagogik studiert haben.

Zugleich liegen mir Informationen vor, wonach in Niedersachsen in diesem Jahr mehrere Bewerberinnen und Bewerber mit dem Ersten Staatsexamen in den Fächern Mathematik und Physik abgelehnt worden sind mit der Begründung, es seien nicht genug Plätze frei. Diese Bewerberinnen und Bewerber sind daraufhin in andere Bundesländer abgewandert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Bewerbungen um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt wurden in Niedersachsen im Jahr 2001 zunächst abgelehnt, aufgelistet nach Schulformen und Unterrichtsfächern?

2. Wie vielen dieser zunächst abgelehnten Bewerberinnen und Bewerber ist aus welchen Gründen nach dem Sommer doch noch eine Stelle im Vorbereitungsdienst angeboten worden, und wie viele von ihnen haben dann diese Stelle nicht mehr angenommen?

3. Mit welchen Konzepten will die Landesregierung den Vorbereitungsdienst für Lehrämter in Niedersachsen attraktiver machen, etwa durch ein unbürokratischeres Einstellungsverfahren, durch

eine zeitnähere Einstellung nach dem Ersten Examen oder durch die Anhebung der Anwärterbezüge?

Die Antwort erteilt die Frau Kultusministerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In allen alten Bundesländern, also auch in Niedersachsen, wird es in den kommenden Jahren wegen der Altersstruktur der Lehrerschaft einen erheblichen Ersatzbedarf geben. Ich habe das hier schon ein paar Mal dargestellt. Um rechtzeitig Vorsorge zu treffen, wurden verschiedene Maßnahmen eingeleitet. Dazu gehören eben die Regelungen, künftig auch Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen ohne Lehramtsausbildung in den Vorbereitungsdienst oder in den Schuldienst einzustellen, wenn ein entsprechender Hochschulabschluss nachgewiesen wird und der Unterrichtsbedarf dies verlangt. Dies galt bislang vorrangig für die Fächer Physik und Chemie im Bereich der Sekundarstufe I. Darüber hinaus ist beabsichtigt, zum Einstellungstermin 1. Mai 2002 den Vorbereitungsdienst auch für Diplomierte mit diesen Fächern für das Lehramt an Gymnasien zu öffnen.

Bereits zu den vergangenen Einstellungsterminen ist die Zahl der Bewerbungen um Zulassung zum Vorbereitungsdienst insgesamt kontinuierlich angestiegen. Wir sind sozusagen anerkanntes Ausbildungsland auch für andere Bundesländer. Dieser wachsenden Nachfrage hat die Landesregierung deshalb durch eine stetige Erhöhung der Stellenzahlen im Vorbereitungsdienst für alle Lehrämter Rechnung getragen. Im Jahr 1990 gab es insgesamt 2 800 Stellen für die Ausbildung von Anwärterinnen und Anwärtern, heute sind es 4 450; das entspricht einer Steigerung von 59 %. Das Ende ist nicht absehbar. Wir müssen uns aber davor hüten, Ausbildungsland für alle anderen zu werden. Insofern hat das an manchen Stellen auch seine Grenzen.

Die große Nachfrage ist ja gerade der Grund, dass im Einstellungsverfahren auch dieses Mal in der ersten Zulassungsrunde nicht alle Bewerberinnen und Bewerber zugelassen werden konnten; denn wenn wir die Zahlen erhöhen, kommen immer wieder Bewerbungen aus anderen Bundesländern nach.